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Grenzbereiche: Schatten der Vergangenheit
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eBook305 Seiten3 Stunden

Grenzbereiche: Schatten der Vergangenheit

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Über dieses E-Book

Griminalrad. So nennen Hauptkommissar Langer und Kommissar Staudinger aus Freyung spontan ihren neuen Chef. Sie werden mit ihm nicht nur innerbayerische Sprachgrenzen austesten. Ermittlungen jenseits von Einbruchsdiebstählen, Verkehrsunfällen und Schmuggel aller Art nehmen rasant an Fahrt auf. Sie führen vom Bayerischen Wald bis an die Ostsee. Über ganz persönliche Grenzbereiche hinaus.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum29. Feb. 2024
ISBN9783947171644
Grenzbereiche: Schatten der Vergangenheit

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    Buchvorschau

    Grenzbereiche - Barbara Kreuß

    Prolog

    Das Licht zwängte sich durch die Lamellen der Verdunklung und zeichnete schwarze Schattenstreifen auf seine Bettdecke. Sie wanderten allmählich dem tiefen Zimmerschatten entgegen.

    Es waren 37 schräge Balken. Das ergab 10, Prüfziffer 1.

    Ist das Licht noch dasselbe, wenn es so zerschnitten wird?

    Er hing dem Gedanken nach.

    Und wie ist das mit der Luft, die durch ein Fliegengitter in den Raum kommt?

    Wird sie gesiebt?

    Hat sie noch alle ihre Bestandteile?

    Er war zu solch müßigen Gedanken verurteilt, denn sonst blieb ihm nichts.

    Weil er mit dicken Ledergurten festgeschnallt war, konnte er sich auch nicht bewegen.

    Nichts tun.

    Januar

    Der Wind strich über die Fichtengipfel. Aus dicken dunkelgrauen Wolken fiel zeitlos Schnee.

    In der Pension am Wald brannte Licht.

    Gesine Langer saß am Schreibtisch und erledigte die Post.

    Heute war sie nicht ganz bei der Sache.

    Immer wieder blickte sie hinaus in den tiefverschneiten Garten. Es fielen dicke weiße Flocken aus dem schmutziggrauen Januarhimmel.

    Spät war der Schnee in diesem Winter gekommen. Die Gäste hatten schon bei der Buchung ungeduldig gefragt, wieviel denn nun liege. Aber die weiße Pracht hatte sich bis zum zweiten Weihnachtsfeiertag Zeit gelassen. Dann kam sie allerdings mit Macht. Schon nach zwei Tagen begannen sich die Leute zu beklagen. Ja, nicht einmal das Wetter konnte es allen Leuten recht machen.

    Gesine senkte den Kopf wieder und ordnete die Dezemberbelege für die Buchhaltung. Eigentlich konnte sie zufrieden sein. Das Haus war ausgebucht bis Mitte März, dann würde es ruhiger werden. Die Restaurantgäste kamen regelmäßig und unabhängig von der Witterung. Familienfeste und Betriebsfeiern hatten sie sowieso das ganze Jahr über.

    Der dichte Flockenfall und das typisch gelbliche Schneelicht wirkten einschläfernd. Nicht nur das. Gestern war es wieder spät geworden.

    Geburtstagsfeiern zogen sich hin.

    Gesine dehnte sich ein wenig und stand auf.

    Sie holte einen Ordner aus dem Regal und kehrte zum Schreibtisch zurück.

    Seltsam, der Blick aufs neue Jahr erfüllte sie mit tiefem Unbehagen. Das ging schon eine ganze Weile so.

    Auch vergangene Nacht hatte sie wieder diesen bedrückenden Traum gehabt, der sie schon die ganze letzte Zeit verfolgte. Sie saß in einer kleinen Kammer auf einem unbequemen Stuhl, als hätte man sie weggesperrt. Und dann rückten Wände und Decke immer näher auf sie zu und drohten sie zu zerquetschen. Es war beklemmend und verstörend. Und dann war es plötzlich so weit. Wände und Decke berührten sie. Sie war so eingeengt, dass sie fast keine Luft mehr bekam und hilflos, wie ein Fisch auf dem Trockenen, nach Luft schnappte. Da wachte sie endlich schweißgebadet auf. So nahe waren ihr die Wände noch nie gekommen.

    Klaus, neben ihr, atmete ruhig und tief.

    Er sagte immer, er träume selten und meist erinnere er sich auch nicht daran.

    In diesen Alpträumen hatte Gesine oft das Gefühl, nicht sie selbst zu sein. War es dann Klaus, der auf dem Stuhl saß?

    Fühlte sie für – mit ihm?

    Die Beklemmung war ebenso groß.

    Der Traum war so eindringlich, so real, als ob sich eine Bedrohung näherte. Wem sie nun genau galt, wusste sie nicht.

    Wenn sie allerdings an den Beruf ihres Mannes dachte, tendierte sie dazu, dass er der Betroffene sein könnte und sie, quasi eingesperrt, ihm nicht helfen konnte.

    Unwillig strich sie ihr Haar zurück.

    Genug mit dem Blödsinn!

    Gesine gehörte nicht zu den Leuten, die sich so schnell von Träumen beeinflussen ließen.

    Dazu war sie zu sehr Realistin. Wahrscheinlich war es der Stress, der ihr auf diese Weise zusetzte. Deshalb hatte sie auch Klaus noch nichts davon erzählt. Klaus Langer war Kriminalbeamter und hatte beruflich genug um die Ohren.

    Sicher hätte er sie nicht ausgelacht, nur gegrinst, auf seine jungenhafte Art, die sie so mochte.

    Wenn sie jemandem etwas sagen würde, dann am ehesten Marlene, ihrer langjährigen Schulfreundin. Marlene würde allerdings daraus gleich eine reale Sache konstruieren. Sofort würde sie ergründen wollen, wer vielleicht da Böses plane. Sie würde Gesine mit Fragen löchern um der Sache auf den Grund zu gehen. Das war ihre Art mit Träumen umzugehen.

    Aus der Küche drang gedämpft der geschäftige Lärm der Küchenbelegschaft. Die Mannschaft war jung und immer zu dummen Späßen aufgelegt. Erst gestern hatte jemand die Kochmütze des jüngsten Lehrlings innen dick mit Senf beschmiert. Es galt immer noch: Wer lernt, muss leiden! Sie dachte lächelnd an die rohen Eier, die man ihr damals in die Schürze praktiziert und gezielt zerdrückt hatte …

    Kommissar Staudinger hatte an diesem Morgen die allergrößten Schwierigkeiten aus dem Bett zu kommen. Sein Kopf schmerzte heftig, als hätte er gestern schwer einen über den Durst getrunken. Das war aber überhaupt nicht der Fall gewesen.

    Als er schließlich aufstand, musste er sich die Wand entlang tasten, weil er so schwindlig war.

    Wie ein Häufchen Elend stand er schließlich im Bad und betrachtete den Fremden, der ihm da aus dem Spiegel entgegen sah. Der Bleiche, Bärtige vor ihm, hatte über Nacht ausgeprägte Hamsterbacken bekommen. Sogar die Ohrläppchen standen ab. Aber Staudinger konnte sich nicht dazu durchringen, das alles mit den Händen zu überprüfen.

    Als seine Frau ins Bad kam, meinte sie nur, „Oh, oh, jetzt haben dich die Kinder angesteckt!"

    „Womit angesteckt?"

    „Der Freund vom Franzl hat vor drei Tagen auch so ausgeschaut. Der liegt nämlich mit Mumps im Bett. Am besten legst du dich auch gleich wieder nieder, damit ist nicht zu spaßen!"

    Staudinger tappte gehorsam zurück in sein warmes Bett.

    Dass von ihm absolut kein Widerspruch kam, zeigte allein schon den Ernst der Lage.

    Hilde Staudinger rief in der Dienststelle an und entschuldigte ihn.

    Hauptkommissar Langer stand im Stau auf der B 12 in Höhe von Heldengut. Hier unten schien die Sonne. Die graue Sturmhaube des Kammes hatte er schon am Wettertor unter Herzogsreut verlassen. Er konnte das lange, gerade Straßenstück im offenen Gelände nicht überblicken. Starke Windböen wirbelten Schnee auf und verfrachteten ihn auf die Fahrbahn. Die lockere Pulverschneedecke, etwa 30 cm, bot jede Menge Nachschub. Einen Augenblick lang hielt der steife Ostwind inne. Er konnte plötzlich erkennen, dass sich die Fahrzeugkolonne an einem schräg stehenden Lkw staute, dessen Anhänger auf den abfallenden Straßendamm geraten war.

    Das wird dauern.

    Dabei sollte Langer heute pünktlich sein, eine tschechische Delegation war angemeldet. Geplant war „der Austausch von Beamten, zur weiteren Verbesserung und Intensivierung der Zusammenarbeit über die Staatsgrenze hinweg".

    Ungeduldig klopfte Langer auf seinem Steuerrad herum.

    Als hinter ihm gehupt wurde, drehte er sich unwillig um. Da öffnete sich die Beifahrertüre des nachfolgenden Wagens. Jemand stieg aus und kam zu ihm nach vorne.

    Seine Autotür wurde geöffnet.

    „Guten Morgen, Herr Kommissar! Darf ich?"

    Und schon schob sich ein junger Mann herein und setzte sich neben ihn.

    „Ja der Pavel!"

    Langer lachte.

    „Sag bloß, du gehörst zur tschechischen Delegation!"

    „Ja, eigentlich bin ich die Delegation, abkommandiert zum Dienst in Bayern."

    „Mensch, das freut mich aber!"

    Sie drückten sich die Hand.

    „Dann werden wir wieder einmal zusammenarbeiten!", lachte Pavel.

    „Das können wir gut, wir haben es schon bewiesen."

    Kann ich mit Ihnen fahren?

    „Na klar."

    „Dann hole ich nur schnell mein Gepäck."

    Langer nickte.

    Pavel wuchtete eine große und eine kleine Reisetasche auf den Rücksitz. Der tschechische Wagen hinter ihnen scherte aus der Kolonne aus und kehrte um.

    Pavel Studinka war Sonderermittler der tschechischen Polizei. Er arbeitete oft auch mit den Grenzbehörden zusammen. Dabei hatten sie sich längst kennengelernt.

    „Hast du eine Ahnung, wer von unseren Leuten zu euch hinüber kommt?"

    „Ja, jemand aus der Oberpfalz mit phantastischen Kenntnissen in Tschechisch."

    Die tschechische Sprache war nach wie vor eine große Barriere zwischen den beiden Ländern.

    Vorne kam Bewegung in den Fahrzeugknäuel.

    Ein eifrig winkender Polizist dirigierte Autos zurück, um mehr Platz zu schaffen. Der Lkw wendete und räumte die Fahrbahn. Der Anhänger hing wie ein gestrandeter, großer Käfer am Straßenrand.

    Wie durch ein Wunder, war der ganze Unfall glimpflich abgelaufen. Der nachfolgende Wagen hatte wegen des Wachelwetters größeren Abstand gehalten. Langer ebenso. Deshalb konnte er auch rechtzeitig anhalten, als der Lkw wegen der plötzlich auftauchenden Schneewechte in Schwierigkeiten geriet. Nur weiter hinten gab es ein paar Blechbeulen.

    Langer konnte endlich weiterfahren.

    „Hast du schon ein Quartier?"

    „Nein, ich dachte ich könnte vielleicht bei Ihrer Frau, in der Pension am Wald, unterkommen."

    „Das geht natürlich. Aber da werden bald die Handwerker kommen. Ich mache dir einen anderen Vorschlag. Du kennst doch meine Junggesellenwohnung in Freyung, da könntest du bleiben."

    „Keine schlechte Idee. Warum haben Sie die immer noch?"

    „Ach, das ist eigentlich ganz praktisch. Meine Frau baut fast jedes Jahr irgendetwas um. Da kann ich dann die Flucht ergreifen."

    „Heißt das, wir wohnen beide da?"

    „Aber nein, da kannst du ganz beruhigt sein", lachte Langer.

    „Wie ist Ihr neuer Chef?", wollte Pavel wissen.

    „Na ja, ein Franke."

    „Was heißt das?"

    „Weißt du, wir haben da manchmal Mentalitätsprobleme. Wir Niederbayern sind etwas zurückhaltender und manche Franken drängen uns dann gerne in die dumme Ecke."

    „Verstehe. Das Verhältnis ist nicht allzu herzlich."

    „Ja, so könnte man sagen. Das wäre alles nicht so schlimm, wenn er nicht so extrem wäre. Er mischt sich immer und überall ein. Stell dir vor, er fährt am liebsten mit hinaus zu den Tatorten und bringt dort alles durcheinander. Ich frage mich nur, wie haben wir je einen Fall lösen können, ohne ihn?

    „Oh je, da hat einer die falsche Laufbahn gewählt."

    Nachdem sie sich durch Freyungs neue Mitte gezwängt hatten, erreichten sie endlich die Dienststelle.

    Kriminalrat Meisl wartete schon ungeduldig in Langers Büro.

    Er setzte schon zu einer Standpauke an, als er Pavel entdeckte.

    Sein breites rundes Gesicht, mit den dicken Backen, zerfloss sofort in überschwänglicher Freundlichkeit.

    „Sie sind sicher der erwartete Kollege aus Tschechien. Ich bin Kriminalrat Ignaz Meisl."

    Dabei ergriff er Pavels Hand und schüttelte sie so ausgiebig, als wolle er den ganzen Arm aus der Schulter rütteln.

    „Freut mich, freut mich!"

    Er verschwendete keinen Blick mehr an Langer und zog Pavel mit sich fort.

    Der blickte sich noch hilflos um und verdrehte die Augen.

    Langer grinste und öffnete erst einmal das Fenster, um Meisls aufdringlichen Rasierwasserduft etwas zu verdünnen.

    Ein Zettel von der Wachstube lag auf seinem Schreibtisch.

    „Kollege Staudinger krankgemeldet."

    Er öffnete die Tür.

    „Guten Morgen. Wisst Ihr was Näheres vom Staudinger?"

    Kopfschütteln.

    „Keine Ahnung."

    Langer schloss das Fenster wieder. Draußen hatte es minus 5 Grad, obwohl die Sonne schien.

    Meldungen von Einbrüchen lagen in einem Körbchen, sortiert nach Ortschaften.

    Von der Bundespolizei gab es einen Monatsbericht über Waren- und Rauschgiftschmuggel.

    Und da lag noch die Suchmeldung nach zwei vermissten älteren Leuten.

    Wenn die bei der Kälte draußen irgendwo herumgeirrt sind

    Langer schob den Gedanken ans Älterwerden gern weit weg. Dabei hatte er nur noch ein paar Jahre zum Pensionsalter. Irgendwie würde sich das alles finden.

    Er war froh, als das Telefon läutete und ihn aus seinen düsteren Gedanken holte.

    Ein Einbruch war gemeldet worden.

    Langer nahm den neuen Praktikanten mit. Er hieß Hans Albers und musste wegen seines Namens eine Menge Hänseleien einstecken.

    Aber er nahm alles mit Humor.

    Albers war ein sehr magerer, hoch aufgeschossener junger Mann.

    Langer kam sich neben ihm immer uralt und zu dick vor.

    „Willst du fahren?"

    „Aber gerne. Kommt der Herr Griminalrad heute nicht mit?"

    „Nein. Gottseidank hat er anderes zu tun", grinste Langer.

    Kriminalrat Meisl wurde intern nur der Griminalrad genannt, wegen seiner fränkisch weichen Aussprache.

    „Wir müssen zum Seehaus."

    „Wo geht’s lang?"

    Langer dirigierte ihn zur Zuppinger Straße und Richtung Kaserne Süd Tor. Davor bogen sie ab, hinunter zur Ohe. Die Straße führte ein kleines Stück am Bach entlang.

    Langer sah sich erschrocken um.

    Du meine Güte, wie sieht es denn hier aus?

    Ein Riesenpfeiler der B 12 Brücke ragte plötzlich vor ihnen auf. Er war lange nicht mehr hier gewesen, aber so schlimm hatte er es sich nicht vorgestellt.

    Gleich hinter dem Pfeiler lag eine Ausflugsgaststätte, direkt am Stausee. Seltsam düster stand das Anwesen vor ihnen im Schatten der Brücke. Kein Mensch war zu sehen.

    Sie stiegen aus.

    Langer blickte sich um, da brach der Schuss.

    Er fiel um wie ein Baum.

    Dadurch verfehlte ihn der zweite Schuss.

    Nun nahm der Angreifer den Praktikanten ins Visier.

    Der warf sich nieder und kroch so weit wie möglich unter den Wagen.

    Garbe um Garbe krachte ins Auto, dann war plötzlich Ruhe.

    In der eintretenden Stille hörte Albers, wie ein Motorrad angetreten wurde. Dann schoss es um die Hausecke direkt auf sie zu.

    Albers schloss die Augen.

    Steinchen flogen auf und die Maschine fuhr davon.

    Albers kramte nach seinem Handy.

    „Mayday, Mayday!", rief er atemlos hinein.

    „Wir wurden beschossen. Kommissar Langer wurde getroffen. Bitte schickt schnell einen Krankenwagen und einen Notarzt. Wir sind unter der B 12 Brücke, beim Seehaus!

    Mayday, Mayday! Habt ihr gehört?"

    Nach einem Augenblick der Stille rief der Kollege: „Bleib wo du bist, wir kommen sofort!"

    Plötzlich begannen Albers‘ Zähne zu klappern.

    Er konnte überhaupt nichts dagegen tun.

    Er rappelte sich auf und lief zu Langer hinüber.

    Dessen Kopf war blutüberströmt, aber er atmete.

    Albers verband den Schwerverletzten notdürftig mit seinem großen weißen Taschentuch, das er frisch gebügelt, im Anorak gefunden hatte.

    Es dauerte nicht lange, da hörte er die Sirenen der Einsatzfahrzeuge.

    Pavel Studinka sprang aus dem Polizeifahrzeug, gefahren war Polizeimeister Mundl.

    Langer beschwichtigte sie.

    „So schlimm ist es nicht, ich lebe ja noch!"

    Der Notarzt scheuchte die beiden Polizisten zur Seite und kümmerte sich um ihn.

    Kurz darauf nickte er ihnen beruhigend zu und Langer wurde ins Krankenhaus gebracht.

    Hans Albers hatten sie in eine dicke Decke gehüllt. Ein wenig verloren stand er mitten unter den wuselnden Beamten der Spurensicherung.

    Pavel Studinka sah, wie mitgenommen er war und setzte sich mit ihm in den warmen Streifenwagen.

    „Jetzt erzähle mir der Reihe nach genau, was passiert ist."

    Albers schluckte.

    „Es ging alles so schnell! Wir sind hergekommen und ausgestiegen und schon hat es gekracht.

    Langer ist auf den ersten Schuss umgefallen. Dann hat es weiter gekracht und ich bin in Deckung gegangen und dann ist er mit dem Motorrad direkt auf uns zu und dann weg!"

    „Kannst du das Motorrad beschreiben?"

    Albers nickte.

    „Es war eine große, sehr schwere Maschine. Sie war schwarz mit viel Chrom. Der Fahrer war auch ganz in Schwarz, Helm, Lederzeug und so."

    „Und das Zulassungsschild? Konntest du das lesen?"

    „Nein, es ging zu schnell. Er bretterte vorbei Richtung Kaserne und dann die Straße zum Schwimmbad. Man konnte ihn gut hören, so laut war er."

    „Wohin ist er dann abgebogen?"

    Albers dachte nach.

    „Ich glaube nach rechts, er war auf einmal wieder lauter."

    „Das ist ja ganz wunderbar!"

    Studinka klopfte ihm auf die Schultern.

    Studinka sah sich hinter der Ausflugsgaststätte um. Eine Langwaffe lag auf dem Boden, inmitten leerer Patronenhülsen.

    Er winkte den Kollegen.

    Dann informierte er sie über den Abgang des Motorradfahrers.

    „Wenn er nach Österreich möchte, wohin müsste er nun fahren?"

    Polizeimeister Mundl wusste es ganz genau.

    „Da gibt’s in Kumreut eine Querverbindung zur WOS 1. Die mündet in Karlsbachmühle. Von dort weiter nach Waldkirchen und die Umgehung Richtung Neureichenau und Landesgrenze."

    „Postieren Sie einen Wagen in Waldkirchen, vielleicht erwischen wir ihn noch!"

    Mundl nickte und setzte sich mit den Kollegen vor Ort in Verbindung. Denen war bereits ein Motorradrowdy auf der WOS 1 gemeldet worden.

    Als er knatternd die Umgehung Richtung Jandelsbrunn passierte, waren sie schon drei Wagen hinter ihm. Vorerst ohne Blaulicht.

    Die österreichischen Kollegen wurden verständigt.

    Die bayerischen Beamten hörten im Polizeifunk mit.

    Da entdeckte der Rowdy, weit voraus, den entgegenkommenden österreichischen Polizeiwagen.

    Sofort verließ er den Autobahnzubringer und fuhr steil bergauf Richtung Jägerbild/Wegscheid. Der Waldkirchner Polizeiwagen fuhr sofort hinterher, mit Blaulicht und Martinshorn.

    Bis die Österreicher gewendet hatten, waren die beiden Fahrzeuge in irgendeiner Forststraße verschwunden.

    „So ein Sch …!"

    „Geh‘ ruf‘ die Kollegen am Rannasee an. Vielleicht will er da hin!"

    Die wilde Jagd hinter dem Motorradfahrer her endete abrupt. Plötzlich stand auf der Forststraße ein Holztransporter, der gerade mit Stammholz beladen wurde. Er blockierte die ganze Straßenbreite.

    Der Motorradfahrer schlüpfte vorbei und weg war er.

    Die Österreicher konnten ihn im Wegscheider Raum auch nicht wieder ausfindig machen.

    Pavel Studinka fuhr mit Albers ins Krankenhaus. Es war ihm nicht ganz wohl in seiner Haut.

    Hoffentlich ist er nicht schwerer verletzt, wie auf den ersten Augenschein des Notarztes!

    Sie fanden einen etwas bleichen und müde wirkenden Langer.

    „Ich habe Glück gehabt, glatter Streifschuss. Aber die wollen mich doch allen Ernstes noch hierbehalten!", klagte er.

    „Nur die Ruhe! Oder wollen Sie in Zukunft ständig Kopfweh haben?"

    Pavel siezte Langer noch immer. Der hatte ihm längst das „Du angeboten, aber für Pavel war das „Sie ein Zeichen seiner Verehrung für den bayerischen Beamten.

    „Ich sehe schon, ich bin anscheinend genau im richtigen Moment nach Bayern gekommen."

    Langer sah ihn erst erstaunt an, nickte dann aber vorsichtig.

    Dann fiel sein Blick auf den bleichen Hans Albers.

    „Danke, das hast du gut gemacht, Mayday."

    Albers wurde rot bis unter die blonden Locken, aber seinen Spitznamen hatte er nun.

    Da wurde die Tür aufgerissen und der Griminalrad stürzte herein.

    „Wie stümperhaft haben Sie sich denn da wieder angestellt!", rief er aufgebracht.

    „Aber das musste ja so kommen, weil ich nicht dabei war!"

    Er brüllte so laut, dass eine Krankenschwester kam und ihn vor die Türe setzte.

    „Mäßigen Sie sich, der Mann ist schwer verletzt!"

    Pavel schüttelte den Kopf über diesen Auftritt.

    „Führt der sich immer so auf?"

    Langer nickte vorsichtig.

    „Vielleicht könnte man ja ihn ein paar Tage wegsperren!", schlug er vor.

    „Ich habe eine bessere Idee", meinte Pavel und ging hinaus zum Telefonieren.

    Pavel hatte gute Verbindungen, auch nach München.

    „Also, eröffnete er Langer kurz darauf, „man wird Sie mit dem Hubschrauber nach München bringen.

    „Aber so schlimm ist es doch gar nicht!"

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