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Eingereist und abgetaucht: Illegal in Deutschland
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Eingereist und abgetaucht: Illegal in Deutschland
eBook353 Seiten3 Stunden

Eingereist und abgetaucht: Illegal in Deutschland

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Über dieses E-Book

Freiheit, Menschenschlepper und Abschiebeknast

"Die Ausweise, bitte!"
So angesprochen, fühlt sich jeder erst mal ertappt. Für Menschen ohne Papiere ist diese Aufforderung eine Katastrophe. Daher dürfen sie nicht auffallen, denn sonst sind sie am Ende. Sind sie Kriminelle? Wie Mörder oder Diebe? Was wissen Sie eigentlich über Ihre Putzfrau, die Pflegerin des Nachbarn, den Maurer von gegenüber?
Daniel Gäsche hat sich auf Spurensuche begeben. Er hat "Illegale" begleitet, ihre Schicksale gehört und ihren täglichen Kampf mit der Angst miterlebt. Er war dort, wo diese Menschen Unterkunft, medizinische Versorgung und andere Hilfe finden. Er war auch dort, wo sie enden, wenn sie erwischt werden - im Abschiebeknast. Er befragte Politiker verschiedener Parteien, Kirchenvertreter der unterschiedlichen Konfessionen, Polizisten und Ärzte. Alle erkennen Handlungsbedarf.

In packenden Reportagen, spannenden Interviews und berührenden Einzelschicksalen beleuchtet Gäsche die Fakten und Hintergründe zum Leben in der Illegalität in Deutschland. Alternativen zur gegenwärtigen Situation gäbe es.

Mit einem Vorwort von Sabine Christiansen
SpracheDeutsch
HerausgeberMilitzke Verlag
Erscheinungsdatum9. Okt. 2014
ISBN9783861899686
Eingereist und abgetaucht: Illegal in Deutschland

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    Buchvorschau

    Eingereist und abgetaucht - Daniel Gäsche

    ff.

    Illegal – was ist das überhaupt?

    »Ein spannendes Projekt«

    Sie haben sich da ein spannendes Thema ausgewählt.

    Engelhard Mazanke, Leiter Abteilung IV – Ausländerbehörde

    Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin¹⁵

    Haben Sie besten Dank für Ihre Anfrage an Claudia Roth für ein Interview für Ihr spannendes Buchprojekt.

    Melanie Haas, Büroleiterin der Bundesvorsitzenden Claudia Roth¹⁶

    Diese beiden E-Mail-Antworten auf Interviewanfragen zu diesem Buch stehen exemplarisch für alle von mir angefragten Gesprächspartner. Ein spannendes Thema, das es zu enttabuisieren gilt, wie mir Dr. Markus Breuer, Geschäftsführer des Katholischen Forums Leben in der Illegalität, bei einem telefonischen Vorgespräch beipflichtete. Es sei höchste Zeit, diese Problematik endlich auf die politische Tagesordnung zu setzen, forderte Verena Mittermaier am Telefon. Die evangelische Theologin hat viele Jahre im Bereich Kirchenasyl gearbeitet und ehrenamtlich »Menschen ohne Papiere« in einem Gästewohnungsprojekt begleitet.¹⁷ Auch die launige Reaktion des Sprechers des brandenburgischen Innenministeriums, Ingo Decker, auf die Vorstellung des Projektes und meine Anfrage nach einer Besuchserlaubnis im Abschiebegewahrsam Eisenhüttenstadt zeigte mir, wie wichtig es ist, das Thema aus dem Schatten ans Licht zu holen: »Sie wissen mit Sicherheit mehr als wir, wenn Sie sich in der Parallelwelt umschauen. Bei uns kommen zum Beispiel Asylbewerber in der Erstaufnahme an. Nicht wenige verschwinden und sind dann auch weg von unserem Radar. Wir wissen dann nicht mehr, wo sie sind.«¹⁸

    Meine ganz persönlichen Erfahrungen waren der Anstoß für das Buchprojekt. Die Äußerungen zum Thema und die Antworten auf meine Anfragen haben mich in meiner Absicht bestätigt und bekräftigt, dieses Buch zu schreiben.

    Wer einmal einen Menschen kennengelernt hat, der ohne Papiere und damit ohne Rechte durch unser Land geht, wer einmal die Schwierigkeiten miterlebt hat, die es zu bewältigen gilt, aus einem vormals »Illegalen« einen »Legalen« zu machen, wer einmal, nur für einen Moment, die Aussage des ehemaligen Berliner Innensenators Erhart Körting (SPD), soziale Grundrechte könnten nur Menschen beanspruchen, die sich dem Staat gegenüber zu erkennen gäben, reflektiert, und wer einmal gesehen hat, welche bürokratischen Hemmnisse und Hürden »Illegalen«, die gleich mit Rechtlosen gesetzt werden, in den Weg gestellt werden – der kann nicht umhin, wenn er denn nur ein Fünkchen Humanität besitzt, sich diesem Thema anzunähern und zu versuchen, Dinge besser zu verstehen, einen Dialog anzustoßen und einfach das Thema aus der »Tabuzone« zu holen.

    Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Wer aus eigenständigen, vorsätzlichen, kriminellen Gründen in die Illegalität abtaucht, wer vorhat, anderen bewusst zu schaden, um für sich selbst daraus Profit zu machen, dem bringe ich keine Sympathien entgegen, der muss gemäß der deutschen Gesetze bestraft werden.

    In diesem Buch geht es aber um Menschen, die aus vielerlei Gründen »illegal« in einem fremden Land wurden, die ehrlich arbeiten und sich am Bruttosozialprodukt beteiligen wollen. Menschen, von denen viele selbst Qualen und Gefahren auf sich nehmen, in der Hoffnung, nicht einfach ein besseres, sondern überhaupt ein lebenswertes Leben zu finden. Dafür nehmen sie sogar in Kauf, eine »Schattenidentität« zu führen.

    Und unsere bundesdeutsche Gesellschaft? Sie nutzt sie aus. Denken wir nur an die tausenden Putzfrauen, Babysitter, Altenpfleger, Handwerker, Restauranthilfen und Bauarbeiter, die hier schwarz arbeiten. Wir machen uns Dinge zunutze, die wir selbst moralisch und rechtlich unter Strafe stellen. Schätzungen zeigen: »Genaue Daten über Schwarzarbeiter, erst recht über illegal sich in Deutschland aufhaltende Personen, haben wir naturgemäß nicht, weder auf Bundesnoch auf Landesebene. Wir gehen davon aus, dass auf einen angemeldeten Minijobber rund 17 nicht angemeldete kommen. Damit kann man sich zumindest die Zahl der schwarz arbeitenden Putzkräfte errechnen. In Berlin sind mit heutigem Datum 6.626 Haushaltskräfte angemeldet, die reale Zahl wird aber mehr als 100.000 betragen.«¹⁹

    Und auch Renate Künast (MdB, Bündnis 90/Die Grünen) hat sich genau in diesem Punkt immer wieder die folgende Frage gestellt: »Mich wunderte schon immer, wieso es in Berlin nicht mehr als tausend angemeldete Haushaltshilfen bei der Knappschaft gibt, wo sie auch versichert sind. Die Gesellschaft muss ihr eigenes Verhalten im Alltag hinterfragen.«²⁰

    Wir schaffen einen Markt für »illegale« Arbeit; und die Illegalen müssen mitmachen: um zu überleben, um das Geld für das Schleusen zu bezahlen, um die zurückgelassenen Familien zu unterstützen. Ein zynischer Vertrag!

    Den Migranten, die hierher kommen, erscheint die Bundesrepublik wie ein Silberstreif am Horizont – Hoffnungsschimmer und eine Chance auf ein besseres Leben. Sie ahnen nicht, welche bürokratischen Fallstricke, hürdenhohen Anforderungen, ja bisweilen sogar inhumanen Bedingungen sie hier erwarten. Die wenigsten von ihnen kommen mit kriminellen Absichten zu uns. Die Menschen wollen arbeiten, träumen von einem gewissen Wohlstand. Illegal oder gar kriminell werden sie nicht selten durch die Strukturen, auf die sie treffen.

    Auch wer in die Illegalität und damit in die Parallelwelt gerät, hat in den wenigsten Fällen die Absicht, kriminelle Straftaten zu begehen, denn wenn er »auffliegt«, droht die Abschiebung. Menschen in der Parallelwelt setzen alles daran, sich so unauffällig, unscheinbar, lautlos wie möglich durch den Alltag zu bewegen. Jeder Schritt vor die Tür birgt bereits ein Risiko.

    Wollen wir uns als Gesellschaft weiter leisten, zu wissen, dass Hunderttausende in unserem Land illegal und in einer Parallelwelt leben und für uns schwarz arbeiten? Vertreten wir die Haltung von Bernd Krömer, der im Gespräch mit mir streng an der Gesetzeslage entlang argumentiert und unnachgiebig den Standpunkt vertritt, wer sich illegal Zutritt nach Deutschland verschaffe, sei per se kriminell? Überlegungen und Lösungsansätze wie beispielsweise »Legalisierungskampagnen« lehnt er komplett ab.²¹

    Gehen wir gar noch einen Schritt weiter wie Heidemarie Petzoldt, Richterin am Amtsgericht Eisenhüttenstadt? Sie verurteilte in einer Vielzahl von Fällen regelmäßig Flüchtlinge »im Namen des Volkes« in Schnellverfahren zu Freiheitsstrafen. In ihren Urteilen bezeichnete sie Flüchtlinge des Öfteren als »Asyltouristen«, die sich zu einem »Heer von Illegalen« formierten, um in Deutschland ihren »Lebensunterhalt durch Straftaten« zu sichern.²²

    Der Jurist Andreas Fischer-Lescano, der in Bremen Migrationsrecht lehrt, hat einige Urteile der Richterin unter die Lupe genommen und kam zu folgendem Urteil: »(…) auch das ist eine Formulierung, die in einem Rechtsstaat inakzeptabel ist. Der Satz ›Kein Mensch ist illegal‹ ist ja nicht nur ein politisches Statement linker Flüchtlingsfreunde – sondern gibt ganz einfach die Rechtslage in Deutschland wieder. Menschen sind nicht illegal. Die Verhältnisse weisen ihnen möglicherweise einen problematischen aufenthaltsrechtlichen Status zu, das macht aber den Menschen nicht illegal. In einem juristischen Urteil darf so etwas nicht stehen.«²³

    Zwei Juristenvereinigungen stellten Strafanzeige wegen Rechtsbeugung, Volksverhetzung und Beleidigung gegen Heidemarie Petzoldt. Solch eine Richterin sei für einen demokratischen Rechtsstaat untragbar. Eine Richterin, die behauptet, Asylanträge führten »in Ballungsgebieten immer mehr zu Spannungen«, die sich »dann in der Regel durch weitere Straftaten entladen«, betreibt rassistische Propaganda im Schnelldurchgang, statt Recht zu prüfen – heißt es unter anderem in der Begründung.

    Der Vorsitzende des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins e.V. (RAV), Martin Heiming stellte dazu fest, »dass durch die Verurteilungen eine Stigmatisierung erfolge und durch die Wortwahl der Richterin in den Urteilsbegründungen eine Diffamierung von Menschen stattfinde, die Schutz suchten und ihre Rechte wahrnehmen wollten. Ihre Äußerungen können Rassisten sogar zu Gewalttaten ermutigen.«²⁴

    Nur eine Ausnahme im Umgang mit Menschen, die in der Illegalität leben?

    Warum gehen wir nicht differenzierter an die Problematik heran, wollen sinnvolle Lösungen finden, begreifen uns als »Einwanderungsland« auch für die, die aus unterschiedlichen Gründen ohne Status, also illegal, in unserem Land sind? Sehen wir sie als Menschen mit Würde und Rechten und versuchen wir, dort, wo es Möglichkeiten gibt, sie zu integrieren?

    So, wie es zum Beispiel der Jesuitenpfarrer Ludger Hillebrand formuliert: »Die Parallelwelt ist Stress pur für die Betroffenen. Und ist natürlich auch ein Werteverlust für Deutschland. Diese Leute zahlen keine Steuern, obwohl sie lieber in einem legalen Status wären. Es wäre für das Land ein Gewinn, wenn die Leute legal einer Arbeit nachgehen könnten. Wir als Europäer und Deutsche müssen vernünftige Zugänge entwickeln, damit die Flüchtlinge sich legal im Land aufhalten können. Damit sie legal einer Arbeit nachgehen und nicht in die Illegalität abtauchen müssen.«²⁵

    Wozu sind wir bereit? Was wollen wir konkret?

    Dieses Buch, eine Collage aus Reportagen, Interviews und Tatsachenberichten, will die Bandbreite des Themas »Menschen in der Illegalität« aufzeigen. Es gibt Äußerungen von Betroffenen wieder, stellt die Haltung von Kirchen, Hilfsorganisationen und Ärzten, die Illegale behandeln, vor, zeigt Ansichten der Verantwortlichen in der Politik und die aktuelle Gesetzeslage. Es will Standpunkte deutlich machen. Es berichtet über Grauzonen und die wichtigsten »Scharniere« in der Kette »Illegalität«. Es will aufzeigen und austarieren, ob und wo es in diesem Spannungsfeld Ansätze für Problemlösungen, neue Denkweisen und neue Handlungswege gibt.

    Ich besuchte Institutionen wie die Ausländerbehörde, den Abschiebegewahrsam, eine ungewöhnliche Wohngemeinschaft, die Malteser Migranten Medizin, die Polizei – mögliche »Schaltstellen« im Leben illegaler Menschen.

    Das Buch erhebt keinen Anspruch auf eine vollständige Abdeckung aller Fakten und statistischen Daten, die zum Thema »Illegalität« in der Bundesrepublik Deutschland vorliegen. Es ist parteiisch, wo es um Menschenrechte und -würde geht. Es soll »aufrütteln« und Anstoß zu Diskussionen geben, damit endlich sinnvolle Lösungen für ein »spannendes« und sensibles Thema gefunden werden.

    Versuch einer Begriffsklärung

    Aufenthaltsgesetz (AufenthG) (Auszug)²⁶

    § 7 Aufenthaltserlaubnis

    (1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden.

    (2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

    § 8 Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis

    (1) Auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis finden dieselben Vorschriften Anwendung wie auf die Erteilung.

    (2) Die Aufenthaltserlaubnis kann in der Regel nicht verlängert werden, wenn die zuständige Behörde dies bei einem seiner Zweckbestimmung nach nur vorübergehenden Aufenthalt bei der Erteilung oder der zuletzt erfolgten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen hat.

    (3) (…) Verletzt ein Ausländer seine Verpflichtung (…) zur ordnungsgemäßen Teilnahme an einem Integrationskurs, ist dies bei der Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen. Besteht kein Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, soll bei wiederholter und gröblicher Verletzung der Pflichten (…) die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt werden. Besteht ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nur nach diesem Gesetz, kann die Verlängerung abgelehnt werden, es sei denn, der Ausländer erbringt den Nachweis, dass seine Integration in das gesellschaftliche und soziale Leben anderweitig erfolgt ist. Bei der Entscheidung sind die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts, schutzwürdige Bindung des Ausländers an das Bundesgebiet und die Folgen einer Aufenthaltsbeendigung für seine rechtmäßig im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen zu berücksichtigen. (…)

    Nach (4) darf Absatz 3 nicht angewendet werden bei einer aus humanitären Gründen nach § 25 Absatz 1, 2 oder Absatz 3 erteilten Aufenthaltserlaubnis. (…)

    In Deutschland hat in den letzten Jahren eine intensive öffentliche Diskussion um illegale Zuwanderung und illegalen Aufenthalt begonnen. Wenn in diesem Buch von »Illegalen« die Rede ist, dann sind damit immer Menschen gemeint, die keine Aufenthaltsberechtigung haben. Sie haben nicht den Status von Flüchtlingen, die Asyl beantragen und dadurch registriert und vorübergehend geduldet sind, bis über ihr Schicksal entschieden wird.

    Zur Gruppe der »Illegalen« gehören Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen: eingeschleuste Zwangsprostituierte aus Afrika, Asien oder Osteuropa, abgelehnte und untergetauchte Asylbewerber²⁷, nicht mehr geduldete Ausländer, Studierende oder Touristen, deren Visum abgelaufen ist, Arbeitnehmer (Schwarzarbeiter), die zwischen einem nicht zum »Schengenraum« gehörenden Herkunftsstaat und Deutschland pendeln und schließlich Akteure im Bereich der organisierten Kriminalität.

    Der deutsche Staat steht einer komplizierten Problematik gegenüber: Bei aufenthaltsrechtlicher Illegalität handelt es sich um eine Missachtung der einreise- und aufenthaltsrechtlichen Regelungen, deren Einhaltung der Staat zu gewährleisten und gegebenenfalls auch zwangsweise durchzusetzen hat. In einem freiheitlichen Staat mit offenen Grenzen kann die Überwachung der Zuwanderung jedoch nicht vollständig gewährleistet werden. Das gehört in Deutschland wie in anderen EU-Staaten zur Lebenswirklichkeit, mit der Staat und Gesellschaft umgehen müssen. Wie viele »Menschen ohne Papiere« in der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin leben, ist unklar. Umfang und Art nichtlegaler Migration lassen sich nur schwer statistisch erfassen.

    Das Asylrecht in Deutschland – ein kurzer Überblick

    Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG)²⁸

    Die Grundrechte, Artikel 16a: (Auszug)

    (1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

    (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden. (…)

    Deutschland ist eines der wenigen Länder, in dem das Recht auf Asyl in der Verfassung (Grundgesetz) festgeschrieben ist. Dieses Recht wurde 1993 mit dem sogenannten »Asylkompromiss« stark eingeschränkt. Dieser war eine Reaktion auf die drastisch angestiegenen Asylbewerberzahlen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs Ende der 1980er und dem Jugoslawienkrieg Anfang der 1990er Jahre.

    Asylkompromiss

    nennt man die am 26. Mai 1993 durch den Deutschen Bundestag beschlossene Neuregelung des Asylrechts. Durch die Änderung des Grundgesetzes und des Asylverfahrensgesetzes wurden die Möglichkeiten eingeschränkt, sich erfolgreich auf das Grundrecht auf Asyl zu berufen. Wer demnach aus einem sicheren Drittstaat oder sicheren Herkunftsstaat nach Deutschland einreist, erhält in der Regel eine Ablehnung des Asylantrages. Eine Einwanderung mit Asylberechtigung ist somit nur per Flugzeug möglich, da sonst immer über einen sicheren Drittstaat eingewandert wird. Es wurde ein eigenständiger Kriegsflüchtlingsstatus geschaffen, um zu verhindern, dass Kriegsflüchtlinge in das für sie aussichtslose Asylverfahren gedrängt werden (Aufenthaltsbefugnis nach § 32a Ausländergesetz). Dieser Status wurde später in der Praxis allerdings kaum angewandt, die Betroffenen erhielten im Regelfall nur

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