Tancred: Trauerspiel in fünf Aufzügen, nach Voltaire
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Um einen Überfall auf Syrakus sowie ihre Verheiratung mir einem ungeliebten Mann zu verhindern, bittet Amenaide, die Tochter des Ältesten des Ritterchors Arsir, ihren heimlichen Geliebten Tancred, einen aus der Stadt verbannten Ritter, um Hilfe. Ihr Brief wird abgefangen, und Amenaide droht als vermeintlicher Verräterin die Todesstrafe. Da hört Tancred von dem Geschehen ...
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Buchvorschau
Tancred - Johann Wolfgang von Goethe
Personen
Arsir Ältester des Ritterchors von Syrakus
Orbassan, Loredan und Roderich Ritter von Syrakus
Tancred, Ritter, aus einer verbannten syrakusanischen Familie, in Byzanz erzogen
Aldamon, Soldat
Amenaide, Tochter Arsirs
Euphanie, ihre Freundin
Mehrere Ritter, als Glieder des hohen Rats Knappen, Soldaten, Volk Der Schauplatz ist in und bei Syrakus. Die Zeit der Handlung fällt in das Jahr 1005 Die afrikanischen Sarazenen hatten, im neunten Jahrhundert, ganz Sizilien erobert. Da Syrakus ihr Joch abschüttelte, behielten sie Palermo und Girgenti. Die griechischen Kaiser besaßen Messina.
Erster Aufzug
Ratssaal im Palaste der Republik.
Erster Auftritt
(Die versammelten Ritter, in einem halben Zirkel sitzend)
Arsir
Erlauchte Ritter, deren Mut und Kraft
Des Vaterlands Bedrängnis rächen soll,
Mir, als dem Ältesten, erlaubet ihr
Euch zu versammeln, euren Rat zu hören.
Entschlossen seid ihr, mit gesamter Hand
Der Doppeltyrannei, die sich Siziliens
Bemächtigte, die Brust zu bieten, euch
Und Syrakus die Freiheit zu verschaffen.
Die beiden ungeheuren Mächte, die
Sich in die Welt zu teilen lange kämpfen,
Des Orients Monarchen und der Sarazenen
Verwegne Fürsten, beide machen sich
Die Ehre streitig, uns zu unterjochen.
Dem Kaiser von Byzanz gehorchen schon
Messinens Völker; Solamir, der Maure,
Beherrschet Agrigent und Ennas Flur,
Bis zu des Ätna fruchtbeglücktem Fuß,
Und beide drohten Knechtschaft unsrer Stadt;
Doch aufeinander eifersüchtig beide,
Begierig beide solchen Raub zu haschen,
Bekämpften sich und stritten so für uns.
Sie haben wechselweise sich geschwächt,
Nun öffnet sich ein Weg uns zu erretten;
Der Augenblick ist günstig; nützet ihn!
Der Muselmannen Größe neigt sich schon,
Europa lernet weniger sie fürchten.
Uns lehrt in Frankreich Karl Martell, Pelag
In Spanien, der heil'ge Vater selbst,
Leo der Große, lehrt, mit festem Mut,
Wie dieses kühne Volk zu dämpfen sei.
Auch Syrakus vereinigte sich heut
An seinem Teil zu solchem edlen Zweck.
Uneinigkeit und Ungewissheit soll
Nicht länger eure Heldenschritte lähmen.
Vergessen wir die unglücksvolle Zeit.
Da Bürger gegen Bürger aufgestanden
Und, grausam, diese Stadt die eignen Kinder
Ermordet und vertrieben und sich selbst
Entvölkert. Orbassan, an dich ergeht
Mein erster Aufruf: lass uns nun verbunden
Für eine Sache stehn! fürs Allgemeine,
So wie fürs Beste jedes Einzelnen!
Ja, lass uns Neid und Eifersucht verbannen,
Ein fremdes Joch, das uns gewaltig droht,
Mit Heldenkraft zerbrechen, oder sterben!
Orbassan
Nur allzu traurig war der Zwist, Arsir,
Der unsre beiden mächt'gen Stämme trennte
Und der geteilten Stadt die Kraft entzog.
Nun hoffet Syrakus die Orbassans
Mit deinem Blut, Arsir, vereint zu sehen.
So werden wir uns wechselweise schützen –
Und also reich' ich deiner edlen Tochter,
Ein wohlgesinnter Bürger, meine Hand;
Dem Staate will ich dienen, dir, den Deinen,
Und vom Altar, wo unser Band sich knüpft,
Stürz' ich mich rächend Solamir entgegen.
Doch sind es nicht allein die äußern Feinde,
Der Byzantiner hier, der Maure dort,
Auch selbst in dem Bezirk von Syrakus
Sehnt sich ein Teil betrognes Volkes noch
Dem längst vertriebnen Frankenstamme nach,
Man rühmet seinen Mut und wie er sich,
Freigebig, aller Bürger Herz verbunden.
Wen er beraubt daran denkt keiner mehr;
Nur was er gab verwahrt noch das Gedächtnis.
Mit welchem Recht verbreitete der Franke
Sich über alle Welt und nahm auch hier
In unsern reichen Gegenden Besitz?
Coucy! mit welchem Recht verpflanzt er sich
Vom Seine-Strom zu Arethusens Quelle?
Bescheiden erst und einfach, schien er nur
Sich unserm Dienst zu weihen; doch sein Stolz
Und seine Kühnheit machten ihn zum Herrn.
Sein Stamm, der ungeheure Güter häufte,
Erkaufte sich des Volkes Neigung bald
Und über meinen Stamm erhub er sich;
Doch nun sind sie gestraft, sie sind verbannt,
Auf ewig ihres Bürgerrechts verlustig.
Das ist beschlossen; doch das Schwerste bleibt,
Nun dem Gesetz die volle Kraft zu geben.
Ein Sprosse des gefährlichen Geschlechts,
Tancred, ist übrig, der als Knabe schon
Mit seinen Eltern die Verbannung teilte.
Den Kaisern von Byzanz hat, wie man sagt,
Mit Ehren er gedient, und trägt gewiss,
Von uns gekränkt, den tiefsten Hass im Busen.
Vielleicht erregt er gegen uns die Macht
Der Griechen, die schon in Sizilien,
Durch den Besitz Messinas, eingegriffen,
Und denkt vielleicht, durch seinen Einfluss hier,
Uns innerlich zu untergraben. Doch
Wie ihm auch sei! wir stehen einer Welt
Entgegen, die von allen Seiten her
Nach unsern fruchtbeglückten Feldern dringt,
Und uns des reinen Himmels Frohgenuss
Im schönsten Land der Erde rauben möchte,
Nicht mit Gewalt allein, mit List noch