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‚Ich will Ihn suchen...’: Ein Einweihungsroman für junge Menschen auf der Suche nach Christus
‚Ich will Ihn suchen...’: Ein Einweihungsroman für junge Menschen auf der Suche nach Christus
‚Ich will Ihn suchen...’: Ein Einweihungsroman für junge Menschen auf der Suche nach Christus
eBook258 Seiten3 Stunden

‚Ich will Ihn suchen...’: Ein Einweihungsroman für junge Menschen auf der Suche nach Christus

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Über dieses E-Book

Die 13-jährige Lara geht auf die Konfirmation zu, aber sie hat viele Fragen. Sie ist sich über ihre eigene religiöse Sehnsucht unsicher – und mehr noch über das Ziel dieser Sehnsucht... Voller Hoffnung erwartet sie die Wiederbegegnung mit einem alten Holzschnitzer. Er könnte ihre wahren Fragen vielleicht beantworten. Als tatsächlich die Gelegenheit da ist, mit ihm zu sprechen, beginnt für sie ein Weg, auf dem sie viel tiefer in ihre Fragen und ihre wahre Sehnsucht hineingeführt wird, als sie es je zu hoffen gewagt hatte...
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum5. Okt. 2015
ISBN9783739260143
‚Ich will Ihn suchen...’: Ein Einweihungsroman für junge Menschen auf der Suche nach Christus
Autor

Holger Niederhausen

HOLGER NIEDERHAUSEN, geb. 1969 in Berlin, Biologie-Studium, Fortbildung zum Waldorflehrer, Mitgründung eines freien Kindergartens. Seit 1996 intensive Beschäftigung und Verbindung mit der Anthroposophie, damit verbunden mit der sozialen Frage im Großen wie im Kleinen und dem Weg innerer Vertiefung und Entwicklung. Veröffentlichung zahlreicher Bücher für Jugendliche und Erwachsene.

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    Buchvorschau

    ‚Ich will Ihn suchen...’ - Holger Niederhausen

    Das Menschenwesen hat eine tiefe Sehnsucht nach dem Schönen, Wahren und Guten. Diese kann von vielem anderen verschüttet worden sein, aber sie ist da. Und seine andere Sehnsucht ist, auch die eigene Seele zu einer Trägerin dessen zu entwickeln, wonach sich das Menschenwesen so sehnt.

    Diese zweifache Sehnsucht wollen meine Bücher berühren, wieder bewusst machen, und dazu beitragen, dass sie stark und lebendig werden kann. Was die Seele empfindet und wirklich erstrebt, das ist ihr Wesen. Der Mensch kann ihr Wesen in etwas unendlich Schönes verwandeln, wenn er beginnt, seiner tiefsten Sehnsucht wahrhaftig zu folgen…

    gewidmet allen jungen Menschen,

    die Ihn suchen.

    Aufgeregt schlug ihr Herz, als sie auf die Hütte zugingen. Sie hatte eine große Frage auf dem Herzen und eine sehr große Hoffnung… Ob der alte Holzschnitzer noch da war? Ob er sich an damals erinnern würde? Ob er ihr Antworten geben könnte? Sie wusste nicht, wie das dann gehen sollte, aber sie hatte jenen kurzen Moment von damals nie vergessen…

    Sie sah die Engel schon von weitem. Sie standen noch immer vor der Hütte – größere und kleinere Holzengel. Sie meinte, sich zu erinnern, dass es sogar ganz dieselben waren. Hier war es gewesen – doch der Alte war jetzt nicht da, er war wahrscheinlich drinnen. Ihre Eltern betraten den großen Raum, der als Verkaufsraum diente und wo, wie damals, viele verschiedene Holzsachen auf großen, zusammengestellten Tischen in der Mitte standen und auch in Regalen an den Wänden ausgestellt waren. Unschlüssig ging sie wieder nach draußen. Wenn er gleich käme, was sollte sie sagen? Ihre Eltern wussten nichts von ihren Gedanken; sie selbst überblickte sie auch nicht weiter als bis zu jener Frage, die sie ihm stellen wollte…

    Jetzt hörte sie die Stimme des alten Holzschnitzers. Sicher hatte er ihre Eltern gehört und war aus seiner Werkstatt gekommen. Sie versuchte, etwas zu erkennen, aber hier draußen schien die Sonne, und von hier aus schien das Innere der Hütte ganz dunkel zu sein. Sie trat wieder an den Eingang heran – und jetzt sah sie den Alten mit ihren Eltern. Ja, er war es, und er hatte auch noch denselben grauweißen Bart wie damals. Sie erinnerte sich wieder genau an seine Stimme. Wieder ging sie die zwei Schritte zu den Engeln. Wie könnte sie mit ihm reden, ohne dass ihre Eltern dabei waren und alles hörten? Verzweifelt spürte sie jenes Gefühl in der Brust zunehmen, das man hatte, wenn eine wesentliche Gelegenheit sich näherte und die Gefahr immer größer wurde, dass man sie ungenutzt vorübergehen ließ…

    Dann stand der alte Holzschnitzer auf einmal an der Tür.

    „Hallo, sagte er lächelnd. „Du bleibst lieber hier draußen?

    „Ich, äh…, ihr Herz schlug ihr nun bis zum Halse, „darf ich Sie etwas fragen?, brachte sie hastig heraus.

    „Aber natürlich."

    Sie sah das warme Lächeln des Alten. Nun würde es sich entscheiden…

    „Wir waren vor vier Jahren schon mal hier. Als ich neun war. Damals stand ich auch hier, und Sie waren dort. Und ich hatte sie gefragt: Glauben Sie an Engel? Und nun legte sich all ihre bange Erwartung in die entscheidende Frage: „Erinnern Sie sich?

    Sie hatte das Gefühl, dass ihr Herz vor Anspannung aussetzte.

    „Ja, ich erinnere mich", sagte der Alte mit warmer Stimme.

    „Und du bist ziemlich groß geworden…"

    Das war jetzt unwesentlich. Hastig fuhr sie fort:

    „Sie antworteten damals: Die Engel sind die Diener des Christus. Erinnern Sie sich auch daran?"

    „Natürlich tue ich das…"

    Sie spürte, wie ihre Anspannung ein wenig nachließ und leise einer großen Hoffnung Platz machte, die sie so innig und heimlich in ihrem Herzen verschlossen hegte.

    „Die Art, wie Sie das gesagt haben, habe ich nie vergessen.

    Ich habe seitdem immer geglaubt, dass Sie etwas von diesen Dingen wissen. Wissen Sie etwas von Christus?"

    Der Alte lächelte überrascht.

    „Oh! Du stellst die größte Frage, die man überhaupt stellen kann! Ja, ich weiß sehr viel von Christus…"

    „Na, Lara, was machst du denn hier draußen?"

    Ihre Mutter war wieder an die Tür gekommen.

    Sie antwortete verzweifelt:

    „Oh Mama, bitte, kann ich noch kurz allein mit dem Mann sprechen?"

    „Was?, fragte ihre Mutter verwirrt. „Äh, ja doch, natürlich – wenn du willst…

    Noch immer irritiert wandte sie sich zögernd um und ging wieder hinein. Ihre Mutter tat ihr leid, aber was sollte sie tun?

    Der Alte sagte ruhig:

    „Wir könnten uns kurz auf die Bank setzen, die um die Ecke steht. Wollen wir das tun? Das kannst du deinen Eltern sagen…"

    Ja, das war wunderbar!

    „Sehr gerne!"

    Sie betrat eilig den Raum, in dem ihr Vater noch immer die ausgestellten Holzstücke betrachtete und ihre Mutter sich sofort wieder nach ihr umdrehte, als sie sie sah.

    „Mama, Papa – ich muss mit dem Mann etwas besprechen.

    Wir sitzen um die Ecke auf der Bank."

    „Was denn aber, Lara? Was musst du mit ihm besprechen?"

    „Das erkläre ich euch nachher!"

    Und schon war sie wieder draußen. Der Alte lächelte und ging ihr voran auf die rechte Seite, wo an der Wand der Hütte tatsächlich eine einfache Bank in der Sonne stand.

    Der Alte setzte sich und lehnte sich an die Hüttenwand. Dann sah er sie wieder mit diesen warmen, gütigen Augen an und fragte:

    „Was möchtest du denn wissen? Was liegt dir auf dem Herzen…?"

    Jetzt konnte sie in Ruhe alles sagen. Es sprudelte aus ihr heraus…

    „Ach, wo soll ich anfangen – ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Ich habe jetzt Konfirmandenunterricht, und es geht um Christus. In der Sonntagshandlung sage ich immer: ‚Ich will ihn suchen’. Aber das ist es gerade: Ich weiß nicht, ob ich das will – und ich weiß nicht, wie ich das machen soll! Doch, ein Teil von mir will ihn sehr, sehr suchen. Ich habe eine so große Sehnsucht danach, zu wissen, wie ich das tun soll! Es ist, wie wenn man etwas unbedingt möchte; wenn einem nichts wichtiger ist – und am nächsten Tag weiß man plötzlich nicht einmal mehr, ob man es möchte. Verstehen Sie das überhaupt?"

    Der Alte nickte.

    „Oh ja, das verstehe ich sehr gut…"

    „Was soll ich tun? Können Sie mir helfen?"

    „Ja, natürlich könnte ich das? Wie lange seid ihr denn hier?"

    „Zwei Wochen."

    „Zwei Wochen? Seid ihr gerade gekommen?"

    „Ja."

    „Wie kommt das?, lachte der Alte. „Gleich am ersten Urlaubstag hierher?

    „Ja, gestand sie. „Ich habe meine Eltern dazu gedrängt, wieder hierherzukommen. Ich habe ihnen gesagt, ich möchte unbedingt wieder die Holzsachen anschauen…

    „Hm… Konntest du ihnen nicht die Wahrheit sagen?"

    „Nein, ich wusste nicht, wie…"

    „Aber das wirst du jetzt wohl müssen. Denn ohne dass sie davon wissen, kann ich gar nichts tun."

    „Ja, natürlich."

    „Aber, was möchtest du eigentlich, Lara?"

    Sie seufzte ratlos.

    „Ich möchte wissen, was ich glauben soll!"

    „Was du glauben sollst…?", wiederholte der Alte langsam.

    „Oder möchtest du wissen, wie du glauben kannst? Möchtest du lernen, wirklich zu glauben?"

    Sie dachte nach. Auch das war so schwer zu sagen!

    „Wenn ich diese Worte sage: ‚Ich will ihn suchen…’, dann ist manchmal diese Sehnsucht überstark! Es ist wie ein Ziehen … hier…"

    Sie legte ihre Hand auf ihre Brustgegend.

    „Ja, wenn ich daran denke, möchte ich glauben. Ich möchte lernen, wie man das macht. – Und dann wieder weiß ich es nicht…"

    Wieder nickte der Alte.

    „Was hältst du davon, wenn wir uns einmal in Ruhe ein, zwei Stunden unterhalten und wir dann gemeinsam herausfinden, was du genau möchtest und was wir dann tun können…?"

    „Ja, das möchte ich sehr gerne!", sagte sie strahlend.

    „Gut, willst du es deinen Eltern sagen?"

    „Wie soll ich das denn machen?"

    „Soll ich mit ihnen reden?"

    „Ja, bitte."

    „Gut, wartest du hier dann solange?"

    „Oder … kann ich dabei sein?"

    Langsam sagte der Alte:

    „Das könntest du natürlich auch… Nur wäre es dann besser, wenn du es ihnen selbst sagst. Weißt du, wenn ich mit ihnen reden soll, ist es für dich nicht schön, dabei zu sein, weil dann über dich gesprochen wird. Ich finde das auch nicht schön, aber es sind nun einmal deine Eltern, und daher müssen sie wissen, worum es geht, und auch einverstanden sein. Sagen wir so: Wenn du dabei bist, möchte ich nicht über dich sprechen. Es geht also nicht. Entweder du sagst es ihnen selbst, oder du vertraust mir und wartest hier ganz gemütlich in der Sonne… Vielleicht wollen deine Eltern dich ja anschließend noch dabei haben oder haben selbst noch Fragen an dich… Dann kommst du natürlich sehr wohl dazu, oder wir kommen hierher."

    „Gut. Ich verstehe…"

    „Also gut, bis gleich."

    Der Alte lächelte ihr noch einmal zu.

    Sie blieb aufgeregt zurück. Um sie herum zwitscherten die Vögel. Unweit von ihr standen bereits die Bäume, mit denen der Wald die Hütte umgab. Sie war regelrecht in den Wald hineingebaut, nur von ein wenig Rasen und einigen Blumen umgeben. Ein kleiner Pfad führte zu ihr. Aber auch der Wald ging nicht mehr sehr weit. Die Hütte lag als Abzweig an einem Wanderweg, der dann sehr bald ins Offene führte, von Wiesen und Weiden umgeben war, um schließlich zu einem Wasserfall zu führen, an dem es eine Almhütte gab. Dort konnte man dann, wenn man wollte, richtig Bergsteigen, steilere Hänge hinauf. Vor vier Jahren waren sie nach dem Besuch der Hütte bis zum Wasserfall gewandert…

    Drinnen hörte sie die Stimmen des Alten und ihrer Eltern, ohne die Worte unterscheiden zu können. Einmal blickte sie sich um und schaute durch das Fenster. Da sah sie die drei Erwachsenen stehen, aber dann drehte sie sich wieder um. Sie wollte den alten Holzschnitzer wirklich ganz allein mit ihren Eltern reden lassen…

    Das Gespräch dauerte immer länger. Sie hatte gedacht, es würde nur zwei oder drei Minuten brauchen. Was besprachen sie da drinnen alles? Langsam wurde ihr doch unwohl bei dem Gedanken, dass sie da drinnen über sie sprachen. Hatte sie sich in dem alten Holzschnitzer getäuscht? War er doch nur ein Erwachsener wie jeder andere? Verstand er sie wirklich? Wieder schaute sie kurz verstohlen durch das Fenster. Wieder sah sie die Erwachsenen im Gespräch vertieft. Jetzt schaute zufällig ihre Mutter zu ihr herüber – schnell drehte sie sich wieder um.

    Ach – das war eine furchtbare Idee gewesen. Warum mussten Erwachsene über alles immer so lange reden? Und warum darüber? Konnten sie nicht einfach sagen ‚alles in Ordnung’? Oder was redete der alte Holzschnitzer über sie? Sie verstand es nicht…

    Resigniert zog sie die Beine an, so dass ihre Füße auch auf der Bank Platz hatten, umschlang ihre Beine und stützte den Kopf auf ihre Knie.

    Schließlich kamen sie alle um die Ecke, ihre Eltern voran, der alte Holzschnitzer hinter ihnen.

    „Aber das hättest du uns doch sagen können!", begann ihre Mutter.

    Jetzt war also doch alles furchtbar peinlich!

    „Mama…", begann sie.

    Warum verstanden Eltern nicht, dass man manche Dinge nicht sagen konnte!?

    „Ist schon gut, sagte nun ihr Vater. „Herr…

    „Weißenberg", sagte der Alte.

    „Herr Weißenberg hat uns alles erklärt. Du willst mit ihm also sprechen. Das kannst du gerne tun. Wann möchtest du das denn?"

    Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Es war also doch alles in Ordnung…

    „Wirklich!?", sagte sie strahlend. „Ich weiß nicht … wann kann ich denn?"

    „Nun…", überlegte ihr Vater. „am besten wäre es dann doch wohl, wenn du es jetzt gleich machst. Wir könnten dann ein, zwei Stunden spazieren gehen und dich nachher hier wieder abholen. Was denkst du?"

    „Ja!", sagte sie freudig. „also, sagen wir, in zwei Stunden!"

    „Gut", sagte ihr Vater. Und mit einem Blick auf den Holzschnitzer:

    „Ist das für Sie auch in Ordnung?"

    „Ja, natürlich", sagte der Alte lächelnd.

    Sie freute sich unheimlich. Voller Aufregung und Spannung erwartete sie, was nun passieren würde…

    „Also dann … bis nachher!", sagte ihr Vater.

    „Bis nachher, Lara!", sagte auch ihre Mutter, während sie sie noch einmal lange ansah.

    „Ja, bis dann!", erwiderte sie und winkte kurz.

    Sie sah ihren Eltern hinterher, die nun den kleinen Pfad wieder zum Hauptweg zurückgingen.

    Eine seltsame Situation, seltsam, aufregend, ganz und gar unerwartet – und doch hatte sie genau so etwas so innig erhofft, seit sie vor ungefähr zwei Monaten erfahren hatte, dass sie hier wieder Urlaub machen würden…

    Sie sah den Alten erwartungsvoll an.

    Dieser lächelte und sagte:

    „Komm, wir setzen uns einfach wieder…"

    Eine einfache Bank in der Sonne, hinter einem das Holz der Hütte. Die Vögel zwitscherten noch immer…

    *

    „Warum hat es so lange gedauert?", fragte sie, weil sie auch diese Frage nun doch nicht mehr unterdrücken konnte.

    „Ja, das tut mir leid", sagte der Alte. „Weißt du – ich musste deinen Eltern doch erst einmal die ganze Situation irgendwie klarmachen. Ich musste ihnen sagen, dass du etwas suchst – so ist es doch…?"

    Sie nickte.

    „Und zugleich musste ich natürlich herausfinden, was deine ungefähre Situation ist, die Situation deiner Eltern. Wie du zum Konfirmandenunterricht gekommen bist; wie sie zur Christengemeinschaft gekommen sind –"

    „Sie kennen das?", fragte sie überrascht.

    „Ja. Ich habe vor vielen Jahren auch einmal in der Stadt gelebt. Dort gab es auch eine Gemeinde…"

    „Und – wie finden Sie das? Ich meine, es ist doch anders als andere Kirchen…"

    „Langsam, langsam!, lachte der Alte. „Sonst kommen wir vom Hundertsten zum Tausendsten. Ich werde schon alle deine Fragen beantworten, keine Angst. Ich will nur erst einmal deine erste Frage zu Ende beantworten: warum es so lange gedauert hat.

    „Ja, Entschuldigung…"

    „Nein, das ist schon gut, ich verstehe ja deine Aufregung, sehr, sehr gut sogar. Und am liebsten würde ich natürlich alle deine Fragen auf einen Schlag beantworten! Aber zugleich ist es gerade auch das Schöne, dass das nicht geht. Je länger eine Antwort dauert, desto länger kann man miteinander reden – das ist doch auch wunderbar…?"

    „Ja, stimmt!", lachte sie.

    „Also jedenfalls – ich musste natürlich eure ganze Situation erst einmal ein wenig kennenlernen. Damit ich deine Eltern verstehen kann, dich verstehen kann, damit dann auch sie diese ganze Situation verstehen können… Und schließlich war ich dann soweit, dass ich ein Gefühl für die ganze Situation bekommen hatte und deinen Eltern noch einmal erklären konnte, was für tiefe Fragen du hast und warum du mich gefragt hast – und wie das ist, dass man nicht alles immer seinen Eltern sagen oder seine Eltern fragen kann und so weiter…"

    „Das alles haben Sie ihnen erklärt?", staunte sie.

    „Na ja – so in etwa", lachte der Alte.

    „Das ist ja schön…, sagte sie. „Dann verstehe ich, warum es so lange gedauert hat.

    „Gut, dann komme ich also jetzt zu deiner nächsten Frage", sagte der Alte verschmitzt.

    „Ich kenne also die Christengemeinschaft, ich kenne die Sonntagshandlung, und ich kenne die Menschenweihehandlung. Und wenn du mich fragst, wie ich das ‚finde’, so ist das eigentlich nicht die richtige Frage. Denn wenn es wirklich um religiöses Erleben geht, geht es nicht um das ‚finden’. Aber ich verstehe schon, was du meinst. Eigentlich fragst du dich, was wohl das Richtige für dich ist. Und solange man sich das fragt, geht es doch immer wieder um ein ‚finden’. Aber erst da, wo man nicht mehr etwas ‚findet’, kommt man zu einem wirklichen ‚Finden’ – nämlich zum Finden dessen, was man wirklich sucht… Verstehst du?"

    Sie nickte zögernd. Sie wusste nicht genau, ob sie es wirklich verstand.

    „Aber, fuhr der Alte fort, „du hast mich natürlich auch deshalb gefragt, weil es diese Unterschiede zwischen den Kirchen gibt, und weil die Christengemeinschaft nicht gerade zu den großen, verbreiteten Kirchen gehört. Da kann man natürlich schon einmal besorgt fragen, wie jemand anders, der von außen kommt, das ‚findet’. Doch komme ich eigentlich gar nicht von außen. Die Christengemeinschaft wurde gegründet, weil junge Menschen, die Priester werden wollten, eine neue Form des religiösen Lebens suchten – und weil ein Mensch namens Rudolf Steiner ihnen half, diese Formen zu finden. Durch ihn gibt es auch die Waldorfschule, die du ja besuchst. Aber das ist alles jetzt nicht unser Thema. Nur bin ich all dem sehr verbunden – all dem, was Rudolf Steiner gebracht und gewollt hat; nicht unbedingt, wie es heute aussieht, aber wie es gedacht und gewollt war. Und deswegen kann ich sagen: Ich kenne keinen tieferen, bedeutenderen, wesentlicheren Kultus und Gottesdienst als diesen. Es ist wirklich jene Form des religiösen Lebens, insofern es ein kirchliches, gemeinschaftliches ist, die in unserer heutigen Zeit für die heutigen Menschen gefunden werden wollte…

    „Na ja…", sagte sie zögernd.

    Der Alte lächelte.

    „Das war meine Antwort auf deine Frage. Das heißt nicht, dass jemand wie du das auch so empfinden muss. Du ‚findest’ vielleicht etwas ganz anderes. Du kannst, wenn du willst, auch gleich einmal von deinen Erlebnissen erzählen. Ich verstehe deine eigentliche Frage, die du hierher gebracht hast, auch nicht so, dass sie lautet: Wie kann ich die Christengemeinschaft gut finden? Sondern: Wie kann ich wirklich ein religiöses Erleben finden? Wie kann ich herausfinden, was ich suche? Und wenn ich ‚ihn’ suche … wie mache ich das?

    Das sind doch deine eigentlichen Fragen oder?"

    Sie nickte.

    „Ja, das sind sie…"

    Der Alte lächelte.

    „Mit meiner Antwort auf deine letzte Frage, wollte ich dir also nur die Sicherheit geben, dass ich die Christengemeinschaft nicht etwa merkwürdig finde, sondern dass ich ‚finde’, dass das, was sie eigentlich will und versucht und tut, wirklich mit dem Christus-Wesen innig verbunden ist…"

    Sie nickte langsam.

    „Aber, sagte der Alte nun, „jetzt sprich du doch einmal aus, was dir in diesem Zusammenhang am meisten auf dem Herzen liegt. Was soll ich tun? Wobei soll ich dir helfen? Oder welche Fragen soll ich dir beantworten?

    „Ich weiß es doch auch nicht!", sagte sie mit einiger Verzweiflung. „Wenn ich dann zur Sonntagshandlung gehe, und dann stehe ich da mit lauter kleinen Kindern und vielleicht noch ein oder zwei Kindern aus meiner Gruppe, dann weiß ich manchmal gar nicht, was ich da eigentlich soll. Und wenn dann die Jungen sich sogar noch angrinsen und so etwas – das ist doch dann alles so … künstlich! Und na ja … der Konfirmandenunterricht gefällt mir auch nicht wirklich. Da sind die Jungs noch schlimmer. Aber der Priester ist mir auch nicht wirklich sympathisch. Er behandelt irgendwelche Themen, die mir nicht so viel sagen. Dann müssen wir irgendwelche Texte abschreiben. Dann besichtigen wir irgendwelche Kirchen und so. Ich meine – was hat das alles mit Gott zu tun? Ich meine: wirklich?"

    „Oh, sagte der Alte, „das sind eine Menge Dinge. Das tut mir sehr leid…

    Sie schwieg. Das Mitgefühl des alten Holzschnitzers tat sehr wohl.

    „Du fühlst dich dann mit deiner Sehnsucht nach einem religiösen Erleben und auch Verstehen sehr allein, nicht wahr?"

    „Ja."

    Der Alte schaute zu den nahen Bäumen hinüber.

    „Ja…", sagte er nachdenklich. „Das ist ein Grundproblem. Dass wir mit unserer religiösen Sehnsucht immer mehr alleine dastehen und allein den Weg finden müssen und

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