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Amerika 2018: Ecuador, Chile, Argentinien und die USA
Amerika 2018: Ecuador, Chile, Argentinien und die USA
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eBook228 Seiten3 Stunden

Amerika 2018: Ecuador, Chile, Argentinien und die USA

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Über dieses E-Book

Bereits im Jahr 2014 bereist Nele Hyner mit Ihrer Familie sechs Monate lang die Welt. Damals geht es unter Anderem nach Chile und Argentinien. Diese Länder faszinieren sie so sehr, dass schnell feststeht: eine weitere Südamerika-Reise muss her. Und so zieht die vierköpfige Familie im Sommer 2018 erneut los. Diesmal reisen sie innerhalb von drei Monaten nach Ecuador, auf die Galapagos-Inseln, nach Chile, Argentinien und in die USA. Viele junge Menschen ihrer Generation möchten nach dem Abitur ein Jahr aussetzen und reisen. Nele Hyner demonstriert in ihrem Reisebericht eine Variante der Umsetzung dieses Wunsches: das Reisen mit Familie.
Sie erzählt von ihren Erfahrungen unterwegs mit Menschen fremder Kulturen, die zu Freunden werden, neuen Traditionen und Bräuchen, die sie ihre Einstellung zur Welt überdenken lassen, und atemberaubenden Natur-Erlebnissen. "Amerika 2018" zeigt, wie bereichernd das Reisen sein kann - für eine Familie ebenso wie für einen jungen Menschen.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum17. Dez. 2018
ISBN9783748160786
Amerika 2018: Ecuador, Chile, Argentinien und die USA
Autor

Nele Hyner

Nele Hyner (geboren am 22.12.1999) machte im Sommer 2018 ihr Abitur in Walldorf, einer kleinen Stadt in der Nähe von Heidelberg. Da ein sofortiges Studium für sie nicht in Frage kam, wollte sie das folgende Jahr dafür nutzen, Erfahrungen zu sammeln, Geld zu verdienen und zu reisen - ein Wunsch, den viele junge Menschen heutzutage in die Tat umsetzen und dem sie mit ihrem Buch, das ursprünglich als Reiseblog für ihre Freunde im Internet erschien, eine Stimme verleiht.

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    Buchvorschau

    Amerika 2018 - Nele Hyner

    Für meine Eltern

    Danke, dass ihr dieses unvergessliche Abenteuer

    möglich gemacht habt.

    Inhaltsverzeichnis

    Eine neue Reise beginnt

    Anreise mit Hindernissen, 20.08.18

    Quito, 21.-23.08.18

    Santa Cruz, 24.-26.08.18

    Isabela, 27.-31.08.18

    Floreana, 01.-03.09.18

    Guayaquil, 04.09.18

    Valparaiso, 05.-06.09.18

    Serena & Taltal, 07.-08.09.18

    San Pedro de Atacama, 09.-12.09.18

    Hualacera, 13.-15.09.18

    Salta, 16.-19.09.18

    San Pedro de Atacama, 20.-21.09.18

    Taltal & Chañaral, 22.-23.09.18

    Copiapó, 24.-25.09.18

    Punta de Choros, 26.-27.09.18

    Valle del Elqui, 28.-30.09.18

    Combabarlá & Algarrobo, 01.-02.10.18

    Santiago de Chile, 03.-04.10.18

    Los Angeles, 05.-06.10.18

    Joshua Tree Nationalpark, 07.-08.10.18

    Santa Paula & Avila Beach, 09.-10.10.18

    Pfeiffer Burns State Park & Pacifica, 11.-12.10.18

    San Francisco, 13.-14.10.18

    Yosemite Nationalpark, 15.-16.10.18

    Owen Valley, 17.10.18

    Death Valley & Valley of Fire, 18.-20.10.18

    Zion Nationalpark, 21.10.18

    Bryce Nationalpark, 22.-23.10.18

    Capitol Reef Nationalpark, 24.10.18

    Dead Horse Point Statepark, 25.10.18

    Arches Nationalpark, 26.10.18

    Monument Valley, 27.10.18

    Page, 28.10.18

    Antelope Canyon, 29.10.18

    Grand Canyon, 30.-31.10.18

    Las Vegas, 01.-02.11.18

    Eine Reise endet

    Eine neue Reise beginnt

    Als ich vor dreieinhalb Jahren von unserer letzten, sechsmonatigen Reise um die Welt zurück gekommen bin, stand eines für mich fest: Ich würde nach dem Abitur wieder reisen.

    Seit dieser Zeit bekommt das, was die einen nüchtern, antonym zum Heimweh, als Fernweh bezeichnen und die anderen mit Wanderlust zum Kultwort der Hipster-Szene ernannt haben, eine Bedeutung für mich. Seit dieser Zeit sehne ich mich danach, wieder unterwegs zu sein, fremde Menschen, Orte und Traditionen kennenzulernen.

    Mit der Aussage „Ich möchte nach dem Abitur reisen" ist zwar der erste Schritt getan, jedoch sind die wesentlichen Fragen nach Begleitung, Ziel und Zeitraum noch offen.

    An dieser Stelle kommen meine reiselustigen Eltern ins Spiel, denen es nach der letzten Reise wohl ähnlich ergangen ist, wie mir. Schnell war klar, dass sie im Sommer diesen Jahres erneut aufbrechen würden, wenn auch diesmal „nur" für drei Monate. Für mich bedeutete diese Entscheidung, selbst eine Entscheidung zu treffen - mitkommen oder bleiben? Mein Entschluss stand bald fest: Ich würde meine Familie begleiten.

    Immerhin hatte uns die letzte Reise gezeigt, wie bereichernd und großartig es sein kann, solch ein Abenteuer gemeinsam zu erleben. Außerdem bietet diese Reise für mich die perfekte Möglichkeit, noch einmal ausgiebig Zeit sowohl mit meinen Eltern als auch mit meinem kleinen Bruder zu verbringen, bevor ich im nächsten Jahr beginnen werde, zu studieren. Trotzdem entschied ich, nicht direkt am 28.07.2018 mit meinen Eltern erst Richtung Frankfurt und schließlich gen Westen nach San José (Costa Rica) aufzubrechen, da ich zu dieser Zeit noch mit zwei Freundinnen in Kroatien unterwegs war. Deshalb steige ich erst am 20.08.2018 ins Flugzeug, um von Frankfurt über Dallas nach Quito (Ecuador) zu reisen, wo ich meine Familie am Flughafen treffen werde. Unsere Rückkehr ist für den 02.11.2018 angesetzt, also werde ich ganze elf Wochen unterwegs sein. Ich habe das seltsame Gefühl, dass mir der Abschied diesmal schwerer fällt, als vor vier Jahren.

    Vielleicht, weil ich mich ganz alleine verabschiede.

    Vielleicht, weil das Leben der anderen in einem schnelleren Tempo weiter zu gehen scheint als beim letzten Mal, als ich wusste ich würde zurück kommen und sie alle nach wie vor in meiner näheren Umgebung vorfinden. Vielleicht, weil ich inzwischen seit über drei Jahren mit meinem Freund zusammen bin und noch nie so lange von ihn getrennt war. Andererseits gibt es da einen Aspekt, der mir die Abreise enorm erleichtert: meine Familie. Auch von ihnen war ich noch nie so lange getrennt wie momentan und ich kann es kaum erwarten, sie in Quito angekommen endlich wieder in die Arme zu schließen. Anders als beim letzten Mal wird Mika, mein kleiner Bruder, derjenige sein, der unterwegs etwas für die Schule tun muss, wobei ich der Meinung bin, dass er durch das Reisen mehr lernen wird, als er in den paar Wochen, die er zwischen Sommer- und Herbstferien fehlt, verpassen wird. Er kommt jetzt in die vierte Klasse und hat von seinen Lehrerinnen zwei dicke Ordner gefüllt mit Arbeitsblättern für Mathe und Deutsch mitgegeben bekommen. Mein Vater ist Lehrer und steht vor einem ganzen Sabbatjahr, meine Mutter arbeitet in einem großen Software-Unternehmen und macht von ihrem „Zeitkonto" Gebrauch. Im Moment stapeln sich in meinem Zimmer die Packlisten, Rucksackhüllen, Schlafsäcke und Outdoor-Klamotten und ich weiß noch nicht so recht, wie und ob ich es alleine schaffen werde, das Nötige vom Unnötigen zu trennen und dann in meinen in Anbetracht der Menge doch eher klein erscheinenden Rucksack zu packen. Aber das wird sich in den nächsten Tagen noch zeigen.

    Anreise mit Hindernissen, 20.08.18

    Ich staune nicht schlecht als ich am Sonntagabend endlich meinen Rucksack schließe und dieses blaugraue Bündel skeptisch betrachte. Das soll nun also mein Bad, Kleiderschrank, Schreibtisch für die nächsten zehn Wochen sein. Tatsächlich habe ich es geschafft, alles darin zu verstauen. Alles, das sind vier Hosen, vier T-Shirts, ein Sweatshirt, zwei Pullover, Unterwäsche, eine Weste, eine Regenjacke, mein Kulturbeutel, ein Handtuch, ein Bikini und ein Schlafsack. Im Gegensatz zum letzten Mal, bei dem wir unsere Rucksäcke vor der Abreise gründlich gewogen haben, um ja nicht über die 24 erlaubten Kilogramm zu geraten, verschmähe ich die Waage gänzlich und hieve den Rucksack so wie er ist nach draußen. Am nächsten Morgen, dem 20. August, werde ich pünktlich um sieben von einer Freundin abgeholt, die mich nach Frankfurt fährt. Der Abschied von Jonathan, der Katze und meinem Zuhause fällt mir schwer, aber ich freue mich auf das, was mich erwartet.

    Ursprünglich hatte ich vor, mit der Bahn nach Frankfurt zu fahren. Mein ohnehin schon erschüttertes Vertrauen in die Deutsche Bahn litt dann jedoch unter der Tatsache, dass meine Eltern Schwierigkeiten wegen Verspätungen der Züge auf der Hinreise hatten. Daher bin ich mehr als dankbar, als mir ein privater Shuttle Dienst angeboten wird und nehme diesen gerne wahr.

    Am Flughafen angekommen steht nun auch der letzte Abschied an, nach welchem ich mich ein wenig nervös an mein Gate begebe. Mein Flug hat bereits eine halbe Stunde Verspätung und ich habe große Sorge, den Anschlussflug in Dallas (Texas) zu verpassen. Als ich schließlich das große Flugzeug betrete, wundere ich mich über den Mann neben mir, der - in Daunenjacke und Decke eingepackt - ausgesprochen mürrisch dreinblickt.

    In diesem Moment kann ich ja noch nicht ahnen, dass eben diese Daunenjacke in den nächsten elf Stunden zum absoluten und dauerhaften Objekt meiner Begierde werden würde. Nur wenig später sitze ich in einer ähnlichen Pose wie der Herr nebenan auf meinem Platz, nur leider ohne Jacke.

    Auf dem Bildschirm vor mir sehe ich, dass die Außentemperatur in dieser Höhe -40°C beträgt und frage mich, ob wohl eine flugtechnische Strategie dahinter steckt, die Innentemperatur des Flugzeuges der Außentemperatur anzupassen.

    Systematisch arbeite ich mich durch das cineastische Angebot an Board von „Red Sparrow bis hin zu „Plötzlich Prinzessin. Kurz vor der Landung in Dallas komme ich dann noch in den Genuss eines echten Luftlochs, das dem ein oder anderen Fluggast sogar einen kleinen Schrei entlockt. Am Boden angekommen wird aufgrund der wackligen Landung sogar geklatscht. Im Flughafen von Dallas stelle ich entsetzt fest, dass ich - obwohl ich keine zwei Stunden hierbleiben werde - offiziell in die USA einreisen muss. Das ist leider mit langen Wartezeiten und seltsamen Fragebögen verbunden. In der sogenannten Immigration Hall, in der die Einreise abgefertigt wird, gilt absolutes Handy-Verbot und so habe ich genug Zeit, mich ein wenig umzusehen. Auffallend sind die großen Folien, mit denen die Fenster der Halle verklebt sind und auf welchen die lachenden Gesichter verschiedener Menschen zu sehen sind.

    In meiner Langeweile und um mich von meiner mit voranschreitender Zeit steigenden Nervosität abzulenken, beginne ich, diese Gesichter näher zu betrachten. Mir fällt auf, dass elf der dreizehn abgebildeten Menschen nicht dem typischen Bild eines US-Amerikaners entsprechen. Ich sehe Asiaten, Südamerikaner und Europäer - eine schöne, multikulturelle Botschaft, die da versucht wird im Immigration Office zu vermitteln, aber umso ironischer in Anbetracht der aktuellen US-amerikanischen Politik. Als die Gesichter - sowohl die auf den Fenstern, also auch die um mich herum - zur Genüge analysiert sind, werde ich bei einem Blick auf die Uhr noch nervöser. Mein nächster Flug geht in anderthalb Stunden und ich muss noch durch den Security Check. Daher bin ich nicht unglücklich, als ich sehe, dass meine Abflugzeit sich um eine halbe Stunde nach hinten verschiebt. Bei dieser halben Stunde soll es jedoch nicht bleiben. Frei á la Deutsche Bahn ertönt in den darauffolgenden drei Stunden alle 15 Minuten eine Durchsage, dass das Boarding in wenigen Minuten beginnen wird. Das Ganze gipfelt schließlich in einer hysterisch-panischen Durchsage, dass wir jetzt sofort boarden müssen, da wir zu einem späteren Zeitpunkt als 16.20 Uhr nicht mehr abfliegen dürfen. Es ist 16.00 Uhr und das ansetzende Murren der Menge zeigt, dass ich nicht die einzige unter den Passagieren zu sein scheine, die diese Zeitplanung für mehr als unrealistisch hält. Und so kommt es, wie es kommen musste: als wir endlich alle im Flugzeug sitzen, ist es weit nach 16.20 Uhr und wir müssen eine weitere Stunde warten bis wir die erneute Starterlaubnis erteilt bekommen. Für mich ist es inzwischen zwei Uhr nachts und ich bin seit knapp 20 Stunden unterwegs. Eine halbe Ewigkeit nach dem Start müssen wir warten bis die Stewardess endlich mit dem kleinen heiß ersehnten Wägelchen durch den Gang kommt, um das Abendessen zu verteilen. Ich kann es kaum erwarten bis sie endlich bei meiner Reihe angelangt und sehe sie erwartungsvoll an als sie fragt: „Chicken salad or Turkey Sandwich?" Sofort sinkt meine in freudiger Erwartung aufgeputschte Stimmung in den Keller - es gibt an Board der gesamten Maschine kein vegetarisches Essen! Also ertrage ich die Blicke meiner Nachbarn, die eine Mischung aus Mitleid und Unverständnis darstellen, und schlafe resigniert und hungrig ein.

    Im Flughafen angekommen werde ich von einem Gelbfieber Informationsschild empfangen – sympathisch. Die Einreise geht hier weitaus schneller von statten, wobei ich im Nachhinein ein wenig Mitleid mit der Grenzbeamtin habe, die sich mein Gestammel nach fast 30 Stunden Flug anhören muss, während ich Mika schon freudig winkend hinter der Absperrung stehen sehe. Es kommt mir vor wie eine halbe Ewigkeit, die sie sich Zeit lässt, um meinen Pass zu inspizieren. Als sie ihn endlich abstempelt, reiße ich ihn ihr förmlich aus der Hand, um zu Mika zu rennen und meine Familie in die Arme zu schließen. Gemeinsam begeben wir uns nach draußen, wo wir von Marcello, unseren Vermieter, empfangen und zu einem kleinen Schulbus gebracht werden. Dieser fährt uns zu unserer Unterkunft, dem Wantara Garden. Bevor wir hineingehen, erklärt uns Marcello, dass wir in dieser Gegend bei Nacht nicht mehr hinaus gehen sollen und dass wir auf keinen Fall die Tür offen lassen oder ans Telefon gehen dürfen - sehr beruhigend. Das interessiert mich jedoch momentan wenig, da ich nur noch Augen für mein Bett habe.

    Quito, 21.-23.08.18

    Mühsam schleichen wir in einem Tempo, das der Slow-Motion-Wiederholung eines Elfmetertors gleichkommt, den Berg hinab. Es ist unser erster Tag in Quito, der höchsten Hauptstadt der Welt, und eben das ist es, was uns zu schaffen macht.

    Die Umstellung auf eine Höhe von 2800 Metern bringt die Gefahr der Höhenkrankheit mit sich, ein Phänomen, das man sonst nur von Bergsteigern kennt. Herzrasen, Atemnot, Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen sind häufige Symptome dieser Krankheit. Ich selbst merke, dass ich beim Laufen viel zu schnell außer Atem gerate und anhalten muss, um Luft zu holen. So auch, als ich mit meiner Mutter gemeinsam an diesem ersten Tag zum naheliegenden Supermarkt laufe. Etwas anderes machen wir heute nicht, so wird es empfohlen, um der Höhenkrankheit schnellstmöglich zu entkommen. Der erste Tag in einer neuen Stadt, das erste Mal auf die Straße Gehen ist für mich immer ein besonderer Moment. Nie erlebt man eine Stadt und deren Bewohner so intensiv, wie beim allerersten Eindruck. Es fällt auf, dass an beinahe jeder Kreuzung, die wir überqueren, ein Verkehrspolizist steht, der mühsam versucht, in irgendeiner Weise Herr über das chaotische Verkehrsaufkommen zu werden. Nicht selten wird er dabei von ungeduldigen Taxi Fahrern schamlos angehupt. Zur allgemeinen Verkehrs-Verwirrung trägt außerdem bei, dass es in der gesamten Stadt fast ausschließlich Einbahnstraßen gibt. Die Menschen beobachten uns interessiert und meist freundlich.

    Trotzdem fühle ich mich auf Anhieb nicht so wohl, wie in anderen südamerikanischen Großstädten, wie beispielsweise Buenos Aires. Das Viertel, in dem sich unsere Unterkunft befindet, gilt als nicht ganz ungefährlich und der Reiseführer empfiehlt, dort nicht zu Fuß unterwegs zu sein. Im Supermarkt angekommen, überrascht mich die geringe Vielfalt der Angebote und ich werde mal wieder daran erinnert, was für ein Luxusproblem es ist, sich nicht zwischen zehn verschiedenen Käsesorten entscheiden zu können. Auf dem Rückweg versuchen wir in einigen kleineren Läden Coca Tee zu bekommen, da dieser gegen die Höhenkrankheit helfen soll. Coca Tee wird aus Coca Blättern gewonnen und fällt in Deutschland unter das Betäubungsmittelgesetz. Als ich aus einem Geschäft trete, sehe ich zu meiner linken eine wild gestikulierende Frau, die einem Polizisten gegenüber immer und immer wieder hysterisch auf einen jungen Mann zeigt. Ich vermute, sie verdächtigt ihn, sie bestohlen zu haben. Ich gehe weiter, doch sehe erschrocken, dass der junge Mann plötzlich mit einem Messer herumfuchtelt, dessen Klinge länger als mein Unterarm ist. Hektisch ziehe ich meine Mutter weiter und bin gleichzeitig verwundert und schockiert über die Gelassenheit, mit der der Polizist die Situation meistert. In unserer Unterkunft wieder angekommen, fällt vor allem die ständige Geräuschkulisse bestehend aus Sirenen aller Art auf: Ob Autoalarmanlagen, Polizeisirene oder Feuerwehr - irgendein Alarm ist hier immer zu hören.

    Am nächsten Tag machen wir uns früh auf den Weg in die Altstadt Quitos. Sie erhielt bereits 1979 als weltweit erste Stadt den Titel des UNESCO Weltkulturerbes. Und tatsächlich: der Spaziergang über Kopfsteinpflaster, vorbei an zahlreichen Kirchen und charmant schiefen, teilweise bunt bemalten Häusern ist nicht nur dank der Höhe atemberaubend. Es gibt kaum eine Ecke, an der man nicht von Straßenverkäufern angesprochen wird. Erstaunlich ist jedoch nicht nur die Frequenz der Verkäufer, sondern vor allem ihr vielseitiges Angebot sowie die geringen Preise: Von Rasierklingen über Goldfische in der Plastiktüte bis hin zu Bananenchips ist alles dabei, nichts kostet mehr als „dos dollares (zwei Dollar). Ein Must-See für Touristen in Quito ist die Kirche „La compañia de Jesús und so beschließen auch wir, sie zu besichtigen. Positiv überrascht sind wir, als wir, nachdem wir unsere Tickets gekauft haben, von einer jungen Studentin abgeholt werden, die sich uns als unser privater Tourguide vorstellt. Sie erzählt uns, dass die Compañia, eine Jesuitenkirche, 1605 bis 1765 erbaut wurde. Als ich das Innere der Kirche betrete, stockt mir zuerst einmal der Atem beim Anblick des verarbeiteten Blattgoldes. „Was schätzen Sie, wie viel Kilo Blattgold hier verarbeitet sind?, fragt uns die junge Studentin. „Tonnen! Sie belächelt uns und erzählt, dass es „lediglich" 54 Kilogramm seien. Für Blattgold ist das jedoch auch eine gewaltige Menge. Gemeinsam erklimmen wir die Stufen hinauf in die Kuppel und auf das Dach der Kirche, von wo aus wir einen fantastischen Blick über die Stadt haben. Schließlich statten wir noch einem kleinen Einkaufszentrum sowie einem Kakao- und Schokoladenladen einen Besuch ab. Nachdem wir von den Straßenverkäufern und auch den sonstigen Lebensmittelpreisen in diesem Land bisher sehr verwöhnt wurden, sind wir dann doch schockiert über den Preis von zehn Dollar pro 100 Gramm Schokolade. Gegen Abend schlendern wir durch die älteste und bekannteste Straße Quitos:

    La Ronda. Hier reihen sich bunte Bars, gegrilltes Meerschweinchen versprechende Restaurants und kleine Kunsthandwerksläden aneinander. Wir entscheiden uns für ein solches Restaurant, aber gegen das Meerschweinchen. Als wir uns auf den Heimweg machen ist es bereits dunkel und obwohl es von hier zu unserer Unterkunft nur wenige Minuten zu Fuß sind, nehmen wir uns den Ratschlag unseres Vermieters zu Herzen, im Dunkeln nicht mehr durch unser Viertel zu laufen, und beschließen, ein Taxi zu nehmen. Kurzerhand entscheiden wir uns für einen großen Platz, an dem wir uns an den Straßenrand stellen. Schon nach wenigen Sekunden kommt ein leeres Taxi um die Ecke gebogen. Wir winken, doch es fährt weiter. So auch die nächsten drei. Wir verstehen die Welt nicht mehr. Warum wollen jene Taxifahrer, die tagsüber noch aufwendig um unsere Aufmerksamkeit gebuhlt haben, jetzt nichts mehr von uns wissen? Eine junge Frau hastet zielstrebig an uns vorbei, zögert dann jedoch und dreht sich nochmals um. Sie gibt uns zu verstehen, dass wir hier an diesem Platz auf

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