Frauen lachen anders
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Buchvorschau
Frauen lachen anders - Heide-Ulrike Wendt
ALLES BANANE?
Sie kommt sichtlich entspannt von ihrer neuen Frauenärztin nach Hause und erzählt ihrem Mann überglücklich: „Du, die ist wahnsinnig nett und hat mir gesagt, ich hätte eine Haut wie eine 30-Jährige und noch überhaupt keinen Bauch. Er darauf: „Und was hat sie zu deinem 50-jährigen Arsch gesagt?
Sie: „Also, über dich haben wir gar nicht gesprochen."
Was denken Sie, wer kann mehr über diesen Witz lachen – sie oder er oder beide gleichermaßen?
Wie sieht Frauenhumor heute aus? Lachen Frauen anders als Männer? Worüber lachen sie am liebsten: über die aktuelle Weltlage, über Männer oder über sich selbst? Werden Jungs und Mädchen im Umgang mit Witz und Humor noch unterschiedlich erzogen? Sind Frauen im Kabarett und in der Comedy auf dem Vormarsch? Schreiben die Frauen auf der Bühne vor allem für die Frauen im Publikum? Sind Männer anders komisch als Frauen? Gibt es für Kabarettistinnen Tabus? Warum gibt es noch keinen „Scheibenwischer", den nur Frauen machen?
Antworten auf diese und andere komische oder weniger komische Fragen finden Sie in diesem Buch, und die kommen vor allem von Frauen, die sich auf diesem Gebiet bestens auskennen. Zum Beispiel die Schauspielerin und Kabarettistin Maren Kroymann, die mit ihrer „Nachtschwester Kroymann feministische Fernsehgeschichte schrieb, oder Gerburg Jahnke, eine der beiden legendären „Missfits
, Anke Greifeneder, die 34-jährige Managerin von COMEDY CENTRAL, dem ersten deutschen Comedykanal im Free-TV, Martina Brandl, Comedian, Kabarettistin, Chansonsängerin und Autorin des Bestsellers „Halbnackte Bauarbeiter, Barbara Merziger, die mit einer Studie über „Das Lachen von Frauen im Gespräch über Shopping und Sexualität
an der Freien Universität Berlin promovierte, oder die Schriftstellerin Katja Lange-Müller, die 2005 den Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor bekam.
Als ich mit den Recherchen für dieses Buch begann, entpuppte es sich als echter Glücksfall, dass das Bonner Pantheon-Theater (Kabarett, Comedy, Lesungen und Kultur) in der Nacht vor dem 8. März, dem Internationalen Frauentag, gleich fünf gesprächsbereite Kabarettistinnen auf einen Streich präsentierte: Gerburg Jahnke, Angela Buddecke, Eva Eiselt und Christine Prayon, die als „Top Sigrid" Tabus brechen würden, wenn es noch welche gäbe, und knapp am PRIX PANTHEON 2007 vorbeischrammten, und Barbara Ruscher, die ebenfalls für den PRIX PANTHEON 2007 nominiert war.
So findet Gerburg Jahnke durchaus, dass Frauen anders lachen als Männer – nämlich unterstützend, solidarisch. Erzählt zum Beispiel ein Mann, der absolut keine Witze erzählen kann, trotzdem einen, dann gäbe es immer ein paar nette Frauen, die ihn nicht komplett auflaufen lassen und darüber lachen. Männer dagegen lehnen sich zurück, verschränken die Arme über dem Bauch und warten, dass man sie lustig macht.
In Gerburg Jahnkes Programmen geht es oft um die schwierigen Beziehungen zwischen Männern und Frauen, und obwohl die Hiebe gerecht verteilt sind, können Frauen eher über sich selbst lachen. Wenn die Kabarettistin über eine 48-Jährige spottet, die bauchfrei geht, dann amüsieren sich die Frauen und beweisen eine humorvolle, ironische Distanz zu sich selbst. Männer, sagt sie, amüsiert das auch, aber wenn sich die Witze gegen sie richten, dann ist ihre Humorfähigkeit auf dem Prüfstand, erst recht, wenn der Spott von einer Frau kommt.
Macht ein Mann Witze über Männer, vor allem die erfolgreichen, amüsieren sich die Jungs durchaus darüber, denn Mann ist ja unter sich. Eine Frau jedoch bewegt sich dann auf einem schmalen Grat. Wenn eine beim Lästern mit Stützstrümpfen und Kapotthut auf der Bühne steht, können die Männer den Witz mit Ach und Krach zulassen. Macht allerdings eine attraktive Frau, die in ihr Beuteschema passt, einen Witz über Männer, wird es für sie schwierig, das zu akzeptieren. Gerburg Jahnke glaubt, dass Frauen, die Humor haben und sich trauen, in die ironische oder auch zynische Ecke zu gehen, Männern Angst machen. Eine Satirikerin oder Zynikerin, an die man nicht mit dummen Anmachsprüchen rankommt, sondern bei der man sich richtig überlegen muss, wie man ihr imponieren kann, erschreckt sie.
Darauf kann Angela Buddecke keine Rücksicht nehmen, denn sie ist eine Frau, die tut, was sie kann, und macht, was ihr gefällt: Musik, mit Sprache spielen, Menschen unterhalten. Ihre Zielgruppe sind Menschen unterschiedlichen Alters, Geschlechts und Überzeugungen, manchmal auch Tiere und Außerirdische, und ihre Soloprogramme, die sie selber schreibt, handeln „von dem merkwürdigen Zeug, das wir zwischen Geburt und Tod so treiben".
Angela Buddecke sieht, dass es auf inhaltlicher Ebene immer noch die Erwartungshaltung gibt, dass sich Männer mit der großen Politik beschäftigen, während sich Frauen im Allgemeinen mit ihren und den Falten anderer, den Wechseljahren, der Liebe, dem Windelwechseln oder dem Nordic Walking auseinandersetzen. Sie persönlich findet diese „Einteilung in ‚männlich = wichtig‘ und ‚weiblich = nicht so wichtig‘ perfide und gemein."
Für Christine Prayon und Eva Eiselt sind als „TOP SIGRID" auf der Bühne Mann und Frau nicht ihr Thema, und sie können darüber auch bei anderen meist nicht lachen. Eva Eiselt lebt in einer guten Beziehung, in der sie sich nicht emanzipieren muss, höchstens ihr Freund, indem er beispielsweise auf ihr gemeinsames Kind aufpasst, wenn sie auf Tour ist.
Christine Prayon glaubt sogar, dass es gefährlich ist, über die Wirkung dessen nachzudenken, was man auf der Bühne erzählt und wen man damit treffen will. Sie ist überzeugt, dass es jeden berührt, egal ob Mann oder Frau, wenn man Urmenschliches anspricht, zum Beispiel das Thema Arbeitslosigkeit.
Und Barbara Ruscher bedauert, dass Mädchen schon mit den Märchen auf bestimmte Rollen vorbereitet werden. Die schöne Prinzessin, die hinter einer Dornenhecke hundert Jahre schlafen muss, bis der Typ dann endlich herangeritten kommt und alles gut wird. So etwas prägt sich ein, dem Mädchen wird das Schönsein von klein auf so antrainiert, dass sie sich als Frau für den Rest des Lebens total schlecht fühlt, wenn sie drei Kilo zuviel auf der Hüfte hat. Dann stellt sie sich jeden Morgen auf die Waage, und nur wenn sie etwas abgenommen hat, ist der Tag super. „Was ist denn das für ein Selbstbewusstsein? Man definiert sich über seine Pfunde! Barbara Ruscher hat deshalb überhaupt keine Lust, sich mit den spezifischen Frauenthemen Diäten und Brustvergrößerungen, seit Jahrzehnten ein nicht enden wollendes Thema, zu beschäftigen und zählt sich auch nicht zum sogenannten Frauenkabarett, sondern denkt: „Mein Gott, haben die nichts anderes im Kopf? Man könnte sich zum Beispiel mal fragen, warum die Deutschen aussterben oder Ähnliches.
Wer lacht hier über wen?
Harald Schmidt lästert am gleichen Tag kurz vor Mitternacht im Fernsehen: „Morgen ist Weltfrauentag. Wir sollten unsere Frauen öfter verwöhnen und morgens vielleicht mal sagen: ‚Schlaf noch ein bisschen weiter – ich hab’ den Staubsauger ans Bett gebracht!"
Süß, oder?
Schmidt zeigt damit wohl den wahren Alltag hinter aller political correctness. In einer anderen Sendung stellt er fest: „56 Prozent der deutschen Frauen lieben Männer mit Humor. Das ist die alte Regel: Gegensätze ziehen sich an!"
Es sieht ganz so aus, als würde einer unserer größten Entertainer Frauen für humorlos halten, auch wenn zu vermuten ist, dass ihm der Gag nicht selber eingefallen ist, sondern einem seiner Schreiber. Um aber nicht als typisch humorlose Frau zu gelten, darf man sich darüber keinesfalls aufregen oder ärgern, OBWOHL Umfragen über Umfragen beweisen, wie verdammt schwer es ist, herauszufinden, wie wichtig Männern der Humor bei Frauen und umgekehrt Frauen der Humor bei Männern tatsächlich ist. Frauenzeitschriften, Männerzeitschriften, Partnervermittlungsagenturen oder Singlebörsen versuchen es immer wieder und kommen zu den unterschiedlichsten Ergebnissen.
Die Umfrage einer renommierten Hamburger Frauenzeitschrift ergab zum Beispiel, dass Männern in einer Beziehung der Humor der Partnerin wichtiger ist als guter Sex. (Tatsächlich? Gibt es eine Frau, die uns von ihren Erfahrungen berichten kann? Bitte melden!) 1.000 Männer zwischen 14 und 60 Jahren beteiligten sich an dieser Umfrage, und 55 Prozent gaben tatsächlich zu Protokoll, dass ihnen ein gemeinsames Lachen wichtiger ist als Sex. Humor und gutes Aussehen brachten 72 Prozent miteinander in Verbindung. Die Hälfte der Männer war außerdem der Meinung, dass Frauen mit Humor eine hohe Intelligenz besitzen.
Das hört sich gut an, aber wir sollten trotzdem nicht vergessen, dass es nach dieser Umfrage immerhin 39 Prozent der Männer total egal ist, ob Frauen Humor haben.
Etwas anders sieht das Ergebnis zweier Studien von Eric Bressler vom Westfield State College in Massachusetts und Sigal Balshine von der McMaster University in Hamilton, Ontario, aus (nachzulesen in „Psychologie heute und dem Onlinemagazin der Zeitschrift „Nature
), denn es offenbarte: Frauen mögen Männer mit Humor, aber Männer mögen Frauen, die über ihre Scherze lachen. Es ist also immer eine Frage der Perspektive. Und es ist zudem eine Frage, was „Mann" unter Frauenhumor versteht.
In der ersten Untersuchung befragten sie 200 weibliche und männliche Studenten und ließen sie Fotos des jeweils anderen Geschlechts anschauen, die mit einem lustigen oder langweiligen Zitat versehen waren, zum Beispiel: „Meine Highschool war so hart, wir hatten sogar unseren eigenen Leichenbeschauer oder: „Ich würde lieber zu Fuß zur Schule gehen, als den Bus zu nehmen.
Die Frauen bewerteten die humorvollen Männer nach diesem Test als die besseren potenziellen Partner und schätzten sie als lustiger und attraktiver ein als humorlose Männer. Für die Männer schien die Attraktivität der Frauen nichts mit deren Witz zu tun zu haben.
In einem Folgeexperiment sollten 130 Studentinnen und Studenten die Anziehungskraft zweier Menschen des anderen Geschlechts bewerten, die entweder selbst humorvoll sind oder den Humor anderer schätzen, und danach verraten, wen sie als Partner bevorzugen würden. Die Forscher fanden heraus: „Frauen bevorzugten generell Männer, die lustig waren, während Männer eine Frau wollten, die denkt, dass er lustig ist."
Warum das so ist? Geoffrey Miller, Psychologe an der University of New Mexico, für den Humor ein zuverlässiger Weg ist, „um Kreativität und Intelligenz zu zeigen", unterbreitet dazu folgende Theorie: Frauen bevorzugen humorvolle Männer, weil ihr Witz zeigt, dass sie ein gesundes Gehirn haben, was gute Gene verspricht. Vereint sie sich mit einem witzigen Mann, kommen dabei wahrscheinlicher gesunde Kinder heraus, die sich wiederum vermehren und so ihre Gene erhalten.
An dieser Stelle sei es gestattet, Bedenken anzumelden, denn der überaus humorvolle und kluge Autor und Moderator Jörg Thadeusz hat in Bezug auf den Humor bei der Partnerwahl der Frauen eine ganz andere Erfahrung parat. Er meint nämlich, dass die schüchternen Männer, und speziell diejenigen, die anfangen lustig