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DIE INSEL DER SCHLANGEN: Der Thriller-Klassiker!
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eBook230 Seiten3 Stunden

DIE INSEL DER SCHLANGEN: Der Thriller-Klassiker!

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Über dieses E-Book

Die brasilianische Metropole Rio de Janeiro und der Staat São Paulo sind die Schauplätze einer fesselnden Handlung. Die einfallsreiche Arbeitsweise des Kommissars José da Silva ist zwar besonders erfolgreich, hat aber auch äußerst gefahrvolle Überraschungen und völlig unerwartete Entwicklungen zur Folge. So gelangt da Silva schließlich auf die geheimnisumwobene und gefürchtete Insel der Schlangen, wo ein dramatisches Finale zum Ziel der Ermittlungen kommt...

Robert L. Fish (* 21. August 1912 in Cleveland, Ohio; † 23. Februar 1981 in Trumbull, Connecticut) war ein US-amerikanischer Schriftsteller. Er ist vor allem als Autor von Kriminal-Romanen international bekannt geworden. Einige seiner Romane und Kurzgeschichten erschienen unter dem Pseudonym Robert L. Pike.

Der Roman Die Insel der Schlangen erschien erstmals im Jahr 1963; eine deutsche Erstveröffentlichung folgte ein Jahr später.

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers des Action-Krimis in seiner Reihe APEX CRIME.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum27. Feb. 2020
ISBN9783748730538
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    Buchvorschau

    DIE INSEL DER SCHLANGEN - Robert L. Fish

    Das Buch

    Die brasilianische Metropole Rio de Janeiro und der Staat São Paulo sind die Schauplätze einer fesselnden Handlung. Die einfallsreiche Arbeitsweise des Kommissars José da Silva ist zwar besonders erfolgreich, hat aber auch äußerst gefahrvolle Überraschungen und völlig unerwartete Entwicklungen zur Folge. So gelangt da Silva schließlich auf die geheimnisumwobene und gefürchtete Insel der Schlangen, wo ein dramatisches Finale zum Ziel der Ermittlungen kommt...

    Robert L. Fish (* 21. August 1912 in Cleveland, Ohio; † 23. Februar 1981 in Trumbull, Connecticut) war ein US-amerikanischer Schriftsteller. Er ist vor allem als Autor von Kriminal-Romanen international bekannt geworden. Einige seiner Romane und Kurzgeschichten erschienen unter dem Pseudonym Robert L. Pike.

    Der Roman Die Insel der Schlangen erschien erstmals im Jahr 1963; eine deutsche Erstveröffentlichung folgte ein Jahr später.

    Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers des Action-Krimis in seiner Reihe APEX CRIME.

    DIE INSEL DER SCHLANGEN

    Erstes Kapitel

    Pau de Arara nennt man in Brasilien die alten, klappernden, aber nicht kaputtzukriegenden Lastwagen, die im Innern des Landes zur Personenbeförderung dienen. Dieser Ausdruck beweist den Sinn der Brasilianer für beißenden Spott und Humor, denn er bedeutet eigentlich Sitzstange des Sittichs. Vielleicht bezieht sich dieser Name auch auf den Dreck, der sich während der langen Reise auf dem Boden des Wagens ansammelt. Oder auf die Tatsache, dass ein Teil der Passagiere im Stehen schlafen muss, wenn der Wagen überfüllt ist, und dabei gewaltig durcheinandergeschüttelt wird, denn die Straßen sind meist schlecht. Die Leute klammern sich dann an einer Verstrebung oder an den Schultern der Glücklichen fest, die einen Platz auf den schmalen Bänken ergattert haben, welche an den Außenwänden angebracht sind. Eine Plane bietet Schatten vor der sengenden Mittagssonne. Trotzdem herrscht darunter eine Hitze wie in einem Backofen, und die dünne Kleidung der Passagiere muss Schutz bieten vor den gefährlichen, eisigen Nebeln, die sich jede Nacht in den höheren Regionen des Küstengebietes bilden.

    Auf einem solchen Pau de Arara kann man verzweifelte, schweigsame Männer und Frauen finden, Kinder mit weit aufgerissenen Augen, schreiende Säuglinge und - falls Platz vorhanden - verstörte Hühner und Enten. Ziegen werden im Allgemeinen nicht befördert.

    Die Leute kommen von überall her und fahren praktisch überall hin: Sie kommen voller Hoffnung von den einsamen Farmen im öden Nordosten, wo der ausgetrocknete Boden aufgerissen ist. Sie kommen aus den überfluteten Niederungen von Santa Catarina und hoffen, in Rio de Janeiro als Fabrikarbeiter Beschäftigung zu finden. Sie versuchen, dem Hunger zu entfliehen, der ewig in den Hütten des Matto Grosso herrscht, und jagen in den übervölkerten Außenbezirken von São Paulo ihrem Traum nach, sich endlich satt essen zu können.

    Diese dampfenden und klappernden Autoveteranen fahren nicht nur dort, wo es keine anderen Beförderungsmittel gibt. Fluglinien überziehen dieses riesige Land, gutgefederte, luxuriöse Omnibusse kommen auch in die kleineren Dörfer, und die größeren Städte sind durch Eisenbahnlinien miteinander verbunden. Aber solch ein Pau de Arara hat den Vorteil, billig zu sein. Es gibt keine festen Tarife. Man hockt sich einfach im Schatten des Lastwagens auf die staubige Landstraße und feilscht so lange, bis Fahrer und Passagier einig sind. Manchmal kommt es lediglich darauf an, dass der Fahrer im Augenblick gerade Benzin oder Öl oder einen neuen Schlauch für seine abgefahrenen Reifen benötigt. Sogar gekochtes Essen und lebende Hühner werden in Zahlung genommen, und wenn der Tank des Wagens und der Magen des Fahrers gefüllt sind, wird gelegentlich auch Kredit gewährt. Die Pau de Araras sind das Verkehrsmittel der Armen. Sie befördern täglich Tausende, die auf der endlosen Suche nach einem besseren Morgen sind.

    In Brasilien kann es vorkommen, dass ein plötzlicher Wolkenbruch die Straßen in unpassierbare Schlammwüsten verwandelt, dass ein Erdrutsch jedes Durchkommen unmöglich macht. Aus diesem Grund haben die Pau de Araras keinen festen Fahrplan und keine feste Route, und deshalb sind sie das ideale Beförderungsmittel für Leute, die kein unnötiges Aufsehen erregen wollen.

    Auf dem alten Chevrolet-Lastwagen, der von dem kleinen Städtchen Urubuapà an der Südküste des Staates São Paulo nach Rio de Janeiro fuhr, fiel der große Mann in dem zerknitterten weißen Anzug nicht weiter auf. Die Passagiere dösten vor sich hin, pufften die Kinder, schwatzten oder packten ihre Essenträger aus, um kalten Reis mit Bohnen zu essen. Der eine oder andere mochte vielleicht bemerken, dass dieser Mann in Weiß anscheinend ohne Essen auskam. Und ohne Schlaf. Gewiss, manchmal sank sein Kopf nach vorn, aber er fuhr jedes Mal sofort wieder in die flöhe und tastete nach der Innentasche seines Jacketts, als ob er sich vergewissern wollte, dass ihn auch niemand bestohlen hatte. Und während die Passagiere gern auf den an den Außenwänden entlanglaufenden Bänken saßen, um den erfrischenden Luftzug zu genießen - was mitunter zu rücksichtslosen Kämpfen um die begehrten Plätze führte -, schien dieser Mann es vorzuziehen, im Schatten der Plane zu sitzen. Hier herrschte eine erstickende Hitze, doch der Mann in Weiß schien nicht einmal zu schwitzen. Er saß schweigend da, seine große Gestalt schaukelte rhythmisch mit dem Gerüttel des Lastwagens, während seine Augen traumverloren in die Ferne starrten. Manchmal presste er den Arm gegen die Seite und lächelte still vor sich hin, wenn er das Päckchen in der Jackentasche gespürt hatte. Ab und zu tastete seine Hand aber auch unbewusst über die Wade und vergewisserte sich vom Vorhandensein seiner Waffe. Aber die Mitfahrenden taten so, als bemerkten sie es nicht.

    Die Straße von Urubuapà führte am Fuße der Berge, am Rand des Atlantiks entlang. Sie überquerte bei der Brücke von Iandũ die Straße nach Santos, wand sich als staubiges Band durch die Pirimondanha, bis sich die Flüsse tief unten in der dunstigen Ferne verloren und die kurvenreiche Straße die Berge erreichte, während der Atlantik den Blicken entschwand. Von nun an ging jedes Richtungsgefühl verloren, denn die Straße verlief in spitzen Kehren und vielen Kurven an staubigen, verlassenen Obstplantagen und schäumenden Wasserfällen vorbei, bis sie die Hochebene erreichte.

    Auf der Hochebene führte eine asphaltierte Straße nach Rio de Janeiro. Der Chauffeur, ein junger dunkelhäutiger Paulista, war auf seine Fahrkünste genauso stolz wie auf seinen altersschwachen Chevrolet. Er bog von der ausgefahrenen Sandstraße, die sie sicher den Berg hinaufgebracht hatte, zu einer Raststätte ab, die am Anfang der verkehrsreichen Fernstraße lag. Der schlimmste Teil der Reise war nun vorüber. Vor ihnen lag die doppelspurige, asphaltierte Straße nach Rio. Und selbst wenn seine Beleuchtung versagen sollte, wie es leider so oft der Fall war, brauchte er nur den Schlusslichtern der Lastwagen und Omnibusse zu folgen, die von São Paulo kamen.

    »Rast!«, rief er und sprang steifbeinig aus dem Führerhaus. »Zehn Minuten Rast! Die Privadas sind hinter dem Piaus. Aber ich mache darauf aufmerksam, dass dort kein Papier ist. Und keine Abfälle wegwerfen - der Besitzer ist ein Freund von mir. Also: zehn Minuten!«

    Er ging auf die Lichter und das plärrende Radio der Bar zu, doch plötzlich vertrat ihm der große Mann in dem zerknitterten weißen Anzug den Weg.

    »Motorista?«

    Der Fahrer blieb stehen, reckte seine verkrampften Glieder und nickte. »Ja?«

    Der Mann in Weiß musterte ihn nachdenklich. Der Chauffeur wartete geduldig, und schließlich hüstelte der Fremde schüchtern.

    »Bleiben Sie lange in Rio? Nach dieser Fahrt, meine ich.«

    Jetzt erkannte der Chauffeur den Mann. Er war in Urubuapà unten am Hafen eingestiegen, kurz, nachdem er die Garage verlassen hatte. Er war einer der ersten Passagiere gewesen. Wie ein großer Vogel war er plötzlich aus dem Schatten aufgetaucht und hatte mit seinen Armen gerudert. Er hatte Cruzeiros bezahlt - bares Geld. Und er hatte nicht gefeilscht, obwohl er ganz danach aussah, als ob er sich nicht übers Ohr hauen ließe.

    »Warum? Wollen Sie wieder mit zurückfahren?«

    »Wenn ich darf.« Der Mann schien plötzlich zu merken, dass er etwas zu laut sprach, und wurde sofort leiser. »Nur einen Teil des Wegs, aber an Ihrer Strecke. Ich habe nur ein paar Stunden in Rio zu tun.«

    Der Chauffeur zuckte bedauernd die Achseln. »Tut mir leid. Ich werde länger in Rio bleiben. Ich muss mich ausschlafen, wissen Sie.«

    Der Mann in Weiß machte eine wegwerfende Handbewegung. »Fahren könnte ich ja. Ich habe meine Carteira dabei. Sie ist in Ordnung. Dann können Sie während der Fahrt schlafen.«

    »Aber Sie werden genauso müde sein wie ich.«

    »Ich bin nur müde, wenn ich Zeit dazu habe«, erwiderte der Mann in Weiß barsch. »Und im Augenblick habe ich keine Zeit dazu. Also?« Die raue Stimme klang ungeduldig, und er schien zu merken, dass dies nicht der richtige Ton war. »Es ist sehr wichtig, bestimmt«, fügte er rasch leise hinzu. »Und falls keine anderen Passagiere...« Er zögerte. »Selbstverständlich ließe sich das auch regeln.«

    Der Chauffeur überlegte. Er blickte hinüber zu der erleuchteten Bar, auf seine Passagiere, die Luft schnappten, während auf der Landstraße die Scheinwerfer der Autos vorbeihuschten. Ein anderer sollte seinen Wagen fahren? Und keine Passagiere?

    »Nun?« Die Stimme klang wieder leicht ungeduldig, aber der Chauffeur ließ sich nicht drängen.

    »Ich soll Sie allein zurückbringen?«

    »Ich will nicht unbedingt allein fahren. Wenn Sie Fahrgäste haben, können die ruhig mitkommen. Und im Übrigen will ich gar nicht den ganzen Weg zurückfahren. Sie können mich an der Kreuzung der Straße nach Santos absetzen. So nahe am Hafen wie möglich.« Er überlegte. »Sollten wir allein sein, könnten Sie mich auch bis zum Hafen bringen. Das wäre natürlich noch besser.«

    »Aber vielleicht fahre ich nicht auf demselben Weg zurück«, gab der Chauffeur zu bedenken. »Vielleicht ist die Straße unpassierbar.«

    »Die Straße ist passierbar«, erwiderte der Mann in Weiß barsch. »Die Straßen sind offen, und ich werde gut bezahlen. Abgemacht?«

    »Wieviel?«

    Der Mann in Weiß zuckte die Achseln. »Wieviel verlangen Sie? Ich werde nicht feilschen.«

    Das war eine schwierige Entscheidung. »Zwanzig - dreißig - sagen wir zwanzig Conto.«

    »Dreißig.« Es klang entschieden. »Ich habe gesagt, ich würde nicht feilschen. Hier, ich zahle sofort.«

    Der Mann in Weiß zog ein dickes Bündel Banknoten aus der Tasche und begann, dreißigtausend Cruzeiros abzuzählen. Der Chauffeur erbleichte und zerrte ihn hastig hinter den Lastwagen.

    »Señor! Por favor! Doch nicht vor allen Leuten!« Er blickte sich nervös um, aber niemand achtete auf die beiden. Er schluckte. »Abgemacht! Um welche Zeit?«

    »Gegen acht.«

    »Ich werde warten. Und ich werde Ihnen eine Quittung geben.«

    Der Mann in Weiß lächelte, aber es war kein angenehmes Lächeln. »Ich brauche keine Quittung. Wenn Sie mein Geld nehmen, werden Sie auch auf mich warten. Sonst würden Sie keine Nacht mehr ruhig schlafen.«

    »Nein, Señor, ich bestehe darauf. Sie müssen eine Quittung bekommen.« Der Chauffeur war jung und ehrlich, aber auch vorsichtig. Vielleicht war dieser ungewöhnliche Passagier von der Polizei? Er packte den Mann am Arm. »Wenn Sie wollen, drüben in der Bar...«

    Der Mann in Weiß zögerte, dann lächelte er freundlich. »Na schön, geben Sie mir eine Quittung. Eine Rückfahrt auf der - wie heißt eigentlich Ihre Linie?«

    Der Chauffeur blinzelte irritiert. »Sie hat bis jetzt noch gar keinen Namen, aber auf der Praça Mauá kennt mich jeder: Evgristo Machado. Keine Angst, es ist mein richtiger Name.«

    »Das glaube ich gern.« Der Mann in Weiß zögerte erneut und blickte hinüber zu den hellen Lichtern der Bar. »Sie können mir die Quittung ja geben, wenn wir in Rio ankommen. Ich habe jetzt keinen Hunger.«

    »Wie Sie wünschen, Señor.« Der Fahrer salutierte und ging zur Bar. Nach einem Cognac und einem Bier fühlte er sich besser. Er rief seinen Freund, den Barkeeper, ließ sich Papier und Bleistift bringen, dann schrieb er stolz eine Quittung über dreißigtausend Cruzeiros für eine Rückfahrt auf der Evaristo-Machado-Omnibuslinie. Ihm wurde warm ums Herz, während er sorgfältig diese wundervolle Zahl schrieb. Wie richtig war es doch gewesen, den Lastwagen zu kaufen. Seine Familie hatte zwar immer wieder genörgelt, und seine Freunde, die ihm geholfen hatten, das Getriebe auszuwechseln und neue Bremsbeläge aufzuziehen, hatten ihn sogar ausgelacht. Und seine Freundin... Er schüttelte den Kopf. Nun, sie würden ja sehen: Wer zuletzt lacht, lacht bekanntlich am besten. Eines Tages würde die Evaristo-Machado-Omnibuslinie mit der Passaro Marron, mit der Viação Cometa konkurrieren, vielleicht sogar mit...

    Die Musik im Radio verstummte, die Stationsansage erfolgte. Der Chauffeur blickte auf die Uhr an der Wand. Es war Zeit, mit dem Träumen aufzuhören und weiterzufahren, wenn er heute Nacht noch etwas Schlaf bekommen wollte. Er konnte ja nicht gut einen zahlenden Passagier fahren lassen, während er selbst schlief. Er unterschrieb die Quittung mit einem Schnörkel und schob sie zu seinen Fahrzeugpapieren in die Brusttasche des Hemdes. Noch ein letzter Cognac, dann glitt er vom Hocker.

    Der Mann in Weiß hatte sich bereits auf seinen Platz im tiefen Schatten unter der Plane zurückgezogen. Der Chauffeur kletterte ins Führerhaus und fuhr zur Tankstelle, um Benzin nachfüllen zu lassen. Ein Liter Öl wurde benötigt, aber kaum Wasser. Die Reifen waren noch in Ordnung, und das war ein gutes Omen. Nachdem alles erledigt war, fuhr er an den Straßenrand und brachte mit viel Geschrei seine Passagiere an Bord.

    Er pfiff vor sich hin und fuhr los, ordnete sich auf der breiten Landstraße in den Verkehrsstrom ein, der unaufhörlich nach Osten brauste. Dreißig Conto! Damit waren die Unkosten seines Lastwagens für die nächsten sechs Monate gedeckt! Seines Lastwagens? Seines Omnibusses! Er schaltete in den zweiten Gang, in den dritten. Dreißig Conto!, dachte er und grinste zufrieden vor sich hin.

    Sie gelangten zum Rand des Plateaus. Die Passagiere versuchten zu schlafen, während sie auf den harten Bänken durcheinandergerüttelt wurden und draußen die Scheinwerfer vorbeihuschten. Langsam senkte sich die Serra, der Chauffeur fuhr vorsichtig um die scharfen Kurven, hielt sich dicht an der Felswand, um schnelleren Fahrzeugen das Überholen zu gestatten oder bergauf kriechende Lastwagen vorbeizulassen.

    Der Mann in Weiß verschränkte die Finger über den Knien und presste die Arme fest an sich, und wieder fühlte er den Druck des Päckchens. Er lächelte vor sich hin. Das Gefühl der Sicherheit wuchs mit jedem Kilometer. Welches Glück! Die große Chance, von der jeder träumt! Wenn Jorge nicht versucht hätte, besonders vorsichtig zu sein, und wenn Jorge nicht ausgerechnet diese Insel ausgewählt hätte, würde er mich nicht gebraucht haben, und dann hätte ich diese Chance nie bekommen. Unehrlich? Wer ist denn heute noch ehrlich? Jorge? Luis? Der Meister?

    Beim Gedanken an den Meister verschwand das Lächeln plötzlich. Wie lange hatte Jorge warten wollen? Zwei Wochen? Nun, wenn diese Zeit um ist, bin ich besser weit weg von hier! dachte er. Dann bin ich aus Santos verschwunden und auf dem Weg nach Süden. Jorge ist schon gefährlich genug, aber der Meister...

    Eine kleine Hütte, in der eine Petroleumlampe flackerte, tauchte auf und huschte vorbei. Die Straße führte jetzt steil hinab ins Tal. Der helle Mond spähte hinter einer Wolkenbank hervor und warf die verzerrten Schatten der Bananenstauden über die Asphaltstraße. Die Hitze der Ebene schlug ihnen entgegen, und eine Nebelwand Verdeckte plötzlich den Mond. Der Chauffeur fuhr sofort langsamer, doch Sekunden später hatten sie die Nebel wand passiert, befanden sich im Tal auf der vierspurigen Autobahn, die in die ferne Stadt führte.

    Der Lastwagen rollte das stille Tal entlang, folgte dem Tunnel der Scheinwerfer, vorüber an Nova Iguaçú, an Merití, vorbei an schlafenden Häusern und Bäumen, die sich hinter Schleiern frühen Morgennebels verbargen. Die Stadt erhob sich plötzlich und geheimnisvoll vor ihnen. Sie glitten die Avenida Brasil hinab, vorüber an den trüben Mauern der Reklamewände und Fabriken, an den Hochöfen, deren Feuerschein gespenstisch von den niedrigen Wolken reflektiert wurde, an den Straßenlaternen mit ihrem Natriumdampflicht, das nach dem hellen Mondschein unheimlich wirkte. Es war zwei Uhr morgens, als sie über das Kopfsteinpflaster an den Lagerhäusern am Hafen vorbeirumpelten und in das helle Licht der Praça Mauá tauchten.

    Der Chauffeur brachte den Wagen quietschend zum Stehen. Dann zog er mit einem Seufzer der Erleichterung den Zündschlüssel ab, sprang aus dem Führerhaus und reckte seine verkrampften Glieder. Es war eine gute Fahrt gewesen, eine ganz außergewöhnliche Fahrt. Keine Panne, kein Regen, keine kranken Kinder. Und es war geradezu ein Wunder, dass die Scheinwerfer die ganze Zeit gebrannt hatten. Ganz zu schweigen von den dreißig Conto in seiner Tasche.

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