Auroville – Stadt der Morgendämmerung
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Buchvorschau
Auroville – Stadt der Morgendämmerung - Sri Aurobindo
Teil I
WORTE SRI AUROBINDOS
Kapitel 1
Die Menschheit –
Ihre bisherige Entwicklung und was es zu tun gilt
Das Trachten des materiellen Menschen ist allein darauf gerichtet, zu leben und auf seinem Weg von der Geburt bis zum Tod so viel Bequemlichkeit und Vergnügen wie möglich zu bekommen, jedenfalls aber zu leben. Er kann dieses Ziel wohl hintanstellen, er kann es aber nur den anderen Trieben der physischen Natur unterordnen: der Fortpflanzung und der Erhaltung der Art in der Familie, der Klasse oder der Gemeinschaft. Die egoistischen Interessen, häusliches Leben, die herkömmliche Ordnung der Gesellschaft und der Nation sind die konstituierenden Elemente der materiellen Existenz. Ihre außerordentliche Bedeutung für die Ökonomie der Natur ist offensichtlich, und entsprechend groß ist auch die Bedeutung dieses menschlichen Typus, der sie darstellt. Er gewährleistet der Natur die sichere Festigkeit der Struktur, die sie erschaffen hat, und die geordnete Dauer und Erhaltung ihrer früheren Gewinne.
Aber gerade durch ihre große Nützlichkeit sind solche Menschen und das von ihnen geführte Leben zu einem beschränkten, unvernünftig konservativen und erdgebundenen Leben verurteilt. Die gewohnte Routine, die hergebrachten Institutionen und die ererbten oder gewohnheitsmäßigen Formen des Denkens sind der wahre Lebensatem ihres Daseins. Sie erkennen wohl die Veränderungen an, die durch das fortschrittliche Mental in der Vergangenheit erzwungen wurden, und verteidigen sie eifersüchtig. Mit gleichem Fanatismus bekämpfen sie aber die Umwandlungen, die von den fortschrittlich Gesinnten in der Gegenwart unternommen werden. In den Augen des materiellen Menschen ist der lebende fortschrittliche Denker ein Ideologe, ein Träumer oder ein Verrückter.
*
Die Vordergründe des Lebens sind leicht zu verstehen. Ihre Gesetze, ihre charakteristischen Abläufe und praktischen Vorteile liegen auf der Hand, und bei hinlänglicher Gewandtheit und Schnelligkeit können wir sie ergreifen und von ihnen profitieren. Doch bringen sie uns nicht sehr weit. Sie genügen für ein tätiges, oberflächliches Leben von einem Tag zum anderen, doch sie lösen nicht die großen Probleme des Daseins.
*
Das Wort Zivilisation, auf diese Weise angewandt, hat nur eine relative Bedeutung oder überhaupt keinen festen Sinn. Wir müssen es daher von allem ablösen, was vorläufig oder zufällig ist und es auf dieses unterscheidende Merkmal festlegen, dass Barbarei derjenige Zustand der Gesellschaft ist, in welchem sich der Mensch fast ausschließlich mit seinem Leben und Körper beschäftigt, mit seinem wirtschaftlichen und physischen Dasein... Es ist deutlich, dass im Zustand der Barbarei die rohen Anfänge einer Zivilisation liegen können. Es ist ebenfalls deutlich, dass in einer zivilisierten Gesellschaft sehr viel Barbarei oder zahlreiche seiner Überbleibsel fortbestehen können. So gesehen sind alle Gesellschaften lediglich halb zivilisiert.
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Der Mensch ist ein abnormales Wesen, das noch nicht seinen normalen Zustand gefunden hat. Er kann sich einbilden, dies sei der Fall. Er kann in seiner Art als normal erscheinen. Aber dieses Normalsein ist nur eine provisorische Ordnung. Obwohl der Mensch unendlich vollkommener ist als Pflanze und Tier, ist er in seiner eigenen Natur nicht so vollendet wie diese. Solche Unvollkommenheit ist nicht beklagenswert, sondern ist eher ein Vorrecht und ein Versprechen, denn sie öffnet uns ungeheure Möglichkeiten der Selbstentwicklung und Selbstüberschreitung. Der Mensch ist auf seiner höchsten Stufe ein Halbgott, der, aus der tierischen Natur entstanden, in ihr herrlich abnormal ist. Das aber, was er erlangen will, die ganze Gottheit, ist so viel größer als sein derzeitiger Zustand, dass es ihm ebenso abnormal erscheint wie er selbst dem Tier. Er hat deshalb die mühsame Arbeit des Wachstums vor sich, aber auch die herrliche Krönung seiner Art und ihren Sieg. Ein Königreich ist ihm angeboten, im Vergleich zu dem seine gegenwärtigen Triumphe im Bereich des Mentals über die äußere Natur nur ein schwacher Abglanz sind.
*
Das verwirklichte mentale Wesen und das verwirklichte spirituelle Wesen sind zwei verschiedene Ebenen in der Ordnung unserer Existenz. Die eine ist übergeordnet und göttlich, die andere untergeordnet und menschlich. Zu der ersteren, der göttlichen Ebene, gehören die vier göttlichen Prinzipien: das unendliche Sein, das unendliche Bewusstsein und sein Wille, die unendliche Seligkeit und das unendliche, umfassende, aus dem Selbst wirksame Wissen des Supramentals. Zum mentalen Wesen gehören die drei menschlichen Prinzipien: das mentale, das vitale und das physische Wesen. So wie diese Prinzipien in ihrer Natur in Erscheinung treten, sind die beiden Wesensarten einander entgegengesetzt; das eine ist die Umkehrung des anderen. Das göttliche Wesen ist unendlich und unsterblich; das menschliche ist das in Zeit, Feld und Form begrenzte Leben. Es ist Leben, das eigentlich Tod ist und danach strebt, Leben zu werden, das Unsterblichkeit ist. Das göttliche Wesen ist ein unendliches Bewusstsein, das über alles hinausgeht und alles umfasst, was es in sich manifestiert. Das menschliche ist Bewusstsein, das aus dem Schlaf des Unbewussten errettet wurde. Es ist den Mitteln, die es verwendet, unterworfen und durch den Körper und