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Lukian. Ruft – Ein Epos
Lukian. Ruft – Ein Epos
Lukian. Ruft – Ein Epos
eBook408 Seiten43 Minuten

Lukian. Ruft – Ein Epos

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Über dieses E-Book

In mindestens zwei seiner Werke beschreibt Lukian von Samosata (geb. um 120 und gest. um 180) Visionen, Bilder und Geschehen, die gewiss keine direkte Entsprechung in den Gegebenheiten des 2. Jahrhunderts finden. Der Mond, Jupiter oder die Sonne sind in Reichweite, mit einem Boot oder den starken Flügeln eines Adlers und eines Geiers erreichbar. Die antiken Texte sind auch nach fast zweitausend Jahren erstaunlich und verwunderlich, keineswegs überholt, und haben Erwin Fahrni zu einer literarischen Auseinandersetzung mit ihnen beflügelt.

In "Lukian. Ruft – Ein Epos" vermischen sich die räumlichen und zeitlichen Dimensionen. Der Raum ist grenzenlos, die Zeit steht still oder rast wie verrückt davon. Die einzelnen Texte lösen sich von den Vorlagen, die Handlung ist zwar im ersten und zweiten Buch noch nachvollziehbar (die Lukian-Erzählerfigur geht durch die gleichen Stationen wie in der antiken Storia), die textliche Ordnung hat ein Grundmuster, alles verliert jedoch den roten Faden im dritten Buch, in dem vom epischen Fluss nur einzelne Pfützen übrig bleiben, Geronnenes aus Schriften Lukians und früheren und neueren Texten Erwin Fahrnis, zufällig sechzig. Die beiden Teile zuvor umfassen die gleiche Anzahl an Strophen. So rundet sich das Werk scheinbar – insgesamt dreimal sechzig neunversige Strophen bzw. ungleich geformte Abschnitte; die Quersumme von hundertachtzig ergibt neun: Neun ist im Werk die immer wieder auftauchende, rätselhafte Wunderzahl. Ob sie etwas bedeutet oder ob es reine Spielerei ist, bleibe hier ungeklärt.

Doch abgerundet ist am Ende nichts. Die Texte des dritten Buches müssen ihre Ordnung erst noch finden, aussichtslos ist wahrscheinlich, einen Zusammenhang herzustellen. Sicher ist dagegen: Die weiterhin angedeuteten Expeditionen ins All, ins Irgendwo, ins Irgendwann oder doch ins zeitlich wie örtlich Reale und Begrenzte, sind keine Irrfahrten eines Träumenden; denn es ist die Welt, die aus den Fugen geraten ist, und mit ihr hat sich das Individuum in seine Atome aufgelöst, die täglich aufs Neue lose Verbindungen eingehen; sei es als Lukian, Menippus, Robert, Thomas, Marcel oder als Schreiber – oder alle miteinander.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum15. Jan. 2024
ISBN9783384074157
Lukian. Ruft – Ein Epos
Autor

Erwin Fahrni

Der Autor: Erwin Fahrni, 1952 in Wyssachen (Kanton Bern / Schweiz) geboren, studierte Geschichte und Germanistik in Bern und Wien. 2021 erschien von ihm bei tredition "Herausgehen am Tage – Umformungen", eine lyrische Bearbeitung des Ägyptischen Totenbuchs. 2024 wird bei tredition sein neues Werk erscheinen: "Lukian. Ruft - Ein Epos", ein fantastisch-fragmentarisches Epos, u.a. basierend auf Texten von Lukian von Samosata.

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    Buchvorschau

    Lukian. Ruft – Ein Epos - Erwin Fahrni

    Erstes Buch

    I

    Ich schließe das Fenster, Lukian –

    Ruft:

    Dass du zu Wasser werden könntest, ist

    Nichts Unbegreifliches, da du

    Wässeriger Natur bist.

    Auch zu einem Baume, wäre denkbar. Warum

    Sollte die Verwandlung in einen Löwen unglaublich sein. Oder

    Die Fahrt zum Mond. Wer schreibt,

    Muss nicht gesehen, gehört oder gerochen haben.

    II

    Von ferne, im Schädel, wird geflüstert, bald geschrien,

    Dann gewimmert. Wort gesellt sich zu Wort,

    Geschehen und Welten bildend.

    Der Quell, sprudelnd, gluckernd, sprenkelnd,

    Sich ergießt, in einen Strom sich formend.

    Alles möchte der Schreiber

    Schreibend erfassen, er lügt, kritzelt Verse

    Über Dinge, die kaum wirklich und möglich sind.

    Wer da Lust hat, glaube, öffne ein Auge und Ohr.

    III

    Ich schiffe mich bei den beiden Säulen im Westen

    Ein und steuere mit gutem, zugigem Ostwind in den Ozean.

    Von Vorwitz getrieben, wissen wollend, was jenseits der Grenzen

    Sei, wer jenseits wohne im unbekannten Land.

    Viel Nahrung und Vorrat an süßem Wasser an Bord, neunzig

    Gefährten mir zugesellt, so gesinnt und wissenshungrig wie ich.

    Man riet mir zu Waffen, auch zu einem geschickten Steuermann.

    Der schnelle Segler, in Stand gestellt, bereit

    Für die lange Fahrt.

    IV

    In sanfter, gemäßigter Bewegung vorwärtstreibend

    Am ersten Tag. Das Land noch zur Seite sichtbar. Allein

    Mit Anbruch des folgenden Tages braust der Wind, die See

    Geht höher, der Himmel hüllt sich in Dunkel, uns nicht möglich,

    Die Segel einzuziehen. Dem Wind übergeben, treiben wir in

    Furchtbarsten Stürmen neunundachtzig Tage umher.

    Am neunzigsten bricht die Sonne durch die Wolken, und wir

    Sehen eine hohe, dichtbewaldete Insel vor uns, um welche

    Liebliche Wogen ihr Spiel lockend lüstern treiben.

    William Strang: After the Tempest

    V

    Wir landen, steigen aus und legen uns zur Erde nieder,

    Uns für einige Stunden ausruhend.

    Aus süßlichen Träumen erwacht, stehen wir auf, wählen

    Dreißig aus unserer Mitte zur Bewachung des Schiffes, die

    Andern streben landeinwärts, die

    Insel genauer untersuchend. Bereits nach kurzer Zeit werden wir

    Einer ehernen Säule ansichtig, auf der mit rostigen Buchstaben

    Geschrieben steht: Bis hierher sind sie gekommen.

    Daneben Fußspuren, eine größere und eine kleinere.

    Joseph Benwell Clark: Adoration

    VI

    Weiter gehen wir bis zu einem Fluss, einem Strom von Wein,

    Der Schiffe hätte tragen können. Wir folgen

    Ihm bis zur Quelle, einem Weinberg voll tropfender Reben,

    Die Rinnsale Bäche bildend, vereinigend sich zur breiten Flut.

    Berauscht von den Weinfischen, die wir

    Gegessen, durchwaten wir den Strom an einer seichten Stelle und

    Stoßen auf Rebstöcke mit festem Stamm,

    Denen pralle Mädchenkörper entsprießen, von Weinranken

    Umflort. Uns grüßend nähern sich die Mädchen.

    Aubrey Beardsley: A Snare of Vintage

    VII

    Betrunken und verwirrt ist, wer sich auf den Mund

    Küssen lässt.

    Die drei Gefährten, zur Begattung verführt, werden

    Auf ewig mit den Mädchen vereint zu einem Gewächs,

    Sprösslinge bildend und von Weinranken umwunden,

    Bald Trauben tragend.

    Schnell eilen wir Übrigen zu den Schiffen, den

    Dort Wachenden berichtend, was wir gesehen und erlebt,

    Erzählend von den Dreien, zu Rebstöcken geworden.

    VIII

    Einige Fässer mit süßem Wasser werden gefüllt,

    Andere mit dem Wein aus dem Fluss. Wir übernachten in dessen

    Nähe und lichten am nächsten Morgen, bei mäßigem Wind, die

    Anker. Die Insel bereits nicht mehr in Sichtweite, zur Mittagszeit,

    Überfällt eine Wasserhose das Schiff, das

    Im Kreise herumwirbelnd, sich emporhebt,

    In eine Höhe von siebenundsiebzig Meilen,

    Und weiter hoch in den Lüften schwebend,

    Frische Winde die Segel blähend, uns über die Wolken führet.

    IX

    Neun Tage und neun Nächte durch die

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