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Mit 13 ...: geht Atlantis unter
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eBook322 Seiten4 Stunden

Mit 13 ...: geht Atlantis unter

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Über dieses E-Book

Eine Fantasygeschichte über eine längst vergangene Welt, in welcher die „dunkle Seite der Macht“ ein kleines Häuflein Aufrichtiger zu vernichten sucht, sie aus ihrer Heimat vertreibt und diese zuletzt dem Untergang weiht. – Diese Urzeitgeschichte entdecken Hans und Marie in einem alten Buch auf dem Dachboden in Großmutters Haus.

Aber nicht nur in dem alten Buch spielt sich Dramatisches ab. Auch in der Wirklichkeit geraten Hans und Marie in fast aussichtslose Situationen: Ein krimineller Halbwüchsiger tyrannisiert Hans und versucht ihn zu erpressen – zwei brutale Jungs wollen Marie nachts entführen, um „Spaß“ mit ihr zu haben; und neben all dem Unheil zerstreiten sich Hans und Marie so hoffnungslos, dass ihre langjährige Freundschaft beinahe zerbricht.

Doch nicht alles läuft schief: Hans verliebt sich über beide Ohren, Großmutter bekommt neue „Enkelkinder“ und am Ende geht sowieso das meiste besser aus, als es zunächst scheint.

ab 12
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum10. Feb. 2012
ISBN9783844820386
Mit 13 ...: geht Atlantis unter
Autor

Jürgen Johannes Platz

Jürgen Johannes Platz, Studium der Pädagogik, Kunst und Wirtschaftsinformatik. Praktizierender Klassenlehrer.

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    Buchvorschau

    Mit 13 ... - Jürgen Johannes Platz

    14

    ENDLICH FERIEN

    D ie Schulglocke schrillte – zum letzen Mal! Zumindest für die nächsten zwei Wochen. Die Schüler stürmten so schnell aus ihren Klassenzimmern, als ob sie auf der Flucht seien, während die Lehrer zurückblieben, um in den verwaisten Schulräumen ihre Siebensachen zusammenzukramen. Auch Hans und Marie machten sich eiligst auf den Heimweg – in die verdienten Osterferien.

    Die Streuobstwiesen entlang ihres Schulwegs standen in voller Blüte und ihr feiner Duft erfüllte die milde Luft: Es roch nach Frühling. Fehlte nur noch ein verfrühter Osterhase, der durch den blühenden Löwenzahn hoppelte und dort seine Haken schlug – die Idylle wäre perfekt gewesen.

    An einen Osterhasen glaubten Hans und Marie mit ihren 13 Jahren natürlich längst nicht mehr, doch sie suchten immer noch gerne Ostereier – hauptsächlich Maries Großmutter zuliebe, die zu gerne den „Osterhasen für ihre „Kleinen spielte. So kam es, dass Hans auch in diesem Jahr zum Eiersuchen bei Marie eingeladen war. Das Eiersuchen findet ja normalerweise am Ostersonntag statt, doch damit Hans dabei sein konnte – denn er musste am Ostersonntag zuhause bleiben – verlegte es die Großmutter kurzerhand auf Ostermontag. Bis dahin waren es noch drei Tage.

    Marie lebte übrigens schon einige Jahre bei ihrer Großmutter, da ihre Eltern vor neun Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen waren. Ihre Großmutter kümmerte sich elterlich um ihre sie. Hans war Maries bester Freund und kam in Maries Ranking gleich nach ihrer Omi. Seit Jahren waren sie fast täglich zusammen – eigentlich waren sie wie Geschwister.

    Die meisten Jungs in der Klasse fanden das eher komisch, denn viele wollten inzwischen (oder noch) recht wenig mit Mädchen zu tun haben und blieben lieber unter sich. Es war schon schlimm genug, wenn einer neben einem Mädchen sitzen musste. Doch allen Spötteleien zum Trotz hielt Hans zu seiner Marie.

    Und Marie? Sie freute sich, einen Jungen zu kennen, der zu ihrer Welt gehörte und den sie sehr mochte. Die beiden verstanden sich eben gut, konnten über alles reden und ergänzten sich prima – auch bei den Hausaufgaben, die heute zum Glück ausfielen.

    Zum Glück? Vielleicht hätte Marie gerade heute gerne Hausaufgaben gemacht, denn das aktuelle Thema fand sie besonders interessant:

    Frau Sommer hatte über eine Zeit gesprochen, die bereits ein paar tausend Jahre zurücklag: die Zeit der Pharaonen. Sie erzählte vom Bau der großen Pyramiden und Tempel in Ägypten, von Tausenden Sklaven, die zum Bauen eingesetzt waren, und von den tonnenschweren Steinen, die behauen, transportiert und in das Bauwerk eingepasst werden mussten. So hatte es jedenfalls ein alter Grieche namens Herodot geschildert. Von der unerträglichen Hitze erzählte sie, in die die Wüstenbaustelle getaucht war, und von zusätzlichen Strapazen, denen die Sklaven dadurch ausgesetzt waren. Dennoch entstanden so imposante Bauwerke wie die Pyramiden von Gizeh, die sich, damals noch strahlend weiß mit vergoldeter Spitze, majestätisch aus dem Wüstensand erhoben.

    Marie erinnerte sich jetzt nochmals an alles, was sie gehört hatte, und ihr Gefühl sagte ihr, dass alles nicht so recht zusammenzupassen schien.

    Sie blieb stehen und rief Hans, der weitergeschlendert war, hinterher:

    „Hans! Etwas gefällt mir nicht an der Geschichte, die Frau Sommer heute erzählt hat. Glaubst du, dass Sklaven, die zur Arbeit gezwungen waren, etwas so Besonderes wie die großen Pyramiden erbauen konnten?"

    „Ich weiß nicht, Hans war endlich auch stehen geblieben, „vielleicht schon. Wichtig war ja nur der Baumeister, ihm musste es gut gehen, damit er die richtigen Ideen bekam. Er überwachte dann den Bau, der Rest hatte zu tun, was er befahl. Die Sklaven waren eben Sklaven, das war früher überall so, das war normal. Ich glaube, es gab genug von ihnen, und wenn einer nicht gut war, kam er weg und wurde gegen einen Besseren ausgetauscht.

    „Ich glaube aber eher, dass die Pyramiden von Menschen erbaut wurden, die Freude an ihrer Arbeit hatten. So viele Jahre, so schwere Arbeit mit solch wunderbarem Ergebnis! Sicher haben viele von ganzem Herzen alles gegeben, damit die Bauten so gut gelangen!"

    „Na ja! Der alte Grieche musste ja wissen, wie es war. Vielleicht war er damals sogar dabei und hat das gesehen, was er aufgeschrieben hat. Aber ich kann dich gut verstehen: Mädchen wollen eben eher, dass alles gut und harmonisch abläuft!"

    „He! Sag mal! Was soll denn das?"

    „Stimmt doch! Wir Jungs kämpfen eben lieber, wollen wissen, wer der Stärkere ist, und der Stärkere hat dann das Sagen. So ist das nun mal. Schau dir doch nur mal die Tiere an. Der stärkste Hirsch, Affe, Elefant führt das Rudel. Der Rest tut, was der Chef sagt."

    „Bin ich etwa ein Tier?"

    „Sag ich ja nicht, aber ihr Mädchen seid irgendwie friedlicher, meistens jedenfalls. Ihr wollt einfach, dass alles so harmonisch und so nett ist. Wir brauchen es nicht immer so weichgespült wie ihr."

    „Hast ja keine Ahnung!"

    Marie, sichtlich eingeschnappt, blieb auf dem restlichen Nachhauseweg stumm wie ein verstockter Fisch. Da Hans keine Idee hatte, wie er die dicke Luft hätte vertreiben können, die so plötzlich über der Frühlingslandschaft lag, blieb es dabei. Nach endlos langen Minuten erreichten sie endlich das alte Häuschen, in dem Marie mit ihrer Großmutter wohnte.

    „Also dann bis Montag!", brachte Hans etwas heiser hervor.

    „Ja, bis Montag um vier! Und frohe Ostern!, erwiderte Marie kurz angebunden, wobei sie das „frohe überdeutlich betont hatte, was Hans nicht entgangen war. Das fängt ja gut an!

    „Da bist du ja, meine kleine Marie!", freute sich die Großmutter, als Marie an der Haustür angekommen war.

    Jetzt nervt mich Großmutter auch noch! Ich bin nicht mehr klein, genauso wenig wie ich nur friedlich und nett bin. Vierzehn werde ich, nicht vier! Was geht denn heute hier ab? Nichts als Ärger!

    Marie war gereizt, aber den Ärger jetzt an ihrer Omi auslassen? Nein, das wollte sie nun doch nicht. Schließlich war ihr klar, dass Großmutter es nur lieb meinte, sie hatte sich das „meine Kleine" eben im Laufe der Jahre so angewöhnt.

    Marie brauchte jetzt erst mal eine Beruhigungspause, ging auf ihr Zimmer und schloss hinter sich die Tür. Keine Oma, kein Hans! Niemand! Nur Ferien!

    Immer noch gereizt, ließ sie ihren Blick durchs Fenster über den Garten schweifen. Dort blühten die Obstbäume; und die Hecken zierte junges Grün. Ein alter, großer Kirschbaum stand mittendrin. Er war mit einigen Seilen und Balken gerüstet, die oben zwischen zwei dicken Ästen befestigt waren. Dort hatte Hans im letzten Jahr begonnen, für sich und Marie ein Baumhaus zu bauen. Wenn es fertig wäre, wollten sie sogar einmal darin richtig übernachten. Doch es war nie fertig geworden und übernachtet hatten sie dort auch nie. Irgendwie wirkte es jetzt wie ein großer Scherbenhaufen, fand Marie.

    DIE OSTERÜBERRASCHUNG

    O stermontags pünktlich um vier kam Hans wie verabredet zum Eiersuchen. Großmutter hatte dafür gesorgt, dass der Osterhase auch für ihn bunte Eier im Garten versteckt hatte, und Marie freute sich diebisch darauf, dem „kleinen Hans" beim Eiersuchen zusehen zu können.

    Aber es sollte nicht bei bunten Ostereiern bleiben: Maries Großmutter hatte sich für Hans in diesem Jahr etwas ganz Besonderes ausgedacht: Sie hatte einen blauen Werkzeugkasten erstanden und darin Hammer, Zange, Metermaß, Schraubenzieher, Akkuschrauber samt Ladegerät sowie Schrauben und Nägel versteckt, alles, was Hans an Werkzeug für sein Baumhaus gut gebrauchen konnte. Dieser nicht ganz leichte Blechkasten sollte, bevor Hans käme, oben im halb fertigen Baumhaus versteckt werden.

    Marie hatte sich nicht getraut, den schweren Kasten nach oben zu schaffen und die Großmutter war nicht mehr so gelenkig, um mit nur einer freien Hand eine Leiter emporzusteigen. Doch sie hatte eine Idee, wie es gemeinsam zu schaffen wäre:

    „Marie! Geh und hol mir drinnen in der Waschküche die Rolle mit der neuen Wäscheleine. Sie liegt im Regal über der Waschmaschine – so eine blaue Rolle!"

    Während Marie die Leine besorgte, hatte ihre Oma inzwischen die lange Leiter an den alten Kirschbaum angelegt:

    „So, jetzt steige ich alte Oma eben nach oben, schlage das eine Ende der Leine über den oberen Ast und du bindest dann unten den Henkel des Werkzeugkastens ans andere Ende. Aber mach einen doppelten Knoten, damit er nicht abstürzt!"

    Kurz danach stieg sie die Leiter empor, legte die Leine um den dicken Ast und beide zogen den Kasten nun langsam am Seil nach oben. Es war gar nicht so schwer wie zunächst vermutet. Marie war erleichtert. Großmutter gluckste sogar vor Freude, was Marie nun doch sehr übertrieben und befremdlich fand.

    Fragt sich nur, wer von uns beiden hier die „Kleine" ist! Zum Glück hat uns niemand beobachtet, wäre ganz schön peinlich gewesen, so ’ne kichernde Omi!

    Nun sollte Marie hinaufsteigen, um das vollendete Werk zu bestaunen: Der Kasten stand genau in der Mitte des Bodens, also gut versteckt, zumindest so gut wie möglich. Man konnte ihn von unten nur schwer entdecken.

    „Super Arbeit, Oma!, lobte Marie, um ihre Oma, die noch ganz aus dem Häuschen war, zu beruhigen. Bei ihr selbst hielt sich die Freude jedoch aus gutem Grund in Grenzen: Bedeutet das, dass ich etwa mit Hans an diesem Wrack weiterarbeiten soll? Er soll mal schön alleine weiterwerkeln, der „große Junge.

    „Nun aber schnell die Leiter weg, es ist kurz vor vier!", mahnte Großmutter; und im Handumdrehen waren Leiter und Leine verschwunden und beide verschwanden schnell im alten Haus.

    Kaum hatten sie die Tür hinter sich geschlossen, als es vier schlug. Beim vierten Glockenschlag läutete die Türklingel.

    Hans! Pünktlich wie immer! Irgendwie ganz schön spießig. Dann will ich den klugen Baumeister doch mal reinbitten!

    Marie öffnete die Tür und brachte ein wenig begeistert klingendes „Hallo!" über die Lippen.

    Großmutter begrüßte Hans dagegen sehr herzlich: „Lieber Hans, schön, dass du da bist. Wir haben eine besondere Überraschung für dich, hier draußen! Wir beide haben Osterhase gespielt!", dabei schaute sie schelmisch zu Marie hinüber. Peinlich!

    „Du darfst gleich anfangen zu suchen. Aber sei gewarnt! Es wird nicht leicht und du musst alles finden, zuvor lassen wir dich nicht wieder nach Hause!", spöttelte Marie mit erhobenem Zeigefinger.

    Hans machte sich brav auf die Suche. Zu gerne hätte Marie das alles auf Video aufgenommen: Hans mit seinen dreizehn Jahren beim Ostereiersuchen! Sie hatte aber weder Handy noch Kamera da. Zu schade!

    Schon bald hatte er etliche Ostereier gefunden und auf seinem Osterteller, der vor der Haustür bereitstand, abgelegt. Hans fand zwar, dass er eigentlich schon etwas zu alt für diese Sachen war, da aber Marie so tat, als würde sie ganz begeistert mitsuchen, wollte er kein Spielverderber sein. Nur Großmutter schien aufrichtig mitzufiebern.

    Das „Besondere hatte Hans immer noch nicht entdeckt. Ab und an fand er noch ein Ei oder eine andere süße Überraschung. Doch nichts „Besonderes.

    Stellt sich an wie eine blinde Kuh! Herrje, was für ein toller Junge. Der geborene Späher!

    „Auf, Hans! Streng dich an, damit wir fertig sind, bevor es dunkel wird", scherzte die Großmutter und lugte zum alten Kirschbaum hinüber, was Hans nicht entging. Aber er tat so, als habe er den Wink nicht verstanden und suchte sehr auffällig hinter der Hecke bei den Komposthaufen weiter.

    Jetzt tut er so, als ob er nichts gemerkt hätte, um gleich den genialen Columbus des Werkzeugkastens zu spielen …

    Über die Hecke spähend konnte er den Boden des Baumhauses und darauf etwas Blaues entdecken. Es sah aus wie ein Kasten mit Griff.

    Jetzt spielt er mir gleich vor, was für ein toller Junge er ist!

    Und so kam es auch: Zielstrebig kam der Gute hinter der Hecke hervor, ging auf den Kirschbaum zu, kletterte behände den alten Stamm hinauf und streckte seinen Kopf über den Baumhausboden.

    Zumindest klettern kann er.

    Da stand also die Überraschung. Der „Osterhase" hatte tatsächlich seinen Geschmack getroffen! Auf jeden Fall war das, was er im Kasten fand, kein Kinderspielzeug. Hans war begeistert:

    „Marie, du hast den besten Osterhasen der Welt zur Großmutter!"

    Da machte die Großmutter mit den Händen Hasenohren und hoppelte zwei, drei Sprünge auf den Kirschbaum zu.

    Oberpeinlich! Nein! Oma, was tust du mir an? Das ist nicht meine Großmutter! Nein! Wie kann eine erwachsene Frau nur so albern sein? Warum nur öffnet sich nicht urplötzlich eine Erdspalte, damit ich auf der Stelle darin verschwinden kann?

    „Jetzt kannst du euer Baumhaus fertig bauen. Am besten fängst du gleich morgen damit an, dann wird es vielleicht noch in den Ferien fertig", freute sich die Großmutter.

    Hans war inzwischen, samt Kasten, nach unten geklettert, das letzte Stück dann gesprungen und direkt vor Marie gelandet.

    Ich weiß schon, dass du klettern kannst. Angeber …

    „Ja, morgen baue ich weiter. Das Wetter ist gut und der alte Kirschbaum wird es mir verzeihen, dass ich mitten in seiner Blüte so viel Baulärm mache. Auf die Blüten werd ich gut aufpassen, denn im Sommer sollen dort oben die Kirschen zu den Fenstern unseres Hauses hereinwachsen!", meinte Hans mit einem neckischen Seitenblick zu Marie.

    Unser Haus? Grins! Wie romantisch … – Du kannst alleine dort oben zum Fenster herausglupschen und Kirschen pflücken!

    „Mal sehn!"

    „Der Kasten bleibt am besten hier, bis das Haus steht!", entschied Hans.

    Großmutter nickte und zeigte ihm einen guten Platz im kleinen Geräteschuppen. Danach gingen alle ins Haus. Drinnen tischte die Großmutter noch Osterlammkuchen auf, dazu gab es Kakao und danach Eis.

    Das Baumhaus ging Hans nun nicht mehr aus dem Kopf. Er hatte tatsächlich ernsthaft vor, sowohl sein neues Werkzeug als auch sein handwerkliches Geschick an diesem Projekt zu testen. Je länger er über seinem Kuchen saß, desto klarer wurde sein Plan für den nächsten Tag. Lediglich das Bauholz musste noch irgendwoher besorgt werden.

    Marie zeigte natürlich wenig Begeisterung. Dennoch verabredeten sie sich für den nächsten Tag auf zehn Uhr.

    Hans bedankte sich beim Abschied nochmals höflich bei der Großmutter, packte seine Ostereier vorsichtig in eine Tasche und machte sich auf den Heimweg.

    „Pass auf deine Eierchen auf!", rief Marie ihm noch nach und freute sich insgeheim über ihren flotten Spruch, der seine Wirkung nicht verfehlte. Jetzt sind wir quitt!

    DAS BAUMHAUS

    M it vielen Entwürfen im Kopf war Hans am gestrigen Abend eingeschlafen. Sein Vater hatte noch jede Menge Holzbretter erwähnt, die übrig waren und draußen in der Garage lagerten. Diese wollten sie sich gleich morgen nach dem Frühstück anschauen.

    Kaum wach, fiel ihm sofort das Baumhaus wieder ein. Nichts hielt ihn jetzt mehr im Bett. Er sprang in seine Pantoffeln, setzte sich an seinen Schreibtisch, nahm Mäppchen und Übungsheft aus dem Schulranzen und begann, einen Plan für die Wand- und Dachkonstruktion zu zeichnen. Ein Plan war sehr wichtig, fand er, denn man musste sich genau überlegen, wie groß die Wand werden sollte, wo das Fenster hinkommt, und danach ausrechnen, wie lang die Bretter werden müssen und so weiter. Er nahm so etwas sehr genau.

    Sein Plan sollte im Maßstab 1:10 gezeichnet werden. Vielleicht wäre es geschickt, sich nach den Maßen der Bretter zu richten, die in der Garage lagen? Dann musste er vielleicht weniger sägen! Vielleicht passten einige Stücke so zusammen, dass sich die Hausteile einfach von selbst ergäben?

    Also beschloss Hans, vor der Planung zunächst in die Garage zu gehen, um sein Baumaterial genau zu vermessen. Doch gerade, als er sich leise aus dem Haus schleichen wollte, kam ihm seine Mutter entgegen. Die wünschte ihm einen wunderschönen Ferienmorgen und bat ihn, den Frühstückstisch zu decken. Da konnte er nicht kneifen. Pech! Die Garage durfte also zunächst noch warten.

    Nach dem Frühstück, das Hans am liebsten hätte ausfallen lassen, ging’s dann endlich in die Garage. Hans’ Papa kam mit und sie fanden Dutzende brauchbarer Bretter verschiedener Länge. Alle waren gleich breit und hatten auf der einen Seite eine Kerbe, die Nut, und auf der anderen einen Grat, die Feder. Beides passte wie angegossen zusammen, sodass man die Bretter nahtlos zusammenstecken konnte.

    Jetzt wurde Maß genommen. Es gab zwei Längen: 1m und 2,50m. Sofort erkannte Hans den Vorteil und sagte zu seinem Vater:

    „Papa, weißt du was? Die langen Bretter sind schon exakt richtig zugesägt, denn zwei Seiten des Hauses sind ebenfalls 2,50m breit! Da haben wir viel Arbeit beim Zuschnitt gespart!"

    „Wie viele Bretter zu 2,50m brauchst du denn? Wie hoch wird die Seitenwand?"

    „Also, die Wand soll 1,60m hoch werden, in die Mitte soll ein Fenster", antwortete Hans.

    „Na, dann lass uns mal zählen, wie viele Bretter da sind. Jedes Brett ist nach dem Zusammenstecken noch 10cm hoch, also brauchst du für eine Seite wie viele Bretter?"

    Hans schaute auf seinen noch unfertigen Bauplan, überlegte nicht lange: „1,60m? Dafür brauchen wir 16 Bretter! Und für die zweite Wand noch mal so viele: insgesamt also 32 Bretter!"

    „Richtig!"

    Sie stellten die langen Bretter an die Wand und zählten dabei genau mit. Es waren zum Schluss 38 lange Bretter: Perfekt! Hans war froh, denn so einfach hatte er es sich nicht vorgestellt: Die Bretter waren wie für sein Baumhaus zugesägt! Nun wurde das Material auf den Hänger verfrachtet. Gegen Viertel vor zehn fuhren die beiden dann hinauf zu Großmutters Häuschen.

    Marie hatte gerade einen großen Picknickkorb gerichtet: Brötchen, Apfelsaft, Kuchen und ein paar Ostereier lagen darin, nebst Gläsern und Tellern. Auch eine rot karierte Tischdecke lag ordentlich gefaltet dabei. Sie wollte zumindest eine gute Gastgeberin sein. Dass sie sich jedoch so sehr für den Hausbau interessierte wie Hans, war eher unwahrscheinlich.

    Zumindest packte sie beim Abladen des Baumaterials tüchtig mit an. Großmutter lud Hans’ Vater zu einem Glas Schorle ein, während Hans und Marie die Baustelle einrichteten. Hans wollte zunächst eine Hauswand am Boden zusammenzimmern, um sie danach in einem Stück nach oben zu ziehen und dort aufzustellen, denn am Boden war es sicher einfacher zu werkeln als oben im Geäst.

    Marie schien nun doch etwas Interesse am Zimmern zu entwickeln. Auf jeden Fall war es für sie offenbar kein Kinderkram, weil recht kompliziert. Außerdem wollte sie sich selbst beweisen, dass sie mit Material und Werkzeug mindestens so gut umgehen konnte wie Hans.

    „Da haben wir aber Glück! Alles schon fix und fertig zugeschnitten. Die Ägypter hatten es da sicher nicht so einfach mit ihren riesigen Steinquadern", scherzte Marie.

    „Nein, die mussten alles aus dem Steinbruch hauen, Block für Block. Jetzt lass uns aber anfangen, unser Haus zu bauen. Wir legen zuerst die Bretter für eine Wand genau nach Plan auf dem Boden aus, stecken sie dann zusammen und schauen, ob alles gut passt. O. k.?"

    ‚Unser Haus!‘ – Vor ein, zwei Jahren wäre das ja noch in Ordnung gegangen. Aber jetzt? Mithelfen will ich schon, aber mein Haus wird es nicht werden. Unser Haus schon gar nicht. Vielleicht können ja einmal Kinder darin spielen oder zumindest Vögel darin nisten …

    „Na, dann mal los!", meinte Marie mit leicht genervtem Unterton.

    Gemeinsam steckten sie nun die Bretter ineinander, und schneller als gedacht war die erste Hauswand fast fertig: Es fehlten nur noch die Eckpfosten, damit die Bretter zu einer Wand verschraubt werden konnten.

    Woher diese nehmen? Marie hatte eine gute Idee:

    „Omi, hast du vielleicht vier Tomatenpfähle, so etwa 1,60m lang?"

    „Wollt ihr nun auch noch Tomaten pflanzen?, fragte die Großmutter scherzhaft, denn sie hatte bereits erraten, wofür die Pfähle gebraucht wurden. „Ja, die habe ich! Drüben im Gartenhäuschen, da findet ihr welche, die müssten passen!

    Im dem Häuschen fanden sie einige Pfähle. Vier waren dabei, die, ein wenig gekürzt, gut passen würden.

    „Wir müssen die vier aber noch zusägen!, rief Hans, „hast du eine Säge, Großmutter?

    „Ja, habe ich! Hängt auch im Gartenhäuschen! Gleich oben rechts neben dem Eingang! Aber sägen müsst ihr schon selbst!"

    Hans holte die Säge, nahm nochmals genau Maß und begann zu sägen. Es war nicht leicht, den Anfang zu finden. Immer wieder rutschte das Sägeblatt ein wenig ab. Zuletzt fand es aber seine Spur und zielstrebig griffen die Eisenzähne immer tiefer ins Holz. Es entstand ein schöner, gerader Schnitt, der sich genau an die vorgezeichnete Linie hielt. Auf halbem Weg musste er aber eine kleine Pause einlegen, denn das Sägen kostete viel Kraft. Marie hatte derweil den vibrierenden Pfahl festgehalten, was auch nicht einfach war.

    „Jetzt säge ich mal weiter!", entschied Marie, und sie wechselten: Hans hielt das Werkstück fest, Marie sägte. Es klappte. Zügig gelang der Schnitt. Nach zehn Minuten Arbeit waren alle vier Eckpfeiler korrekt zugeschnitten. Das war geschafft! Mädchen können eben auch sägen.

    Auf zwei der Pfähle wurden nun die zusammengesteckten Bretter für die erste Wand genagelt, und zwar so, dass die Pfähle ganz außen waren. Nun konnte Hans die Wand aufrichten. Marie schlüpfte sogleich dahinter, schaute aus der Fensteröffnung und rief: „Großmutter, hallo!"

    Die Großmutter winkte lachend zurück, worauf Marie sich irgendwie kindisch vorkam.

    „Toll habt ihr das gemacht! Nun setzt euch zu uns! Brotzeit!"

    Die beiden Baumeister setzten sich und tranken Apfelsaft, als Marie ganz unvermittelt ihre Omi fragte:

    „Glaubst du, dass die Pyramiden von Sklaven erbaut wurden?"

    „Das habe ich früher so gelernt. So hat es uns unser

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