Wie geht katholisch?: Eine Gebrauchsanleitung
Von Julia Knop
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Über dieses E-Book
Julia Knop
Julia Knop, geboren 1977, ist seit 2017 Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt. Sie ist Mitglied im Zentralkomitee der Deutschen Katholiken und der Vollversammlung des Synodalen Wegs und des Synodalforums „Macht und Gewaltenteilung“.
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Buchvorschau
Wie geht katholisch? - Julia Knop
Julia Knop
Wie geht katholisch?
Eine Gebrauchsanleitung
Impressum
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2013
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München
Umschlagmotiv: Fenster aus der Kirche Sagrada Familia, Barcelona
© Niko Guido / gettyimages
ISBN (E-Book) 978-3-451-80051-1
ISBN (Buch) 978-3-451-33250-0
Inhalt
Zu diesem Buch
Gott sei Dank! – Horizonterweiterung
1. … der Himmel und Erde erschaffen hat:
Gott, der Schöpfer
2. Als Abbild Gottes schuf er ihn
Der Mensch: Gottes geliebtes Geschöpf
3. Mit Gott auf Du und Du
Offenbarung und Glaube
4. Glauben lernen. Prinzip Überlieferung
5. Die Bibel: Buch der Bücher
6. Im Zweifel für Gott
Glaubensnot und Gottesnot
7. Hoffnung im Angesicht des Todes
Im Namen des Vaters – Glauben und Beten
8. Vater unser im Himmel
9. Credo: Ich glaube
10. Jesus Christus ist der Herr!
11. Vater, Sohn und Heiliger Geist
12. Im Zeichen des Kreuzes
13. Beten: Loben, Danken, Bitten
14. Körpersprache: Stehen, Sitzen, Knien
Zeichen und Fristen – Christliche Zeitrechnung
15. Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang: Der Tag
16. Der Sonntag: Tag des Herrn
17. Hauptsache bunt? Das Kirchenjahr und seine Farben
18. Feste feiern, wie sie fallen: Christliche Zeitrechnung und katholische Festkultur
19. Ein Kind ist uns geboren! Advent und Weihnachten
20. Kehr um! Glaube an das Evangelium! Die Fastenzeit
21. Christus ist erstanden, halleluja! Ostern und Pfingsten
Von der Wiege bis zur Bahre – Sakramente
22. Höchstpersönlich: Die Feier der Taufe
23. Das Siegel des Heiligen Geistes: Die Feier der Firmung
24. Leib Christi! Die Feier der Eucharistie
25. Ich verspreche dir die Treue: Die Ehe
26. Ich bin bereit! Die Weihe
27. Die Chance des Neubeginns: Das Sakrament der Versöhnung
28. Heil und Heilung: Das Sakrament der Krankensalbung
Sinn und Sinnlichkeit – Kirche zum Anfassen
29. Ein Haus des Gebets: Der Kirchenraum
30. (Weih-)Wasser und Taufbecken
31. Der Glaube kommt vom Hören: Der Ambo
32. Mitte der Versammlung: Der Altar
33. Kerzen und Weihrauch
34. Apostel und Heilige, Ikonen und Reliquien
35. Glocken, Orgel und Gesang
Vor Ort glauben – weltkirchlich denken
36. Kirche zu Hause: Die Familie
37. Kirche im Dorf und in der Stadt: Die Pfarrgemeinde
38. Katholisch vor Ort: Das Bistum
39. In Gemeinschaft mit dem Papst: Die Weltkirche
40. Ora et labora: Orden und Gemeinschaften
41. Mit allen Engeln und Heiligen: Kirche durch die Zeiten
42. Gemeinschaft in Glaube und Sakrament: Kirche und Ökumene
An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen – Christsein als Lebensstil
43. Habt keine Angst! Gottvertrauen leben
44. Vor-Bilder: Heilige und die Berufung aller Christen, heilig zu werden
45. Hungrige speisen, Traurige trösten, Lästige ertragen, Tote begraben: Die Werke der Barmherzigkeit
46. Licht der Welt und Salz der Erde: Kirche im Dienst an der Gesellschaft
47. Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade! Die Botschaft des Engels
48. Ihr werdet meine Zeugen sein: Missionarisch Kirche sein
49. Jesus Christus: Alpha und Omega, A und O
Stichwortverzeichnis
Zu diesem Buch
Liebe Leserin, lieber Leser,
das Christentum ist keine trockene oder abstrakte Theorie, sondern eine Art zu leben und sein Leben zu gestalten. Menschen, die sich zu dieser Glaubensgemeinschaft zählen, interpretieren »Gott und die Welt« aus einer bestimmten Perspektive heraus: aus der Perspektive des Glaubens an Jesus Christus, den Sohn Gottes, der starb und auferstand, damit wir das Leben haben. Davon handelt dieses Buch.
Es ist eine Einführung in die katholische Gestalt des Christentums. Es geht um einschlägige Zeichen und Symbole, um grundlegende Gebete und Bekenntnisse, um Gottesdienst und Kirchenraum, um typische Haltungen und Lebensformen. Die einzelnen Kapitel dechiffrieren die Formensprache des Katholizismus unserer Tage und in unseren Breiten. Manches davon ist »typisch katholisch«, anderes gehört zum christlichen Gemeingut und ist darum so oder ähnlich auch in den anderen Konfessionen zu finden. Manches ist, zumindest auf den ersten Blick, altbekannt und selbstverständlich. Anderes gehört zu den Dingen, deren Hintergrund und Bedeutung man gegenwärtig neu entdeckt.
Dieses Buch richtet sich an alle, die mehr über die katholische Lesart des christlichen Glaubens wissen möchten: an Katholiken, die sich mit ihrem eigenen Glauben auseinandersetzen wollen, und an Menschen, die sich für diesen Glauben und seine Ausdrucksformen interessieren, ohne selbst darin zu Hause zu sein. Lesern, die sich, weil ihr Kinderglaube nicht mehr trägt, als erwachsener Christ in Glaubensdingen neu aufstellen möchten, bietet es Information und Anregung. Wer als Eltern oder als Erzieher, Lehrerin oder Katechetin (zum Beispiel in der Begleitung eines Erstkommunion- oder Firmkurses), als Pfleger oder Seelsorger andere Menschen auf ihrem Glaubensweg begleitet, kann in diesem Buch ebenso fündig werden wie jemand, der sich auf die eigene Taufe oder die seines Kindes vorbereitet oder kirchlich heiraten möchte. Man kann es am Stück lesen oder, da alle Kapitel in sich abgeschlossen sind, anhand des Inhaltsverzeichnisses oder des Stichwortverzeichnisses gezielt etwas nachschlagen. Es gibt sieben große Teile, die in jeweils sieben Kapitel untergliedert sind:
Der erste Teil spannt den großen Horizont des Glaubens auf. Hier geht es ganz grundsätzlich um Gott und die Welt, um Basics der Glaubensüberlieferung und um das Potenzial, das ein Leben in den Koordinaten Gottes angesichts von Leid und Tod, Sorge und Zweifel bieten kann.
Der zweite Teil führt ins Zentrum des christlichen Glaubens: zu Jesus Christus und zum christlichen Bekenntnis Gottes als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Gebete, Bekenntnisse, Zeichen und Vollzüge, die von alters her Identitätsmerkmale des Christentums sind, erschließen diese Mitte: das Vaterunser und das Credo, aber auch das Kreuzzeichen und die Art und Weise, wie gläubige Christen beten.
Der dritte Teil fragt nach Tag und Stunde, Fest und Alltag; danach, wie Katholiken Zeit wahrnehmen und Zeit gestalten und was es mit Weihnachten, Ostern und Pfingsten auf sich hat.
Der vierte Teil nimmt die sieben Sakramente in den Blick, die in der katholischen Kirche gefeiert werden: die Feiern von Taufe, Firmung und Eucharistie, Ehe und Weihe sowie die Sakramente der Versöhnung und der Krankensalbung.
Der fünfte Teil thematisiert die sinnliche Dimension, die Zeichensprache des Glaubens – das, was man im Kirchenraum und im Gottesdienst sehen und hören, riechen und berühren kann: Kerzen und Weihrauch, Glocken und Gesang, aber auch die wichtigsten Orte im Kirchenraum: Altar, Ambo und Taufbecken.
Der sechste Teil informiert darüber, wie und wo Kirche erfahrbar wird. Denn Kirche gibt es aus katholischer Sicht ganz klein und ganz groß: in der Familie und in der Pfarrgemeinde, als Bistum und als Weltkirche und sogar quer durch die Zeiten.
Der siebte Teil fragt nach typischen christlichen Haltungen. Woran zeigt sich, woran könnte sich zeigen, dass jemand vom Geist Jesu Christi getroffen, von ihm inspiriert ist? Wozu ist Kirche da und was ist ihre Aufgabe in unserer Gesellschaft? Wie wird Christsein lebendig?
Wenn Ihr Interesse geweckt wird, der einen oder anderen Frage nachzugehen, hat dieses Buch seinen Zweck erfüllt. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!
Julia Knop
Gott sei Dank! – Horizonterweiterung
1. … der Himmel und Erde erschaffen hat:
Gott, der Schöpfer
»Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn – der Himmel und Erde erschaffen hat.« Wer einmal Ministrantin oder Ministrant war, kennt diese Worte aus den Psalmen der Bibel (vgl. Ps 121,2; Ps 124,8). Es handelt sich um ein kurzes Wechselgebet, das Priester und Messdiener sprechen, bevor sie aus der Sakristei in den Kirchenraum einziehen, um dort zusammen mit der ganzen Gemeinde Messe zu feiern. Bei diesem Gebet machen sie ein Kreuzzeichen.
Aber was soll das heißen – »… der Himmel und Erde erschaffen hat«? Für viele klingt das ganz schön altbacken. In Amerika streiten Eltern, Biologie- und Religionslehrer um die Wahrheit des ersten biblischen Schöpfungsberichts (vgl. Gen 1,1–2,4a). Wer hat Recht – die Bibel, die von der Schöpfung als Erschaffung der Welt in sieben Tagen spricht, oder die moderne Naturwissenschaft, die von vielen Millionen Jahren, von einem bis heute andauernden Prozess der Evolution ausgeht?
Eine einfache Überlegung kann diesen Streit beilegen. Ein Konflikt entsteht eigentlich nur dann, wenn man die beiden Perspektiven – die religiöse und die naturwissenschaftliche – als alternative Antworten auf dieselbe Frage versteht, beispielsweise auf die Frage, wie lang es gedauert hat, bis der Mensch auf der Erde aufgetreten ist. Dann muss eine Antwort falsch sein – in diesem Fall eindeutig die religiöse. Der Mensch ist nicht am sechsten Tag des Universums aufgetaucht. Damit ist das Thema aber noch nicht vom Tisch. Schaut man genau hin, erkennt man nämlich, dass nicht dieselbe, sondern zwei sehr verschiedene Fragen gestellt und beantwortet werden. Den Naturwissenschaftler interessiert die Entstehung und Entwicklung des Kosmos. Er fragt nach dem »Wann?« und dem »Wie?«. Dazu rekonstruiert er biochemische Abläufe und ihre Ursachen. Liest er mit dieser Frage die Bibel, bekommt er keine Antwort – natürlich nicht! Denn die Bibel ist kein Protokoll der ersten Wochen des Universums. Sie ist ein Buch, in dem Menschen das, was sie erfahren haben, im Horizont ihres Glaubens deuten. Man versteht die Texte der Bibel dann richtig, wenn man ihre Sprache und ihr Anliegen kennt und ernst nimmt. Das ist bei jedem Text so – um zu verstehen, was gemeint ist, muss man in seine Perspektive einsteigen. In den Schöpfungserzählungen der Bibel geht es nicht um naturwissenschaftliche Theorien, sondern um existenzielle Fragen wie diese: Warum gibt es diese Welt überhaupt? Wer wollte, dass sie sei? Was ist der Mensch? Wer wollte, dass es ihn gibt? Wozu sind wir hier auf der Erde? Hat das alles einen tieferen Sinn?
Die Bibel gibt im Bild der sieben Schöpfungstage (vgl. Gen 1–2,4a) bzw. der Erschaffung von Mann und Frau im Paradies (vgl. Gen 2,4b–25) der Überzeugung Ausdruck, dass unsere Welt ihren letzten Grund in Gott findet; dass Gott Ursprung und Ziel, Sinn und Maßstab unseres Lebens ist. Die Schöpfungserzählungen beantworten also nicht die Frage nach dem »Wie?« der evolutiven Welt-Entstehung, sondern die Frage nach dem »Warum?« all dessen, was ist. Die Antwort der Bibel lautet: Es gibt diese Welt, weil Gott sie wollte und will. Weil er jeden von uns liebt und in seine Gemeinschaft ruft. Weil er alle Geschöpfe gutheißt. Denn was Gott will, das entsteht. Und was Gott gutheißt, das segnet er.
Wenn Christen sich zu Gott, dem Schöpfer des Himmels und der Erde, bekennen und ihren Gottesdienst mit den Worten »Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn – der Himmel und Erde erschaffen hat« beginnen, dann nehmen sie genau diese Perspektive ein: Sie stellen sich in den Horizont des guten und allmächtigen Schöpfers. Sie bekennen, dass nicht sie Herrscher der Welt sind, sondern dass dies einzig und allein Gott zukommt. Sie nehmen ihre Verantwortung für diese Welt an als eine Aufgabe, für die sie Gott gegenüber rechenschaftspflichtig sind. Das bedeutet der Herrschaftsauftrag aus Gen 1,28: dass der Mensch vor Gott verantwortlich ist in seiner Sorge für Mensch und Tier, für soziale Gerechtigkeit und den Schutz der Umwelt.
Wer Gott mit den Schöpfungserzählungen der Bibel als Schöpfer bekennt, verlässt sich auf eine Jahrtausende alte Erfahrung: auf die Erfahrung, dass es sich in den Koordinaten Gottes gut leben lässt und dass es in ihnen eine Dimension gibt, die die Maßstäbe dieser Welt überschreitet. Es ist die Dimension der Hoffnung und des Vertrauens auf den Gott, der seine Schöpfung liebt und sie einmal zur Vollendung führen wird.
→ VGL. AUCH KAPITEL 2, 13, 16, 43.
2. Als Abbild Gottes schuf er ihn.
Der Mensch: Gottes geliebtes Geschöpf
Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt (Ps 8,5f.). In