Das Ende des Papiergeld-Zeitalters: Ein Brevier der Freiheit
Von Roland Baader
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Über dieses E-Book
Rahim Taghizadegan
Roland Baader
ROLAND BAADER Roland Baader (1940-2012) war Privatgelehrter und freier Autor. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre, u.a. beim späteren Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek, war er 20 Jahre als Unternehmer tätig, bevor er sich ganz der Wissenschaft und Publizistik widmete: Er schrieb zahlreiche vielbeachtete Bücher und Hunderte Fachartikel in verschiedenen Publikationen. Damit trug er maßgeblich dazu bei, die Tradition der Österreichischen Schule der Nationalökonomie im deutschsprachigen Raum wiederzubeleben. Mit seinen in klarer und verständlicher Sprache geschriebenen Büchern warnte er als einer der ersten vor Blasenwirtschaft und Schuldenkrise und zeigte die großen Gefährdungen der Freiheit durch ungedecktes Papiergeld und politische Verantwortungslosigkeit auf. Dabei richtete er sich insbesondere an die junge Generation, die sich dank des Internets zunehmend der Einseitigkeit an den Universitäten und in den Leitmedien entziehen kann. So bereitete Roland Baader den geistigen Boden für Alternativen zur heutigen Staatsgläubigkeit und eine bessere Zukunft auf der Grundlage von Freiheit und Eigenverantwortung
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Buchvorschau
Das Ende des Papiergeld-Zeitalters - Roland Baader
Roland Baader
DAS ENDE DES PAPIERGELD-
ZEITALTERS
EIN BREVIER DER FREIHEIT
herausgegeben von
Rahim Taghizadegan
Dieses Buch ist auch als gedruckte Ausgabe erhältlich.
Besuchen Sie uns im Internet unter
www.verlag-jm.ch
Herausgeber: Rahim Taghizadegan, Wien
Gestaltung: Olivier Kilchherr, CH-4142 Münchenstein
E-Book-Erstellung: mach-mir-ein-ebook.de
Verlag Johannes Müller, Bern
ISBN: 978-3-906085-10-4
Inhalt
Inhalt
Roland Baaders Vermächtnis
Ein Leben für die Freiheit
Mein Traum
Die Feinde der Freiheit
Staatsgläubigkeit
Interventionen
Sozialismus
Geldsozialismus
Wirtschaftskrisen
Verschuldung
Wohlfahrtsstaat
Bildungssozialismus
Gesundheitssozialismus
Öko-Bevormunder
EU-Zentralismus
Medien und Intellektuelle
Anti-Diskriminierungs-Wahn
Keynesianer
Interessengruppen
Politiker
Die Grundlagen einer freien Ordnung
Freiheit
Recht & Gerechtigkeit
Wettbewerb & Freihandel
Geld & Gold
Religion
Plädoyer für den Kapitalismus
Nachwort
Literaturempfehlungen
Werkschau
Bibliographie
«Es gibt keine bessere,
keine wirksamere und keine
verlässlichere Methode der
Herrschaftsbeschränkung – und
damit der Freiheitssicherung,
als dem Herrschaftsapparat
die Verfügungsmacht über das
Geld zu entziehen.»
Roland Baaders
Vermächtnis
Immer mehr Menschen spüren es mittlerweile: Ein Zeitalter geht dem Ende zu. Das große Versprechen ewigen Wohlstands ohne Mühe verliert seine Überzeugungskraft. Junge Menschen erkennen, dass sie die erste Nachkriegsgeneration sein könnten, die es schwerer haben wird als ihre Eltern. Dieses Unbehagen nährt Angst und Ohnmacht. Ideologien und Interessengruppen warten auf ihre Gelegenheit, die Menschen zu ähnlichem Wahnsinn wie im 20. Jahrhundert zu verführen. Das «System» sei in der Krise: ständig schlechte Nachrichten, laufend humanitäre, wirtschaftliche und ökologische Katastrophen, Alarmismus auf allen Fernsehkanälen, auf der Schulbank und am Arbeitsplatz. Dieser ideologische Alarmismus unserer Zeit will uns Angst machen und in Ohnmacht fesseln, sodass wir unsere Freiheit für große Versprechen und Pläne aufgeben. Da wir vermeintlich in Freiheit und «Kapitalismus», in «sozialer Marktwirtschaft» und Demokratie leben, werden die dann gesuchten und versprochenen Endlösungen wieder anderswo liegen.
Dieses Buch enthält das geistige Vermächtnis des Privatgelehrten Roland Baader – eines großen Denkers, der bereits warnte, als alle noch von der Aussicht ewigen Wachstums, Wohlstands und Friedens berauscht waren. Ein besonders schöner Satz drückt sein Gefühl aus: Mitten im ausgelassenen Sommertags-Fest beginnen die Feinfühligen zu frösteln. (1991, 316) Baader war einer dieser Feinfühligen. Bei seinen Worten könnte manch Leser frösteln, der sich bislang in Europa in der besten aller Welten wähnte und Wohlstand, Freiheit und Frieden für sichere Errungenschaften hielt. Gleichzeitig erteilte Baader eine scharfe Absage an alle Krisenprofiteure und Untergangspropheten, die einfache Lösungen zur «Weltrettung» bieten. Roland Baader wollte aufwecken und Mut machen. Wie kaum ein anderer hat er die Zeichen der Zeit erkannt, ohne sich von der Zeit korrumpieren zu lassen.
Baaders Schriften waren eine Einladung, die Lebenslügen unserer Zeit in Frage zu stellen. Da in einer Zeit der Bequemlichkeit und Täuschung nicht alle so feinfühlig sind, die Unstimmigkeiten unserer Zeit in ihrer Tragweite zu erkennen, bemühte sich Baader um besonders klare und scharfe Worte. Die Warnung muss uns erst durch Mark und Bein gehen: Wehe, wenn der jetzt lebenden Erwachsenen-Generation eine wirtschaftliche Katastrophe in Form einer tiefen Depression widerfährt – oder gar der heranwachsenden Generation, die noch nicht einmal weiß, daß Tomaten nicht auf Bäumen wachsen. Ein lang anhaltender Stromausfall, eine Unterbrechung der Wasserversorgung oder eine Benzinsperre genügt, um unsere hochempfindliche Zivilisation ins Chaos zu stürzen. (1991, 315)
Keine Panik! Nicht die Krise ist das Problem, sondern die Täuschungen davor. Nicht noch mehr kurzfristige Hektik, nicht noch mehr Alarmismus und Ohnmacht sind die richtige Antwort, sondern Ent-Täuschung: die Befreiung von bequemen Illusionen. Roland Baader hinterließ folgenden Rat: Geraten Sie nicht in Panik oder unüberlegte Hetze. Vorsicht heißt bedächtiges, vernünftiges Überlegen, das gelassene Registrieren der Theaterausgänge, bevor jemand «Feuer» schreit; und es heißt nicht, daß man vor lauter Ängstlichkeit die schönsten Arien verpaßt. (1987, 96f)
Das Zeitalter, das zu Ende geht, ist das Zeitalter des Papiergeldes und der Blasenökonomie. Angesichts des Wahnsinns des 20. Jahrhunderts schien es ein tröstendes Schlaraffenland der Fülle und des Friedens. Doch der in der kurzen Phase des Wiederaufbaus nach den Weltkriegen geschaffene Wohlstand nährte verheerende Illusionen: insbesondere die Illusionen, Wohlstand ließe sich in Nominalwerten messen, sei sicher und müsse bloß richtig verteilt werden und könne ohne Arbeit und Sparsamkeit ewig weiter wachsen.
Getrieben wird die aktuelle Blasenökonomie, die nun aus den letzten Löchern pfeift, von einem ungerechten Geldsystem, das eigentlich ein auf Schulden und Zwang basierendes Scheingeldsystem ist. Da dieses vielen Interessen dient, konnte es seine destruktive Wirkung nahezu ungestört entfalten. Die Zeit, die uns für einschneidende Änderungen des Geldsystems bleibt, ist nicht mehr kurz, sondern sie ist abgelaufen. Es ist zu spät. (2010, 159) Es hat keinen Sinn, nun, am Ende der Blasenökonomie, auf «Reformen» zu hoffen, die alles ungeschehen machen könnten. Der Schaden ist angerichtet, nur noch nicht völlig realisiert. Vielmehr geht es nun darum, wie die Welt nach der Blasenökonomie aussehen wird: eine Welt des Zwangs, der aufgrund der einsetzenden Verarmung noch mehr schmerzt, oder ein Wiederaufbau aus den Trümmern der einstürzenden Babylonischen Türme des Finanzsystems aus staatlichem Zwangsgeld (2010, 160). Die Aussichten sind nicht günstig, denn es ist einfacher, falsche Sündenböcke zu bemühen: Die weit überwiegende Mehrheit der Bürger versteht wenig oder nichts vom Wesen des Geld- und Finanzsystems. Sie werden mit zunehmender wirtschaftlicher Verelendung die Parolen der politischen Propagandisten von habgierigen Spekulanten und unersättlichen Managern glauben, und sie werden dann ausgerechnet die Politiker unterstützen, die bei genauer Betrachtung für die Verelendung verantwortlich sind. (2010, 55)
Möglich ist der nötige Wiederaufbau nur in Freiheit und durch Freiheit, denn nur Freiheit führt zur besten Nutzung menschlichen Potentials und menschlicher Kreativität. Zwar schreibt sich heute jeder «Freiheit» auf die Fahnen, doch die wahre, die unbequeme Freiheit gilt wenig, ist den meisten gar unbekannt. Wahre Freiheit ist jene, die mit Verantwortung einhergeht und Mut erfordert. Warum braucht man Mut, um für die Freiheit einzutreten? Weil man in einem weitgehend verständnislosen und desinteressierten Umfeld systematisch vereinsamt – und manchmal sogar seine Freunde verliert. (2008, 94)
So ging es auch Roland Baader wie allen warnenden Stimmen, die der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten: zuerst ignorieren sie dich! Er schrieb mir einst: Ursprünglich, vor einigen Jahren, sah es so aus, als sei ich der einzige «Austrian-Spinner» im deutschsprachigen Raum. Damit bezog er sich auf sein Bemühen, die in Europa mittlerweile vergessene und ignorierte Österreichische oder Wiener Schule der Ökonomik wiederzubeleben. Diese Schule überlebte den letzten großen Totalitarismus in ihrer Heimat nicht. Die roten und braunen Sozialisten erkannten in dieser Tradition ihren gemeinsamen Feind. Noch am Abend des Einmarsches der National-Sozialisten in Wien wurde die Wohnung des bedeutendsten Gelehrten dieser Schule eilig geräumt, seine Schriften wurden in einem geheimen Archiv versteckt. Als die roten Sozialisten das Ruder übernahmen, entführten sie diese Schriften nach Moskau, wo sie erst nach Ende der Sowjetherrschaft wiederentdeckt wurden. Dieser Gelehrte war Ludwig von Mises, der Roland Baader nicht nur wissenschaftlich, sondern auch menschlich inspirierte. Sein Leitsatz war: Weiche nicht dem Bösen. Diese Standhaftigkeit hat Roland Baader ebenfalls bewiesen, nicht nur gegenüber der falschen Elite, die ihn ignorierte oder verlachte, sondern auch trotz seiner schweren Krankheit, die ihn noch mehr zur Einsamkeit verurteilte als seine Ansichten.
Dennoch wurde er nicht zu einem verbitterten Einzelgänger, sondern blieb stets ein umgänglicher, leutseliger und offenherziger Mensch. Gemäß der Devise Wirtschaft verbindet, Politik trennt, war Baader in den wenigen Gastwirtschaften seiner Heimatgemeinde ein gern gesehener Besucher und unterließ parteipolitische Entzweiung. Auch die kleinste Initiative in seinem Sinne unterstützte er nach Kräften und setzte seine Hoffnung vor allem in junge Menschen. Diese Hoffnung war klein, aber gewichtig: Die Frage, ob sich erst spätere Generationen – oder vielleicht schon die heute Lebenden in der Lage sehen, die schrecklichen Dimensionen eines solchen irrationalen Systems zu begreifen, wird darüber entscheiden, ob und in welcher Form es in den kommenden Jahren um mehr geht als um Krise und Depression, nämlich um nicht weniger als um die Frage des Überlebens der Zivilisation. (2010b)
Das vorliegende Brevier (die alte Bezeichnung für eine Sammlung der wichtigsten Stellen aus dem Werk eines Denkers oder Dichters, von lat. breviarium – kurzes Verzeichnis) ist der Versuch, Roland Baaders Vermächtnis zu sammeln und zu ordnen. Es soll die Essenz seines Werkes in verdichteter und leicht zugänglicher Form erfassen. Roland Baader hat kein neues «System» geschaffen, sondern ist eine wichtige Brücke hin zu vergessenen Traditionen des Denkens. Aufgrund seiner Bescheidenheit und Ehrlichkeit hat Roland Baader bei nahezu allen positiven Darstellungen Bezug auf andere Denker genommen. Er wollte kein geschlossenes Werk und auch keine Utopie hinterlassen. Wo er allein spricht, spricht er als Warner. Und das ist der rote Faden in seinem Werk: Die Menschen zu warnen und sie somit zur Reflexion anzuleiten, die sie dann zu all den Denkern – vor allem der Österreichischen Schule – führen soll, die er so zahlreich und vollständig anführt.
Dieser Intention wollte ich treu bleiben. Er hätte es bestimmt nicht gerne gesehen, wenn nun hinterrücks der Eindruck erweckt werden würde, die ökonomischen und politischen Ideen, die er vorstellt, wären allein seine eigenen – er wollte hier nicht originell sein, sondern die Leser an Traditionen heranführen, die in Vergessenheit geraten sind. Der Kern des Breviers liegt somit im Warnenden, teilweise Prophetischen. Ich musste alle Zitate auslassen, bei denen Roland Baader sich irgendwo im Kontext auf einen anderen Denker bezieht, und das betrifft den überwiegenden Teil der positiven Darstellungen ökonomischer und politischer Ideen. Alles andere wäre nicht in seinem Sinne.
Ich habe mich bei der Ordnung an seiner eigenen orientiert, nämlich derjenigen thematischen Ordnung, die er selbst für ein Brevier erdacht hat, das er für den für ihn wichtigsten Vordenker erstellt hat: Ludwig von Mises. Nur die Gewichte waren etwas zu verschieben und aktuellere Fragestellungen zu ergänzen. Alles ist vom Bemühen getragen, Roland Baader möglichst unverfälscht sprechen zu lassen.
Der erste Teil sammelt die Warnungen Roland Baaders vor all den modernen Feinden der Freiheit, die vielleicht nicht immer mit schlechten Intentionen, aber stets mit verheerenden Ergebnissen am dünnen Ast sägen, auf dem wir über dem Abgrund sitzen. Der zweite Teil formuliert mit einer etwas positiveren Note die Grundlagen einer nachhaltigen Gesellschaftsordnung, wie sie Roland Baader erkannte: Freiheit, Gerechtigkeit, friedlicher Wettbewerb, gutes Geld und tragfähige Werte, die er selbst für sich in der Religion fand. Der dritte Teil ist schließlich Baaders leidenschaftliches Plädoyer für eine solche Form des Zusammenlebens, für die er ganz bewusst den Kampfbegriff «Kapitalismus» verwendet. Damit polarisiert er und schreckt all jene auf, die zu stark im Zeitgeist verhaftet sind, um über den eigenen ideologischen Horizont hinauszublicken.
Über den Begriff lässt sich akademisch streiten, doch Roland Baader sah seine Aufgabe nicht im rein akademischen Diskurs. Seine Absichten beschrieb er in einem Schreiben an den Verleger André Lichtschlag wie folgt: Ich hatte […] nie den Ehrgeiz, rein akademische Schriften zu verfassen […], die nur von Professoren, Doktoranden und Examens-Studenten gelesen werden. Immer habe ich mich mehr als «Übersetzer» verstanden, der die großen Freiheitsideen und die wichtigen Erkenntnisse der Ökonomie und anderer Gesellschaftswissenschaften einer breiten (Laien-)Leserschaft in ansprechender Verpackung vermittelt. Tausende von Leserzuschriften bestätigen mir den Erfolg dieser Bemühung. Unzählige Leute, die nun – nach der Lektüre meiner Publikationen – auch Hayek, Mises, Rothbard, Hoppe usw. lesen, hatten zuvor noch nicht einmal deren Namen gekannt, geschweige denn deren Ideen. Es gibt gewiss viele ungelöste Probleme in der ökonomischen Wissenschaft, die der akademischen Forschungsarbeit bedürfen, aber das größte und folgenreichste all dieser Probleme liegt in der Tatsache, dass 99% der Bevölkerung (und annähernd ebenso viele unter den Intellektuellen und Medienschaffenden) wenig bis nichts von Ökonomie verstehen, sich zugleich aber als Experten bei allen gesellschaftspolitischen Fragen von ökonomischer Relevanz aufspielen. Dem entgegenzuwirken, ist der Kern meiner Motivation als Autor. Ganz in seinem Sinne findet sich daher noch vor seiner eigenen Bibliographie ein Verzeichnis von Literaturempfehlungen für Interessierte, die vielleicht durch dieses Brevier spät aber doch noch aufgerüttelt werden, um den Mut aufzubringen, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Das ist der unbequeme Weg, denn: Wenn die Vernunft Disziplin erfordert, verlieben wir uns in die Ausrede. (2008, 80)
Eines der Projekte, die von Roland Baader inspiriert wurden und seine Stimme im deutschsprachigen Raum weit hinaus trugen, ist André Lichtschlags Zeitschrift «eigentümlich frei». Dieses Brevier wäre nicht denkbar gewesen ohne Andrés Hilfe, die Hilfe von Roland Baaders Familie, die sich schon vielfach um die Bewahrung seines Erbes verdient gemacht hat, und die Hilfe des Verlegers Johannes Müller, eines ebenso treuen Unterstützers Roland Baaders wie auch meiner eigenen Tätigkeit.
Das Ende des Papiergeld-Zeitalters bietet, bei allen Gefahren, eine unglaubliche Chance. Dem falschen Wohlstand, der unsere Umwelt hässlicher, verlogener und kälter gemacht hat, sollten wir keine Träne nachweinen. Auf der Grundlage soliderer Werte könnte wirklicher Wohlstand wachsen, der menschlicher Freiheit Sinn und Erfüllung gibt. Dazu müssen wir aber aus bequemen Illusionen aufwachen, viel Mut, Zuversicht und unternehmerische Kreativität aufbringen und die Dinge, die wir an falsche Eliten delegiert haben, wieder selbst in die Hand nehmen. Roland Baader hat bewiesen, wie ein Einzelner außerhalb der Institutionen, ohne Kredite und Subventionen, ohne massenmediale Aufmerksamkeit und Anbiederung an den Zeitgeist, als Privatgelehrter mehr Begeisterung entfachen und mehr Aufklärung leisten kann als hunderte Professoren und Publizisten zusammen. Zuerst kommt stets die Veränderung im Denken, dann im Tun. Diese ermutigende Botschaft ist Roland Baaders Vermächtnis: Der Kern von Freiheit und Verantwortung besteht darin, dass es keine Mehrheiten braucht, um etwas anders zu machen. Die wirklich bedeutenden Veränderungen gehen oft von der kleinsten Minderheit aus – dem Einzelnen.
Rahim Taghizadegan
Wien, im Herbst 2015
Ein Leben für
die Freiheit
Roland Baader war einer der Solitäre, wie sie sich im heutigen deutschen Geistesleben so selten finden. Von der Allgemeinheit größtenteils unbeachtet, umso wichtiger aber in seinem Wirkungskreis. Doch nicht in dem Bereich versuchte er zu glänzen, in dem zu Beginn seiner Schriftstellertätigkeit viele der wenigen Freiheitsfreunde wirkten, nämlich dem akademischen; er wollte seine Ideen und die seiner Lehrer all jenen bekannt machen, bei denen nicht ohnehin schon das Feuer der Freiheit entfacht war. Genau dies war der Leitfaden seines schriftstellerischen Schaffens, wie er ihn am besten in einem Satz des französischen Humanisten François Rabelais ausgedrückt fand: Kinder sind keine Fässer, die man füllen – sondern Feuer, die man entzünden muss. Darunter verstand Roland Baader freilich nicht nur die Kinder an sich, sondern die Menschen, deren ökonomischer Sachverstand noch in den Kinderschuhen steckt. Baader selbst setzte damit fort, was andere bei ihm begonnen hatten, sowohl seine berühmten Ideengeber, als auch seine Vorbilder in der eigenen Familie.
Unter ihnen besonders sein Vater und sein Großvater, in besonderer Weise aber auch sein Onkel Hans, bei dessen Familie er mehrere Jahre verbrachte. Dieser lebte bei und in Schwelm in Westfalen, weit entfernt vom nordbadischen Kirrlach, wo Roland als ältester von drei Brüdern am 14. Februar 1940 das Licht der Welt erblickt hatte. In seinem Buch «Fauler Zauber» schildert Roland Baader, wie sein Onkel, der schwer arbeitete, sich aber nie beschwerte, ihm auf ganz selbstverständliche Weise ein Beispiel gab:
Bei ohrenbetäubendem Lärm und brüllender Hitze stand er täglich bis zu zehn Stunden an einem Gasofen […]. Mit seinem Wochenlohn konnte Hans zwar seine Familie ernähren, aber für eine Mietwohnung in der Stadt reichte das Geld nicht. (1997, 165f)
Gerade weil es zu dieser Zeit noch kein so umfassend absicherndes Sozialsystem gab wie heute, kam auch der Onkel des jungen Roland nicht auf die Idee, einen Anspruch darauf zu erheben, dass ihm zum finanziellen Ausgleich die Steuern von Besserverdienenden oder gar der ganzen Gesellschaft zugeführt werden sollten. Mit völliger Selbstverständlichkeit ging er jeden Morgen und Abend seinen zweistündigen Fußmarsch zwischen dem zum Wohnen billigeren Bauernhaus auf dem Land und der städtischen Fabrik. Er war ein ausgesprochen fröhlicher Mensch, wie sich Roland Baader erinnerte.
Warum Roland überhaupt bei seinem Onkel aufwuchs? Seine Eltern, Josef und Anna Baader, waren in der von Mangelwirtschaft geprägten Nachkriegszeit zunächst vollkommen