Auferstehung Jesu Christi als messianische Zeugung
Von Kurt Anglet
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Über dieses E-Book
Im Lichte der Auferstehung Jesu deutet Kurt Anglet die "Offenbarung Jesu Christi" (Offb 1,1), dessen messianische Herrschaft in der Zeit der Vollendung. Dabei geht er auf ihren Widerpart ein, wie ihn der Philosoph Walter in seinem Fragment "Kapitalismus als Religion" als "Kult ohne Dogma" beschrieb - auf den Kultus des Todes, dessen Protagonist Nietzsches Übermensch verkörpert. Seine Vollendung hat er jedoch in der Philosophie Heideggers erfahren, so in der "Eschatologie des Seyns" im vierten Band der "Schwarzen Hefte (1942-1948)", deren antichristlichen Grundzug Anglet abschließend darlegt.
Kurt Anglet
Kurt Anglet, Dr. theol. habil., geboren 1951; Priesterweihe 2002, Professor am Berliner Seminar Redemptoris Mater, einer Affiliation der röm. Gregoriana. Seniorforscher der "Group2012", eines internationalen Netzwerkes von Germanisten zur Erforschung der literarischen Moderne.
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Auferstehung Jesu Christi als messianische Zeugung - Kurt Anglet
Kurt Anglet
Auferstehung Jesu Christi als messianische Zeugung
Kurt Anglet
Auferstehung Jesu Christi
als messianische Zeugung
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über 〈http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2015 Echter Verlag GmbH, Würzburg
www.echter-verlag.de
Umschlag: Peter Hellmund
Druck und Bindung: CPI books – Clausen & Bosse, Leck
ISBN 978-3-429-03845-8 (Print)
978-3-429-04823-5 (PDF)
978-3-429-06240-8 (e-Pub)
Inhalt
Vorwort
Die dreifache Zeugung des Logos und Messias und der Kultus des Todes
Literaturverzeichnis
Vorwort
Wer zur Auferstehung Jesu Christi steht, sieht sich – nicht anders als zu den Zeiten der Apostel Petrus, Paulus und Johannes – einer breiten Phalanx ihrer Leugner, ja der Apologeten des Todes gegenüber, die sich der öffentlichen Aufmerksamkeit gewiss sein können. So sorgte die Veröffentlichung des vierten Bandes der sog. Schwarzen Hefte Martin Heideggers aus den Jahren 1942–1948 (weiterhin zitiert als GA 97), der gerade rechtzeitig vor dem Abschluss des vorliegenden Buches erschienen ist, wegen seiner antijüdischen Auslassungen für Schlagzeilen, zumal sie aus der Zeit nach Heideggers nationalsozialistischem Engagement herrühren. Doch nur die wenigsten stießen sich bislang an deren Ursache: an Heideggers Verherrlichung des Todes im Zuge seiner Ablehnung des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs, des Gottes Jesu Christi, für den er auch hier nur abfällige Worte findet (vgl. GA 97, 409). Im Gegenteil, von hier aus erklärt sich – nicht zuletzt in jenen Jahren, zumal in Frankreich – die Faszination, die Heidegger auf zahlreiche Intellektuelle ausübte; selbst Theologen suchten seinem Seinsdenken etwas abzugewinnen, obwohl es nicht etwa unchristlich als vielmehr durch und durch antichristlich ist. Man muss nur einmal den im Jahre 2009 postum veröffentlichten Briefwechsel 1925–1975 zwischen Bultmann und Heidegger lesen, darin die peinlich devote Haltung des Marburger Theologen, der sich mit seiner sog. Entmythologisierung des Neuen Testaments hervortat, gegenüber dem Philosophen, der bereits bei seinem Vortrag vor der Marburger Theologenschaft im Juli 1924 unter dem Titel Der Begriff der Zeit (vgl. ebd. 6) seine Hörer wissen lässt: »Der Philosoph glaubt nicht. Fragt der Philosoph nach der Zeit, dann ist er entschlossen, die Zeit aus der Zeit zu verstehen bzw. aus dem ἀεί, was so aussieht wie Ewigkeit, was sich aber herausstellt als ein bloßes Derivat des Zeitlichseins.« Was darunter – bald darauf, in Sein und Zeit, wird Heidegger von Geschichtlichkeit reden – zu verstehen ist, erläutert er abschließend anhand der Aussage: »die Zeit ist das rechte principium individuationis. Das versteht man zumeist als nicht umkehrbare Sukzession, als Gegenwartszeit und Naturzeit. Inwiefern aber ist die Zeit als eigentliche das Individuationsprinzip, d. h. das, von wo aus das Dasein in der Jeweiligkeit ist? Im Zukünftigsein des Vorlaufens wird das Dasein, das im Durchschnittlichen ist, es selbst; im Vorlaufen wird es sichtbar als die einzige Diesmaligkeit seines einzigen Schicksals in der Möglichkeit seines einzigen Vorbei. Diese Individuation hat das Eigentümliche, daß sie es nicht zu einer Individuation kommen läßt im Sinne der phantastischen Herausbildung von Ausnahmeexistenzen; sie schlägt alles Sich-heraus-Nehmen nieder. Sie individuiert so, daß sie alle gleich macht. [!!] Im Zusammenhang mit dem Tode wird jeder in das Wie gebracht, das jeder gleichmäßig sein kann; in eine Möglichkeit, bezüglich der keiner ausgezeichnet ist; in das Wie, in dem alles Was zerstäubt« (ebd. 26 f.). Hier wird als »Möglichkeit« verkauft, was nur wenige Jahre zuvor für Millionen bitterste Wirklichkeit war, die mehr oder weniger freiwillig in den Tod liefen, so dass ihnen »im Zukünftigsein des Vorlaufens« jegliche Zukunft geraubt wurde.
Darauf – auf der Nivellierung des Menschen durch den Tod – beruht Heideggers Zeitbegriff; perfide ist kein Ausdruck, wie jemand in diesem Zusammenhang von »Individuation« zu reden vermag. Allenfalls wurde diese Todeswirklichkeit keine zwanzig Jahre später durch eine andere überboten: durch die der Gaskammern und Krematorien, durch die hindurch Menschen überführt wurden »in das Wie, in dem alles Was zerstäubt« [vgl. hierzu den Schlussteil von Kap. III]. Erst von hier aus lässt sich die ganze Perfidie und Verkommenheit der Philosophie Heideggers ermessen, der in einem Brief vom 5. Oktober 1972 an den »Freund« Rudolf Bultmann bemerkt: »Vielleicht bleiben noch Wenige, die unter sich einig eine verborgene Überlieferung des Bleibenden retten und weitertragen.« Und hinzufügt: »Bestärkt in diesem Gedanken übernehmen wir unser Alt-sein« (Briefwechsel 1925– 1975, 247).
Heidegger wie Bultmann, beide Zerstörer der philosophischen wie der theologischen Überlieferung auf je ihre Weise, brauchten sich gleichwohl um ihren Nachruhm nicht zu sorgen. So hat etwa noch vor wenigen Jahren George Steiner in Gedanken dichten (Berlin 2011) Heidegger als dem Sprachdenker ein Denkmal gesetzt; immerhin gilt Steiner – als Kind jüdischer Eltern 1929 in Paris geboren, später in Genf und Cambridge lehrend, ein Kosmopolit durch und durch – als einer der führenden zeitgenössischen Literaturwissenschaftler und Komparatisten, zudem mit theologischem Sachverstand, wie sein Buch Von realer Gegenwart (München 1990) beweist. Heidegger wäre in der Tat ein einsamer Denker geblieben, zu dem er sich schon zu Lebzeiten gern stilisierte: ein Denker »Für die Wenigen – Für die Seltenen« bzw. für »Die Zukünftigen«, an die sich seine Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) [weiterhin zitiert als GA 65] richten (vgl. ebd. Nr. 5 sowie Nr. 248); er wäre es geblieben, wenn nicht sein Werk von Anfang an durch und durch den Geist dieses unseres Zeitalters atmete, dem »der Tod das höchste und äußerste Zeugnis des Seyns« ist (vgl. ebd. 284). Es ist das antichristliche Zeugnis schlechthin, ein Widerspiel gegen das Zeugnis des Lebens (vgl. 1 Joh 5,11; Joh 5,26), gegen das Zeugnis der Wahrheit (vgl. Joh 18,37). Es ist ein Denken, das keine Wahrheit kennt, sondern »nur sieht und faßt, was ist, um aus diesem Seienden, darin das Unwesen waltet als ein Wesentliches, in das Seyn hinauszuhelfen und die Geschichte in ihren eigenwüchsigen Grund zu bringen« (vgl. GA 65, 244 f.). Nichts anderes ist das Ziel von Heideggers Seinsdenken und Seinsgeschichte, mag die Geschichte schließlich auch einen ganz anderen Lauf genommen haben als in seinem Denken; ja, auch ohne dessen Hilfe geschafft haben, das in ihr herrschende Unwesen in die Tat umzusetzen.
Obgleich Heidegger unter dem Eindruck des verlorengegangenen Zweiten Weltkriegs gar »die Eschatologie des Seyns« verfasste (vgl. GA 97, 335, 391) und aus seiner zum »Ereignis« aufgeblähten geschichtlichen Selbstmanifestation eingetreten ist »in den Brauch«: »nur das gehörende Hören in die Stille des Brauchs vermag horchsam zu gehorchen« (vgl. ebd. 398) – so hat es nichts von seinem pseudogöttlichen Wesen bzw. Unwesen eingebüßt. »Das befehlende Wesen des Denkens, das nur aus dem Seyn erfahrbar wird, insofern dieses sich als das Ereignis des Brauchs gelichtet hat, setzt uns erst in den Stand, das zu bedenken, was dem vorstellenden Denken zugänglich wurde als das vorherige Vernehmen der Seiendheit des Seienden« (ebd. 399). Über das Seiende hinaus öffnet es das Auge bzw. das Ohr für das schlechthin Unvorstellbare – für die Ewigkeit des Todes, für die absolute Todesverfallenheit menschlichen Daseins. Das ist die frohe Botschaft des Todesäons, die Heidegger für alle bereithält, die bereitwillig dem Kultus des Todes huldigen, der doch so befreiend für alle wirken muss, die die Fesseln des Gottesgehorsams von sich werfen, um »horchsam zu gehorchen« – den Einflüsterungen des Todes.
Denn bei allen Metamorphosen, die Heideggers Philosophie kennt, ist er sich in einem treu geblieben: im Kultus des Todes – »der Tod als das höchste und äußerste Zeugnis des Seyns«. Obschon selbst das »Seyn« seit dem vierten Band der Schwarzen Hefte kontaminiert erscheint durch die Seinsverlassenheit – kaum zufällig erscheint das Wort »Seyn« meist durchstrichen bzw. durchkreuzt –, so verschafft dem Verzweifelten Trost, dass die verhasste Welt der Technik, des Machens, der Machenschaften nicht das letzte Worte behält, sondern die Stille des Todes. Gleich einem philosophischen Brechkübel umfasst jene Welt alles, was dem Seinsdenken zuwider ist, letzthin dem Seienden Verhaftete: vom biblischen Schöpfergott über die »Judenschaft«, die kirchlichen Dogmen bis hin zum Amerikanismus, der mit dem Sieg der Alliierten nun auch in Europa Einzug hält.
Dabei ist es Heideggers Denken selbst, sein Kultus des Todes, der jener Welt näher steht, als er selbst zuzugestehen geneigt ist. Einer, dem jener Kultus nicht unvertraut war, hat das ausgesprochen: der Philosoph Walter Benjamin, der noch im zweiten Abschnitt seines Theologischpolitischen Fragments aus der Zeit 1920/21 schrieb, messianisch sei »die Natur aus ihrer ewigen und totalen Vergängnis« (vgl. GS II.1, 204), um später – im Ursprung des deutschen Trauerspiels – über »das Wesen melancholischer Versenkung« zu vermerken, »daß ihre letzten Gegenstände, in denen des Verworfnen sie am völligsten sich zu versichern glaubt, in Allegorien umschlagen, daß sie das Nichts, in dem sie sich darstellen, erfüllen und verleugnen, so wie die Intention zuletzt im Anblick der Gebeine nicht treu verharrt, sondern zur Auferstehung treulos überspringt« (vgl. GS I.1, 406). Gleichsam als theologischer Grenzgänger hat Benjamin in seinem Fragment Kapitalismus als Religion aus dem Jahre 1921 in der Welt des Kapitalismus einen Kult des Todes gewahrt, bevor Heidegger diesen Kult in eine Ontologie ummünzen sollte. Es entbehrt nicht der Ironie, dass sich Benjamin noch kurz zuvor gegenüber Gershom Scholem höchst abschätzig über Heideggers Habilitationsschrift Die Kategorien- und Bedeutungslehre des Duns Scotus äußerte, da er seinerseits eine Habilitationsarbeit zum Problemkreis Wort und Begriff bzw. Sprache und Logos im Hinblick auf die Scholastik zu verfassen beabsichtigte (vgl. hierzu GS I.3, 868 ff.). Dazu sollte es nicht kommen, wie auch jenes Fragment unveröffentlicht blieb: ein knapper, jedoch wahrhaft visionärer Text, der seine volle Bestätigung Jahre, wenn nicht Jahrzehnte später erfahren sollte. »Der Typus des kapitalistischen religiösen Denkens«, heißt es da, »findet sich großartig in der Philosophie Nietzsches ausgesprochen. Der Gedanke des Übermenschen verlegt den apokalyptischen ›Sprung‹ nicht in die Umkehr, Sühne, Reinigung, Buße, sondern in die scheinbar stetige, in letzter Spanne aber sprengende, diskontinuierliche Steigerung. Daher sind Steigerung und Entwicklung im Sinne des ›non facit saltum‹ unvereinbar. Der Übermensch ist der ohne Umkehr angelangte, der durch den Himmel durchgewachsne, historische Mensch. Diese Spannung des Himmels durch gesteigerte Menschhaftigkeit, die religiös (auch für Nietzsche) Verschuldung ist und bleibt〈,〉 hat Nietzsche pr〈ä〉judiziert. Und ähnlich Marx: der nicht umkehrende Kapitalismus wird mit Zins und Zinseszins, als welche Funktion der Schuld (siehe die dämonische Zweideutigkeit dieses Begriffs) sind, Sozialismus« (GS VI, 101). Im Abschnitt zuvor bringt Benjamin auch Freud mit jenem Kult in Verbindung: »Die Freudsche Theorie gehört auch zur Priesterherrschaft von diesem Kult. Sie ist ganz kapitalistisch gedacht. Das Verdrängte, die sündige Vorstellung, ist aus tiefster, noch zu durchleuchtender Analogie das Kapital, welches die Hölle des Unbewußten verzinst.«
Es versteht sich, dass Benjamin, am Anfang einer hoffnungsvollen akademischen Karriere stehend, vor einer Veröffentlichung seiner Gedanken zurückschreckte; hatte er sich doch buchstäblich zwischen alle Stühle gesetzt, wobei der vierte Stuhl, den Heidegger einige Jahre später, mit seinem großen Wurf von Sein und Zeit, einnehmen sollte, damals noch unbesetzt war. Denn nicht um eine soziologische Bestandsaufnahme handelt es sich bei seiner Deutung des Kapitalismus als Religion; ebenso wenig um eine sozialphilosophische Diagnose im Sinne der späteren Frankfurter Schule bzw. Kritischen Theorie als vielmehr um eine theologische Deutung. »Der Nachweis dieser religiösen Struktur des Kapitalismus, nicht nur, wie Weber meint, als eines religiös bedingten Gebildes, sondern als einer essentiell religiösen Erscheinung, würde heute noch auf den Abweg einer maßlosen Universalpolemik führen. Wir können das Netz in dem wir stehen nicht zuziehn. Später wird das jedoch überblickt werden« (ebd. 100). Heute – nahezu einhundert Jahre später – können wir es überblicken, wenngleich Benjamin keine maßlose Universalpolemik zu fürchten hätte; er dürfte eher damit rechnen, totgeschwiegen zu werden, weil er den wunden Punkt einer Gesellschaft