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Die Proposition mit Kopula: Urteilscharakter, logisch-semantische Valenz und formalisierte Sprache
Die Proposition mit Kopula: Urteilscharakter, logisch-semantische Valenz und formalisierte Sprache
Die Proposition mit Kopula: Urteilscharakter, logisch-semantische Valenz und formalisierte Sprache
eBook1.639 Seiten15 Stunden

Die Proposition mit Kopula: Urteilscharakter, logisch-semantische Valenz und formalisierte Sprache

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Über dieses E-Book

Die Monographie analysiert Gedanken, Aussagen und Urteile mit Wahrheitswert. Sie thematisiert kritisch die Historie, die Mathematisierung und die sprachwissenschaftliche Diskussion von Sätzen mit Kopulaverben, denn die moderne Logik stützt gemäß der Autorin eine Aktualisierung des Sprachverständnisses, der Grammatikographie und ermöglicht sowohl mit der Prädikatenlogik Freges als auch mit dem λ-Kalkül Churchs eine originäre Anpassung formaler Sprache auf natürliche Sprache. Die Logik von Aussagenstrukturen wird mit der Valenztheorie, der Dependenzgrammatik und der Mathematik neu begründet und verstehbar. Linguist:innen, Informatiker:innen, Philosoph:innen und allen, die sich Gedanken über Gedanken machen, werden eine Revision der traditionellen Urteilslehre, die Eigenart von Gedanken gegenüber Urteilen, eine Entsprechung von Logik und Grammatik sowie der empirisch beweisbare Sinn des Verbs 'sein' vorgestellt.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum13. Mai 2024
ISBN9783381107834
Die Proposition mit Kopula: Urteilscharakter, logisch-semantische Valenz und formalisierte Sprache

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    Buchvorschau

    Die Proposition mit Kopula - Maria W. Z. Schädler

    Vorwort

    O Du, mein holder Abendstern, wohl grüsst’ ich immer Dich so gern.

    (Wolframs Lied, Tannhäuser)

    Die vorliegende Untersuchung mit dem Titel Die Proposition mit Kopula. Urteilscharakter, logisch-semantische Valenz und formalisierte Sprache entstand als Inauguraldissertation für ein Promotionsvorhaben zur Erlangung des Doktorgrades (Dr. phil.) im Fach Linguistik am Lehrstuhl für Germanistische Linguistik mit dem Schwerpunkt Lexikographie im Department Germanistik und Komparatistik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

    An erster Stelle danke ich meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Stefan J. Schierholz, der mich durch seine Sachlichkeit, seine Wissenschaftlichkeit und Geradheit in der akademischen Tätigkeit für die Linguistik begeistert hat. Herr Prof. Dr. Stefan J. Schierholz hat dankenswerterweise meinen eigens unterbreiteten Themen- und Titelvorschlag für die Dissertation angenommen und mir gewährt, eigenständig zu arbeiten. Dem Interdisziplinären Zentrum für Lexikographie, Kollokation und Valenz an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg bin ich für die zahlreichen interessanten Veranstaltungen und dem Projekt Wörterbücher für Sprach- und Kommunikationswissenschaft unter der Chefredaktion von Herrn Prof. Dr. Stefan J. Schierholz, begründet von Herrn Prof. Dr. Stefan J. Schierholz und Herrn Prof. Dr. Herbert E. Wiegand, für die Möglichkeit, praktische Erfahrungen mit der Lexikographie zu sammeln, dankbar. Außerdem danke ich Herrn Prof. Dr. Jörg Zirfas, der mein Interesse an Anthropologie, an dem Verhältnis zwischen Natur- und Geisteswissenschaften, an der Kultur- und Geistesgeschichte sowie Pädagogik gefördert hat. Ebenso danke ich Herrn Prof. Dr. Rosario La Sala und der Bibliothekarin Frau Margit Schwarz, die mir behilflich waren, einige Kürzel der Quellenangaben in philosophischen Werken zu entziffern, so dass ich die Primärliteratur auffinden konnte. Darüber hinaus danke ich meiner Grundschullehrerin Frau Christine Spiegel sowie meinen Gymnasiallehrern für Französisch und Erdkunde Frau Eva-Maria Klose und Herrn Rudolf Sperl, da sie meine Freude am Lernen unterstützt haben. Im privaten Umfeld danke ich meinen Eltern, die mir zum Schreiben eine Mansarde zur Verfügung stellten, aus deren Dachfenster ich den Morgenstern und den Abendstern sehen konnte. Schließlich danke ich Verwandten, Freunden, Kommilitonen und ungezählten Bewohnern meines Heimatstädtchens für die gelegentlichen freundlichen Zusprüche hinsichtlich meines Promotionsvorhabens.

    Erlangen, im Februar 2024

    Maria W.Z. Schädler

    Abkürzungsverzeichnis

    Abkürzungen von Fachbegriffen

    Symbolverzeichnis

    1Einleitung

    Das Sein ist. Es ist nicht auf etwas hin. Es verfolgt kein Ziel, sondern lebt sich aus nach Zielen und Gesetzen und Gestaltungskräften, die rätselhaft bleiben.

    (Albert L.P. Schweitzer)

    Die Linguistik erforscht Themen zur Sprache im weiteren Sinn, wobei die Sprachlehre und Grammatik seit dem Altertum eine der sieben freien Künste (lat.: septem artes liberales; studia liberalia) stellt. Dies hat zur Folge, dass einzelne Thesen der Grammatik seit mehreren Hunderten oder Tausenden von Jahren vertreten werden, eng mit der historischen Entwicklung der Philosophie und Logik verwoben sind und teilweise Anachronismen in der gegenwärtigen Linguistik erzeugen. Da die natürliche Sprache als soziales Kommunikationsmittel in verschiedensten Situationen, als Kulturgut und als Instrumentarium des alltäglichen und wissenschaftlichen Gebrauchs stets vor neue Herausforderungen gestellt ist, eröffnen sich jedoch auch immer aktuelle Forschungsfelder in der Linguistik. Die Reflexion hinsichtlich des Instrumentariums, mit welchem wissenschaftliche Thesen, Hypothesen und Konklusionen formuliert werden, nämlich eben die Reflexion bezüglich einer natürlichen oder einer formalen Sprache, befähigt die Sprachwissenschaft bzw. die Linguistik zu wissenschaftlichen Einsichten, die anderen Wissenschaften nicht zugänglich sind, wenn keine vergleichbare Reflexion über die natürliche oder formale Sprache durch die Wissenschaftler dieser anderen Wissenschaften vorgenommen wird. Demzufolge kann die Linguistik ebenso wie die Mathematik als eine besondere Wissenschaft gewertet werden, die als Hilfswissenschaft für sämtliche andere Wissenschaften notwendig ist. Ebenso ist eine besondere Reflexion über die Sprache in anderen Bereichen, z.B. dem Bildungssektor, den kulturellen Einrichtungen und den verwaltenden Institutionen einer Gesellschaft gefragt. Eine dem aktuellen Stand der Forschung entsprechende Sprachauffassung sowie Syntax- und Semantikbeschreibung ist essentiell für die Erfassung und Deskription wissenschaftlicher Errungenschaften als auch die Verwendung der Sprache im Allgemeinen, da hierfür Präzision, Kalkül und scharfe Begriffe im natürlich- und formalsprachlichen Ausdruck benötigt werden. Ebenso wie das einstellige Prädikat der klassischen Aussagenlogik nicht überwunden, sondern zu einem potentiell mehrstelligen Prädikat erweitert wird, ist in der Grammatik die binäre Syntaxbeschreibung einer Subjekt-Prädikat- bzw. Konstituentenstruktur durch eine potentiell mehrgliedrige Struktur mittels Integrierung valenztheoretischer Ansätze zu ergänzen. Die Motivation zu diesem Unterfangen für das Deutsche wurde bereits von zahlreichen Grammatikern und Sprachwissenschaftlern im 20. Jahrhundert bekundet und war eigentlich schon vor dem 20. Jahrhundert bekannt, doch die Umsetzung erfordert viele Jahrzehnte und eine besondere Gründlichkeit in der Theoriebildung, um Inkohärenzen, Widersprüche und Konflikte in der Vermengung valenztheoretischer oder prädikatenlogischer Ansätze mit Thesen der klassischen Aussagenlogik und traditionellen Grammatikschreibung binaristischer Syntaxdeskription zu vermeiden. Oft wurde dabei übersehen, dass hierfür auch der Ansatzpunkt in der Ontologie sprachlicher Ausdrücke und deren Inhalte gesucht werden muss, da die moderne Logik mit der britischen neuen Analytik Booles und der Mengenalgebra De Morgans sowie ob der analytischen Philosophie Russells, Wittgensteins, Quines, Davidsons u.a., mit Freges Unterscheidung zwischen Sinn und Bedeutung in der Nachfolge Leibniz’, Kants und Hegels steht und eine neuartig zugängliche intensionale Dimension neben den semiotischen Dimensionen des Materialismus, Positivismus, Atomismus und Dualismus erschließt. Bei den Elementen dieser im vorangehenden Satz erwähnten intensionalen Dimension, namentlich die ungesättigten ein- und mehrstelligen Funktionen (auch: Prädikate; Begriffe; Beziehungen) sowie die (schrittweise) gesättigten, aber hinsichtlich ihrer Extension unausgewerteten Funktionen (auch: Prädikate; Begriffe; Beziehungen), handelt es sich nicht um gänzlich Metaphysisches, sondern um herleitbare, erfassbare, deskribierbare und formalisierbare sowie funktional applizierbare Entitäten von praktischem Nutzen und Erkenntniswert. Die somit ermittelte Relationaliät und Referenzialität stellt die Intentionalität natürlich- und formalsprachlicher Zeichen heraus, die desgleichen in der frei gewählten Gerichtetheit der Aufmerksamkeit des menschlichen Bewusstseins als auch mittelbar in der durch ein menschliches Agens festgelegten automatischen Ausführung eines Befehls oder Algorithmus des maschinellen Rechners vorhanden ist. Dabei geht anthropologisch betrachtet die Entwicklung der natürlichen Sprache des Menschen sämtlichen weiteren kulturellen und zivilisatorischen Errungenschaften der Menschheit, z.B. der technischen Entwicklung, voraus. Eine Relationalität und Referenzialität erzeugende Intentionalität ist also nicht nur sekundär in der potentiellen Mehrstelligkeit von logischen Prädikaten (auch: Funktionen; Begriffen; Beziehungen) sowie in der Komposition von Prädikat (auch: Funktion; Begriff; Beziehung) und Argument deskriptiver, formalsprachlicher Notation, sondern primär als Konnexionsstruktur in der Syntax und Semantik der natürlichsprachlichen deutschen Aussagesätze präsent, welche die Sachverhalte in der außersprachlichen Wirklichkeit bezeichnen. Diese Sprachauffassung stellt eine Weltauffassung dar, die ein Erfassen und komponierendes Begreifen der innersprachlichen und außersprachlichen Signifikate praktiziert und sich von einer Art Weltanschauung, welche eine Trennung und Benennung extensionaler Gegenstände und Sachverhalte vornimmt, unterscheidet. So versucht eine morphosyntaktische und intensionallogische Sprachbetrachtung aus dem Begreifen innerer Strukturverhältnisse der Sprache die Sinne einfacher Zeichen sowie die Sinnstrukturen komplexer Zeichen und ihre jeweilige Bezeichnung zu erforschen, während eine Sprachbetrachtung, die von der extensionalen Ebene, einem Denotat und damit der angenommenen, benannten Bedeutung der einfachen oder komplexen sprachlichen Entitäten ausgeht, eine aktuelle, pragmatisch-kommunikative Semantik sprachlicher Ausdrücke zu bestimmen versucht. Wenn dabei die Sinnebene als begrifflich anerkannt und von der Bedeutungsebene unterschieden wird, geraten die beiden methodischen Ansätze aufgrund ihrer fundamental verschiedenen Herangehensweise und Zielsetzung nicht in Konflikt, sondern können einander ergänzen. Hoffmann konkludiert in seinem Aufsatz Der Mensch und seine Sprache – eine anthropologische Skizze: „Ein geschlossenes System aus Signalen, genetisch, qua Instinkt verankert, mit festen Zuordnungen zwischen Zeichen und Dingen, ohne die Offenheit und Dynamik menschlicher Sprache, hätte die kulturelle Evolution des menschlichen Geistes, die auf Kooperation, Entgrenzung von situativen Fesseln, Gedächtnis und Tradierung beruht, nicht befördern können."¹ Um den Beitrag der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit des Menschen zu Kultur und Zivilisation einzusehen, muss jedoch nicht notwendig eine Evolutionstheorie oder ein Darwinismus vertreten werden², sondern es ist hinreichend zu erkennen, dass die menschliche natürlich- und formalsprachliche Ausdrucksfähigkeit eine Komplexität der Welt und des Lebens erfassbar, begreifbar und bewältigbar macht.

    Die Theorie der Kopula geht auf Abaelard (* 1079 in Le Pallet bei Nantes; † 21. April 1142 in Saint-Marcel bei Chalon-sur-Saône) im 11. und 12. Jahrhundert n. Chr. zurück und ist durch die von ihr geprägten Rezeption der traditionellen Syllogistik nach Aristoteles in die klassische Aussagenlogik gelangt. Die Grammatik als Lehre vom Satz und damit der Proposition hat spätestens seit der Frühscholastik sowie auch im 19., 20. und 21. Jahrhundert in ihrer Verbundenheit mit der Logik die These der Kopula immer wieder aufgegriffen. Die moderne Prädikatenlogik, welche durch mehrstellige Prädikate sowie eine Distinktion von intensionaler und extensionaler Logik gekennzeichnet ist, erfordert nun, wie in der vorliegenden Studie vorgeschlagen, eine Aktualisierung der Grammatikographie, die insbesondere eine genaue Analyse und Überprüfung der Theorie der Kopula und der traditionellen Urteilslehre verlangt. Die Annahmen der traditionellen Theorie der Kopula führen zu nachfolgenden Auffälligkeiten, die als problematisch wahrgenommen werden können:

    Eine Heterogenität der Gruppe der Realisierungsformen von Prädikativen,

    ein unterschiedliches semantisch-syntaktisches Verhalten und ein nicht regelhafter Satzgliedstatus der unter den Begriff Prädikativ subsumierten Einheiten,

    eine Ambiguität oder inhaltliche Blässe/Leere des Verbs sein,

    eine Augmentation der Anzahl der Kopulae oder kopulaähnlichen Verben und

    die propositionale binäre/tertiäre Gliederung der deutschen Aussagesätze mit Kopula-Prädikativ-Komplex.

    Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um die Überprüfung der mehr als 800 Jahre alten Theorie der Kopula. Deshalb muss die vorliegende Untersuchung zu Zwecken der Theoriebildung wegen der erwähnten Komplexität der Thematik ab avo vorgehen, um die Argumentation, welche eine in der Grammatikschreibung etablierte sowie interdisziplinär verankerte Lehrmeinung, nämlich die der Kopula und der traditionellen Prädikative, überprüfen möchte, auf ein nachvollziehbares Fundament zu stellen. Zunächst wird hierfür im theoretischen Teil der Studie die Problemstellung verdeutlicht, indem die historische Entwicklung der philosophischen sowie grammatischen Theorie der Kopula erörtert, und ihr Eingang in die Logik und Mathematik erklärt wird. Diese theoretische Grundlegung weist darauf hin, dass die Theorie der Kopula primär mit einer traditionellen Urteilslehre einhergeht und hieraus sekundär Thesen zum Status des logischen Prädikats als auch anschließend zum traditionellen Prädikativ in der Grammatikschreibung sowie der Syntax- und Semantikforschung abgeleitet wurden. Des Weiteren arbeiten die theoretischen Ausführungen heraus, dass das Verständnis des Prädikativs in der traditionellen Grammatikschreibung oft unreflektiert in valenztheoretisch orientierte Grammatiken transferiert wurde und sich in Dependenzgrammatiken wiederfindet, da das Prädikativ mit den Argumenten in den Valenzstellen assoziiert wird, woraus sich aufgrund des Assertionsmoments der traditionellen Urteilslehre Konflikte in der Theoriebildung ergeben, die in der vorliegenden Studie entdeckt, erörtert und aufgelöst werden sollen. Die vorliegende Studie erkennt eine Motivation zur Überprüfung und Potential zur Revision dieser Thesen zum traditionellen Kopula-Prädikativ-Komplex insbesondere in der Mehrstelligkeit von Prädikaten (auch: Funktionen; Begriffe; Beziehungen) sowie in der modernen Prädikaten- bzw. Relationslogik nach Frege. Aus diesem Grund wird Freges Sprachphilosophie, der Fregeschen Theorie zur logischen Grundlagenforschung der Mathematik sowie deren Rezeption und Weiterentwicklung durch Church besondere Aufmerksamkeit gewidmet, um die Erkenntnisse dieser Wissenschaftler zur Aufstellung der Rahmenbedingungen für die vorliegende Studie, eine Isolierung und Operationalisierung des Forschungsgegenstands sowie eine praktische Untersuchungsmethode nutzbar zu machen. Gemäß der Fregeschen Theorie wird anschließend die Unterscheidung zwischen Sinn und Bedeutung in traditionell, konstituenten- oder phrasenstrukturell sowie valenztheoretisch orientierten Grammatiktheorien reflektiert, während die zentrale Stellung des finiten Verbs in der Struktur eines deutschen Aussagesatzes oder Kohärenzfeldes profiliert wird. Überdies wird hierbei eine innersprachliche Strukturanalyse des sprachlichen Ausdrucks fokussiert, während Außersprachliches identifiziert und als extensionale oder pragmatisch-kommunikative Aspekte von der morphosyntaktischen sowie intensionallogisch-semantischen Deskription separiert wird. In diesem Prozess verfolgt die vorliegende Arbeit außerdem das Vorhaben, eine Unterscheidung zwischen Sinn und Bedeutung nach Frege in der Grammatikographie und linguistischen Forschung zu evozieren. In der vorliegenden Studie müssen zum Verständnis der Begriffsebene die philosophisch-logischen Grundlagen und die Mathematisierung der Syllogistik Aristoteles’ dargelegt als auch die Nachzeichnung der historischen Entstehung der grammatiktheoretischen Thesen zum Kopula-Prädikativ-Komplex nach Abaelard und Arnaulds/Nicoles Logik von Port-Royal mit zahlreichen direkten und indirekten Zitaten untermauert werden. Aufgrund der Observation der Autorin der vorliegenden Studie, dass die Sprachphilosophie und logische Theorie der mathematischen Grundlagenforschung Freges bereits seit über einem Jahrhundert auf oft unvollständige oder ungenaue Weise in die Linguistik übertragen wurde, ist eine extensive Erörterung der Inhalte des Werks Freges von Nöten und eine detaillierte Wiedergabe sowie Aufbereitung Freges Ausführungen unvermeidbar. Da dies ebenso auf die Ambiguitätsthese Russells zutrifft, welche in die Linguistik aufgenommen wurde und weil diese wiederum nicht ohne die Ambiguititästhese De Morgans abzuhandeln ist, gilt dasselbige auch für die Thesen De Morgans und Russells. Zur Erläuterung und Berichtigung ist es notwendig, teilweise längere wörtliche Zitate anzuführen.

    Als wegweisend für den in der vorliegenden Studie vorgestellten Ansatz ist der Strukturalismus in der Linguistik nach De Saussure, insbesondere die europäische Tradition des linguistischen Strukturalismus, welche den Inhalt von Zeichen mitberücksichtigt, der Perspektivwechsel auf den Satz in den Grammatiktheorien Pāṇinis, Meiners, Kerns, Porzigs, Erbens, Tesnières, Glinz’, Helbigs, Engels, Judes, Eroms’ und Tarvainens, welcher zur Entwicklung der Valenztheorie und Dependenzgrammatik beitrug und die sprachphilosophische sowie damit semiotische Grundlegung in Petrus Helias’, Thomas’ von Erfurt, Beckers, Freges und Hjelmslevs Werken zu nennen. Außerdem wurde die vorliegende Untersuchung insbesondere durch die wissenschaftliche Arbeit Schierholz’, Wiegands, Uzonyis, Kunzes, Nikulas, Bechs, Langackers und die Grammatik der deutschen Sprache von Zifonun et al. angeregt.

    1

    Hoffmann (2007: 34)

    2

    Vgl. z.B. die Theorien von Jean-Baptiste de Lamarck; Carl von Linné; Jakob J. von Uexküll u.a.

    2Zielsetzung

    Das Seiende ist der Zahl nach unbegrenzt. Denn zwischen den einzelnen Dingen liegen stets andere und zwischen jenen wieder andere.

    (Zenon der Ältere von Elea)

    Die vorliegende Untersuchung strebt an, die Konnexionsstruktur und logisch-semantische Valenz in Kopula-Prädikativ-Komplexen im schriftlichen Gebrauch zu analysieren, um den Status des Verbs sein als sogenannte Kopula sowie den Status der traditionellen Subjekts- und Objektsprädikative festzustellen, eine Entsprechung von Logik und Grammatik vorzustellen, eine Distinktion von Sinn und Bedeutung nach Frege in die Linguistik einzuführen und um für die Valenztheorie sowie die dependenzgrammatische Forschung im Deutschen eine stabile Basis neuer Erkenntnisse zu erarbeiten. Dies soll nach der Operationalisierung des Forschungsgegenstands der Kopula-Prädikativ-Komplexe sowie der Herleitung einer geeigneten Methode zur Ermittlung des Inhalts der Kopula bzw. des Verbs sein mittels einer deduktiven Prüfung unter Hinzuziehung induktiver Methoden an empirisch erhobenen Datenmengen sprachlichen Materials erfolgen.

    Bei der vorliegenden Studie und Analyse wird die Anwendung einer indirekten Forschungsmethode, welche durch unbeweisbare, gesetzte Rahmenbedingungen auf die Existenz oder Nichtexistenz des Forschungsgegenstands selbst oder seine Eigenschaften schließt, vermieden. So soll in der vorliegenden Studie z.B. nicht durch die Rahmenbedingung eines Sprachvergleichs indirekt auf die Existenz einer verdeckten Kopula oder die Eigenschaften eines im Ausdruck materialisierten Verbs sein geschlossen werden. Deshalb wird in der vorliegenden Untersuchung nicht aus gelehrten, mathematisch oder empirisch unbewiesenen Thesen eines anderen Fachbereichs, z.B. der Theologie, eine Interpretation der Kopula bzw. des Verbs sein im Deutschen konkludiert. Die vorliegende Studie versteht sich nicht als Versuch, anhand von beispiel- oder vereinzelt corpusbeleggestützter Darstellung auf die Qualitäten syntaktischer oder semantischer Einbettungen der betreffenden Verben oder auf die Eigenschaften derselbigen zu schließen, wobei die zu diesem illustrativen Zweck selegierten Beispiele oder Belege weder empirisch, d.h. der induktiven Methode sowie der Berücksichtigung einer breiten und umfangreichen empirischen Basis beipflichtend erhoben, noch als Forschungsgegenstand angemessen isoliert und ohne Kontrollexperimente als auch Vergleichsdaten in der deduktiven Prüfung präsentiert werden.

    Stattdessen argumentiert die vorliegende Untersuchung mit der Korrespondenztheorie anhand eines Verhältnisses zwischen Theorie und Realität des sprachlichen Materials. Es handelt sich bei der vorliegenden Studie um eine einzelsprachlich orientierte, synchrone, sprachwissenschaftliche Untersuchung der deutschen Sprache und um eine wörterbuch- und corpusbasierte Forschung der kritischen Grammatikographie mit einer neueren corpuslinguistischen Methode bestehend aus einer Abfrageprozedur sowie einer Auswertung und Untersuchung. Als Kontrollexperimente und Vergleichsdaten zur Analyse der Kopulae und ausgewählten kopulaähnlichen Verben (bleiben; gelten; heißen; scheinen; sein; werden) dienen die Analyse der mitausgewählten Objektsprädikativverben (bezeichnen; heißen; nennen; schimpfen) sowie die Analyse vielfältiger potentieller Realisierungsformen der Objekts- oder Subjektsprädikative (ADJ(P)n; ADK(P)n; ADV(P)n; AJKPn; N(P)n; PART-I-(P)n; PPn), so dass unterschiedliche Ergebnisse erhalten werden können. Für die Datenerhebung wird der wörterbuch- und corpusbasierte, quantitativ-qualitative Ansatz³ gewählt. Die intendierten Untersuchungen der vorliegenden Studie basieren somit auf einer ausreichend großen Menge empirischer Sprachdaten, welche die Sekundärdaten in der vorliegenden Studie bilden. Anhand dieser werden die grammatikographischen Analysen nicht nur exemplarisch, sondern systematisch-empirisch durchgeführt.⁴ Dabei kommen

    eine empirische Datenerhebung,

    eine morphosyntaktische Analyse,

    operationale Testverfahren des linguistischen Strukturalismus und

    das Valenzmodell sowie die ‚Bedeutungsvarianten‘ nach Helbig

    zum Einsatz. Die Interdisziplinarität beschränkt sich auf eine Hinzuziehung der Philosophie zu explikativen sowie der Logik und Mathematik zu erklärenden als auch methodischen Zwecken. So schließt die vorliegende Studie aus, dass es sich bei der angewandten Methode bereits um das Ergebnis der empirischen Studie bzw. der Beleganalyse handelt, indem die

    aus der Mathematik und deren logischer Grundlagenforschung für die Ziele der vorliegenden Studie originär möglichst akkurat in die Linguistik übertragen werden. Dabei geht die vorliegende Untersuchung bewusst nicht a priori von der unbegründeten Annahme einer Existenz oder Nichtexistenz eines Homomorphismus zwischen Syntax und Semantik aus, sondern bemüht sich lediglich, die Begriffstheorie sowie Funktionenschreibweise logischer Prädikate in der deskriptiven Notation zunächst zu begründen und daraufhin probat anzuwenden. Die Darstellung der Analyseergebnisse erfolgt mit Hilfe

    eines Dependenzstemmas in Tabellenform

    des deskriptiven λ-Kalküls (Intensionsstruktur (IS); typisierte Intensionsstruktur (TIS); Normalform (NF)).

    Das Experimentieren mit dem sprachlichen Material klärt die Frage nach der Existenz oder Nichtexistenz traditioneller Kopula-Prädikativ-Komplexe a posteriori seitens einer Sinnebene und ordnet a priori jedem verbalen Signifikanten ein potentielles Signifikat zu, um die Konnexionsstrukturen und logisch-semantische Valenz in Kopula-Prädikativ-Komplexen zu untersuchen. Es ergibt sich schließlich nachfolgende mehrteilige zentrale Fragestellung:

    Sind die Sprachzeichen des Verbs in verschiedenen syntaktischen und semantischen Einbettungen als Zeichenketten homonym mit verschiedenen Signifikaten? Existieren inhaltsleere Signifikanten des Verbs ohne Signifikat? Konnotieren mehrere Signifikanten des Verbs ein einziges bestimmtes Signifikat?

    Welche syntaktischen Funktionen üben die Einheiten in Position der traditionellen Subjekts- und Objektsprädikative in verschiedenen syntaktischen und semantischen Einbettungen aus?

    Wie verhalten sich Zeichenkette, Sinnstruktur und Urteilscharakter einer natürlich- oder formalsprachlichen Äußerung zueinander?

    Welche Strukturen sind in Aussagesätzen bzw. Kohärenzfeldern der natürlichen Sprache auffindbar, und wie können die Prädikatenlogik Freges sowie der deskriptive λ-Kalkül Churchs als formalisierte Sprache akkurat zur Beschreibung dieser natürlichsprachlichen Strukturen verwandt werden?

    3

    Lemnitzer/Zinsmeister (2015: 34–37)

    4

    Vgl. Schierholz (2001: 1)

    5

    Church (1951)

    6

    Vgl. Kunze (1972: 14–17)

    3Erläuterungen zur Terminologie und Textgestaltung

    Wenn die Begriffe nicht richtig sind, so stimmen die Worte nicht; stimmen die Worte nicht, so kommen die Werke nicht zustande.

    (Konfuzius)

    Die Fachterminologie ist entweder vorausgesetzt oder im Fließtext erklärt, und die einleitenden Anmerkungen hierzu können nur unvollständig sein. In der vorliegenden Untersuchung wird zwischen Zeichen, Sinn und Bedeutung unterschieden. Die Termini Inhalt und Semantik werden hierbei derart verwendet, dass sie sowohl die Bedeutung als auch den Sinn umfassen können. Der Begriff Konnotation bezieht sich auf den Sinn eines Sprachzeichens, der Begriff Denotation referiert auf die Bedeutung desselbigen. Der Fachterminus Signifikant meint das Zeichen oder die Wortform, während das Signifikat ebenfalls entweder dem Sinn oder der Bedeutung zuzuordnen ist. Der Begriff Designat wurde aufgrund seiner potentiellen Assoziierbarkeit mit seinem Gegenbegriff Denotat in einem bilateralen Zeichenmodell weitgehend vermieden. Die Fachtermini Polysemie und Ambiguität werden als gleichbedeutend verwendet und stehen in der vorliegenden Studie für die Termini Polysemantizität, Mehrdeutigkeit sowie für die Mehrdeutigkeit als Implikation einer angenommenen Un- bzw. Unterbestimmtheit (auch: Un- bzw. Unterdeterminiertheit) oder Un- bzw. Unterspezifiziertheit eines Zeichenträgers. Der grammatische Fachbegriff Prädikativ wird beibehalten, muss jedoch von dem Begriff des logischen Prädikats sowie des grammatischen Prädikats unterschieden werden, weswegen ein in traditionellen Grammatiken syntaktisch oder semantisch hergeleitetes Prädikativ im empirischen Teil der Studie sowie in der Schlussbemerkung und im Anhang traditionelles Prädikativ genannt wird. Ebenfalls werden logisches Subjekt sowie grammatisches Subjekt differenziert, wobei ein logischer Gegenstand auch durch eine Person, d.h. ein Individuum repräsentiert werden kann. Der Terminus Argumentstelle bezeichnet in der vorliegenden Studie gemäß der in der Mathematik üblichen Ausdrucksweise grundsätzlich jede sättigbare Leerstelle einer Funktion bzw. eines Prädikats, eines Begriffs oder einer Beziehung, nicht nur diejenigen Valenzstellen obligatorischer Ergänzungen. Die Benennung Beziehung gilt auch für logische Prädikate in Funktionendarstellung mit mehr als zwei Argumentstellen. Der Terminus logisches Prädikat stellt den aussagen- und prädikatenlogischen Aspekt heraus, während der Terminus Funktion darauf hinweist, dass die Notation überdies der Mathematik entlehnt ist, und die Termini Begriff und Beziehung reflektieren eine Assoziation mit den Einheiten der natürlichen Sprache sowie der Begriffslogik. In den meisten Fällen sind in der vorliegenden Untersuchung für den betreffenden, mit den Termini logisches Prädikat, Funktion und Begriff bzw. Beziehung benannten Forschungsgegenstand die Bezeichnungen beliebig wählbar, da sie an der betreffenden Textstelle einander in der Sache entsprechen. Der Terminus Begriff wird an einigen Stellen statt der Termini einstelliger Begriff und mehrstellige Beziehung benutzt, da der Terminus Begriff grundsätzlich eine Entität der Begriffslogik sowie der Begriffsebene bzw. der Sinnebene bezeichnet, welche nach Frege mit einer Funktion assoziiert werden kann. Eine höherstufige Beziehung wird deshalb z.B. auch höherstufiger Begriff genannt. Die Termini Form und Ausdruck werden zumeist als gleichbedeutend verwendet. Des Weiteren wird in der vorliegenden Studie eine Differenzierung zwischen den Termini Komposition und Synthese vollzogen und das Adjektiv assertiv aus der Sprechakttheorie unter Präferenz des Adjektivs assertorisch nicht verwendet. Die morphosyntaktische Qualität setzt sich zusammen aus den morphosyntaktischen Merkmalen und der Wortart. Aufgrund der Theorie der verdeckten Kopula umfasst die Bezeichnung Kopula-Prädikativ-Komplex auch Verb-Objektsprädikativ-Komplexe, welche mit einem sogenannten Objektsprädikativverb gebildet sind. Bezüglich der Gestaltung und Typographie gilt es folgende Bemerkungen zu treffen. Auf eine Auszeichnung fremdsprachlicher Fachausdrücke (z.B. Accomplishments; BECOME-Lesart) wurde aufgrund fehlender typographischer Optionen verzichtet. Grammatikalisch falsche und nicht wohlgeformte Ausdrücke sind mit einem direkt vorangehenden Asterisk gekennzeichnet, während ein Fragezeichen in Klammern unmittelbar vor grammatikalisch fragwürdigen Ausdrücken steht. Eine veraltete Rechtschreibung in wörtlichen Zitaten und in aus diesen übernommenen, im Fließtext kursiv verfassten Exzerpten wurde nicht auf die aktuelle Rechtschreibung korrigiert, sondern im Original belassen. Es wird darauf hingewiesen, dass bei der wörtlichen Zitierung von Teilsätzen und Phrasen gemäß der typographischen Regeln nach Samac/Prenner/Schwetz zu Beginn und am Ende des Zitats keine Klammern mit Punkten eingefügt sind.⁷ In Absätzen mit mehreren wörtlichen Zitaten wurde damit eine Beruhigung des Schriftbildes erreicht. Auslassungen in wörtlichen Zitaten sind grundsätzlich anhand der Substitution […] markiert. Die sich in Position des Tiefindex befindlichen Angaben sind entweder kursiviert oder nicht kursiviert. Es sind nur diejenigen Tiefindizes kursiv, welche eine Eigenschaft des zugehörigen Zeichenträgers anzeigen (z.B. NPAKK), während Tiefindizes, welche die Eigenschaften anderer Zeichenträger angeben, z.B. Rektionsverhältnisse, unkursiviert sind (z.B. gebenDAT, AKK). Auszeichnungen in Kapitälchen sind ausschließlich den Literaturangaben vorbehalten, weswegen generell Kapitälchen in wörtlichen Zitaten stillschweigend in Versalien umgewandelt wurden. Für eine optische Hervorhebung der ermittelten traditionellen prädikativen Verhältnisse in der formalen Notation wurde in der Beleganalyse im Anhang des empirischen Teils der Studie (s. 10) die Schriftauszeichnung als Fettschrift und Unterstreichung der involvierten Entitäten gewählt. Im empirischen Teil der Untersuchung (s. 7; 10) werden Fachbegriffe vermehrt abgekürzt. Einige Abkürzungen und Symbole fachwissenschaftlicher Literatur anderer Autoren, die im Forschungsüberblick vorgestellt wird, sind dortig kurz erklärt, aber teilweise nicht in das Abkürzungs- oder das Symbolverzeichnis mitaufgenommen, da sie keine Relevanz oder Verwendung im theoretischen und empirischen Teil der vorliegenden Untersuchung haben. Die nummerierten und unnummerierten Beispiele dienen ausschließlich als linguistischer Forschungsgegenstand und geben keine Ansichten der Autorin vorliegender Monographie wieder. Die poetisch zu verstehenden Mottos unter den Überschriften als auch die Haltungen ihrer Verfasser tangieren nicht sachlich den Inhalt dieser Monographie und sind ebenfalls nicht mit der Autorin derselbigen zu identifizieren.

    7

    Samac/Prenner/Schwetz (2009: 104)

    4Der Kopula-Prädikativ-Komplex in der Fachliteratur

    In dieselben Fluten steigen wir und steigen wir nicht: Wir sind und sind nicht.

    (Heraklit)

    Im Folgenden wird ein Überblick über den Forschungsstand zu dem Gegenstand der Untersuchung, den Kopulae und kopulaähnlichen Verben in Kopula-Prädikativ-Komplexen im Deutschen dargelegt. Obwohl die vorliegende Untersuchung aufgrund des Konzepts der verdeckten Kopula (s. 5.3; 5.4) in Kopula-Objektsprädikativ-Komplexen Objektsprädikativverben mitumfasst, betrifft ein Untersuchungsergebnis insbesondere das Verb sein und die Theorie der Kopula. Im Forschungsüberblick sind demzufolge vor allem Studien zu den sogenannten Kopulaverben sein, werden und bleiben relevant. Die Philosophie- und Logikgeschichte ist für die Begutachtung der Fachliteratur von entscheidender Bedeutung, kann jedoch aufgrund verschiedener Prädikatsauffassungen nicht im Rahmen einer Vorstellung der sprachwissenschaftlichen und linguistischen Forschung zu Kopula-Prädikativ-Komplexen thematisiert werden, so dass diese Komponente im darauffolgenden Kapitel 5 Kopula und logische Prädikation detaillierter dargestellt wird. Da somit in der vorliegenden Studie der Fokus des Interesses auf der Theorie der Kopula und dem logisch-semantischen Status der Kopulae und kopulaähnlichen Verben liegt, wird für eine Präsentation der Forschung zu Kopula-Prädikativ-Komplexen eine Herangehensweise gewählt, welche die Kopula oder das kopulaähnliche Verb vor dem Prädikativ priorisiert. Die Prädikative stellen aufgrund ihrer definitorischen Abhängigkeit vom Konzept der Kopula sowie ihrer Affinität zum logischen Prädikat einer Proposition in sprachwissenschaftlicher Literatur eine formal sehr heterogene Kategorie dar, denn die logisch-philosophischen, semantischen und syntaktischen Untersuchungen bezüglich der Subjekt-Prädikat-Struktur, der Kopula sowie des Verhältnisses zwischen Prädikativ und Kopula gehen von variierenden Vorannahmen aus, ziehen demzufolge verschiedene Schlussfolgerungen und sollen deshalb hier nicht zum Ausgangspunkt eines strukturierten Forschungsüberblicks gemacht werden. Sämtliche Literatur zu Prädikativen ist semantisch-syntaktisch und hierbei insbesondere an der binaristischen Syntaxbeschreibung orientiert, mit Ausnahme einiger valenztheoretischer Publikationen, welche auch lexikalische Eigenschaften oder einen Argumentstatus traditioneller prädikativer Entitäten ansprechen. Eine Vorstellung von Forschungsliteratur zu Prädikativen im Deutschen sowie einen Vorschlag zur Klassifikation derselbigen bietet Dolinskas Dissertation Zur Klassifizierung der Prädikative.

    4.1Die Grammatiken des Deutschen

    Exemplarisch für Interpretationen der Kopulae, kopulaähnlichen Verben und Objektsprädikativverben sowie für verschiedene Auffassungen der Kopula-Prädikativ-Komplexe in deutschen Grammatiken wird im Folgenden eine Auswahl älterer und neuerer Grammatiken vorgestellt. Diese Auswahl von Grammatiken zur deutschen Sprache lässt sich anbetrachts der logisch-semantischen Struktur in Kopula-Prädikativ-Komplexen als Untersuchungsschwerpunkt der vorliegenden Studie primär in zwei Gruppen unterteilen:

    Diejenigen Grammatiken, welche eine binaristische Syntaxbeschreibung vornehmen, auf welche im Text als sogenannte traditionelle Grammatiken referiert wird (s. 4.1.1);

    jene Grammatiken, welche eine Syntaxbeschreibung vorschlagen, die Aspekte mit dem Potential aufzeigt, eine traditionelle binaristische Auffassung eines deutschen Aussagesatzes zu restrukturieren (s. 4.1.2; 4.1.3).

    Diese Einteilung erfolgt primär aufgrund der Analyse des Kopula-Prädikativ-Komplexes in den einschlägigen Grammatiken und nicht anhand der Analyse anderer syntaktischer und semantischer Deskriptionen, wie z.B. attributive Verhältnisse in Substantivgruppen oder Valenzverhältnisse, welche für adjektivische oder substantivische Nomen angenommen werden. Einige Grammatiken, die prima facie eine Zwischenstellung einnehmen, jedoch aus Sicht der Analysemethode der vorliegenden Studie nicht ausreichend konsequent restrukturierende Ansätze präsentieren und in einer binaristischen Syntaxbeschreibung verhaftet bleiben, werden im folgenden Überblick nicht explizit vorgestellt, da sie vor dem Hintergrund des theoretischen Rahmens der vorliegenden Studie zum Teil Widersprüche aufweisen oder keine kohärente Argumentation und Systematik verfolgen, was zu der Verdeutlichung der Zielsetzung der vorliegenden Studie nichts Konstruktives beiträgt. Stattdessen werden Ansätze dieser und weiterer Grammatiken an geeigneter Stelle im Text erklärend erwähnt und dortig Aspekte derselbigen dargelegt. Darüber hinaus sind die Grammatiken nach ihrem Erscheinungsdatum geordnet. Sämtliche Grammatiken werden neben ihrer Vorstellung im Forschungsüberblick detaillierter im theoretischen Teil der vorliegenden Studie besprochen. Insbesondere wesentlich restrukturierende Impulse in den Syntaxbeschreibungen der Grammatiken von Kern, Glinz und Erben werden ausführlich im theoretischen Teil der Studie behandelt.

    4.1.1Grammatiken mit binaristischer Syntaxbeschreibung

    Paul erwähnt die Kopula als Verbindungsglied zwischen Subjekt und „nominalem Prädikat"⁹, das durch die Verben sein oder werden repräsentiert werden kann. Sodann nennt er eine Kritik an dieser Auffassung, die sich in der Position äußert, das Verb auch in derartigen Kopulasätzen als Prädikat und das sogenannte nominale Prädikat als Bestimmung des Verbs anzuerkennen. Doch Paul erwidert diese Kritik mit dem Argument¹⁰, dass es zweifellos sei, dass „ein Satz wie der Affe ist ein Säugetier nicht aufgefaßt wird als ‚der Affe existiert als ein Säugetier‘, vielmehr ist das Verbum inhaltsleer und ein Säugetier wird in direkte Beziehung zu der Affe gesetzt."¹¹ Des Weiteren geht Paul von einer historischen Ausdehnung des Gebrauchs der Kopula aus, einen Zustand oder den Eintritt eines Zustands zu beschreiben und vergleicht derart gebildete Kopulasätze mit anderen Formen aus Sprichwörtern, die das nominale Prädikat in Auslassung der Kopula direkt an das Subjekt fügen (z.B. Träume Schäume; Bescheidenheit das schönste Kleid) und Kontruktionen mit der Formulierung je – je (desto) (z.B. je länger, je lieber; je eher, desto besser). Dies ist für Paul der Nachweis, dass die Kopula entbehrlich ist. Dennoch seien mit der Kopula „gewisse Vorteile"¹² verbunden. Diese behaupteten Vorteile sowie die Frage, weswegen die Kopula als sprachliches Zeichen realisiert wird, obwohl dieses inhaltsleer sein soll, thematisiert Paul nicht ausführlicher. Das nominale Prädikat geht nach Paul ein logisches Verhältnis mit dem Subjekt ein, das sich in einer Identifikation (z.B. der Mann ist mein Vater), in einer Einreihung und in der Zuordnung eines Charakteristikums (z.B. der Mann ist ein Schneider) äußert. Paul vergleicht dieses Verhältnis mit den frei an Substantive angeschlossenen attributiven Adjektiven.¹³ Prädikative Adjektive stellt Paul mit Adverben und präpositionellen Bestimmungen auf eine Stufe (z.B. das ist so/anders; er ist hier). Außer den Verben sein und werden schreibt Paul schließlich auch anderen Verben den „Charakter einer Kopula"¹⁴ zu. Dies sind die Verben bleiben und mhd. bestân, aber auch die Verben scheinen, dünken und heißen. Paul setzt das Verhältnis zwischen nominalem Prädikat und Subjekt dem Verhältnis zwischen Attribut und Substantiv gleich, da die Kopula auslassbar sei.¹⁵ Darüber hinaus konstatiert Paul, dass jedwedes Verb nicht zu den notwendigen Bestandteilen eines Satzes gehöre.¹⁶

    Unter dem Begriff Prädikatsergänzungen erfassen Schulz/Griesbach „Satzfunktionsteile, die außerhalb der Prädikate an der Bezeichnung eines Geschehens/Seins teilnehmen"¹⁷, und fahren fort: „Es sind zumeist ganz bestimmte Verben, die im Zusammenspiel mit Prädikatsergänzungen ins Prädikat treten. Ihnen verbleiben dann nur strukturale bzw. funktionale Aufgaben. Sie haben ihren Wortinhalt, den sie in anderen Zusammenhängen zum Ausdruck bringen, weitgehend aufgegeben und werden deshalb als Funktionsverben betrachtet."¹⁸ Anderweitig definieren Schulz/Griesbach die Gruppe der Verben mit Prädikatsergänzungen nicht, so dass verschiedenste Verben mit sogenannten austauschbaren Prädikatsergänzungen (z.B. Belgien liegt in Westeuropa) und festen Prädikatsergänzungen (z.B. er setzte die Maschine in Betrieb) auftreten.¹⁹ Unter dem Begriff der austauschbaren Prädikatsergänzungen erwähnen Schulz/Griesbach fünf Konstruktionen, die mit bekannten Kopulae und kopulaähnlichen Verben gebildet werden. Dies sind zunächst die Lokalergänzungen, die bei Geschehen die Richtung oder das Ziel nennen (z.B. er bleibt in der Stadt), die Temporalergänzungen, die bei zeitgebundenem Geschehen/Sein den Zeitraum oder den Zeitpunkt angeben (z.B. es ist neun Uhr; sie blieben drei Tage) sowie die Modalergänzungen, welche bei Geschehen/Sein die Art und Weise, den Zustand oder den Status aufzeigen (z.B. Peter ist krank; der Mann ist des Diebstahls verdächtig; wir sind deiner Meinung). Darüber hinaus führen Schulz/Griesbach den Prädikatsnominativ „nach Verben wie sein, werden, bleiben, sich dünken, heißen und scheinen"²⁰ an, der auf das Subjekt bezogen ist (z.B. dieses Gebäude ist ein Museum; ich werde Ingenieur; er dünkt sich ein Held; Herr Müller bleibt Vorsitzender des Vereins) und der nach einigen Verben mit der Konjunktion als angeschlossen ist (z.B. der Verkauf des Hauses stellte sich später als ein großer Fehler heraus). Des Weiteren erläutern Schulz/Griesbach den Prädikatsakkusativ, welcher mit den kopulaähnlichen Verben nennen, heißen, schelten, schimpfen, schmähen, taufen u.a. einen Komplex bildet (z.B. er nennt mich seinen Freund; wir glauben ihn Herrn der Lage; sie tauften ihr Boot ‚Schneller Pfeil‘) und der ähnlich wie der Prädikatsnominativ nach einigen Verben mit den Konjunktionen als und für auftritt (z.B. ich betrachte ihn als einen ehrlichen Menschen).²¹ Konstruktionen, welche Dolinska z.T. als Depiktive und Resultative²², d.h. als freie Prädikative listet, finden bei Schulz/Griesbach nicht unter dem Begriff der Prädikatsergänzung, eines AcI oder gar eines Prädikativs Erwähnung, sondern werden als Objektergänzungen bezeichnet, die jedoch mit Kopula-Konstruktionen umschrieben werden (z.B. ich sehe ihn fröhlich – er ist fröhlich; ich fand das Buch im Schrank – das Buch war im Schrank; er fühlte den Schmerz im Magen – der Schmerz war im Magen; wir hören die Kinder im Zimmer – die Kinder sind im Zimmer; sie färbt ihr Kleid grün – das Kleid wird grün).²³ Objektergänzungen, welche „die Beschaffenheit der mit dem Objekt genannten Person oder Sache"²⁴ bezeichnen, führen Schulz/Griesbach auf attributive Konstruktionen zurück (z.B. wir pflücken die Tomaten reif – die reifen Tomaten), wobei derartige Objektergänzungen nach bestimmten Verben ebenfalls mit den Anschlusselementen als oder für angefügt werden (z.B. wir kennen diesen Mann als ehrlich – dieser Mann ist ehrlich).²⁵

    Heidolph/Flämig/Motsch nennen lediglich diejenigen Verben, welche Subjektsprädikative zu sich nehmen, Kopulae. Die Kopula fassen sie gegenüber anderen Verben als „semantisch leer"²⁶ auf. Heidolph/Flämig/Motsch erwähnen, dass ausschließlich bei „bestimmten Verben"²⁷ Adjektiv-, Substantiv- oder Präpositionalgruppen auftreten²⁸, welche die syntaktische Funktion eines Prädikativs übernehmen und gemeinsam mit dem Verb das Prädikat P bilden.²⁹ Hierbei unterscheiden Heidolph/Flämig/Motsch zwischen Prädikativen, die sich auf das Subjekt beziehen (z.B. der Baum wird sehr hoch) und Prädikativen, die sich auf das Akkusativobjekt beziehen (z.B. man hat ihn einen Verräter genannt).³⁰ Nach Heidolph/Flämig/Motsch kann das Prädikativ, wenn es relationale semantische Merkmale enthält, Valenzträger für Adverbialbestimmungen und Objekte werden, ist aber selbst syntaktisch vom Kopulaverb gefordert.³¹ Nach Heidolph/Flämig/Motsch ist demzufolge das Prädikativ und nicht das Kopulaverb das einzige Satzglied, das gegenüber anderen Satzgliedern Valenzträger sein kann (z.B. die Familie war dortsässig; wir waren auf Veränderungen gefaßt; ich bin diesen Ärger los).³² Somit legen Heidolph/Flämig/Motsch auch dar, dass Prädikative in Sätzen mit einem Akkusativobjekt in der Regel ihre Valenzstelle nicht im Subjekt, sondern in diesem Akkusativobjekt haben und dass sich diese Prädikative gegenüber dem Akkusativobjekt genau so verhalten, wie sich prädikative Adjektive mit Kopulaverb zum Subjekt verhalten. An dieser Stelle nennen Heidolph/Flämig/Motsch nicht nur Sätze mit Verben des Bezeichnens und Benennens (z.B. man hat ihn einen Verräter genannt), sondern auch Konstruktionen mit Verben, die sogenannte „Resultats-Prädikative"³³ anschließen (z.B. Helga macht die Scheiben blank). Heidolph/Flämig/Motsch konstatieren, dass Substantivgruppen, die als Prädikative fungieren oder in prädikativen Präpositionalgruppen enthalten sind, auf denselben Gegenstand referieren wie die Substantivgruppe, welche die Bezugsphrase des Prädikativs, d.h. das Subjekt oder das Akkusativobjekt des Satzes, darstellt.³⁴ Eine genauere Differenzierung zwischen der innersprachlichen Referenz des Prädikativs auf seine Bezugsphrase im Aussagesatz und der Referenz der Substantivgruppen auf Denotate findet bei Heidolph/Flämig/Motsch an dieser Stelle nicht statt, doch fügen Heidolph/Flämig/Motsch hinzu, dass prädikative Substantive nicht auf Gegenstände referieren, wenn sie eine qualifizierende Funktion haben.³⁵ Angeblich trifft diese Referenzlosigkeit auf Substantive in bestimmten Ausdrücken zu (z.B. etwas zur Kenntnis bringen; etwas in Ordnung bringen). Derartige Konstruktionen gelten bei Heidolph/Flämig/Motsch als Streckformen. Nach Heidolph/Flämig/Motsch können prädikative Präpositional- und Substantivgruppen in Form von sogenannten Streckform-Prädikativen fungieren, denn sie selektieren ihre Referenz auf Gegenstände und weisen ähnliche Valenzeigenschaften wie Prädikative auf.³⁶ Heidolph/Flämig/Motsch schreiben außerdem den zugeordneten Verben eine kopulative Funktion als sogenannte Streckformen oder Funktionsverben zu³⁷, die in Verbindung mit dem Streckform-Prädikativ das komplexe Prädikat eines Satzes bilden, das dann als Komplex selektiv auf das Substantiv in Subjekt- oder auf das als latentes Subjekt fungierende Substantiv in Objektposition referiert (z.B. etwas zur Durchführung bringen; Anerkennung finden). In einer Streckform dienen nach Heidolph/Flämig/Motsch die Präpositionsgruppen bezüglich Akkusativobjekten (z.B. etwas zum Abschluss bringen) und die Substantivgruppen bezüglich Dativobjekten (z.B. jemandem Hilfe leisten) als Valenzträger, welche auch Leerstellen für weglassbare Ergänzungen eröffnen können (z.B. in Verwirrung (über etwas) geraten; Abschied (von jemandem) nehmen). Drei verschiedene Transformationen belegen nach Heidolph/Flämig/Motsch die Ähnlichkeit sogenannter Streckform-Prädikative mit regulären Subjekts- und Objektsprädikativen und begründen die syntaktische Funktion der Streckformen als Prädikativ anstatt als Präpositionalobjekt oder als adverbiale Richtungsbestimmung.³⁸ Das Prädikativ ist bei Heidolph/Flämig/Motsch generell als Funktionsname einer Wortgruppe genannt, die als mehrfunktionale Wortgruppe fungiert, deren direkt übergeordnete Wortgruppe die aktuelle Funktion der Wortgruppe in einem bestimmten Fall festlegt. Das Prädikat selbst ist hierbei eine einfunktionale Wortgruppe, die nicht mehrfunktional einsetzbar ist.³⁹ Das Prädikativ zu einem Akkusativobjekt gilt bei Heidolph/Flämig/Motsch nicht ebenfalls als Akkusativobjekt, sondern als Prädikativ mit Bezug auf ein Akkusativobjekt (z.B. man nannte ihn einen Scharlatan). Deshalb müssen derartige Konstruktionen nach Heidolph/Flämig/Motsch von Sätzen abgegrenzt werden, die zwei Akkusativobjekte aufweisen (z.B. er lehrte mich das Segeln). Der AcI wird bei Heidolph/Flämig/Motsch als einziges einheitliches Objekt aufgefasst (z.B. Peter sieht mich kommen).⁴⁰ Des Weiteren führen Heidolph/Flämig/Motsch die Adverbialbestimmung als Nebenfunktion einer Adjektiv- oder Adverbgruppe an, so dass die Funktionen Adverbialbestimmung und Prädikativ einander ausschließen und miteinander konkurrieren.⁴¹ Hierbei stehen Adjektive als Subjektsprädikative (z.B. das Kind ist gesund) mit kopulativen Verben (z.B. sein; werden; bleiben; scheinen). Ebenso wird Formulierungen, die Heidolph/Flämig/Motsch in Kopulasätze umformen, prädikativer Charakter zugeschrieben (z.B. der Raum steht leer – ‚ist leer‘). Adjektivische Objektsprädikative bilden nach Heidolph/Flämig/Motsch Verbindungen mit besonderen Verben (z.B. finden; heißen; nennen; sehen; schelten; schimpfen) und werden ebenfalls in Kopulakonstruktionen transformiert (z.B. Peter nennt den Sturz seines Freundes recht gefährlich – ‚der Sturz ist gefährlich‘). Demzufolge können Adjektive nach Heidolph/Flämig/Motsch auch mit anderen Verben (z.B. essen; lassen; liefern; machen; streichen; schienen; schlagen) komplexe Prädikate als Prädikative bilden (z.B. man streicht den Fußboden braun; man isst Apfel ungeschält; man lässt Speisen unberührt). Hierbei geben manche Adjektive ihre Selbständigkeit auf und gelten bei Heidolph/Flämig/Motsch als Verbzusätze bzw. Kompositionsglieder (z.B. schlägt tot/totschlagen; erhält aufrecht/aufrechterhalten) oder stehen mit intransitiven Verben als Resultativbestimmungen, die transitivierend einen Objektbezug herstellen (z.B. sich die Füße wund laufen; sich krank lachen).⁴² Heidolph/Flämig/Motsch konstatieren: „Es hängt von dem besonderen Valenztyp des Verbs ab, ob ein Prädikativ auftritt oder nicht. Für das Verb aber ist das Prädikativ valenznotwendig oder -unmöglich."⁴³ Im Gegensatz zu den adjektivischen Verbzusätzen führen Heidolph/Flämig/Motsch Adjektive und Konjuktionalphrasen mit dem Anschlusselement als und Substantiv als valenzunabhängige, sogenannte prädikative Attribute⁴⁴ an, die mit einem Vollverb auftreten und das Subjekt oder Akkusativobjekt lediglich „zur Zeit des vom Verb bezeichneten Geschehens"⁴⁵ charakterisieren, somit an dessen Telizität oder Atelizität gekoppelt sind⁴⁶ (z.B. die Urlauber kehren gut erholt zurück (d.h. gut erholte Urlauber)). Nach Heidolph/Flämig/Motsch sind diese Attribute prädikativ, da sie sich in eine prädikative Struktur mit einer Kopula umformen lassen (z.B. er isst die Würstchen warm – er isst die Würstchen, wenn/solange sie warm sind).⁴⁷ An dieser Stelle führen Heidolph/Flämig/Motsch an, in Sätzen mit objektbezogenen Prädikativen repräsentiere die Bezugsphrase Akkusativobjekt generell eine latente Subjektfunktion, die durch Umformungen oder Aufsplittung des Satzes in zwei Sätze mit Kopula und Prädikativ sichtbar gemacht werden kann (z.B. man trinkt den Kaffee heiß – man trinkt den Kaffee. Der Kaffee ist heiß).⁴⁸ Die Transformationsregel lässt sich jedoch nicht auf alle objektbezogenen Prädikative anwenden, so gelten bei Heidolph/Flämig/Motsch wiederum einige Konstuktionen als Prädikativkonstruktionen, obwohl sie nicht durch Umformungen oder Aufsplittung in zwei Sätze mit Kopula-Prädikativkonstruktion transformiert werden können (z.B. man hat ihn einen Verräter genannt; sie haben ihn zu ihrem Präsidenten gemacht/gewählt; man hat ihn als Vertrauensmann bestätigt; er wird als talentiert/als ein Talent betrachtet).⁴⁹ Schließlich merken Heidolph/Flämig/Motsch an, dass das Verb sein „nicht als Kopula zu betrachten [ist], wenn es die Identifizierung der Referenten zweier Substantivgruppen bezeichnet. […] In diesen Sätzen ist sein sowohl syntaktisch als auch semantisch Träger der Valenz."⁵⁰ (z.B. Paris ist die Hauptstadt von Frankreich; Klaus ist der Anstifter des Streichs).⁵¹

    Die Grammatik der deutschen Sprache von Jung⁵² spricht von Prädikativen, welche mit den sogenannten kopulativen Verben (z.B. sein; werden; scheinen; bleiben; heißen) oder mit Verben des Nennens (z.B. nennen; schelten; taufen; heißen) gemeinsam das Prädikat eines Satzes bilden. Hierbei verbinden sich manche dieser Verben mit dem Prädikativ durch ein Fügewort (als; für; zu) (z.B. wir halten den Mitarbeiter für einen gewissenhaften Menschen). An dieser Stelle erwähnt Jung Verben, die nicht zu der von ihm aufgestellten Liste der kopulativen Verben oder zu den Verben des Nennens gehören und fügt hinzu, dass einige reflexive und reflexiv gebrauchte Verben (z.B. sich dünken; sich fühlen; sich erweisen; sich nennen; sich zeigen) als auch bestimmte Bedeutungsvarianten einiger Verben (z.B. arbeiten; finden; machen; sehen; stehen; liegen; sterben) mit Prädikativen auftreten (z.B. er erweist sich zuverlässig; er zeigte sich als ein tapferer Mann; er arbeitet als Angestellter; die Gäste fanden die Speisen wohlschmeckend; wir sehen die Freunde fröhlich). Das Prädikativ muss nach Jung von Objekten unterschieden werden, da sich deren Bedeutung auf das Verb, die Bedeutung des Prädikativs jedoch stattdessen auf das Subjekt oder das Objekt des Satzes beziehe. Diesen Sachverhalt nennt Jung die syntaktisch-semantische Beziehung des Prädikativs, das dementsprechend als Subjektsprädikativ oder Objektsprädikativ gilt.⁵³ Jung merkt an, dass Schwankungen zwischen Prädikatsnominativ und Prädikatsakkusativ möglich sind, da sich das Prädikativ nach Jung bei unechten reflexiven Verben unmittelbar auf das Reflexivpronomen als Akkusativ und mittelbar auf das Subjekt im Nominativ beziehe (z.B. er zeigte sich als aufrichtiger (als aufrichtigen) Freund). In diesen Fällen entscheidet nach Jung der Sprecher, ob der Akkusativ oder der Nominativ stehen soll, je nachdem als zu welcher Bezugsphrase „gehörig"⁵⁴ das Prädikativ empfunden wird. Jung konstatiert, dass bei echten reflexiven Verben, deren Reflexivpronomen nicht austauschbar ist (z.B. sich benehmen; sich betragen; sich bewerben), der Nominativ stehen muss (z.B. er benahm sich als fairer Sportsmann) und bei nichtreflexiv gebrauchten, transitiven Verben der Akkusativ steht (z.B. die Belegschaft wählte ihn als Delegierten).⁵⁵ Das prädikative Attribut muss nach Jung vom Prädikativ unterschieden werden, da es bei „vollbedeutenden Verben⁵⁶ steht, und da es „ohne Änderung der Verbbedeutung weggelassen werden oder als Attribut zum Subjekt oder Objekt des Satzes treten oder in einen Nebensatz ausgegliedert werden [kann]⁵⁷. Sowohl das Prädikativ als auch das prädikative Attribut „bezeichnen immer Merkmale, die vom Subjekt oder Objekt des Satzes bezeichnet werden"⁵⁸ (z.B. er liebt den Kaffee heiß (= liebt heißen Kaffee, Attribut)). Modalbestimmungen hingegen drücken nach Jung „Merkmale der Prozesse aus, die vom Verb im Satz bezeichnet werden"⁵⁹ (z.B. er liebt das Mädchen heiß (= heißes Lieben bzw. heiße Liebe, Modalbestimmung)). Die Abgrenzung zwischen Modalbestimmung und der Angabe eines Merkmals der Bezugsphrase durch das Prädikativ ist nicht immer möglich und nach Jung nicht anhand einer wie-Frage zu entscheiden. Jung unterschiedet vier Bedeutungen des Prädikativs. Erstens, das Prädikativ kennzeichnet als Prädikatssubstantiv einen Namen, die Funktion oder die Begriffsklasse der Bezugsphrase (z.B. mein Freund heißt Fritz). Zweitens, das Prädikativ nimmt die Einordnung in eine Gattung vor (z.B. Tischlerei ist ein Handwerk). Drittens, die Zuordnung Subjekt – Prädikatssubstantiv stellt ein Werturteil dar (z.B. er ist ein Prachtkerl). Viertens kann nach Jung das Prädikativ als Prädikatsadjektiv ein Merkmal der Bezugsphrase kennzeichnen, wobei es möglich ist, dass ihm ein Substantiv im Genitiv oder eine Präpositionalfügung nahesteht (z.B. der Boden war hart; die Tür bleibt geöffnet; der Lehrer schilt den Jungen faul).⁶⁰ Bezüglich des Prädikatsadverbs⁶¹ nennt Jung kein Beispiel, doch er erwähnt schließlich, dass kein Prädikativ an das Verb angeschlossen wird, wenn das Verb sein die Bedeutung existieren, leben, wohnen oder bestehen aus hat, sondern dass es sich in diesen Fällen um eine Adverbialergänzung handelt (z.B. er war lange unterwegs; der Tisch ist aus Eichenholz). Wenn das Verb sein die Bedeutung gehören aufweist, so schließt es nach Jung ebenfalls kein Prädikativ, sondern ein Objekt an (z.B. der Garten ist meinen Eltern). Das Verb bleiben kann nach Jung die Bedeutung verweilen besitzen, was dazu führt, dass es ebenfalls in diesen Fällen kein Prädikativ, sondern eine Adverbialergänzung (z.B. ich bleibe dort/daheim/zu Hause) anschließt.⁶²

    Nach Zifonun et al.⁶³ sind Kopulae (z.B. sein; werden; bleiben) und kopulaähnliche Verben (z.B. heißen; gelten; aussehen; nennen; finden; halten für) Verben, die „einen vergleichsweise geringen Beitrag zum Aufbau der Satzbedeutung [leisten]: sie denotieren über die bloße Existenz des Subjekts-Denotats hinaus nur Komponenten wie Veränderung, (gruppenbezogene) Gültigkeit oder Modus der Existenz. Erst zusammen mit der Prädikativbedeutung denotieren sie ein vollständiges Prädikat."⁶⁴ Außerdem fassen Zifonun et al. bestimmte verfestigte Prädikate, bestehend aus Kopulaverb und einer Präpositionalphrase als Funktionsverbgefüge mit Kopula auf, in welchen wie bei adverbialen Prädikativen die Nominalphrase einer Selektion bezüglich Numerus, Artikel, Attribuierung, Verwendungsmöglichkeiten von Präpositionaladverbien als Verweisformen sowie Erfragbarkeit unterliegt (z.B. an der Reihe sein; auf Achse sein). In den Funktionsverbgefügen mit Kopula gilt das Verb als auch die Präpositionalphrase als desemantisiert, und es liegt, im Gegensatz zu adverbialen Prädikativen, nach Zifonun et al. Präpositionskonstanz vor. Derartige Präpositionalphrasen gelten nach Zifonun et al. nicht als Argument, sondern als „Bestandteil[e] eines semantisch einfachen, aber formal komplexen idiomatischen Prädikats"⁶⁵ und besitzen keinen echten Komplementstatus. Außerdem nennen Zifonun et al. transitiv-kausative Strukturen mit resultativer Lesart, deren Akkusativkomplement der semantischen Selektion des Verbs unterliegt sowie Bezugsphrase eines Verbgruppenadverbials ist, als Komplementklasse (z.B. der Prinz küsst Dornröschen wach/aus dem Schlaf).⁶⁶ Des Weiteren erwähnen Zifonun et al. sogenannte spezifizierte Prädikate als Verbgruppenadverbiale mit Komplementbezug, welche das Prädikat genauer bestimmen (z.B. sie brachte die Suppe heiß herein). Bezüglich der spezifizierten Prädikate unterscheiden Zifonun et al. zwischen Konstruktionen mit Verben, welche als Vollverb interpretiert werden und in welchen die Spezifikation das Vollverb betrifft (z.B. die Kleinen schliefen fest) und Konstruktionen, welche mit Hilfsverben oder einem als Kopula aufgefasstem Verb gebildet sind (z.B. Janis ist sehr stark; Friedrich war ganz König). Eine Spezifikation wird bei Letzteren nach Zifonun et al. nur in Bezug auf das Adjektiv, das Substantiv bzw. die Substantivgruppe oder das Adverbiale anerkannt, da die Hilfs- und Kopulaverben als nicht spezifizierbar gelten.⁶⁷ Auf den Fall derartiger Konstruktionen mit einem ausgezeichneten Vollverb (z.B. die Kinder schliefen sehr fest), für welche ebenfalls angenommen werden kann, dass lediglich das Adverbiale, das Adjektiv oder eine Substantivgruppe spezifiziert werden, ohne dass eine Spezifikation des Vollverbs erfolgt, gehen Zifonun et al. an dieser Stelle nicht ein. Zifonun et al. konstatieren, dass Verbgruppenadverbiale keinen attributiven Charakter besitzen, denn im Unterschied zu Elementen, welche ein Nomen näher bestimmen und aus diesem Grund terminologisch als Attribut gelten, betonen Zifonun et al., dass sich das Adjektiv als Verbgruppenadverbial (z.B. hungrig in das Kind kam hungrig nach Hause) neben dem nominalen Komplement auf das Prädikat bezieht.⁶⁸ Schließlich wird eingeräumt, dass die Ansatzpunkte für Spezifikationen in komplexen Prädikaten variabel oder schwer feststellbar sind (z.B. sie gaben ihm schnell Bescheid) und dass eine Zuordnung auch durch die Stellung in der linearen Abfolge im Satz erreicht werden kann (z.B. schnell und zufrieden fuhren sie nach Hause vs. schnell fuhren sie zufrieden nach Hause).⁶⁹ Zifonun et al. separieren Kopulaverben (z.B. sein; werden; bleiben) von Hilfs-, Funktions- und Modalverben als spezifische Verbguppe, die „kombiniert mit einem unflektierten Adjektiv, einer Adkopula, einem Adverb oder einem Substantiv, die phrasal erweitert sein können, als Komplement (‚Prädikativ‘) den Prädikatsausdruck (groß werden, quitt sein, dort sein, Bäcker bleiben)"⁷⁰ bilden. Zudem nennen Zifonun et al. existimatorische Verben, die Aspekte der Wahrnehmung ausdrücken (z.B. ansehen; betrachten; bezeichnen; empfinden; verstehen als).⁷¹ Die Adkopula (z.B. fit; gewillt; leid; pleite; quitt; schade; schuld u.a.) ist nicht flektierbar und nicht attributiv verwendbar, kann jedoch unter Umständen als Adverbial fungieren (z.B. barfuß in sie geht barfuß). Hierbei bildet nach Zifonun et al. die Kopula mit der Adkopula ein minimales Prädikat.⁷² Insgesamt zeigen Prädikative die vielfältigsten Realisierungsmöglichkeiten aller Komplementtypen⁷³ und „bilden formal eine relativ uneinheitliche Kategorie, die sich aber semantisch recht gut als eine Klasse beschreiben läßt."⁷⁴ Hierbei stellen die Prädikative keine Argumente, da sie Bestandteil des Prädikats sind und aus diesem Grund keinen Sachverhaltsbeteiligten denotieren können. Das Prädikat wird von Kopula und Prädikativ zusammen gebildet wobei semantische Restriktionen nur vom Prädikativ als dem lexikalisch spezifizierten Element ausgehen können. Eine autonome Kodierung tritt nur bei prädikativen Zuschreibungsrelationen auf, die von einer adverbialtypischen Relation überlagert werden. Besondere Aufmerksamkeit widmen Zifonun et al. den sogenannten adverbialen Prädikativen. Zifonun et al. definieren dazu die Subklassen situativer (z.B. lokal: der Nikolaus ist vor der Tür/draußen/bei uns; z.B. temporal: Weihnachten ist am 24. Dezember/morgen/diesen Montag), direktiver (z.B. Jockel ist aus Mannheim), dilativer (z.B. die Übung ist von 9 bis 11), kausaler (z.B. die ganze Mühe ist nur wegen dir/weil du nicht da warst), finaler (z.B. dies Konzert ist für Elise/zum Entspannen), komitativer (z.B. Ober, das Bier ist ja ohne Schaum) und konditionaler (z.B. Humor ist, wenn man trotzdem lacht) adverbialer Prädikative.⁷⁵ Zifonun et al. merken an, dass in derartigen adverbialen Konstruktionen das entsprechende Kopulaverb in der Regel nicht in Kommutation mit anderen Kopulaverben steht und Bedeutungsnuancen aufweist, „die über das Denotat der bloßen Eigenschaftszuschreibung hinausgehen. Vielmehr läßt sich die Kopula hier mit Existenzverben oder Situierungsverben paraphrasieren, die jeweilige Bedeutungsnuance wird dabei durch den semantischen Subtyp des Prädikativkomplements gesteuert.⁷⁶ Bei adverbialen Prädikativen mit Kopula ist nach Zifonun et al. festzustellen, dass es sich „um semantisch relativ blasse Prädikate, die über die Existenz des Subjekt-Denotats hinaus oft nur einen Modus des Existierens spezifizieren⁷⁷, handelt. Bezüglich aller anderen Realisierungsformen der Prädikative ist nach Zifonun et al. keine autonome Kodierung zu beobachten, weswegen Valenzbindungseigenschaften zwischen Kopula oder kopulaähnlichem Verb und Prädikativkomplement nicht angenommen werden. Nach Zifonun et al. prädizieren Prädikativkomplemente über den von einem Subjekt oder Akkusativkomplement denotierten Gegenstand, wobei eine Eigenschaftszuweisung durch eine Mengenzuordnung des Gegenstands oder eine Einordnung des Gegenstands oder einer Teilmenge in eine Klasse erfolgt. Den Ausdruck einer Gleichsetzung von Gegenständen oder Mengen hingegen weisen Zifonun et al. entschieden zurück. Nach Zifonun et al. etablieren Identitätsaussagen (z.B. sie ist seine Mutter; Menschen sind sprachfähige Säugetiere), eine der Eigenschaftszuschreibung verschiedene Relation, die dem Prädikativ echten Argumentstatus verleiht und in welcher dasselbige kein Teil eines Prädikats ist. Schließlich merken Zifonun et al. an, dass die von den Kopulaverben ausgehenden Bindungsrelationen noch ungeklärt sind. Dennoch nehmen Zifonun et al. eine besondere Art von Fixiertheit der Prädikativkomplemente zu den Kopulae und kopulaähnlichen Verben an, die sich darin äußert, dass bei Eliminierung des Prädikativkomplements angeblich der Restausdruck ungrammatisch wird oder einer Bedeutungsveränderung unterliegt, so dass die Eliminierung in Existenzaussagen (z.B. ich denke, also bin ich; stirb und werde; wenn ich nicht wäre!) resultiert.⁷⁸

    Götze spricht in seiner Grammatik der deutschen Sprache⁷⁹ von Konstruktionen, die er mit „Verb + Subjekt + Einordnungsergänzung⁸⁰, „Verb + Subjekt + Akkusativergänzung + Einordnungsergänzung⁸¹, „Verb + Subjekt + Artergänzung⁸², „Verb + Subjekt + Akkusativergänzung + Artergänzung⁸³ sowie „Verb + Subjekt (+ Akkusativergänzung) + Infinitivergänzung"⁸⁴ umschreibt. Die Einordnungsergänzung steht mit dem Verb und dem Subjekt für den sogenannten Gleichsetzungsnominativ, das Subjektsprädikativ, das Prädikatsnomen oder das Prädikativ. Nach Götze wurde die Bezeichnung Einordnungsergänzung gewählt, da es sich um konstitutive Bestandteile eines Satzes handelt, mit denen eine Person, ein Ding oder ein Abstraktum einer Klasse zugeordnet wird (z.B. Vera ist Lehrerin; Köttgeisering ist ein Dorf). Wie das im vorigen Satz genannte Beispiel zeigt, steht nach Götze die Einordnungsergänzung als Berufsangabe mit dem Nullartikel. Die Einordnungsergänzung tritt mit den Verben sein, werden, bleiben sowie mit zahlreichen weiteren Verben (z.B. arbeiten; sich ausgeben; sich erweisen; gelten etc.), welche die Elemente als, wie, nach, zu und in anschließen (z.B. das Eis zerfloss zu Wasser), auf. Die Erweiterung um die Akkusativergänzung kann mit oder ohne Präposition oder Vergleichselement auftreten. Die Verben finden, heißen, nennen, rufen, schimpfen, taufen bilden diesen Komplex ohne Präposition oder Vergleichsergänzung (z.B. wir nennen ihn einen großen Künstler), die Verben erklären und halten schließen die Einordnungsergänzung mit den Elementen für oder als an (z.B. wir erklären seine Worte für Blödsinn; ich halte das für eine Zustimmung). Resultative Verben treten mit den Elementen zu, in und aus auf (z.B. wir betrachten das als Nebensache; sie haben ein blühendes Land in eine Wüste verwandelt). Hierzu nennt Götze zahlreiche resultative Verben (z.B. umbauen; zusammenbinden; schrauben; kleben; verbessern; verändern; umschulen; ausbilden; zerdrücken). Bezüglich der Konstruktionen mit einer Artergänzung merkt Götze an, dass dabei die Valenz des Verbs sowie die Valenz des Adjektivs zusammentreffen (z.B. sie ist intelligent; die Tochter gilt als hübsch; sie essen die Fische gebraten). Götze identifiziert die Artergänzung als Attribut zum Akkusativ und verneint einen Verbbezug.⁸⁵ Zudem sind die Verben sein, werden, bleiben, scheinen usw. nach Götze „weitgehend bedeutungsentleerte[n] Hilfsverben"⁸⁶, so dass es sich nach Götze nicht um eine Artergänzung des Verbs handeln kann, sondern das Subjekt oder andere Ergänzungen werden als Ergänzung der Adjektivvalenz eingestuft (z.B. sie ist intelligent; er war seiner Frau sicher; mein Freund ist überlegen; wir sind die Sorgen los; wir sind stolz auf unsere Kinder).⁸⁷

    Die deutsche Grammatik von Wellmann⁸⁸ erwähnt das Subjektsprädikativ als Gleichsetzungsnominativ (z.B. Hans wird/ist/bleibt Elektriker) und schlägt für einige Beispielsätze einen Substitutionstest vor (z.B. das Buch gilt als leicht verständlich mit dem Substitutionstest: das Buch ist leicht verständlich/gilt als solches). Nach Wellman erzeugen die Verben sein, werden, bleiben, scheinen, heißen, sich fühlen als, gelten als und erscheinen als Subjektsprädikative, ebenso beziehen sich grammatisch freie Adverbien nach Wellman semantisch auf das Subjekt und können mit in einer Probe umschrieben werden (z.B. Mutter stellt den Braten mürrisch auf den Tisch mit der Umschreibung: die mürrische Mutter).⁸⁹ Das Objektsprädikativ gilt nach Wellman als Gleichsetzungsakkusativ und tritt mit den Veben nennen, benennen, bezeichnen (als), ansehen (als) und halten (für) auf (z.B. das Geißblattgewächs nennt man auch ‚Jelängerjelieber‘ mit dem Substitutionstest: Man nennt es auch so). Auch Adjektive fasst Wellman in derartigen Sätzen syntaktisch als freie Adverbien auf, semantisch jedoch bezögen sie sich auf das Akkusativobjekt (z.B. Mutter stellt den Braten kalt auf den Tisch mit der Umschreibung: den kalten Braten). Dennoch und in scheinbarem Widerspruch dazu appelliert Wellman für eine Unterscheidung zwischen der rein attributiven und der rein prädikativen Verwendung eines Adjektivs (z.B. wir sind frei). Wenn derartige prädikative Adjektive von kausativen oder nicht kausativen Handlungsverben angeschlossen werden, beziehen sie sich nach Wellmann auf das Akkusativobjekt.⁹⁰ Wenn daraus eine „ganz neue Bedeutung hervorgeht, werden sie auch zusammen geschrieben: j-n festnehmen, etw. festsetzen, […], gesundbeten. Bei dieser Zusammenschreibung ist eine absolute (nicht komparierbare) Bedeutung des Adjektivs gemeint."⁹¹ In allen anderen Fällen bezieht sich nach Wellman das Adjektiv formal auf das Prädikat, semantisch jedoch als prädikatives Subjekt-Attribut (z.B. meine Tante kam gesund in Baden-Baden an Probe: die zu diesem Zeitpunkt gesunde Tante) auf das Subjekt oder als prädikatives Objekts-Attribut (z.B. ich esse den Fisch auch roh Probe: ich esse auch rohen Fisch) auf das Objekt.⁹²

    Welke erwähnt in den Beispielen seiner Valenzgrammatik des Deutschen⁹³ lediglich das Verb sein als Kopulaverb, welches ein Subjektsprädikativ anschließt (z.B. Emil ist froh). Als Prädikative listet Welke Subjekts- und Objektsprädikative sowie freie Prädikative.⁹⁴ Dabei erklärt Welke: „Subjekts- und Objektsprädikativa sind einerseits Argumente des übergeordneten Prädikats. Andererseits sind sie, wie der Name Prädikativum sagt, (in semantischer Hinsicht) wie das freie Prädikativ Prädikate zu Argumenten (dem Subjekt oder dem Akkusativobjekt)."⁹⁵ In der Analyse einer Subjektsprädikativkonstruktion (z.B. Emil ist froh) gesteht Welke dem Verb sein einen Status als Valenzträger zu und wertet das Subjekt sowie das Prädikativ als Argumente in valenziellen Leerstellen der Kopula. In seiner Analyse der Subjektsprädikativkonstruktionen bezieht Welke die Valenz des Verbs sowie des prädikativen Adjektivs mit ein und zeichnet das Subjekt auch als Argument des prädikativen Adjektivs aus. Dies kennzeichnet Welke mit der Abkürzung (für: kopiere), und notiert damit, dass eine valenzielle Leerstelle zur Sättigung durch das Subjekt mit der Valenz der Kopula und ein zweites Mal mit der Valenz des als Argument der Kopula fungierenden prädikativen Adjektivs, gegeben ist.⁹⁶ Die Abgrenzung zwischen Objektsprädikativ und freiem Prädikativ ist bei Welke jedoch immer klar formuliert. So fasst Welke einige Objektsprädikativkonstruktionen in Sätzen als relativ frei hinzutretend auf (z.B. Karlchen isst den ganzen Teller leer; er isst sich durch den Brei).⁹⁷ Schließlich erwähnt Welke, dass eine Valenzgebundenheit des Objektsprädikativs durch eine Bedeutungsvariation des regierenden Verbs verursacht sein kann (z.B. Emil nennt/findet Anton; Emil nennt/findet Anton blöd; Emil betrachtet das Bild; Emil betrachtet das Bild als gefälscht).⁹⁸ Weiter führt Welke aus: „Teil der Unterscheidung von freien Prädikativa und Objektsprädikativa scheint der Umstand zu sein, dass Objektsprädikativa Argumente sind. Wenn aber viele Objektsprädikativa nicht-lizenzierte Argumente sind und sich nur durch die semantisch begründete Argumentbindung auszeichnen, ist auch die Unterscheidung zwischen freien Prädikativa und Objektsprädikativa problematisch. Die formalen Kriterien der Valenztheorie, Obligatheit und Subkategorisierung (Rektion), versagen weitgehend. Auch Obligatheit liegt nicht vor, im Gegensatz zu statischen Lokaladverbien, die ebenfalls nicht subkategorisieren, in einigen Fällen jedoch obligatorisch sind: […] Emil wohnt in Berlin.⁹⁹ So gelangt Welke zu der Ansicht, dass „Adjektive […] als Objektsprädikativa nur unter der Sonderbedingung obligatorische [sind], dass sie zusammen mit einem Akkusativobjekt und dem betreffenden übergeordneten Verb genau den Typ von Resultativkontruktionen bilden, der von der Valenztheorie bislang nicht erfasst wird, weil beide, das Akkusativobjekt und das Objektsprädikativ, nicht lizenziert [auch: nicht valenzgebunden] sind: Emil quatscht seinen Freund besoffen.¹⁰⁰ Dennoch gelten nach Welke auch einige Objektsprädikative in Resultativkonstruktionen als nicht lizenziert (z.B. er hobelt das Brett; er hobelt das Brett glatt). Des Weiteren bemerkt Welke die semantische Selektion des Akkusativobjekts, welches als Bezugsphrase für das Objektsprädikativ dient (z.B. Emil isst den Teller leer vs. Emil isst den Apfel) und dass prädikative Adjektive in einem Satz mit Direktiv nur als freies Prädikativ realisiert werden können (z.B. er malt das Bild; er malt das Bild auf die Tapete).¹⁰¹ Schließlich resümiert Welke, dass „resultative Objektsprädikativ-Konstruktionen als nicht-lizenzierte Argumenterweiterungen¹⁰² zu gelten haben. Betreffs der freien Prädikative konstatiert Welke: „Bei einem Adjektiv, das als freies Adjektiv und Modifikator verwendet wird, fügt ein Hörer dem syntaktischen Bezug des Adjektivs auf das Verb durch konzeptionelle Anpassung eine semantische Interpretation hinzu. Das Adjektiv erhält dadurch zu dem syntaktischen auch einen semantischen Bezug auf das Verb. Es erhält des Weiteren einen nur semantischen, weil formal-syntaktisch nicht indizierten Bezug auf das Subjekt oder Objekt des Satzes. Objektsprädikativa und freien Prädikativa ist gemeinsam, dass eine konzeptionelle Anpassung notwendig ist.¹⁰³ Zuletzt beschließt Welke, für die Fälle von Konstruktionen mit freiem Dativ, freiem Akkusativ, freiem Direktivum und Objektsprädikativ, den „festen Boden der projektionistischen Grammatiktheorie zu verlassen und eine Lösung durch Integration des konstruktionsgrammatischen Ansatzes zu suchen."¹⁰⁴, ¹⁰⁵ Im argumentativen Rahmen der Konstruktionsgrammatik kommt Welke zu dem Schluss, dass es sich bei freien Dativen, nicht-lizenzierten Direktiven und nicht-lizenzierten Objektsprädikativen um Argumente und nicht um freie Angaben handelt. Die Hauptargumente hierfür sind nach Welke, dass es sich bei Objektsprädikativkonstruktionen um idiomatisch und ideosynkratisch eingeschränkte Konstruktionen mit geringen Variationsmöglichkeiten handele und dass deshalb nach Welke eine semantische Anpassung des Verbs an die zu realisierende Konstruktion vorgenommen werden muss, die nicht bei jedem beliebigen Verb möglich sei.¹⁰⁶

    Eisenberg¹⁰⁷ definiert die Kopulaverben über ihr Vorkommen mit einem adjektivischen oder substantivischen Prädikatsnomen und grenzt sie von Vollverben und Modalverben ab. Zu den Kopulaverben zählt Eisenberg ausschließlich die Verben sein, werden und bleiben.¹⁰⁸ Die Semantik dieser Verben gibt Eisenberg kurz folgendermaßen an: „Schreibt man sein als Kopula eine Funktion ganz allgemeiner Art zu wie ‚Prädikation besteht‘, dann hat werden die Bedeutung ‚Prädikation tritt ein‘ und bleiben die Bedeutung ‚Prädikation besteht weiter‘. Werden hat mit dem ingressiven/inchoativen und bleiben mit dem durativen jeweils ein spezielles Bedeutungselement gegenüber dem neutraleren sein, sie sind gegenüber sein semantisch markiert"¹⁰⁹ Für detaillierte Erklärungen zur Semantik der Verben sein, werden und bleiben verweist Eisenberg lediglich auf Maienborn¹¹⁰ und Steinitz¹¹¹ (s. 4.2.1; 4.2.2). Darüber hinaus erwähnt Eisenberg, dass Kopulaverben, insbesondere das Verb sein, außer mit einem Prädikatsnomen in zahlreichen anderen Kontexten (z.B. ich denke, also bin ich; Gott ist; er ist des Wahnsinns; das Problem ist zu lösen; die Tür ist offen/geöffnet/geöffnet worden)¹¹² auftreten, wofür er auf die Listen möglicher Konstruktionen in Helbig¹¹³ und Zifonun et al.¹¹⁴ (s.a. 4.1.1; 4.1.2) verweist.¹¹⁵ Ungeachtet der Referenz auf obig genannte Literatur zur Semantik der Kopulae, erklärt Eisenberg: „Ob man hier andere Verben sein neben der Kopula ansetzen, oder bei einem einzigen Verb bleiben sollte lassen wir offen¹¹⁶. Anschließend führt Eisenberg eine Reihe von Verben an, welche den Kopulaverben „syntaktisch und semantisch ziemlich nahe¹¹⁷ kommen. Hierzu nennt Eisenberg die Verben aussehen, sich dünken, klingen und schmecken, welche nach Eisenberg ein adjektivisches Prädikatsnomen zu sich nehmen, die Verben heißen und sich dünken, welche nach Eisenberg einem substantivischen Prädikatsnomen

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