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Emigra 3000: Das Spiel der Macht
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Emigra 3000: Das Spiel der Macht
eBook485 Seiten6 Stunden

Emigra 3000: Das Spiel der Macht

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Über dieses E-Book

Während Paul Harris eine verblüffende Entdeckung macht, die sogar seine rege Vorstellungskraft zu sprengen droht, unternimmt Chadam erneut einen Ausflug in die Vergangenheit.
Dabei gelingt es ihm nicht nur sein altes Versprechen einzulösen, sondern er wird auch gewahr, wie das Spiel der Macht seine Wünsche, aber auch seine Befürchtungen wahr werden lässt.
Der Imperator selbst schürt das von Gatowyn entfachte Feuer aus Verrat und Intriganz. Er entfesselt damit eine alles verzehrende Macht, die ihn dazu bringt, sich gegen seine engsten Vertrauten zu wenden und die letztendlich das gesamte Imperium, ja sogar ihn selbst an den Rand der Vernichtung führt.
Derweil erkennt Chadam seine Chance, sich endgültig aus dem Joch seiner vermeintlichen Bestimmung zu befreien. Doch dafür müssen er und seine unerwarteten Mitstreiter sich in die Höhle des Löwen wagen.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum16. Aug. 2017
ISBN9783744880268
Emigra 3000: Das Spiel der Macht
Autor

Uwe Wagner

Der Ausspruch, "du bist ein Träumer", ist selten als Lob gedacht. Doch für Uwe Wagner bedeutete es schon früh so etwas wie eine kleine Auszeichnung. Denn noch immer bereitet es ihm Spaß, das offene Ende einer Geschichte auf unterschiedlichste Weise weiterzuführen. Aber wer hat sich noch nie dabei ertappt, sich auszumalen, wie eine Situation ganz anders hätte verlaufen können, wenn doch nur ein winziges Detail geändert worden wäre? Dieser Gedanke, wie auch das Phänomen und die Paradoxa der Zeitreisen, fasziniert Uwe Wagner bereits seit seiner Jugend. Insbesondere die nahezu unendliche Zahl an Parallelwelten und die Idee, nun selbst einige davon zu gestalten, lässt ihn seitdem nicht mehr los. So ist es nicht verwunderlich, dass die Abenteuer seiner Protagonistin Kaira Saltiem eine neue Sicht auf diese Thematik eröffnen. Mit der Geschichte "Geheimakte Bratappel" richtet sich Uwe Wagner nun wiederum an eine jugendliche oder junggebliebene Leserschaft. Werden in ihr doch viele längst vergessen geglaubte Wunschvorstellungen wieder lebendig, die uns wohl alle als Jugendliche bewegten, einschließlich des Wunders der ersten zarten Liebe. Gerade nach Jahren des technischen Studiums, des wissenschaftlichen und rationellen Arbeitens, bietet sich für den Autor die grenzenlose Möglichkeit seinem Motto treu zu sein, das Albert Einstein so treffend formulierte: "Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt."

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    Buchvorschau

    Emigra 3000 - Uwe Wagner

    Wer seine Absichten zu früh enthüllt,

    bringt sie zum Scheitern.

    Denn er gibt seinen Feinden und Neidern

    zu Gegenmaßnahmen Zeit.

    Wer Schweigen kann,

    der kann zu schönen Eroberungen gelangen.

    Friedrich II., der Große, gen. der Alte Fritz

    Inhalt

    Konspiration

    Sapere aude! – Wage es deinen Verstand zu gebrauchen!

    Modifikation

    Faber est suae quisque fortnae! – Jeder ist seines Glückes Schmied!

    Revanche

    Similia similibus curantur. – Ähnliches wird durch Ähnliches.

    Omen

    Abyssus abyssum invocat. – Ein Fehler zieht den anderen nach sich.

    Glossar

    Fines coronat opus! – Das Ende krönt das Werk!

    Teil II:

    Das Spiel der Macht

    Konspiration

    Sapere aude! –

    Wage es, deinen Verstand unvoreingenommen zu gebrauchen!

    Die Zeit, die die beiden Drohnen benötigten, um vom Asteroidengürtel bis zum Ziel am Kuipergürtel zu gelangen, war nun bald um und schon sendeten sie erste Ergebnisse. Dennoch hatte Harris sich an seinen Zeitplan gehalten, und die Kammer tief unter dem Erzgebirge nur einmal in der Woche aufgesucht. Am liebsten wäre Harris jeden Tag in die abgeschirmte „Bergfeste" geeilt, doch jetzt, da sein Pensionsalter in greifbare Nähe gerückt war, vertrug er die rasante Fahrt mit diesem eher als Geschoss denn als Bahn zu bezeichnenden Gefährt nicht mehr so gut.

    Durch die jüngsten politischen Entwicklungen, immerhin standen das Osmanische Reich und die Indische Union kurz vor einem Krieg, war seine Einrichtung auch die Aufklärungsaktivitäten der Nachrichtendienste des Reiches eingebunden worden und er hatte die Bergfeste sogar fast drei Wochen lang überhaupt nicht aufsuchen können. Doch heute gestattete ihm sein Kalender diesen langersehnten Ausflug.

    Er spürte seine Aufregung wie damals als er an seinem zwölften Geburtstag voller Vorfreude und gespannter Erwartung sein Schwebebrett ausgepackt hatte. Es musste ein Vermögen gekostet haben, denn es war die erste Miniaturanwendung der Antigravtechnologie und ließ mit einem Schlag alle mit rollen ausgestatten Bretter, die er fast zirkusreif beherrschte, altbacken aussehen. Beim Gedanken an jenes erhebende Ereignis musste er unwillkürlich schmunzeln. In der Tat war seine Erwartung heute nicht mindergroß als er auf die Abschaltung der Lisesstrahlen-Barriere wartete.

    Endlich war es soweit und er hastete zum Sessel in der Raummitte, schwang sich aus vollem Lauf hinein und rief auch schon die Datenübermittlung der beiden Drohnen auf.

    Enttäuschung breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er die ersten Sequenzen betrachtete. Da war nichts als leerer Raum vor beiden Drohnen, die sich nun einander auf eine Entfernung angenähert hatten, die selbst für irdische Verhältnisse als dicht zu bezeichnen war. Sie strebten weiterhin auf Parallelkurs mit hoher Geschwindigkeit jenem imaginären Punkt im Raum jenseits der Bahn des Pluto entgegen, den Harris vor einigen Jahren anvisiert hatte.

    Mutlos sank er in den Sessel zurück, in dem er sich eben noch vor Anspannung aufrecht gehalten hatte. Wie jemand, der geistesabwesend in die Ferne starrt, so war sein Blick auf die Holographie gerichtet, die ihn umgab. Dann zuckte er zusammen und die Anspannung kehrte schlagartig zurück.

    „Zurück! Zwanzig Einheiten", gab er den Befehl an die Steuereinheit und das Holo zeigte die Szene um zwanzig Minuten, die übermittelten Bilder wurden im Minutentakt aufgenommen und gesendet, zurückversetzt.

    Harris begann aufgeregt auf dem Sitz hin und her zu rutschen. „Zurück! Sechshundert Einheiten. Vorlauf mit zehnfacher Geschwindigkeit." Augenblicklich sprang die Darstellung zurück und nun, in dieser Art Zeitraffer, war die Bewegung der Aufnahmen deutlich auszumachen. Doch da war auch noch etwas, eine Art dunkles, kaum merkliches Flackern, bei dem der Hintergrund ein wenig verschwamm so wie die Landschaft zur Mittagszeit an einem sonnigen und heißen Sommertag.

    Schnell ließ Harris Berechnungen anstellen und per Simulation die Kontur des Körpers darstellen, der eine solche Gravitationsverzerrung hervorrufen konnte. Er hielt den Atem an. Das Objekt, unregelmäßig gestaltet, musste riesig sein. Doch was war es? Ein natürlicher Himmelskörper konnte es nicht sein, denn hier war ganz offensichtlich eine Tarnvorrichtung aktiv, die eine Wahrnehmung mit allen gewöhnlichen Sensoren verhinderte.

    Harris pfiff durch die Zähne und sprang auf. „Alle Achtung. Na, das ist ja eine Überraschung."

    Schnell übertrug er eine Kopie von der gesamten Sequenz auf seinen Speicherkristall. Dann ließ er sie mit hundertfacher Geschwindigkeit weiterlaufen und ebenfalls aufzeichnen. Wozu er diese Kopie erstellte, wusste er in diesem Moment selbst nicht, denn Reichspräsident Lüschen, der Verwandte von seinem ehemaligen Mitarbeiter, würde es noch immer nicht als Beweis akzeptieren, sondern lediglich als eine weitere geschickte Simulation und damit Erfindung der Recheneinheit abtun.

    Harris seufzte und starrte auf das Holo, in dem die Größe jenes ominösen Gebildes stetig anwuchs und die Konturen an Schärfe gewannen.

    Schon wollte er seine Aufzeichnung abbrechen als der gesamte Raum plötzlich hell aufleuchtete. Die hellen Punkte, Abbilder der Sterne in den Weiten des Alls, verwischten und alles schien in eine heller werdende, sich verengende und immer mehr in die Länge erstreckende Röhre hineingezogen zu werden. Gleißend helles weißes Licht breitete sich aus und blendete ihn so sehr, dass er seine Augen schloss.

    Plötzlich erlosch das Licht und als Harris seine Augen öffnete war das Holo erloschen.

    „Was um alles in der Welt war das denn?, entfuhr es ihm. „Wiederholung der letzten hundert Zeiteinheiten. Abblendfaktor eintausend. Normale Geschwindigkeit.

    Sofort war es wieder gleißend hell im Raum, obwohl die Helligkeit um den Abblendfaktor gemindert war und Harris schirmte seine Augen ab. Dann erlosch das helle Leuchten und die Dunkelheit des Alls wurde wieder sichtbar. Die Lichtpunkte der Sterne waren allerdings verzerrt, so als wäre die Übertragung der Daten gestört. Die Bildschärfe nahm sogar noch ab anstatt zu. Plötzlich erschien ein helles Aufleuchten offenbar in großer Entfernung, die sich in einer Verzerrung verlor. Dann brach die Darstellung ab und die Holographie erlosch.

    Harris starrte ungläubig auf die Kuppel des Raumes. „Das gibt’s doch gar nicht! Was war das denn? Nachdenklich sank er in seinen Sessel. „Habe ich jetzt ein Déjà-vu? – Das habe ich doch schon einmal gesehen.

    Nun war sein Forschergeist erwacht. Natürlich erwies sich sein Versuch die Drohnen zu orten als Fehlschlag. Nein, das heißt, es würde sich als Fehlschlag erweisen, denn es dauerte mehrere Stunden bis die Signale die Position der Drohnen würden erreicht haben und ebensolange, um wieder zur Erde zurückzugelangen. Doch auf das Ergebnis wollte er nicht warten. Stattdessen überprüfte er die Aufzeichnungen der anderen Überwachungseinheiten auf jene Explosion hin. Dabei wurde er nur fahriger und ungeduldiger, jedoch nicht fündig.

    „Das habe ich doch schon einmal gesehen", sinnierte er weiter, stand auf und begann auf und ab zu gehen.

    Plötzlich blieb er stehen als sei er versteinert. Dann schnipste er mit den Fingern und rannte hinüber zu einem Bedienpult. Dort hämmerte er mit seinen Fingern hektisch auf die Sensorfelder ein. Dann legte er den Speicherkristall in eine kleine Mulde auf dem Bedienfeld.

    „Autorisiert. – Historische Aufzeichnungen werden geladen und auf externer Einheit gespeichert", ertönte eine Stimme und Harris ging zum Sessel hinüber, um darin ein wenig schwerfällig Platz zu nehmen.

    Die Aufzeichnung begann plötzlich mit verzerrten Bildern, die jedoch schnell an Schärfe zunahmen. Sehr gut erinnerte sich Harris noch daran, wie er sie damals wieder und immer wieder angesehen hatte. Sie waren aus unbekannter Quelle übermittelt worden, einige Zeit nachdem sein Mitarbeiter es bereits auch ihm gegenüber aufgegeben hatte, die beobachtete Explosion im Kuipergürtel glaubhaft zu machen. Es gab schließlich keinerlei Aufzeichnungen, die seine These hätten belegen können. Dann hatte er diese rätselhaften Bildsequenzen erhalten und sie geheim gehalten, damit sie nicht dem Anlass zur Spekulation dienten. Außerdem wirkten sie, zumindest damals, wie aus dem Zusammenhang gerissen, zumal ja nicht zu ermitteln gewesen war, woher sie stammten.

    Doch nun, schien es so als wären sie die Fortsetzung der Übertragung der beiden Drohnen, als wären sie in umgekehrter zeitlicher Folge übermittelt worden. Dabei gab es allerdings nur einen kleinen Haken, denn diese Bildsequenzen waren nicht nur vor den anderen empfangen worden, sondern sogar einige Jahre vor dem Start der Drohnen.

    „Das ist doch nicht möglich, wunderte sich Harris. Doch er wusste, es gab eine plausible, jedoch unglaubliche Erklärung. „Ein Zeitsprung? Wie soll das gehen?, fragte er sich ratlos.

    Sollte dies der Schlüssel sein? Er ließ die Sequenz jener Explosion erneut ablaufen. Tatsächlich schienen sich Myriaden von hellen Partikeln einer sich rasend schnell ausdehnenden Wolke wie von einem Explosionszentrum her auszubreiten. Sie kam auch mit unglaublich großer Geschwindigkeit auf die Position des Betrachters zu. In dem Moment, in dem sie heran war, erstarb das Signal und mit ihm die holographische Darstellung.

    Harris schüttelte sich als wolle er damit Gespenster oder zumindest dunkle Gedanken vertreiben. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Ei der daus! Was ist denn da passiert? Er strich sich nachdenklich übers Kinn. „Jetzt wird’s aber langsam richtig interessant.

    Er stand auf, ging zum Bedienpult hinüber und nahm den Speicher an sich. Dann verließ er, so schnell es möglich war, diesen Ort. Er musste in Ruhe nachdenken. Vor allem aber musste er sich vergewissern, dass es seine Welt da draußen noch gab, denn es kam ihm auf einmal so vor als stecke er in einer Endlosschleife. Ja, er musste sich einfach vergewissern, dass er nicht soeben selbst in der Zeit um einige Jahre zurückkatapultiert worden war.

    ***

    Das hektisch an- und abschwellende Geräusch des Bordalarms drang nur langsam in Chadams Bewusstsein. Doch dann war er mit einem Mal hellwach und setzte sich auf. Schnell rief er das Diagnosesystem auf und überflog die Meldungen. Erleichtert stellt er fest, dass der Soyom keinen Schaden genommen hatte. So schaltete er den Alarm ab und rief die Daten über seine Position auf. Er war tatsächlich im vorgegebenen Gebiet, noch immer mit Kurs auf den Kreuzer Taurano, dessen Signale er nun deutlich empfing.

    Erleichtert ließ er sich in den Sessel zurücksinken. Alles war gut gegangen. Das Schiff hatte den Zeitsprung ohne Schaden überstanden. Jetzt musste er nur noch herausfinden, ob er den richtigen Zeitpunkt für den Sprung berechnet und ihn dann auch tatsächlich erreicht hatte. Das ging am besten, wenn er sich wieder direkt mit dem Zentralsteuersystem des Kreuzers in Verbindung brachte.

    Aber auch die gewaltige Menge an Informationen, die er auf diese Weise für sich nutzte bestätigte ihm nur, dass seine List gelungen war und alle davon ausgingen, dass er mit seinem Schiff im Baicalu-System vernichtet worden war. Die hiesige Situation schien unverändert zu sein. Wieviel Zeit noch verstreichen würde bis es zur vermuteten Zerstörung des Kreuzers kam, konnte er so nicht ermitteln.

    Doch dann fing er eine kurze Unterhaltung seines Vaters mit Gatowyn auf, bei der ein unverhoffter Besuch des Imperators angekündigt wurde.

    „Der Imperator?, wunderte sich Chadam. „Er kommt hierher? – Das ist ja… seltsam. Nachdenklich schüttelte er den Kopf. „Da ist doch was faul."

    Offenbar erging es Rovida ähnlich, denn der rief seinerseits nun eine große Menge an Informationen aus dem Zentralsystem ab wie Chadam unschwer feststellen konnte. Alles deutete darauf hin, dass er ein Komplott vermutete. Dennoch schenkte er einer Kleinigkeit keine Beachtung. Chadam wäre es sicherlich ähnlich ergangen, wenn er nicht über das Wissen vor dem Zeitsprung verfügt hätte. Aber so entgingen Rovida die Eintragungen über die Bewegungsmuster einiger alter Frachter, die regelmäßig auf der Route zwischen dem Uranusmond Oberon und dem Planeten Colovur pendelten.

    „Na denn tapp du mal weiter im Dunkeln. Chadam lächelte vergnügt. „Wollen wir doch mal sehen, was unser krummer Hund denn so macht.

    Es dauerte nicht lange, da hatte er Gatowyn geortet. Erstaunlicherweise war der in sehr kurzer Zeit in einen offenbar ungenutzten Lagerraum gelangt. Bevor Chadam sich die Frage stellte, was der Verräter denn dort suche, erhielt er die Antwort in Form von plötzlich auftauchenden Signalen, die die Anwesenheit von gut einem Dutzend Personen im Raum anzeigten.

    „Ei-ei, was haben wir denn da?" Chadam pfiff durch die Zähne. Zu gern hätte er das Kommunikationssystem in jenem Raum aktiviert, aber das hätten die Anwesenden mit Sicherheit bemerkt. Auch ein Ausweichen auf die Systeme der benachbarten Räume brächte nicht den gewünschten Erfolg, denn die Wände, selbst die der Lagerräume, waren so konzipiert, dass sie undurchdringlich waren, auch für Schall.

    „Maldir¹!" Wütend schlug er mit der Faust auf die Sessellehne. Jetzt war er so nah dran und doch abgeschnitten?

    Doch so einfach wollte er sich nicht geschlagen geben. Er konzentrierte sich auf eine der Personen in der hintersten Reihe und stand auch schon in direkter Verbindung zu dessen persönlichem Kommunikationssystem. Sorgsam darauf achtend, Rückkopplungen und ein Senden der aufnehmenden Bild- und Tonsequenzen zu vermeiden, damit weder die Person selbst noch andere, die in Verbindung zu seinem System standen, etwas bemerkten, aktivierte er das System.

    Leise drangen Stimmen durch und Chadam gelang es einige Wortfetzen und Satzfragmente zu erfassen. „… Zeichen wird Potrak vergehen", sagte jemand wie in weiter Entfernung und die Antwort ging in einem Rauschen unter, das auch die nächste Äußerung überlagerte.

    „… Schuss … Geschütz der Edileyar überlassen … wir …Treffpunkt...", vernahm Chadam und rätselte über die Bedeutung dieser Fragmente.

    „Gut,... so sei es", hörte Chadam nun sehr deutlich und zuckte zusammen, denn es klang so bestimmt als sei in einem Schauprozess ein Todesurteil gefällt worden.

    Dann wurde das Rauschen unerträglich laut. Offenbar bewegten sich die Gestalten. Chadam deaktivierte das System und sah, wie die Signale der Personen im Raum bis auf eines wieder verschwanden. Die verbliebene Person, eindeutig als Gatowyn identifiziert, trat auf den Gang hinaus und bewegte sich zügig in Richtung eines der Hangars.

    „Was war das denn?, wunderte sich Chadam. „Und vor allem was hat er denn jetzt vor? Will er von Bord gehen? Tatsächlich bestieg Gatowyn ein Patrouillenschiff, das auch sofort startete und in einem langgezogenen Bogen in Richtung der Position steuerte, in der der Soyom inzwischen zum relativen Stillstand gekommen war.

    Schnell setzte sich Chadam mit dem Steuersystem des Schiffes in Verbindung und erfuhr so, dass die Besatzung aus lediglich dreißig Pugnatoren bestand. Das waren ungewöhnlich wenige für ein so großes Schiff. Eigenartig war auch, dass sich offenbar keine Techniker oder sonstige Mitglieder der üblichen Stammbesatzung an Bord befanden.

    Als Zielkoordinaten war tatsächlich ein Punkt im Raum beschrieben, der das Schiff in seine unmittelbare Nachbarschaft brächte, doch wozu? Hatten sie ihn entdeckt? Nein, das konnte nicht sein. Denn dann hätten sie sicherlich anders reagiert.

    Es konnte aber auch eine List sein, um unbehelligt möglichst nahe heranzukommen. Vorsorglich überprüfte Chadam die Funktion der Tarneinrichtung und stellte auch fest, dass der Soyom sowohl für den Kreuzer als auch für das Patrouillenschiff nicht existent war. Nein, sie mussten die Position aus einem anderen Grunde aufsuchen, einem Grund, der sich ihm noch nicht erschloss.

    Seine Gedanken kehrten zu den Wortfetzen und Satzfragmenten zurück. Wollten sie den Planeten Terra beschießen? Wenn sie ihn auslöschen wollten, wäre das Wort Arfama und nicht Edileyar gefallen, denn nur ersteres beschrieb die Vernichtung eines Planeten.

    „Was wollten sie vernichten?, sinnierte er. „Hmm dann zu einem Treff…punkt. Er schlug sich an die Stirn. „Na klar! Das ist es! – Diese Hunde wollen das Geschütz benutzen und sich dann absetzen und hier ist der Treffpunkt." Chadam war aufgesprungen und lief nun aufgeregt hin und her.

    „Wirklich schön eingefädelt", grinste er und nahm Verbindung mit dem Zentralsteuersystem des Kreuzers auf. Schnell hatte er die Bestätigung, dass die von ihm vorgenommenen Umprogrammierungen noch aktiv waren. Gerade wollte er weitere Modifikationen vornehmen, als der Zugang zum Geschützraum geöffnet wurde. Das konnte nur bedeuten, dass Gatowyn seinen Trupp mit dem Freigabeschlüssel ausgestattet hatte, denn ansonsten war der Raum unzugänglich. Dies wiederum, so schloss Chadam, bedeutete dann wohl auch, dass sie auch den entsprechenden Zugang zur Aktivierung des Geschützes selbst hatten.

    „Wirklich gut, stellte Chadam ein wenig neidvoll fest, „ein lausiger Verräter und Dieb, aber strategisch wirklich gut.

    Zwar wurde das Öffnen und auch das Schließen des Geschützraumes auf der Brücke bemerkt, aber da es keinerlei Anzeichen dafür gab, dass sich Personen in den Raum begeben hatten, war die einzige Reaktion darauf zwei Wachsoldaten und einen Techniker zu entsenden, der die Türsteuerung überprüfen sollte. Tatsächlich meldeten die Raumsensoren auch weiterhin, dass der Raum leer wäre.

    „Muss wohl eine neuartige Tarnvorrichtung sein", murmelte Chadam vor sich hin und überlegte, wie er die Wirkung für die Sensoren aufheben könnte. Er selbst konnte die Anwesenheit nun recht gut erfassen, da sich in die Kommunikation einklinkte, aber für die technischen Sensoren war die Tarnung perfekt.

    Eine Untersuchung der Tarnsysteme brachte ihm die Erkenntnis, dass sie recht einfach konzipiert waren und dass sie lediglich eine kleine Lücke im Spektrum der Sensoren nutzten. Eine Erweiterung der Sensorenspektren entfaltete tatsächlich die gleiche Wirkung als hätte jemand in einem dunklen Raum das Licht eingeschaltet. Jetzt konnte Chadam den kleinen Trupp deutlich sehen und auch sämtliche Geräusche im Raum über das dort befindliche Kommunikationssystem hören. Er vermied es jedoch die Übermittlungen im Zentralsystem allgemein zugänglich zu machen. Denn diese Veränderung hätte ihn selbst in Gefahr gebracht entdeckt zu werden. Wie sonst hätte sich diese technische Änderung erklären lassen außer durch einen manuellen Eingriff, der sich zu keinem der an Bord befindlichen Individuen zurückverfolgen ließ. Nein, er musste ihr Versteckspiel noch eine Weile mitmachen, wie sehr es ihm auch missfiel.

    Der Trupp hatte sich inzwischen im Raum geschickt postiert und konnte ihn bei Bedarf sicherlich eine ganze Weile auch gegen eine große Übermacht verteidigen. Ansonsten verhielten sie sich ruhig, gerade so als warteten sie auf etwas oder jemanden.

    Weiter darüber nachzudenken war es Chadam jedoch nicht vergönnt, denn ein ausgesprochen deutliches und prägnantes Signal kündigte die Ankunft eines Schiffes an. Obwohl die Tarnvorrichtung dieses Schiffes von einzigartiger Güte war, konnte er anhand der Verzerrungen im Raum erkennen, dass es von außergewöhnlicher Größe sein musste. Es war nach der ihm zur Verfügung stehenden Berechnung so groß, dass selbst die Arche der Terraner im Vergleich dazu wie ein Dingi neben einem Ozeanriesen wirkte.

    „Der Imperator ist tatsächlich da", staunte Chadam. Es beschlich ihn ein seltsames Gefühl. Ein Gefühl, das nichts Gutes verhieß. Ein Gefühl wie damals auf der Ragtamera², als er plötzlich gewusst hatte, dass sein kleiner Schwindel bei der Prüfung durchschaut und er infolgedessen beinahe in Schande entlassen worden war. So erwartete er nun das Hereinbrechen einer Katastrophe.

    Doch vorerst geschah nichts Spektakuläres. Das Schiff positionierte sich so vor dem Kreuzer Taurano, dass er selbst bei deaktivierter Tarnung von Terra aus nicht mehr hätte erblickt werden können.

    Chadam wartete auf eine Reaktion, doch im Zentralsystem des Taurano war keinerlei Hinweis auf die Anwesenheit des anderen Schiffes zu finden. Es war geradezu so als sei es nicht existent. Da selbst die Gravitationsverzerrungen nicht registriert wurden, bedeutete dies nichts anderes als dass das Schiff des Imperators die Kontrolle über das Zentralsteuersystem des Taurano übernommen hatte.

    „Hmm, interessant." Chadam strich sich nachdenklich übers Kinn. Offenbar überließ die Garde des Imperators nichts dem Zufall. Denn auf diese Weise konnten einzelne Funktionen auf dem Kreuzer, beispielsweise die Geschütze, nur noch aktiviert werden, wenn sie entkoppelt und quasi manuell als separates System eingesetzt wurden. Auf diese Weise waren dem Taurano im übertragenen Sinne Handschellen angelegt worden.

    „Jetzt bin ich mal gespannt wie der Verräter sich darauf vorbereitet hat." Chadam lachte vergnügt als er sich das verdutzte Gesicht Gatowyns vorstellte.

    Doch schnell rief er sich zur Ordnung. Um zu erfahren, was dort vor sich ging, musste er sich nun in das Zentralsteuersystem des anderen, für ihn noch immer unsichtbaren Schiffes einklinken und zwar auf die gleiche Weise wie er es anfangs bei dem des Taurano getan hatte.

    Das war nun wahrlich keine leichte Aufgabe, denn dazu musste er erstmal einen Zugang finden, um sich dann Stück für Stück, Ebene für Ebene vorzuarbeiten.

    Er spekulierte darauf, dass Rovida den Imperator aufsuchte und dabei, wie üblich bei offiziellen Besuchen von Mitgliedern des obersten Ordos, nicht einen Transmitter, sondern eines der kleineren Schiffe benutzte. Daher suchte er den Raum ab und stellte recht bald fest, dass sich eines solcher Schiffe mit dem Namen Aquila, es war der Jäger, der Rovida vorbehalten war, den Hangar verließ und Kurs auf das Schiff des Imperators nahm. Nein, es wurde mit einem Leitstrahl auf diesen Kurs gezwungen und schon bald würde es in den Hangar jenes Riesenschiffes gezogen werden wie Plankton in das Maul eines Wals.

    Chadam hätte jubeln mögen, denn dies war seine Chance, präsentiert wie auf einem Silbertablett. Doch er konzentrierte sich weiterhin auf sein Ziel, sogar intensiver als vorher. Denn ihm blieben nur Bruchteile von Sekunden sein Vorhaben durchzuführen. In dem Moment, in dem der Aquila in den Hangar glitt, konnte er sich Zugriff verschaffen, und zwar über die Steuerung der Außenschotts. Von hier aus gab es eine direkte Verbindung zum zentralen Steuersystem, wenn auch über mehrere Zwischenstationen hinweg. Sich dann, wie damals, auf die Ebene der direkten Kommunikation zu begeben war für ihn nunmehr fast ein Kinderspiel, wenn gleich auch mit einiger körperlicher Anstrengung verbunden.

    Tatsächlich hatte Chadam recht bald die oberste Gewalt in dieser Steuereinheit inne und konnte nun auch hier umherstreifen, Informationen abrufen, schalten und walten wie es ihm beliebte, natürlich ebenfalls ohne nachweisbare Spuren zu hinterlassen, was ihm ein diebisches Lächeln aufs Gesicht zauberte.

    Zunächst stellte er fest, dass es sich bei dem Schiff des Imperators um den Träger Draco handelte, der in der Tat fast fünfmal so groß war wie der Kreuzer Taurano. Die Operationsdaten unterlagen strengster Geheimhaltung und waren entsprechend verschlüsselt. Doch wie zuvor bei jenen in gleicher Weise eingestuften Dossiers seines Cousins, war dies für Chadam ebenso wenig eine Hürde, die ihn hätte aufhalten können. Allerdings war der Inhalt eher enttäuschend, denn sie gaben nur her, dass es sich bei der gegenwärtigen Mission um einen persönlichen Auftrag des Imperators ohne nähere Bezeichnung handelte. Nichts wies auf den Grund hin, weshalb der Imperator sich persönlich in einen sonst so von ihm verschmähten Winkel des Universums begab, den er bisher sogar nur widerwillig in Form seines Hologramms aufgesucht hatte.

    „Mysteriös, mysteriös." Chadam war ein wenig ratlos und dennoch von einer inneren Unruhe getrieben. So nahm er die Spur Rovidas wieder auf, der sich nun an Bord des Trägers Draco befand. Er war auf dem Weg zum Empfangshalle des Imperators, einem mit gewaltigen Panoramafenstern ausgestatteten hallenartigen Raum, der sich an der äußersten Spitze befand, die gewöhnlich als Prora oder Bug bezeichnet wurde.

    Auch wenn der Imperator sich meist allein dort aufhielt, war der Raum mit Verteidigungsanlagen bestückt, die keinem Angreifer auch nur den Hauch einer Chance ließen. Für Chadam wäre es ein leichtes gewesen sie kurzerhand außer Gefecht zu setzen, doch er zog es vor, der sich anbahnenden Unterhaltung auf seine Weise beizuwohnen.

    „Ave Apex Sublimitatis!" Rovida begrüßte den Imperator mit der nur geziemenden Anrede und mit imperialem Gruß.

    „Salvete, Rovida", antwortete Imperator Trucianos knapp und mit geschäftlicher Kühle.

    „Welch überraschender Besuch eurerseits, Unsterblicher."

    „In der Tat…" Der scharfe Blick des Imperators schien Rovida zu durchbohren. „Und sehr molestierend³. – Immerhin war meine Cogitatio⁴ zudem auf Kurzweil ausgelegt. Doch derer bin ich nun beraubt."

    „Dimissio⁵, Apex Sublimitatis. – Was brachte euch dazu dem zu entsagen?"

    „Ihr wart es."

    Rovida hatte sich gut in der Gewalt und zuckte daher nicht zusammen, obwohl ihn diese Aussage traf wie ein Peitschenhieb. „Ich, Unsterblicher? Wie käme ich dazu? – Nichts läge mir ferner als das."

    Der Imperator musterte sein Gegenüber streng, erwiderte jedoch nichts.

    „Sagt mir bitte, was es ist, ich bin sicher es ist nichts als eine Calumnia⁶."

    „Leider nein."

    Rovida hob die Arme vor die Brust zum Zeichen seiner Ratlosigkeit. „Dann sagt mir bitte, was euch so erzürnt, Unsterblicher."

    Der Imperator wandte sich ab und sah demonstrativ in die Weite des Alls hinaus. „Ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet ihr mich hintergeht."

    Das nachfolgende Schweigen des Imperators fasste Rovida als Aufforderung zur Erwiderung auf. „Euch zu hintergehen fiele mir noch nicht einmal im Fieberwahn ein, Apex Sublimitatis. Mit einem Ruck wandte sich Trucianos um. „Ihr leugnet es also?

    „Nein. Denn der Logik nach kann ich nichts leugnen, was nicht ist oder nicht den Tatsachen entspricht."

    „Rovida…" Der Imperator hielt inne und sah Rovida nachdenklich, fast ein wenig bedauernd an. „Wie deplorabel⁷. Ihr wart meine größte Hoffnung im ganzen Imperium. Plötzlich brauste Trucianos auf: „Wollt ihr mich descapieren⁸?! Haltet mich nicht für so excors⁹, eure Fallacia¹⁰ zu durchschauen?!

    „Aber…", begann Rovida, schluckte und wich einen Schritt zurück. „So habt bitte, oh Unsterblicher, die Indulgencia¹¹ mir zu sagen, was mir vorgeworfen wird."

    „Sehr deplorabel. Ihr streitet es also noch immer ab? Glaubt ihr denn wirklich, euer Handeln könne mir verborgen bleiben?" Der Imperator wandte sich wieder ab. „Nun, wie dem auch sei. Da ihr mir sehr am Herzen lagt, gab ich euch immerhin die Faculta¹² euch schuldig zu bekennen und Reue zu zeigen. – Doch wie ich sehe… Er schüttelte missbilligend den Kopf. „Sehr deplorabel.

    Rovida nahm Haltung an. „Nun habe ich verstanden. Ihr gebt jemand anderem den Vorzug. So will ich nicht im Wege sein. Er verbeugte sich tief. „Selbstverständlich respektiere ich eure Entscheidung einen anderen Prilegato zu ernennen. Doch hoffe ich euch an anderer Stelle weiterhin zu Diensten sein zu können.

    Der Imperator sah Rovida nun wieder direkt an. „Wäret ihr ein einfacher Calator, so bestünde diese Möglichkeit durchaus. Doch ein Prilegato, der mich hintergeht? Nein, das ist, und zwar gleichgültig wie schwerwiegend diese Tat auch einzustufen sei, nun das ist einfach inakzeptabel."

    „So werde ich mich der Sepucan¹³ unterziehen."

    „Dazu werdet ihre keine Faculta erhalten. Vielmehr werde ich ein Exempel statuieren. – Ihr werdet der gleichen Zellveränderungsprozedur unterzogen wie die von euch so geliebten Potraki¹⁴. Hernach sollt ihr das euch verbleibende Segint¹⁵ auf jenem unsäglichen Planeten verbringen… Ein grausames Lächeln umspielte die Züge Trucianos. „Es sei denn… die Häscher eurer eigenen Handlanger bringen euch ebenfalls, wie schon so viele eurer Potraki zum Mond Oberon, in die Trilitiatminen. Er brauste wieder auf: „In jene Minen, die ihr benutztet mich zu berauben."

    „Darum geht es also!", entfuhr es Chadam, der die ganze Szene mit zunehmender Fassungslosigkeit mit angesehen und angehört hatte.

    Schnell rief er die gespeicherten Informationen über die angesprochenen Vorgänge ab und erfuhr, dass die Minen auf Oberon zwar offiziell dem Imperium gemeldet worden waren, aber dass dort auch deutlich mehr Trilitiat abgebaut worden war als in jenen Meldungen angegeben war. Aus den Aufzeichnungen ging auch hervor, dass Menschen als Sklaven dorthin verschleppt worden waren, um dort unter unwürdigsten Bedingungen zu arbeiten.

    So begehrt und vielfach verwendbar dieses Mineral auch war, so giftig, schädlich und zerstörerisch war es in der dort vorkommenden Konsistenz für Terraner. Selbst mit angelegter, wenn auch primitiver, Schutzausrüstung betrug die Überlebenswahrscheinlichkeit noch nicht einmal ein terranisches Jahr. Dies hielt aber offensichtlich irgendjemanden nicht davon ab, den Abbau massiv voranzutreiben.

    Natürlich wusste Chadam, dass dieser Unbekannte nicht Rovida sein konnte. Denn das würde er seinen Schützlingen, seiner Schöpfung niemals antun. Dennoch war es unter seiner Befehlshoheit geschehen und Chadam hatte auch einen Verdacht wer dafür verantwortlich war, Gatowyn. Denn jener hatte schließlich schon zusammen mit Chadams Cousin Zyrgol die Mine heimlich ausgebeutet und es dann offenbar so geschickt angestellt, dass er seinen Kopf hatte aus der Schlinge ziehen können. Auch diesmal schien es ihm wieder mit Bravour zu gelingen, ja er würde sogar, so wusste Chadam, die Rechte zum Betrieb der Mine vom Imperator übertragen bekommen.

    „Wie immer er das auch angestellt hat… oder anstellen wird", verbesserte sich Chadam im Selbstgespräch, bevor er sich wieder der Szene auf dem Träger Draco zuwandte.

    „Ganz recht, Rovida, sagte der Imperator offenbar auf eine Aussage des Angesprochenen hin, die Chadam entgangen war. „Doch zuvor… Trucianos stockte und lachte dann, seine ganze Geringschätzung zum Ausdruck bringend. „Wie es aussieht habt ihr noch nicht einmal die Mannschaft an Bord eures Flaggschiffes unter Kontrolle."

    ‚Was ist denn da nun wieder los?’, ging es Chadam durch den Kopf und er durchforschte die Alarmmeldungen des Trägers. Offenbar war die Aktivierung des Hauptgeschützes des Kreuzers Taurano auf dem Träger bemerkt worden.

    „Holla! Wie geht das denn?, wunderte sich Chadam. „Da ist doch alles lahmgelegt. Schnell rief er daher auch die Meldungen des Kreuzers ab, wurde jedoch nicht sofort fündig. Erst als er sich direkt in die Steuerung des Hauptgeschützes einklinkte, erkannte er, dass sein Gegner durchaus auch in der Lage war modernste Technik für sich zu nutzen.

    „Alle Achtung! Ganz schön gewieft. – Ein Speicherkristall mit den Zugangssequenzen. – Nicht schlecht. Er pfiff anerkennend durch die Zähne. „Hätte von mir sein können, fügte er schmunzelnd hinzu.

    Mit der Einspeisung der Informationen vom Speicherkristall wurde das Geschütz als autarke Einheit aktiviert, eine Einrichtung ursprünglich gedacht für den Notfall. Damit war es natürlich auch der Kontrolle des Trägers entzogen. Doch die Anerkennung Chadams schlug schlagartig in Schrecken um, als er feststellte, welches Ziel anvisiert wurde, die Erde.

    „Dieser Verräter will den Planeten zerstören! – Aber warum? – Das ergibt doch keinen Sinn! Chadam hielt inne und überlegte. „Doch! In direkter Schusslinie befindet sich der Träger. Er stöhnte gequält auf. Ob die Schilde des Trägers dem Beschuss dieses Geschützes standhalten konnten, wusste er nicht zu sagen. Zumindest war es damit für Außenstehende ein direkter Angriff auf das Schiff des Imperators.

    Doch er kam nicht mehr dazu weitere Überlegungen anzustellen, denn Aktivierung des Geschützes, Zieleingabe und Auslösen des Schusses waren quasi eine einzige Handlung. Da die Energiespeicher des Geschützes stets geladen waren, um auch für Überraschungsangriffe gewappnet zu sein, erfolgte die Entsendung der gewaltigen Energieladung ebenfalls in der gleichen Sekunde. Sie löste sich mit Lichtgeschwindigkeit und traf fast augenblicklich ihr Ziel. Ein Ziel, das Chadam vor seiner Abreise ins Baicalu-System einprogrammiert hatte, einen Planetoiden im Kuipergürtel, der auch sogleich in einer gewaltigen Fusionsexplosion verging.

    Die Schönheit dieser kosmischen, alles vernichtenden Erscheinung war überwältigend. Doch blieb nicht viel Zeit sie zu bewundern, denn auf beiden Schiffen, wie auch im Soyom wurde Alarm gegeben. Eine dichte, todbringende Phalanx aus glühenden Trümmerstücken raste, wie eine sich ausdehnende glühende Wolke, vom Zentrum der Explosion ausgehend, auf sie zu.

    Alles woran Chadam denken konnte war Flucht. Er musste weg von dieser Wolke. Mit Sicherheit konnte sie den Schutzschirm seines Jägers leicht überfordern. Doch die Faszination der Geschehnisse hielt ihn in seiner Starre gefangen. Außerdem hatte sich ein Gedanke in sein Bewusstsein gedrängt. Es war der Gedanke, sich bereits hinter einer Barriere zu befinden. In der Tat wurde der Soyom vom Träger Draco quasi abgeschirmt. Gleiches galt auch für das Schiff Gatowyns. Hatte der es gewusst als er diesen Plan ausheckte?

    „Zuzutrauen wäre es ihm ja", knirschte Chadam.

    Immerhin nutzte Gatowyn die Gunst der Stunde, denn sein Schiff setzte sich, unter der Kennung Natrix¹⁶ einen Notruf aussendend, in Bewegung, und zwar in Richtung des Trägers. Er wusste zwar nicht recht warum, aber einem spontanen Einfall folgend rief Chadam die Informationen aus dem Logbuch der Natrix ab. Er staunte dann auch nicht schlecht, als er die Rückmeldung erhielt, dass dieses Schiff, gemäß den Aufzeichnungen vor dem Zeitsprung, später zu dem als Transportschiff getarnten Jäger Vipra¹⁷ umgebaut worden war, dem Schiff, das Gatowyn zu seiner persönlichen Verfügung hielt.

    Dann, noch bevor die wie Geschosse heranrasenden Trümmerstücke sie erreichten, erschütterte eine gewaltige Explosion den Kreuzer Taurano. Dort wo sich soeben noch das Hauptgeschütz befunden hatte, breitete sich nun ein gleißender heller Feuerball aus, der den Kreuzer auseinanderzureißen schien.

    „Du Hund! Die eigenen Leute gleich mit hochjagen. Da bist du deine Mitwisser ja wieder einmal schnell losgeworden", knirschte Chadam, sich mühsam beherrschend nicht im Zorn den Verräter mit einem gut gezielten Überraschungsschuss zur Rechenschaft zu ziehen.

    Im Zentralsteuersystem des Taurano waren ganze Schiffssektionen ausgefallen, was auf schwerste Beschädigungen des Kreuzers hinwies. Die automatisch eingeleiteten Notmaßnahmen gingen wegen der Lähmung durch den Zugriff des Draco ins Leere. Weder die Schutzschirme wurden im erforderlichen Maße verstärkt noch die automatische Verteidigungsanlage aktiviert. Lediglich der Alarm zur Evakuierung des Schiffes wurde ausgelöst und so die Besatzung zusätzlich demoralisiert und in Panik versetzt.

    Die Phalanx aus Trümmerstücken traf daher ohne Gegenwehr auf den Kreuzer und zermalmte ihn. Energiespeicher wurden getroffen und explodierten in hellgleißenden Feuerbällen und zerfetzten weitere Sektionen des sich im Todeskampf windenden und sich in tausend Stücken auflösenden Kreuzers.

    Die Geschütze des Draco konzentrierten das Abwehrfeuer auf jene Trümmerpartikel, die sich auf Kollisionskurs mit dem Träger befanden groß genug waren, um eine Herausforderung für den Schutzschirm darzustellen. Wie effektiv diese Strategie war, konnte Chadam recht schnell feststellen, zumal er davon profitierte. Es war gleichsam so als habe jemand ein Loch in diese sich kugelförmig ausdehnende Front hellglühender Trümmerstücke geschnitten. So glitt sie fast unmerklich über den Soyom hinweg, sich in der Weite des Alls verlierend.

    Schnell wies Chadam das Zentralsystem seines Schiffes an, die Spur der Partikel zu verfolgen, ihre Bahnen in einer Simulation fortzuführen und hochzurechnen ob, und wenn ja, welche von ihnen für den Planeten Terra eine Gefahr darstellten. Ihre Bahn sollte dann so verändert werden, dass diese Gefahr dauerhaft gebannt war, vornehmlich durch herbeigeführte

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