Hoffnung für eine unfertige Welt: Jürgen Moltmann mit Eckart Löhr
Von Jürgen Moltmann und Eckart Löhr
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Über dieses E-Book
Den 90. Geburtstag nimmt Eckart Löhr zum Anlass, mit Jürgen Moltmann auf ein bewegtes theologisches und politisches Leben zurückzuschauen. Offen und beherzt gibt Moltmann Einblick in seine Wurzeln, sein politisches Reifen und sein Engagement für eine Theologie für unsere Zeit. Im Vordergrund stehen aktuelle Fragen und der Blick in die Zukunft unserer Gesellschaft.
Das bewegende Buch eines mutigen Christen und Zeitzeugen eines ganzen Jahrhunderts.
Jürgen Moltmann
Jürgen Moltmann ist em. Professor für Systematische Theologie an der Universität Tübingen.
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Buchvorschau
Hoffnung für eine unfertige Welt - Jürgen Moltmann
NAVIGATION
Buch lesen
Cover
Haupttitel
Inhalt
Über die Autoren
Über das Buch
Impressum
Hinweise des Verlags
Jürgen Moltmann
im Gespräch mit Eckart Löhr
Hoffnung für eine unfertige Welt
Patmos Verlag
Inhalt
Jürgen Moltmann –
Theologe der Hoffnung
Eckart Löhr
Hoffnung für eine unfertige Welt
Jürgen Moltmann im Gespräch
mit Eckart Löhr
Schriften von Jürgen Moltmann
(Auswahl)
»Die Wiedervereinigung,
das war für uns eigentlich das Ideal.
Gottesdienst in der Nicolaikirche
und dann heraustreten und
auf den Straßen demonstrieren
für Freiheit und für Gerechtigkeit.
Das war seit den sechziger Jahren
mein Bild von Politischer Theologie.«
Jürgen Moltmann
Jürgen Moltmann – Theologe der Hoffnung
Als im Oktober 1964 die Theologie der Hoffnung. Untersuchungen zur Begründung und zu den Konsequenzen einer christlichen Eschatologie des damals 38-jährigen evangelischen Theologen Jürgen Moltmann erscheint, kommt das im wahrsten Sinn des Wortes einer »Offenbarung« gleich und macht denAutor schlagartig berühmt. Es ist die Zeit der Beatles, des Vietnamkriegs und der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Jean-Paul Sartre lehnt den Literaturnobelpreis ab, Willy Brandt wird Vorsitzender der SPD und der amerikanische Präsident Lyndon B. Johnson unterzeichnet den »Civil Rights Act«, das Bürgerrechtsgesetz zur Aufhebung der Rassentrennung. Eine hochpolitische Zeit also, und nur noch vier weitere Jahre sollten vergehen bis zum Mord an Martin Luther King und zum Höhepunkt der Studentenproteste, die Amerika und Europa grundlegend veränderten.
Die englische Übersetzung der Theologie der Hoffnung (Theology of Hope, 1967) ist besonders in Amerika eine Sensation und verschafft dem Autor auch international Anerkennung. Mehrere große Zeitungen wie New York Times, Newsweek und Los Angeles Times widmen dem Buch umfangreiche Artikel und machen es so einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. In der Januarausgabe des Spiegel aus dem Jahr 1968, dank Internet auch heute noch problemlos nachzulesen, heißt es: »Moltmann propagiert darin ein umstürzlerisches, gesellschaftsänderndes – wie er sagt: ursprüngliches – Christentum und offeriert damit Christen und Kirchen eine Theologie, die zu aktiven, ja aggressiven Auseinandersetzungen mit der politischen Umwelt ermächtigt und anfeuert.«
Spätestens hier also beginnt die Theologie politisch zu werden, und es ist beinahe so, als hätte diese Zeit, als hätten die Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche auf dieses Buch gewartet, denn, so schreibt Moltmann selbst, »es befreite Christen von Zweifeln und erregte Nichtchristen zur Hoffnung«. Moltmann stellt dort die Eschatologie ins Zentrum des Christentums und zugleich ins Zentrum seines gesamten Denkens. Für ihn ist Eschatologie nicht die Lehre von den letzten Dingen, abgekoppelt von der diesseitigen Welt, sondern gleichbedeutend mit der Hoffnung auf eine göttliche Zukunft, die schon jetzt in die Welt zurückwirkt. So schreibt der evangelische Theologe und Publizist Heinz Zahrnt bereits zwei Jahre nach Erscheinen der Theologie der Hoffnung in seinem Buch Die Sache mit Gott treffend: »Als gäbe es für ihn keine andere Zeitform, keine Vergangenheit, kaum eine Gegenwart, reißt er alles, was ist, aus der Ruhe des Seins in die Bewegung des Werdens.«
Für den theologischen Revolutionär (oder revolutionären Theologen) Moltmann heißt Christsein demnach nicht, auf die jenseitige Erlösung aus dem irdischen Jammertal zu warten, sondern die göttliche Verheißung der Zukunft – die sich in Christus manifestiert, der sie in gewisser Weise vorweggenommen hat – bereits im Hier und Jetzt zu verwirklichen. In der Theologie der Hoffnung klingt das so: »Im praktischen Widerstand und in schöpferischer Neugestaltung stellt die christliche Hoffnung das Bestehende in Frage und dient so dem Kommenden. Sie überholt das Vorfindliche in Richtung auf das erwartete Neue und sucht nach Gelegenheiten, der verheißenen Zukunft in der Geschichte immer besser zu entsprechen.« Sein Motto ist demnach, was Heinrich Heine 120 Jahre vorher in Deutschland. Ein Wintermärchen schrieb: »Ein neues Lied, ein besseres Lied, / O Freunde, will ich euch dichten! Wir wollen hier auf Erden schon / Das Himmelreich errichten.«
*
Jürgen Moltmann wird am 8. April 1926 in Hamburg geboren. Sein Elternhaus hat kaum Berührungspunkte mit der Kirche; seine religiöse Bildung als Kind und Jugendlicher ist nach eigener Aussage »mangelhaft«. Der Gottesdienst findet – einmal im Jahr! – in der Aula der Schule statt, denn eine Kirche gibt es in Volksdorf, dem Ort seiner Kinder- und Jugendjahre, noch nicht. Sein Großvater Johannes Moltmann war gar Freimaurer und Verfasser kirchenkritischer Schriften und nicht zuletzt das Vorbild seines eigenen Vaters. Die Noten in der Grundschule sind mäßig und das Interesse des Jugendlichen gilt anfangs den Naturwissenschaften, vor allem der Mathematik und Physik. Das alles deutet vorerst nicht darauf hin, dass hier einer der bedeutendsten und einflussreichsten Theologen der Nachkriegszeit heranreifen sollte.
Im Februar 1943 wird er, wie Tausende andere Jugendliche, eingezogen und zum »Luftwaffenhelfer« ausgebildet. Wenige Monate später beginnt die »Operation Gomorrha«, in deren Verlauf durch englische und amerikanische Bomberverbände große Teile Hamburgs zerstört werden und geschätzt bis zu 40.000 Menschen ums Leben kommen. Zu dieser Zeit ist Jürgen Moltmann zusammen mit einem Freund als Flakhelfer an der Außenalster stationiert. Bei einem der Bombenangriffe kommt sein direkt neben ihm stehender Freund ums Leben, während er selbst wie durch ein Wunder leicht verletzt überlebt. »In dieser Nacht habe ich zum ersten Mal in meinem Leben nach Gott geschrien und mein Leben in Gottes Hände gelegt«, schreibt er in seiner 2006 erschienenen Biographie Weiter Raum. Und weiter heißt es dort: »Ich war wie tot und empfing danach das Leben jeden Tag als ein neues Geschenk. Meine Frage war nicht: Warum lässt Gott das zu?, sondern: Mein Gott, wo bist du? Und die andere Frage, auf die ich bis heute Antwort suche: Warum bin ich am Leben und nicht auch tot, wie der Freund neben mir? Ich fühlte die ›Schuld‹ des Überlebens und