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Leidensweg zum Glück: Autobiografie einer stark geprüften und geschundenen Frau!
Leidensweg zum Glück: Autobiografie einer stark geprüften und geschundenen Frau!
Leidensweg zum Glück: Autobiografie einer stark geprüften und geschundenen Frau!
eBook323 Seiten4 Stunden

Leidensweg zum Glück: Autobiografie einer stark geprüften und geschundenen Frau!

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Über dieses E-Book

Nicht der ersehnte Sohn erblickte 1946 in Belgrad das Licht der Welt, sondern nur das Mädchen Spomenka. Lieblos, ständig geschlagen und mit harter Arbeit, wächst das Kind heran. Mit einer frühen Eheschließung, versucht sie der kalten und unsteten Mutter zu entfliehen, gleichsam vom Regen in die Traufe. Scheidung und eine fast 3 jährige Obdachlosigkeit folgten. Weiterhin glücklos mit ihren Partnern. Nach Deutschland kommt sie als Gastarbeiterin. Erst 1982 wendet sich ihr Leben zum positiven. Nach einem Kuraufenthalt kommt sie mit ihrem jetzigen Mann zusammen. Endlich konnte sie den Druck des vergangen Martyrium abschütteln und verarbeiten. Der Leidensweg ist beendet. Der Zug des Lebens fährt zum Glück.
SpracheDeutsch
HerausgeberSpo-Rei4446
Erscheinungsdatum30. Apr. 2014
ISBN9783955778514
Leidensweg zum Glück: Autobiografie einer stark geprüften und geschundenen Frau!

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    Buchvorschau

    Leidensweg zum Glück - Spomenka Mäder

    privat

    Vorwort:

    Diese Geschichte habe ich nicht geschrieben, um mich zu rechtfertigen, sondern um möglicherweise anderen Menschen zu helfen, die unzufrieden mit ihrem Leben sind und im Glauben an das Gute zweifeln.

    Heute bin ich glücklich, und das bringt mir die Erkenntnis, dass ich lernte, die durchlaufenen Stationen meines Martyriums zu akzeptieren. Ich befreite mich von dem 66 jährigen Druck, der meine Seele umschloss und sie zu ersticken drohte.

    Alle beteiligten Menschen mögen mir verzeihen, so sie negativ erwähnt werden. Verletzen möchte ich niemanden. Um die Wahrheit zu schildern, muss man manchmal mehr preisgeben als man möchte ohne die Echtheit zu verfälschen.

    Ungeliebt aufzuwachsen heißt nicht, ohne Liebe zu leben oder keine Liebe geben zu können. Ich fühle mich nicht als schlechter Mensch, weil ich das erst lernen musste.

    Danke auch an all die Menschen, die mich auf meinem Weg ins Glück begleiteten.

    Den längsten Abschnitt meines Lebens habe ich nun hinter mir, doch ich freue mich auf den anderen „neuen" Teil, in meinem selbst erschaffenen Paradies. Mit den Menschen, die mich lieben – und das sind viele.

    Dies ist meine Geschichte:

    Ich bin im Paradies! Ein Paradies unter Palmen! Denn ich liege an einem schattigen Plätzchen unseres Urlaubs Domiziles. In der altgewachsenen herrlichen Parkanlage des Hotels, duften Orangen und Zitronenblüten um die Wette. Nur einen Steinwurf entfernt windet sich der weiße Sandstrand entlang des sanft rauschenden Mittelmeeres. Man spürt die salzige feuchtwarme Luft auf der Haut. Der strahlend blaue Himmel dieses Spätsommertages lässt meine Gedanken entschwinden. Die Menschen um mich herum verschwimmen und werden zu einer unbedeutenden Kulisse. Ein Traum wurde wahr, eine Prophezeiung hat sich erfüllt – ich bin zu Hause. Obwohl ich tausende Kilometer von meinem eigentlichen Zuhause entfernt bin, weiß ich nun endlich, das Ziel meiner sehnsüchtigsten Wünsche ist erreicht. Eine letzte Träne der Erkenntnis, vermischt sich mit dem Salz des Meeres. Wie immer bei so viel Schönheit und Frieden um mich herum, zieht sich mein Herz zusammen und ich muss die Augen schließen. Meine Gedanken lassen sich nicht aufhalten, sie wandern zurück in die Vergangenheit, eine harte, grausame Vergangenheit. Mein Leben bestand lange Zeit nur aus Schmerz und Leid, und ich hoffte, diese Stationen irgendwann auszublenden oder gar vergessen zu können. Doch manchmal ist die Erinnerung überwältigend, und ich bin fühle mich verloren. Dann bin ich wie eine Walnuss Schale auf einem Ozean, und ich ertrinke in den Erinnerungen.

    Kindheit

    Meine Eltern wohnten in Belgrads Nobelviertel, Tito war unser Nachbar, als ich 1946 geboren wurde. Dieses junge Leben begann mit einer herben Enttäuschung für meine Eltern, insbesondere für meine Mutter. Ich bin „nur" ein Mädchen. Für sie gab es keine Alternative, das erstgeborene Kind ist ein Sohn. Wie überall auf der Welt, ist die Geburt eines Sohnes das größte Glück. Er garantiert den Erhalt des Namens und des Geschlechtes. Ein Mädchen aber ist quasi wertlos, denn es kostet nur Geld. Früher oder später benötigt es eine Aussteuer. Diese Ansichten oder Aussagen sind schließlich nichts neues, aber es ist eben etwas anderes, wenn man selbst so eine Enttäuschung darstellt.

    Niemand freute sich über mich. Zumal meine Mutter Milena im Vorfeld bereits verärgert und unglücklich über den bisherigen Verlauf ihres Lebens war. Der Mann, den sie in ihrer Jugendzeit über alles liebte, war nicht standesgemäß. Mit ihm war eine Eheschließung unmöglich. Sie wurde zur Ehe mit meinem Vater, einem Beamten und Sohn eines Beamten, gezwungen. Es war eine Ehe ohne Liebe, wie mir die Schwester meiner Mutter, Tante Vera in späteren Jahren einmal erzählte.

    Sommer 1946 mit meinen leiblichen Eltern © Foto Mäder privat

    Mein Vater kam als Bahnbeamter eines Vorortes von Belgrad, mit vielen Menschen in Kontakt. Als häufig Durchreisenden, lernte er einen reichen Bauernsohn kennen. Dieser reiste als Holzeinkäufer für eine Möbelfabrik ständig durchs Land. Durch die ständigen Begegnungen, entwickelte sich zwischen ihnen eine Freundschaft. Bei einem längeren Aufenthalt in unserer Gegend, brachte er seinen neuen Freund Bely mit in unser Haus.

    Es geschah das, was vorher bereits schon tausendfach in anderen unglücklichen Familien passierte. Mutter verliebte sich in den Freund ihres Mannes. Ich wage nicht zu entscheiden, ob sie sich wirklich in ihn oder in sein Geld verliebte. Eine dritte Möglichkeit ist nicht ganz auszuschließen, die Überbrückung ihrer Langeweile. Schlussendlich begannen die beiden eine heiße Affäre, die außer meinem Vater, niemandem verborgen blieb. Ein Arbeitskollege schließlich klärte den Gehörnten auf. Als dieser eines Tages vorzeitig von seinem Dienst nach Hause kam, überraschte er das Liebespaar tatsächlich im Bett. Diese Szene glich der aus einem schlechten Film. Tief in seinem Stolz verletzt, jagte Vater beide davon. Meine Mutter hatte sogar schon die Trennung von ihm vorbereitet und ihre Koffer gepackt. Sie strebte einer gemeinsamen Zukunft mit Bely entgegen. Später stellte sich heraus, dass auch Bely verheiratet und Vater von zwei Kindern war, einem Sohn und einer Tochter.

    Stiefvater Bely

    © Foto Mäder privat

    Belys Eltern erfuhren nun ebenfalls von dieser Affäre. Sie untersagten ihm die Rückkehr auf elterlichen Hof. Seiner ersten Frau und den Enkelkindern gewährten sie als Entschädigung für seinen Ehebruch, ein lebenslanges Wohnrecht auf ihrem Hof.

    Mutter und Bely blieben weiterhin ein Paar und nachdem beide Ehen geschieden waren, heirateten sie und wir zogen nach Krusevac, eine Stadt, ca. 170 km südlich von Belgrad. Hier befand sich Belys Arbeitgeber und er wohnte bereits seit Jahren hier. Zu diesem Zeitpunkt war ich ungefähr zwei Jahre alt.

    Eigentlich war ich meiner Mutter nur lästig. In der Zeit der großen und heißen Liebe zu Bely überlegte sie sogar, mich zur Adoption freizugeben. Mit dieser Überlegung wollte sie eigentlich nur meinen Vater strafen, der mich, wie ich viel später erfuhr, gerne zu sich genommen hätte. Ein wenig Glück bescherte mir das Schicksal doch. Mein Stiefvater liebte nicht nur Mutter, sondern auch mich. Bald schon nannte ich ihn Papa. Er erwies sich als mein Verbündeter im Kampf gegen Mutters Hasstiraden und ihre Gleichgültigkeit. Durch Belys liebevolle Art und seine Ausgeglichenheit vermochte er es, sich auch mit seiner Familie wieder zu versöhnen.

    Spätere Besuche auf dem Bauernhof seiner Eltern blieben mir für immer in besonderer Erinnerung. Der Himmel schenkte mir plötzlich neue Großeltern und Halbgeschwister. Vor allem aber genoss ich hier die Integration in seine Familie. Belys erste Frau hatte mich ebenfalls in ihr Herz geschlossen. Von dieser Frau, der meine Mutter so viel genommen hatte, erfuhr ich zum ersten Mal, was Mutterliebe bewirken kann. Meine Hochachtung ihr gegenüber hat sich bis heute bewahrt. Sie heiratete nie wieder und hat bis ins hohe Alter den Hof ihrer Schwiegereltern bewirtschaftet.

    Bely war Berufsbedingt oft auf Reisen und aus diesem Grund verbrachten meine Mutter und ich viel Zeit in Belgrad bei ihren Eltern. Von der Langeweile und dem stetigen allein sein getrieben, traf sich Milena nun wieder mit ihrer Jugendliebe. Mich schickte man zum Spielen in den Garten und die Großeltern wurden durch großzügige Gaben und Geschenke zum Schweigen verdammt. Mal war es ein halbes Schwein, oder ein Wagen voller Holz und Kohlen. Dieses handeln konnte nicht immer geheim bleiben und so bahnte sich die nächste Katastrophe an.

    Trotz der Liebe und Zuneigung meines Stiefvaters zu Mutter, war diese nie zufrieden und suchte permanent nur ihre Zerstreuung. Es gab ständig Krach. Immer und immer wieder stritten Milena und Bely sich und ich wurde in mein Zimmer verbannt. Wehe, wenn ich nur nach dem warum fragte, setzte es Prügel. Mutter betrog Bely nicht nur mit ihrer Jugendliebe. Mit ihren diversen Liebschaften brachte sie auch die Großeltern ins Gerede. Scheinbar war ihr jeder recht und Vater tobte.

    Dieses Foto entstand nach einer Bestrafung durch Mutter

    © Foto Mäder privat

    Wenn Mutter schlecht gelaunt, unglücklich oder unzufrieden war, stellte ich den willkommenen Prellbock. Ich wurde beschimpft und geschlagen. Dabei war sie nicht gerade wählerisch mit den Gegenständen für meine Züchtigung und ziemlich brutal. Eine dicke Leine, ein Besenstiel, der Gürtel meines Stiefvaters, alles was ihr spontan in die Hände fiel, war rechtens. Auf eines achtete sie peinlichst genau bevor sie mich schlug, ich musste mich ausziehen. Meine Kleider wollte sie nicht beschädigen oder beschmutzen.

    Ein Tag brannte sich mir ganz besonders ins Gedächtnis. Ob Mutter wieder einmal heftig mit Bely stritt, oder mit ihrem neuesten Liebhaber unzufrieden war, vermag ich heute nicht mehr genau zu benennen. Zu allem Überfluss musste ich ihr beichten, dass ich an diesem Tag zwei Fünfer in der Schule bekommen hatte. Mutter war absolut außer sich. Mit heruntergelassenem Höschen musste ich mich über einen Küchenstuhl beugen, und sie schlug blindlings mit einem Ledergürtel auf mich ein.

    Ich weinte nur leise vor mich hin. Diese Art der Bestrafung kannte ich ja schon und hatte mir angewöhnt zu beten. Ich betete, der liebe Gott möge mich zu sich holen und meinem Leiden endlich ein Ende machen. Mein trotziges Schweigen und das stille Weinen machten meine Mutter nur noch wütender. Sie schrie und beschimpfte mich als Nichtsnutz und bösartiges Kind. Plötzlich wandte sie sich ab und ging in Richtung Küchenschrank. Sie öffnete eine Schublade und griff nach einem großen Küchenmesser. Voller Angst und Entsetzten sprang ich auf und lief immer wieder um den Küchentisch herum. Durch unser Geschrei alarmiert, trat sie ins Zimmer. Sie hatte vor allem mein Gewimmer gehört und stellte sich schützend zwischen uns. Mit ihrem beherzten Handeln verhinderte sie möglicher Weise schlimmeres, denn ich vermag nicht zu sagen, zu was Mutter in ihrer Wut noch angestellt hätte, vielleicht verdanke ich ihr sogar mein Leben.

    Während sie meiner Mutter schwere Vorwürfe machte, verschwand ich still vor mich hin weinend in meinem Zimmer. Übersät mit blauen Flecken und einer hässlichen Platzwunde am Popo. Tagelang fiel mir das sitzen schwer und den wahren Grund dafür durfte ich niemandem verraten. Die Schmerzen rührten lapidar gesagt, wieder einmal von einem Treppensturz.

    Die Gebete zur Ikone der Mutter Maria, die über meinem Bett hing, halfen mir in dieser schweren Zeit. Der Verzweiflung nahe, betete zum Abbild der Madonna, und bat sie um Erlösung.

    Mutters Vorwürfe gegen mich entbehrten jeder Grundlage. Sie redete mir Schuldgefühle ein, die mir nicht nachvollziehbar erschienen. Warum blieb ihr ein besseres Leben versagt, nur weil ich lebe? Niemand liebte mich, niemand umarmte oder streichelte mich, keiner sprach ein freundliches Wort mit mir, niemand wollte mich. Alle Menschen um uns herum wurden aufgestachelt mich zu meiden, da ich schlechten Einfluss auf mein Umfeld ausübe. Auch meine Großeltern ignorierten mich, wenn wir sie besuchten. Es gab nur Gespräche unter Erwachsenen und ich wurde nicht mit einbezogen. Wie oft lag ich sogar hungrig im Bett, voller Wunden, die wochenlang nicht heilten, weil immer neue Schläge sie wieder aufrissen. Mancher Heilungsprozess dauerte sehr lange.

    Die Schulischen Leistungen litten sehr darunter. Häufig fragte ich mich, welchem Zweck diene es, weiterhin zu lernen, da ich ganz fest damit rechnete, bald zu sterben. Naturwissenschaftliche Fächer lagen mir ganz und gar nicht. Dagegen bereitete es mir ungeheuren Spaß, kreativ zu sein. Ich malte eine heile Welt, wie ich sie mir vorstellte und die ich sehr vermisste. Diese Erkenntnisse blieben mir verwehrt und scheinbar außer Reichweite. Bilder mit herrlichen Blumenwiesen und immer wieder die wärmende Sonne. Beim Handarbeiten wie Häkeln und Sticken bewies ich ebenso viel Geschick. Abends beim Kerzenschein flossen mir die Gedichte und Kurzgeschichten nur so von der Feder. Sie handelten vorwiegend von traurigen und einsamen Kindern. Eine dieser Geschichten handelte von einem einsamen kleinen Mädchen. Sie lebte ganz allein im Wald und war nur mit den dort lebenden Tieren befreundet. Diese versorgten und beschützten sie wie eine richtige Familie.

    Da meine Mutter nicht wollte, dass jemand von unseren familiären Verhältnissen erfuhr, musste ich nach der Schule auf direktem Weg den Heimweg antreten. Niemand durfte etwas über uns erfahren. Dadurch war und blieb ich eine Außenseiterin ohne Freunde. Trotz allem beendete ich die Grundschule und bestand sogar die Aufnahmeprüfung zur technischen Schule. Dieser Erfolg gab mir Auftrieb und ein ungeheures Selbstbewusstsein. Aus eigener Kraft und ohne Unterstützung schaffte ich etwas, was mir auch Mutter nicht streitig machen konnte. Das eigene Wissen in Physik und Chemie war ausreichend. Glücklich über diesen Erfolg und gleichfalls dankbar über den erfolgreichen Abschluss dieses Kapitels, kehrte ich aus der Schule heim und jubelte beim Betreten der Wohnung.

    Papa freute sich ebenfalls, er klopfte mir ermutigend auf die Schulter und wünschte mir weiterhin viel Glück. Nur Mutter gönnte mir diesen Triumph nicht. „Das schaffst du sowieso nicht", meinte sie, „aber als Putzfrau und Wäscherin für die Reichen reicht es allemal", war ihr bissiger Kommentar. Doch für mich eröffneten sich völlig neue Perspektiven. An der Schule begann ich eine Ausbildung zur Chemielaborantin. Die Schulischen Erfolge, beflügelten den Willen immer besser zu werden und die Leistungen entsprachen voll den Anforderungen. Eine Änderung kam schneller als ich zu denken glaubte. Wie schon immer in der Vergangenheit, hielten positive Phasen nicht lange an. Mutter arbeitete inzwischen bei einer Bank und da fiel es ihr nicht schwer, die gesamten Pflichten des Haushalts, ihrem persönlichen Dienstmädchen zu übertragen.

    Morgens um halb sechs wurde ich geweckt und nahm von Mutter die Aufgaben für den Tag entgegen. Natürlich gab es weder Waschmaschine noch Staubsauger oder andere Erleichterungen. Ein wöchentlicher Waschtag lief zum Beispiel wie folgt ab! In der Badewanne wurde zunächst die Wäsche im warmen Wasser eingeweicht, dieses geschah am vorhergehenden Abend. Waschpulver im herkömmlichen Sinne, gab es natürlich nicht. Mit Waschbrett und Seife, (meine Großmutter stellte die Seife aus Schweinefett und Soda selbst her), wurde Stück für Stück im inzwischen kalt gewordenen Wasser bearbeitet. Bei meiner damaligen Größe von nur etwa 1,40 Meter, war das Waschen in der tiefen Wanne eine besondere Tortur. Mein Rücken schmerzte vom bücken und die Hände platzten regelmäßig von dieser ätzenden Seife auf. Ebenfalls waren bei größeren Wäschemengen, blutige Risse an der Tagesordnung. Wäsche wie Handtücher, Bettwäsche sowie Unterwäsche, ließen sich einigermaßen behandeln. Besonders ekelig gestaltete sich die Reinigung der waschbaren Binden, voller Blut. Gleichzusetzen waren die Taschentücher mit dem aufgeweichten Schleim. Nach der Vorwäsche wiederholte sich der gesamte Vorgang mit frischem Wasser. In mehreren Spülvorgängen wurden dann die Seifenreste ausgewaschen. Bei diesem Arbeitsgang, fiel mir das ständige Auswringen mit meinen kleinen Händen, besonders schwer. Häufig beendete ich einen solchen Waschtag erst nach der Mittagszeit, denn das Ende konnte erst eingeläutet werden, wenn die Wäsche auf der Leine hängt.

    In den Sommermonaten gestalteten sich diese Arbeitsabläufe im Rahmen der machbaren. Jedoch im Winter bei starkem Frost, gefroren die einzelnen Teile schon in der Hand, noch bevor ich sie auf der Leine hingen, dabei nützte es auch nichts, dass den Trockenplatz ein Wellblechdach überspannte. Erst wenn alle Teile hingen, durfte ich wieder ins Haus gehen, um mich aufzuwärmen oder etwas zu essen, erst danach durfte ich zum Unterricht eilen. Mutter kam meistens um diese Zeit von der Arbeit heim. Als ob es nichts Wichtigeres gäbe, inspizierte sie sofort die auf der Leine befindlichen Wäschestücke. Falls sie irgendein Fleckchen entdeckte, ereilte mich ihre Maßregelung. Die Wäscheteile flogen in den Schmutz

    und der Waschtag begann von vorn. Der Schulbesuch für diesen Tag fiel aus. Die saubere Wäsche war ihr letztlich wichtiger als meine Ausbildung.

    Da sie mich nun mehr und mehr zu ihrem Dienstmädchen degradierte, gehörten mittlerweile auch der Bereich Küche und die Wohnräume zu meinem Aufgabengebiet. Meine körperliche Konstitution ließ es einfach nicht zu, die mir aufgebürdeten Arbeiten, in dem zeitlich vorgegebenen Rahmen, zu bewältigen. Was sollte ich machen? Auch wenn ich mich noch so sehr anstrengte, alles schaffte ich selten, mit dem Ergebnis, die Schulbesuche blieben weitestgehend aus. Nachfolgend eine kleine Zusammenfassung einiger Tätigkeiten.

    Die gesamte Wohnung hatte Holzfußboden. Reinlich wie sie war, musste dieser regelmäßig, auf den Knien liegend mit einer Wurzelbürste abgeschrubbt, danach gewachst und schließlich poliert werden. Der Küchenherd mit seiner glänzenden Herdplatte bedurfte sehr intensive Pflege. Vor dem erneuten Anheizen wurde eine Polierpaste gleichmäßig mit Putzwolle aufgetragen und eingearbeitet. Nach dem abtrocknen der Paste, folgte der eigentliche Poliervorgang. Mit alten Zeitungen wird nun die schwarze Schicht abgerieben. Um gleichmäßigen Glanz zu erzielen, werden die noch stumpfen Stellen leicht angefeuchtet. Hier half meist etwas Spucke, aber es funktionierte auch mit Tränen. Erst danach entfachte ich erneut das Feuer. Weitere Heizquellen die versorgt werden mussten, befanden sich im Wohn-, Schlaf-sowie im Kinderzimmer. Der Arbeitsaufwand war in diesen Räumen geringer, denn ich brauchte nur die Asche entfernen und Brennmaterial bereitstellen. Da Papa das Abfallholz kostenlos bekam, heizten wir fast ausschließlich mit Holz. Das Spalten der größeren Holzblöcke besorgten meistens die Eltern.

    Wenn Mutters Freundinnen zum Kaffeeklatsch kamen, blieb mir das Holzhacken nicht erspart. Um die Gespräche nicht belauschen zu können, wurde ich für diese Arbeit in den Keller verbannt. Solange Mutter die Spaltgeräusche vernahm, konnte sie sicher sein, dass ich ihre Gespräche nicht verfolgte. Natürlich passierte eines Tages ein Unfall und ich verletzte mich mit der scharfen Axt an der linken Hand. Weinend und stark blutend stürmte ich ins Wohnzimmer. Die Reaktion auf diese unnötige Störung ihrer Unterhaltung war entsprechend. „Hättest du dir doch bloß deinen Kopf zerschlagen, da ist sowieso nichts drin", war ihr sarkastischer Kommentar. Die Erinnerung an diese Wundbehandlung, werde ich niemals vergessen. Es war eine bestialische Tortur. Aus Zigarettenasche und meinem Urin mischte sie eine Masse und legte diese auf die Wunde. Die mir dadurch zugefügten Schmerzen waren einfach bestialisch und ich habe diesen Vorfall auch nie vergessen. Das Brennen in der offenen Wunde trieb mir abermals die Tränen in die Augen. Als einzigen Lichtblick in dieser Situation erkannte ich die Tatsache, der nächste Waschtag findet ohne mich statt.

    Wie sagt man so schön: „Wer suchet der findet" und diesem Wahlspruch folgte Mutter jeder Zeit. Gelegenheiten zum Strafen fand sie immer. Schläge gab es für schlechte Noten oder die die nicht korrekt verrichtete Hausarbeit.

    Die schönste Zeit meiner Kindheit verbrachte ich in den Ferien bei Tante Vera (Mutters Schwester) und Onkel Sava. Während der Sommerferien, von Anfang Juni bis Ende August, lebte ich bei ihnen auf dem Lande, ca. 20 km von Belgrad entfernt. Die Erlaubnis bei Tante Vera Urlaub zu machen, wurde nicht uneigennützig von Mutter erteilt. So konnte sie mit Vater ungestört ihren Urlaub an der Adria verbringen, ohne mich dabei haben zu müssen. Volle drei Monate konnte ich die Freiheit ohne Eltern genießen. Onkel Sava war Bahnbeamter, und so bewohnte er mit seiner Frau ein Haus der Bahn, oberhalb des Stellwerkes. Auf der Kuppe eines Hügels mit herrlicher Aussicht. Ich konnte die ganze Umgebung überblicken und den Leuten in den vorbeifahrenden Zügen zuwinken. Zum ersten Mal bekam ich Fernweh.

    Bei Tante Vera gab es einen gut durchorganisierten und geordneten Tagesablauf. Sie hatte eine Halbtagsstelle als Friseurin in Belgrad und fuhr täglich mit der Bahn zur Arbeit. Da sie erst in den frühen Nachmittagsstunden heim kam, bereitete sie die Mahlzeiten meistens am Vortag zu. Nach Feierabend wärmte sie diese dann nur noch auf. Bei den täglichen Hausarbeiten brauchte ich ihr nicht zur Hand gehen, die erledigte sie alleine. Meine einzige Pflicht bestand darin, für frisches Brot zu sorgen, welcher ich liebend gerne nachkam. Der Besuch in dem nahegelegenen Ort, bescherte mir immer eine willkommene Abwechslung und häufig kleine Leckereien.

    Tante Vera

    © Foto Mäder privat

    Gemüse und Obst hatten sie selbst im Garten, denn der Markt des kleinen Ortes bot kaum etwas Geeignetes. Die Bauern aus der Umgebung brachten ihre Agrarartikel fast alle nach Belgrad auf den Markt. Dort ließen sich bessere Preise erzielen trotz der Fahrtkosten dort hin. Das übliche Transportmittel über längere Strecken war für den einfachen Bauern die Bahn. Alles was ins Abteil passte, wurde mitgenommen, egal ob Obst, Gemüse oder Federvieh, sogar Spanferkel transportierte man auf diese Weise.

    Für die schwereren Arbeiten, wie das waschen der Wäsche, kam eine Zigeunerin aus dem Nachbarort. Sie blieb den ganzen Tag bei uns auch zu den Mahlzeiten. Trotz der körperlichen Anstrengungen, war sie stets freundlich und gut gelaunt. In hielt mich gern in ihrer Nähe auf. Sie hatte schon das ganze Land bereist und wusste viele schöne Geschichten zu erzählen.

    Auch wenn Tante Vera auf der Arbeit war, gab es für mich keine Langeweile. Sie hatte einen wuchtigen Bücherschrank mit einer großen Auswahl bekannter Autoren. Endlich hatte ich mal Zeit für mich und durfte lesen, was immer ich wollte. Mein besonderes Interesse galt den Werken mit traurigen und sehr bewegenden Geschichten, wie z. B. „Rebecca" von Daphne du Maurier, „Vom Winde verweht" von Margret Mitchell oder „Triumphbogen" von Remarque. Die Inhalte saugte ich förmlich in mich auf und es eröffneten sich mir Traumwelten. Wenn es dann abends zu den üblichen Stromabschaltungen kam, las ich im Licht einer Kerze oder der Petroleumlampe weiter. (Diese Abschaltungen kamen in den abgelegenen Regionen häufig vor, um den Bedarf der Metropolen abzusichern.) Niemand machte mir Vorschriften, wann ich ins Bett zu gehen hatte.

    War das Wetter gut, beschäftigte ich mich auch gerne mit Diana, einer deutsche Dogge die Onkel Sava gehörte. Sie war ein sehr großes, anhängliches und kluges Tier mit sanften Augen. Leider gestaltete sich der Umgang mit ihr meist sehr schwierig, denn ihr Fell war von Flöhen übersät. Niemand nahm daran Anstoß oder versuchte gar, diese Plagegeister zu vertreiben. Ein Hund gehört nicht ins Haus sondern er hat dieses zu bewachen und

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