Cassirer-Forschungen
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Über diese Serie
Titel in dieser Serie (4)
- Kulturkritik nach Ernst Cassirer
1
Ernst Cassirer gilt als der bedeutendste Kulturtheoretiker dieses Jahrhunderts. Cassirer hat der Philosophie mit dem Stichwort »Kultur« ein eigenständiges Thema mit einer neuen Aufgabenstellung gegeben. In seiner Philosophie der symbolischen Formen und in seinen Abhandlungen zur europäischen Kulturgeschichte sind philosophiegeschichtliche und geschichtsphilosophische Aspekte, untrennbar miteinander verbunden. Cassirers methodisches Programm der Überführung der »Kritik der Vernunft« in die »Kritik der Kultur« ist Thema der Beiträge dieses Bandes. Im 50. Todesjahr Ernst Cassirers wird mit den Cassirer-Forschungen eine Reihe eröffnet, die die Edition seines Nachlasses (Ernst Cassirer, Nach gelassene Manuskripte und Texte) begleiten und die von ihm begründete Kulturphilosophie weiterführen soll.
- Dilthey und Cassirer: Die Deutung der Neuzeit als Muster von Geistes- und Kulturgeschichte
10
In diesem Band der »Cassirer-Forschungen« werden nicht die bekannteren Gegensätze wie Hermeneutik versus Neukantianismus, Erleben und Verstehen versus Erkennen und Erkenntniskritik untersucht, sondern vielmehr die Gemeinsamkeiten beider Autoren hinsichtlich des Begriffs des Geistes, der Zentrierung des philosophischen Arguments auf Einheit und Ganzheit, der Definition von Wirklichkeit durch einen Begriff von »Energie«, des Konzepts von Individualität und schließlich vor allem hinsichtlich des Ringens um einen tragfähigen Begriff der Neuzeit. Die Beiträge diskutieren einerseits das allgemeine Problem einer Berührung von Lebensphilosophie und Geistesgeschichte mit dem Rationalitäts- und Methodologiebewußtsein Cassirers (und des Neukantianismus), andererseits analysieren sie die Gemeinsamkeiten und Unterschiede dessen, was Dilthey und Cassirer von ihren Voraussetzungen aus als die jeweilige Signatur der »Moderne« erarbeitet haben.
- Das Urphänomen des Lebens: Ernst Cassirers Lebensbegriff
12
Der Kant und Cohen verpflichtete Philosoph der symbolischen Formen widmet sich Ende der 20er Jahre scheinbar affirmativ der zeitgenössischen Philosophie des Lebens. Diese Konstellation dient Möckel als Anregung für den erstmals geführten Nachweis, dass der Vernunft und Rationalität verpflichtete Ernst Cassirer sein Philosophieren bereits im Frühwerk konsequent auf das »irrationale« Leben bezieht. Für ihn schließt geistige Tätigkeit den Lebensbezug ebenso ein wie Erleben die Momente geistiger Formung. Während die »moderne Philosophie« die Gesamtheit ihrer Probleme im Leben als Gegenbegriff des Geistes zentriert und dabei zu Antinomien gelangt, findet Cassirer die Lösung dieses Gegensatzes im Medium der lebendig-geistigen symbolischen Form. Der Lebensbegriff selbst erfährt durch die Verknüpfung mit dem Ausdrucksphänomen eine entscheidende Vertiefung und bildet so den Schlußstein in der Theorie der kulturellen Ausdrucksformen des Geistes. Der Autor zeichnet die Auseinandersetzung Cassirers mit den Lebensphilosophen um die praktischen Folgerungen nach, die aus der jeweiligen Auffassung vom Menschen resultieren: historischer Fatalismus oder Freiheit und Selbstbestimmung.
- Die Spannung zwischen Wissenschaft und Mythos: Die Entwicklung des symbolischen Geistes
23
Im Gegensatz zur Tierwelt, in der der gesamte Handlungszusammenhang durch den Instinkt präformiert und auf das Reich der Natur beschränkt ist, entwirft Cassirer für den Menschen das symbolische Universum, in dem der Geist seine Organe wie Mythos, Kunst, Sprache, Wissenschaft usw. entwickelt und verwendet. Cassirer lässt allerdings unbeantwortet, in welchem Verhältnis diese Organe zueinander stehen, ob das eine höher, später und mächtiger als die anderen ist. Die Studie unternimmt es, dieses Verhältnis zu klären, ohne den gordischen Knoten zu durchschlagen. Der Autor geht vom Wechselspiel der subjektiven und objektiven Forschungsrichtung aus und arbeitet heraus, dass die Symbolwelt aus äquivalenten Symbolformen besteht, während sich das Symbolbewusstsein entfaltet. Der Mythos ist objektiv der Befürworter des »Ausdrucksphänomens«, subjektiv jedoch das undifferenzierte Leben ohne wahrhaften Symbolgehalt; die Wissenschaft stellt die unpersönlichste, aber am stärksten geordnete Objektivität dar und verkörpert zugleich das höchste Niveau der geistigen Freiheit und Reflexion. Die Spannung zwischen beiden bedingt, anstatt sich aufzulösen, die Entwicklung des symbolischen Geistes.
Thomas Leinkauf
Thomas Leinkauf (geb. 1954) ist Professor für Philosophie an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster und Direktor der dortigen Leibniz-Forschungsstelle. Er ist Herausgeber der italienisch-deutschen Giordano-Bruno-Werkeausgabe.
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