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STURM ÜBER DEM PAZIFIK: Ein klassischer Abenteuer-Roman
STURM ÜBER DEM PAZIFIK: Ein klassischer Abenteuer-Roman
STURM ÜBER DEM PAZIFIK: Ein klassischer Abenteuer-Roman
eBook248 Seiten3 Stunden

STURM ÜBER DEM PAZIFIK: Ein klassischer Abenteuer-Roman

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Über dieses E-Book

Es scheint, als wollte der Ozean dem Hochmut der Menschen trotzen: Bei der Jungfernfahrt des größten Schiffes aller Zeiten – des Supertankers Emperor – droht eine ungeheure Flutwelle den schwimmenden Giganten zu verschlingen...

Mit dem Roman Sturm über dem Pazifik von Ronald Johnston (erstmals im Jahr 1968 veröffentlicht) startet der Apex-Verlag seine Reihe APEX ADVENTURE, in welcher Klassiker der Abenteuer-Literatur neu aufgelegt werden.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum1. Okt. 2019
ISBN9783748716839
STURM ÜBER DEM PAZIFIK: Ein klassischer Abenteuer-Roman

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    Buchvorschau

    STURM ÜBER DEM PAZIFIK - Ronald Johnston

    Das Buch

    Es scheint, als wollte der Ozean dem Hochmut der Menschen trotzen: Bei der Jungfernfahrt des größten Schiffes aller Zeiten – des Supertankers Emperor – droht eine ungeheure Flutwelle den schwimmenden Giganten zu verschlingen...

    Mit dem Roman Sturm über dem Pazifik von Ronald Johnston (erstmals im Jahr 1968 veröffentlicht) startet der Apex-Verlag seine Reihe APEX ADVENTURE, in welcher Klassiker der Abenteuer-Literatur neu aufgelegt werden.

    STURM ÜBER DEM PAZIFIK

    Erstes Kapitel

    Es war gewaltig. Es war so groß, dass es fast an eine Herausforderung grenzte. Jetzt verbarg sich seine Größe in der Nacht, zerfloss in den Lichterschatten der Schiffswerft und den Spiegelungen des Wassers. Das Schiff schien nur ein Teil dieser Szene zu sein; seine Umrisse verloren sich in der Gesamtkomposition eines verwirrenden Musters von Kränen und Schuppen, Docks und Kranaufbauten, noch unverkleideten Rippen und gigantischen Fertigteilen. Nur im Tageslicht konnte das menschliche Auge seine ungeheure Größe abtasten. Das größte Schiff, das die Welt je gesehen hatte. Dazu bestimmt, eine halbe Million Tonnen Rohöl aufzunehmen, über die Ozeane zu befördern und es in die durstigen Rachen ferner Ölraffinerien zu speien.

    Aus ökonomischer Sicht rentabel - das war das Argument, das die Planer benutzt hatten, um den Bau dieses Schiffes zu rechtfertigen. Die investierte Geldsumme war so hoch und so eng mit dem geschäftlichen Erfolg verbunden, dass der Bau eines solchen Riesentankers einfach gerechtfertigt sein musste.

    Doch Argument und Planung sagten John Lang nicht viel. Für ihn war dieses Schiff eine Herausforderung - wahrscheinlich die letzte Herausforderung, bevor er sich in wenigen Monaten, dann wurde er sechzig, in den Ruhestand zurückzog. Aber es war eine Herausforderung, die er mehr fürchtete als alles, womit er bisher konfrontiert worden war. Eine Herausforderung, die er nicht hätte anzunehmen brauchen. Aber er hatte sie selbst für sich heraufbeschworen.

    Das war nun einmal seine Art: Nicht vor den Dingen davonlaufen, die einen erschrecken. Stelle dich ihnen entgegen und besiege sie! So war er erzogen worden, so hatte er sein Leben geführt. Der strikte Ehrenkodex, die Disziplin, der Triumph des Geistes über die Materie. Hier in Japan hatten ihn, bis vor kurzem, Erinnerungen geplagt; aber sie waren von der Drohung dieses in der Werft liegenden Monstrums verscheucht worden. So sah John Lang dieses Schiff. Ein Monstrum. Gewaltig in seinen Ausmaßen, hässlich, erschreckend.

    Er stützte sich auf die steinerne Balustrade. Von diesem Berg aus hatte man einen guten Überblick. Er kam fast an jedem Abend hierher. Dann hatte er das Gefühl, auf einer Schiffsbrücke zu stehen. Die restliche Welt existierte zwar, optisch und akustisch, aber entrückt. Seit über vierzig Jahren betrachtete er die Dinge aus dieser Perspektive. Unter ihm breitete sich Shinoto aus; die Werft, das Walzwerk, die hübschen Häuserreihen, die Wohnblocks, das Krankenhaus, die Schulen, die Läden, Hotels, öffentlichen Bäder und Bordelle. Shinoto, eines der Wunderwerke des Nachkriegsjapans. Es war einmal eine Kleinstadt gewesen, ein größeres Dorf, dessen Bewohner überwiegend Fischer waren. Dann übernahmen die amerikanischen Besatzungsmächte diese ideal gelegene Bucht mit dem natürlichen Hafen. Das Wasser war tief genug; die Amerikaner machten innerhalb kurzer Zeit einen richtigen Hafen daraus. Ankerplätze, Wellenbrecher, Piers für die Hochseeschiffe, es fehlte nichts. Straßen und Unterkünfte wurden gebaut, ein Flugplatz wurde angelegt. Man sagte, Mr. Yashawa sei früher einmal im Schrottgeschäft beheimatet gewesen und habe in diesem amerikanischen Stützpunkt ein Geschäft auf lange Sicht gewittert. Schon damals nannte man ihn Old Yashawa. Niemand kannte sein Alter, niemand wusste etwas Näheres über ihn.

    Damals schrien die japanischen Stahlwerke nach Schrott. Es gelang Old Yashawa, ein Landungsboot zu ergattern. Weil er den Hafen nicht benutzen durfte, tätigte er seine Geschäfte im Tiefwasser vor der Küste und hatte vor dem Beginn des Frühjahrs einen beachtlichen Profit eingestrichen. Da waren die überflüssig gewordenen Lastwagen. Einige ließ er zwecks Weiterverwendung reparieren, andere schlachtete er aus und verkaufte den Rest als Schrott. Dann legte er sich ein altes Frachtschiff zu, setzte es auf Grund und verdiente auch daran mit Hilfe der Versicherung nicht schlecht. Nun, es gab auch eine Menge überflüssiger Schiffe, Panzer und Flugzeuge. Die Yashawa Metallprodukte waren im Geschäft. Aber die Schrotthaufen wurden immer größer, denn auch andere Unternehmer hatten den Stahlwerken Angebote zu machen. Trotzdem gab es keinen Grund zur Verzweiflung. Old Yashawa passte sich den neuen Gegebenheiten an und plante den Bau eines Stahlwerks direkt in Shinoto. Das erforderliche Geld zu bekommen, war nicht allzu schwierig. Die Besatzungsmacht war gerade dabei, das alte Zaibatsu-Kartell zu zerschlagen. Vielleicht war man einer beginnenden Konkurrenz freundlich gesonnen. Konkurrenz - sie liebten dieses Wort. Sie sahen in der Konkurrenz ein Allheilmittel. Kurz und gut, Yashawa bekam das Geld und Shinoto sein Stahlwerk. Es war zunächst klein, doch gleich zu Beginn sehr modern, sehr leistungsfähig und mit den neuen elektronischen Wunderwerken ausgestattet, so dass die Leute schneller und besser arbeiten konnten und das Werk billiger produzierte. Dann kam der Korea-Krieg und mit ihm ein wirtschaftlicher Aufschwung.

    Und dann kam die große Flaute. Die Amerikaner zogen sich aus Shinoto zurück. Der Hafen war leer, die Baracken waren leer, die Klubs, Bars und Bordelle waren leer. Es gab noch Feierlichkeiten, Paraden, Ansprachen und Militärmusik. Old Yashawa nahm nicht daran teil. Er kaufte Optionen auf alles, was die Amerikaner zurückließen.

    Er hatte Stahl und im Hafen ein Trockendock. Die Fischer brauchten neue Boote. Warum in dem Trockendock nicht Boote bauen? Um sie vom Stapel laufen zu lassen, brauchte man nur zu fluten. Auf diese Weise baute er sechs Fischerboote. Dann sagte jemand, dass die Ölgesellschaften an den Bau von Supertankern dächten, große Schiffe von 25.000 oder gar 30.000 Tonnen. Seine Ingenieure sagten, das sei möglich, und sein Tanker war der erste dieser neuen Schiffsgattung. Yashawa Stahl- und Schiffsbau war im Geschäft. Seit jener Zeit war das Unternehmen führend beim Bau immer größerer Schiffe. Interessenten aus der ganzen Welt erteilten Aufträge; Interessenten aus Ländern, die wegen ihres Schiffsbaus berühmt waren. Sie bestellten, weil sie weder mit der Bauzeit noch mit den Kosten konkurrieren konnten. Die Werft blühte auf und Shinoto blühte mit. Yashawa war ein Neuerer, doch die Stadt wuchs in altjapanischer Manier. Er baute Häuser für seine Arbeiter, Schulen, ein Krankenhaus, ein Technikum, Läden und ein Sportstadion. Später, als das Land knapp wurde, baute er Mietshäuser. Shinoto war Mr. Yashawas Stadt, sie war es bis zum letzten Balken und zur letzten Fußmatte.

    Jetzt wartete das neueste Wunderwerk auf den Stapellauf - Langs Monstrum. Zwanzigmal größer als der erste Supertanker vor fünfzehn Jahren. Zwanzigmal so groß wie die Ausmaße, die skeptische westliche Ingenieure schon als gefährlich groß bezeichnet hatten.

    John Lang fröstelte unwillkürlich, als er auf die verschwommenen Umrisse seines neuen Werkes hinunterblickte. Er brauchte es nicht deutlich zu sehen, um sich an jede Einzelheit zu erinnern. Er hatte mit diesem Schiff gelebt, seit es auf dem Zeichenbrett entstanden war. Er war stolz auf dieses Schiff - auf seine Größe, seine Energie, seine ungeheure Komplexität. Er war stolz auf sein Kommandorecht. Aber es war auch ein beunruhigendes Gefühl. Beunruhigend deshalb, weil er sich nicht mehr jung, stark und beweglich genug fühlte, um auf der Kommandobrücke zu stehen und seinen neuen wohlklingenden Dienstgrad zu verteidigen, zumal auf diesem neuen Schiff.

    Kommodore Lang... Das klang gut. Er sah auch auf seine Art gut aus. Der Titel eines Kommodores unterstrich nur, was ohnehin eine Tatsache war. Er war der dienstälteste Kapitän der Inoco-Flotte, und dem dienstältesten Kapitän pflegte man immer den Ehrentitel eines Geschwaderkapitäns zu verleihen. Doch Lang war der erste Mann, der sich Kommodore nennen durfte. Aber deshalb zählte er nicht zu einer besonderen Gattung von Schiffsherrn. Er fragte sich, ob dieser Titel ihn zu einem Kapitän machte, der kein Kapitän war; denn er wurde Kommodore Lang genannt, um ihn von jenem anderen Schiffsherrn, Kapitän Stock, zu unterscheiden. Stock war Mitte Dreißig, einer der neuen Männer, die von Bruce in London einen Kommandoposten bekommen hatten. Das waren Theoretiker, die mit der Stoppuhr in der Hand glücklicher waren als mit einem Marlspieker.

    Lang richtete sich auf, räusperte sich und spie aus. Stock vermittelte ihm diesen Eindruck. Sie waren alters- und einstellungsmäßig Welten voneinander entfernt. Lang hatte sich stets für einen toleranten Menschen gehalten. Er hatte strenge Auffassungen, machte sie aber nur geltend, wenn es seine beruflichen Pflichten erforderten. Doch was Michael Stock betraf, so gab es vieles, das bewirkte, dass er seine Abneigung gegen ihn nie ganz verbergen konnte. Er war korrekt genug, sich daran zu erinnern, dass er selbst diese Situation geschaffen hatte; dass sein Stolz und seine Entschlossenheit, eine Tradition zu wahren, ihm dieses Schiff und Stock beschert hatten. Lang war sicher, im Recht zu sein. Er musste im Recht sein, sonst hätte sein ganzes Leben keine Bedeutung gehabt. Er hatte nach den Vorschriften gelebt, und das höhere Dienstalter spielte eine sehr große Rolle.

    Es hatte vor einem Jahr begonnen, als bekannt wurde, dass Inoco beschlossen hatte, die atemberaubenden 500.000-t-Tanker zu bauen. Nein, das stimmte nicht ganz, es hatte vielmehr vor drei, vier Jahren begonnen, als James Bruce, der jüngste Kapitän der Flotte mit weniger als einem Jahr auf Kommando, an Land gegangen war, um dort Einsatzleiter zu werden. Das war der erste Bruch mit der Tradition. Nicht dass für solche Posten immer nur ältere Kapitäne herangezogen wurden, doch immer hatte es sich bisher um wirklich erfahrene Männer gehandelt. Wenige Monate vor Bruces Ernennung war John Lang Kommodore geworden. Er hatte vierzig Jahre gearbeitet und gewartet, nur um dann vor der Tatsache zu stehen, dass viele seiner beruflichen Ideale zerstört worden waren. Bruce hatte keine Zeit verschwendet und bewiesen, dass die Gerüchte, die in der Flotte über seine Person im Umlauf waren, der Wahrheit entsprachen. Er hatte keine Zeit für romantische Traditionen; Schilfe waren Industriefaktoren und unterlagen den gleichen Bedingungen wie sie in Tanklagern, Raffinerien oder Forschungszentren herrschten. Inoco zahlte hohe Gehälter und erwartete als Gegenleistung mehr als handgewebte Teppiche, Modellschilfe und Seemannsgeschichten. Und das dichtete man jenen Kapitänen der alten Schule an, die auf ihren Ozeanfahrten angeblich nicht wussten, wie sie ihre Zeit totschlagen sollten. Bruce befand sich in einer starken Position. Das Ölgeschäft stagnierte zurzeit, und es war schwierig, bei einer anderen Gesellschaft ein neues Kommando zu bekommen. Und dann musste man immer die großzügige Pension berücksichtigen...

    So forderte Bruce von seinen Kapitänen Leistungen. Er wollte Berichte sehen - nicht nur Routineberichte, sondern Berichte über die Organisation an Bord, Verbesserungs-Vorschläge, Kostensenkungen, Ausrüstungen, Umgruppierungen und dergleichen mehr. Die Kapitäne nahmen ihre Arbeit in Angriff und überraschten sich selbst. Ihre Gehirne knisterten, und ihre Berichte bewiesen, dass sie sich selbst und ihre Schiffe mit neuen Augen sahen. Sie schrieben ihre Berichte, gaben sie ab, seufzten erleichtert und nahmen an, dass der sprichwörtliche neue Besen seine erste Vorstellung gegeben hatte. Doch ihre Berichte verrieten, dass sie sich lediglich in den traditionellen Bahnen bewegt hatten. Sie hatten Bruce genau das Material geliefert, das er haben wollte: dass eine eingehende Überprüfung unbedingt erforderlich war.

    Als die Kapitäne sich die Augen rieben, wimmelten auf ihren Schiffen Experten - Organisationsleute, Zeitnehmer und Arbeitsvorbereiter. Nicht nur in den Häfen, sondern auch auf hoher See. Diese Leute waren Landratten und hatten noch nicht einmal den Golf von Biscaya gesehen, bevor sie sich in alle Schiffsräume ergossen. Aber ihre Entdeckungen, die sich in schriftlicher Form im Londoner Büro der Inoco stapelten, stellten eine Diagnose der Krankheit. Sie war chronisch und verlangte eine radikale Operation. Das brauchte eine gewisse Zeit.

    Neue Methoden wurden ausprobiert, abgeändert, perfektioniert und durch noch neuere Methoden ersetzt. Schiffe und Besatzungen waren einer ständigen Beobachtung unterworfen, aber die vorausgesagten revolutionären Veränderungen traten nicht ein. Alle atmeten wieder ein wenig leichter und nahmen an, dass Bruce entweder die Luft ausgegangen oder er von den großen Tieren in London und New York in seine Grenzen verwiesen worden war. Den 50.000-Tonnern folgten die 90.000-Tonner. Die neuen Schiffe waren größer, doch im Prinzip - abgesehen von ihren Maßen - die gleichen. Bruce redete noch immer eine Menge. Lang ertappte sich dabei, dass er ihm, gegen seinen eigenen Willen, aufmerksam zuhörte. Denn Bruce redete nicht nur, er war auch ein fesselnder Redner.

    Kommen Sie mir nicht mit dem selbstherrlichen Schiffsgewaltigen, Kapitän Lang. Das rollt von mir ab wie Wassertropfen auf einer Ölhaut. Sie sprechen von Tradition. Ich werde auf die Tradition zurückkommen, nicht Sie. Ihre sogenannte Tradition ist zu blass, zu alt, zu verkümmert. Ich brauche nicht nur Kapitäne, es müssen auch Kaufleute, Unternehmer, Denker und Betriebsleiter sein. Im Augenblick sind die Kapitäne nicht mehr als Busschaffner und überbezahlt. Ja, ja, ich weiß, es ist das System. Ich weiß auch, dass dieses System geändert werden muss. Die Schiffe der Zukunft brauchen neue Führungskräfte. Wir brauchen Männer, die wissen, was hinter den Druckknöpfen vorgeht; Männer, die mit der Materie vertraut sind; Männer, die man wegen ihres Wissens respektiert, nicht wegen ihrer goldenen Tressen und ihrer silbergrauen Haare.

    Nun wurden Bruces Träume Wirklichkeit. Für Kommodore Lang waren sie ein einziger Alptraum.

    Als es sich herumsprach, dass Inoco alle Zwischengrößen übersprang und den Bau von 500.000-Tonnern in Angriff nahm, wurde jedem klar, dass Bruce der Dampf keineswegs ausgegangen war. Er hatte nur in aller Stille die Kessel aufgeheizt. Seine Entscheidung betraf nicht nur ein Schiff, sondern eine ganze Serie davon. Sie umfasste neue Termine, neue Häfen, neue Routen und Neuerungen auf allen Gebieten. John Lang sah darin einen Versuch, ihn des einzigen Privilegs zu berauben, auf das er wirklich großen Wert legte: das Recht eines Kommodores, das Kommando jeden neuen Schiffs zu übernehmen, das die Werft verließ.

    Bis jetzt hatte Lang das neue Regime überlebt, was man von anderen Kapitänen nicht behaupten konnte. Einige fuhren kleinere Schiffe im Mittelmeer, im Karibischen Meer und an der westafrikanischen Küste. Dort konnten sie in Ruhe auf ihre Pensionierung warten, während die jüngeren Leute die Supertanker befehligten. Andere hatten sich mit der gleichen Pension, die sie normalerweise erst mit sechzig Jahren bekommen hätten, frühzeitig in den Ruhestand locken lassen. Und einige, John Lang an der Spitze, waren hartnäckig bei der Stange geblieben. Sie drückten wieder die Schulbank, um sich mit der Elektronik, den Computern, der Automation überhaupt und den Geschäftspraktiken vertraut zu machen. Das war eine harte Nuss. Seit zwanzig oder gar dreißig Jahren hatten sie keine Fachbücher mehr gelesen. John Lang hasste jeden Kursus, an dem er teilnahm. Aber er war entschlossen, sich nicht abschieben zu lassen, lernte intensiv und bestand alle Prüfungen, die Bruce ihm auferlegte. Er brachte den Inoco Prince hinaus, den ersten 90.000Tonner, dann die Princess. Damals hörte er während eines Urlaubs von dem neuen Mammutschiff, dessen Größe ihn erschreckte. Doch paradoxerweise hoffte er, dass es noch vor seiner Pensionierung vom Stapel laufen möge.

    Er erkundigte sich nach dem Zeitpunkt.

    »In ungefähr einem Jahr«, antwortete Bruce. »Sie arbeiten schnell, diese Japaner. Und in einem Jahr ist Ihre Zeit noch nicht um - nicht wahr?«

    »Nein, nein, ich habe noch über ein Jahr. Das ist gut. Wann werde ich nach Japan reisen?«

    »Ich glaube, das ist nicht nötig, Kapitän.«

    »Aber Sie sagten, dieses Schiff sei revolutionär. Sie können doch nicht Männer hinausschicken, die das Schiff an Ort und Stelle übernehmen. Das kann nicht Ihr Ernst sein. Beim Stapellauf sollte wenigstens einer der dienstältesten Kapitäne zugegen sein.«

    »Die ganze Mannschaft wird das Schiff übernehmen, Kapitän.«

    »Das verstehe ich nicht. Was soll denn die Mannschaft ohne den Kapitän?«

    »Der Kapitän wird dabei sein.«

    Lang starrte ihn an. »Wollen Sie damit sagen, dass ich das Schiff nicht bekomme?«

    Bruce lächelte. »Sie machen ja gleich eine Katastrophe daraus, Kapitän. Glauben Sie mir, im Grunde wollen Sie das Schiff überhaupt nicht haben. Es ist wirklich neu. Nein, es ist einfach für jüngere Leute bestimmt.«

    »Es ist mein Schiff, Bruce.« Seine Stimme zitterte vor Ärger. »Ich bin der Kommodore dieser Flotte, und weil ich das bin, bekomme ich jedes Schiff, das ich haben möchte. Und ich möchte dieses Schiff.«

    »Tut mir leid, Kapitän; die Würfel sind gefallen. Michael Stock bekommt das Schiff. Hören Sie auf mich. Ich weiß sehr gut, was ich tue.«

    »Ich weiß es auch!«

    »Das hört sich nach einer Kampfansage an, Kapitän Lang.«

    »Es ist eine Kampfansage. Und ich werde kämpfen, bis ich das Schiff bekommen habe. Sie mögen ein großer Mann sein, aber in New York gibt es noch größere Leute. Ich setze mich über Sie hinweg, Bruce.«

    Bruce spreizte die Hände. »Das steht Ihnen frei. Viel Glück.«

    Lang war schon an der Tür, als er Bruce sagen hörte: »In Ihrer Akte befindet sich eine Notiz, Kapitän. Der zufolge haben Sie etwas gegen Schiffe, die japanische Häfen anlaufen. Warum haben Sie Ihre diesbezügliche Ansicht geändert?«

    »Das steht doch alles in dieser - dieser Geheimakte. Während des Krieges war ich drei Jahre in japanischer Gefangenschaft. Damals trugen Sie noch kurze Hosen.«

    »Ah ja. Ich erinnere mich. Die Süßigkeiten waren rationiert... Aber Sie haben noch nicht meine Frage beantwortet, Kapitän. Was hat Ihre Ansicht geändert?«

    »Der Stolz«, antwortete Lang gepresst.

    »Das ist eine noble Gefühlsregung.«

    John Lang wusste, wo die Fäden der Macht zusammenliefen. Er schrieb nach New York, nicht nur an die Stammfirma, sondern an Eugene North, den verantwortlichen Direktor aller europäischen Tochtergesellschaften, persönlich. Die Antwort traf postwendend ein; sie war freundlich, aber unverbindlich, überlassen Sie das nur mir, John, schrieb Eugene North mit der entwaffnenden Leutseligkeit der Amerikaner. Drei Wochen

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