GegenStandpunkt 4-23: Politische Vierteljahreszeitschrift
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Über dieses E-Book
Im Krieg wird die Moralität der bürgerlichen Gesellschaft auf den Kopf gestellt. Was im zivilen Alltag mit seinen rechtlichen Vorschriften und sittlichen Geboten dem Menschen streng verboten ist, das wird ihm als Soldaten im Krieg befohlen – und allen anderen als unbedingt gebotene Notwendigkeit vorstellig gemacht: Im Krieg gilt es, andere Menschen umzubringen, die Auslöschung der Existenz von Leuten, mit denen man persönlich überhaupt nichts zu tun hat, als seine Feinde ist geboten. Und das Recht auf Leben, das sonst das höchste Schutzgut darstellt, weicht der Pflicht, es für den Staat hinzugeben. Kriege sind deswegen Hochzeiten der Moral – und für alle Mitdenkenden eine ultimative moralische Herausforderung, die das Bedürfnis nach Rechtfertigung provoziert.
„Al-Aqsa-Flut“ und Gaza-Krieg: Hamas gegen Israel
Auf einen militärischen Sieg gegen Israel ist der Überfall der Hamas auf das israelische Umland des Gaza-Streifens nicht berechnet – mit ein paar Hundertschaften Bewaffneter und ein paar Tausend Raketen ist ein Krieg gegen Israel, die stärkste Militärmacht der Region, nicht zu gewinnen; ein regulärer Krieg ist von einer Truppe wie der Hamas noch nicht einmal zu führen. Das und erst recht die Tatsache, mit welcher zielgerichteten Grausamkeit die Hamas-Leute über die Zivilisten herfielen, derer sie habhaft wurden, bestätigt allen, die es sowieso schon wissen, dass es sich bei dieser Truppe um Terroristen handelt. Um Terror handelt es sich bei der Gewalt der Hamas auch ohne jede Frage. Interessiert falsch ist es aber, das Terror-Urteil damit zu verknüpfen – im Prinzip besteht es üblicherweise aus gar nichts anderem als –, die Gewalt ihres politischen Gehalts zu entkleiden. Die gewollte Fassungs- und Begriffslosigkeit, die mit schlichtem menschlichem Entsetzen nicht zu verwechseln ist, lässt keinen Platz dafür, den Zusammenhang zwischen dieser Gewaltaktion und dem Inhalt und Stand des politischen Programms zu ermitteln.
Die Konkurrenz der Kapitalisten, Kapitel V: „Die letzte Wachstumsgarantie – imperialistische Erfolge der Nation“ klärt über die Notwendigkeit auf, mit der die Staaten der Welt in ihrem zivilen Verkehr der Konkurrenz der Nationen notwendig die Gründe für den nächsten Krieg produzieren.
„Künstliche Intelligenz“: Die neue Wunderwaffe in der Konkurrenz um Weltmarkt und Weltmacht
„Künstliche Intelligenz“ (KI) ist ein Dauerthema, in den Medien ebenso wie in politischen Empfehlungen zur Stärkung der nationalen Konkurrenzfähigkeit... Was sind das für Maschinen und Techniken, von denen das Schicksal der Nationen abhängt, weil sie die intelligenten Leistungen des menschlichen Kopfes ersetzen und übertreffen sollen?
Der Staatshaushalt durch die Brille der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Jahr um Jahr stellt die amtierende Regierung in einem Haushaltsplan vor, wie viel Geld für welches staatliche Vorhaben veranschlagt werden soll. In bürgerlichen Gemeinwesen wie dem deutschen ist das ein wichtiges Ereignis, schließlich wird mit der Finanzierung einzelner Posten über die politische Ausrichtung und Ausübung der Staatsgewalt für das anstehende Haushaltsjahr entschieden. Diesem Gewicht trägt die FAZ auch in diesem Jahr wieder Rechnung, indem sie der Haushaltsplanung etliche Artikel und Kommentare widmet, die auf ihre Weise sowohl von einer Sachkenntnis als auch davon zeugen, wie die FAZ die Sache verstanden wissen will.
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Buchvorschau
GegenStandpunkt 4-23 - GegenStandpunkt Verlag München
Inhalt
„Al-Aqsa-Flut" und Gaza-Krieg: Hamas gegen Israel
1. „Al-Aqsa-Flut"
a)
b)
c)
d)
2. Israel im Krieg
a)
b)
Abweichende Meinungen zum Israel-Gaza-Krieg
Kriegsbedarf in Osteuropa und im Nahen Osten, „Chaos" in Washington
Eine neue Episode im Kampf zwischen „global leadership und „America first!
I. Der kriegerische Handlungsbedarf der Biden-Regierung: Notwendigkeit und Nutzen amerikanischer Führung bei der Verteidigung der Weltordnung
1.
2.
II. Die „America first!"-Fraktion beharrt auf amerikanischer Suprematie und sonst nichts
1.
2.
III. Ein Haushaltsstreit, der zur Entscheidung drängt
1.
2.
Ukraine, Gaza – die Kriege des Jahres 2023
Blutige Lektionen über den Segen staatlicher Souveränität – und über die bodenlose populäre Meinungsbildung darüber
I. Nie ist der Gegensatz von Staat und Mensch so offensichtlich und brutal wie im Krieg – zugleich wird nie so unerbittlich darauf bestanden, dass beide untrennbar eins sind
II. Auf diesen Irrsinn des Staatslebens bezieht sich das kritische und unkritische Meinen in Deutschland höchst einfühlsam und konstruktiv. Mit geeigneten Fragen erarbeitet man sich ein Verständnis für die Gemetzel und den rechten Standpunkt zu ihnen
„Wer hat angefangen?"
„Was hätten sie denn sonst tun sollen als sich verteidigen?"
„Schaut euch die bestialische Mordaktion der Hamas, Butscha, den Fleischwolf von Bachmut an!" – Die Opfer des Krieges sind der beste Grund für ihn
„Vertritt der Kriegsherr wirklich das Volk – oder missbraucht er es für eigene Machtambitionen?"
Wann kommt die Viertagewoche?
Eine trostlose Debatte um eine trostlose Forderung
I. Die Viertagewoche in der öffentlichen Debatte
II. Die Viertagewoche in der Tarifrunde der Stahlindustrie
Die gewerkschaftliche Forderung: Sozialverträgliche Gestaltung der Transformation
Die Antwort der Arbeitgeber: Die Transformation geht nur auf Kosten der Beschäftigten!
Der Staatshaushalt durch die Brille der FAZ:
Schuldenfinanzierte Herrschaft – ein Sachzwang, am ‚richtigen‘ Ende zu sparen
Das formelle Prinzip seriöser Urteilsbildung
Der Widerspruch schuldenfinanzierter Herrschaft – einseitig aufgelöst
Der Idealismus sachgerechter Herrschaftsausübung
Priorisierung von Ressorts – (k)eine politische Entscheidung
Kritik der wirklichen Regierung im Lichte vorgestellter Verantwortung
Die Konkurrenz der Kapitalisten
Kapitel V
Die letzte Wachstumsgarantie: Imperialistische Erfolge der Nation
§ 25 Das Recht auf Wachstum und seine Mittel: einerseits verbrieft, andererseits unzureichend eingelöst
Kapitalistisches Wachstum, national: materieller Inhalt und Zweck des Kampfes der Staaten um ihre Souveränität
§ 26 Der ideale Markt: Besitzstand mit Erfolgsgarantie
§ 27 Die Bedingung für alles: Souveräne Gewalt ...
... im Innern: Der Staat mit seinen Gesetzen und seinem Haushalt: Nutznießer und Opfer seiner Dienstleistung
Gewaltmonopol, Volk, Leitkultur
Berechtigte soziale Unzufriedenheit und ihre Bewältigung per Demokratie
Politische Bewegungen für Korrekturen nach links und rechts
... nach außen
Der Staat: Nutznießer und Opfer seines Status in der Staatenwelt
Sicherstellungs- & Korrekturbedarf, konkret entfaltet
Krieg
„Künstliche Intelligenz" – die neue Wunderwaffe in der Konkurrenz um Weltmarkt und Weltmacht
I. Was ist und wie entsteht ein KI-Programm?
1. Maschinelles Lernen: Vom Datenhaufen zum Modell
Aus einer Sammlung von Fallbeispielen für Aufgabe plus Lösung …
… und deren postuliertem Zusammenhang …
… wird ein Programm erzeugt, das ihn zumindest für die Trainingsdaten annähernd berechnet …
… und hoffentlich darüber hinaus
2. Zwei ewige Ungewissheiten über die Daten und das daraus erzeugte Modell
Die immanente Unberechenbarkeit des Berechneten
Das digitale Bauchgefühl
II. „Mit KI kann man alles tun, was Menschen tun können, nur schneller, effizienter, in größerem Maßstab, potenziell besser." – Wozu also taugt die Künstliche Intelligenz?
1. Die personalisierte Werbung
2. Rationalisierung der industriellen Produktion
3. Rationalisierung im Büro
4. Rationalisierung der kreativen und intellektuellen Tätigkeiten
5. Die Automatisierung von Funktionen der politischen Herrschaft
6. Die künstlich intelligente Kriegsmaschinerie: Umfassender aufklären, schneller schießen, präziser töten
III. Wer rettet die Menschheit vor Künstlicher Intelligenz?
1. Gefahren für Bildung, Moral und Demokratie: Es droht umfassender Kontrollverlust – von wem eigentlich?
Verderber der guten Sitten und Transportmittel falscher Werte
2. „Weaponization" der KI – furchtbare Kriegswaffen in den falschen Händen
3. Die KI wird zum Subjekt und bedroht die Menschheit
„Al-Aqsa-Flut" und Gaza-Krieg:
Hamas gegen Israel
1. „Al-Aqsa-Flut"
Am 7.10.2023 unternehmen mehrere Hundert bis über eintausend Bewaffnete der Hamas von dem militärisch durch Israel land- und seeseitig bewachten Gazastreifen aus einen Ausfall und greifen im israelischen Umland des Streifens fast über die gesamte Länge der Grenze Siedlungen sowie Militär- und Polizeistellungen an – zu Land, über das Meer und mit Gleitschirmen auch aus der Luft. Sie töten Soldaten und Zivilisten – insgesamt fast anderthalb Tausend; vereinzelt dauern die Gefechte auf israelischem Gebiet über 72 Stunden an. Im Zuge des Angriffs bringen sie ca. 250 Israelis, ebenfalls Soldaten und Zivilisten, lebend in ihre Gewalt und dann in den Gazastreifen zurück. Unmittelbar danach beginnt die Hamas aus dem Innern des Gazastreifens und auch vom Süden Libanons aus, Israel mit Raketen zu beschießen. Von denen wird zwar die größte Zahl abgefangen, sie richten jedoch trotzdem Schäden an und veranlassen die israelische Regierung zur Evakuierung der von palästinensischem Raketenbeschuss am meisten bedrohten Gebiete.
Auf einen militärischen Sieg gegen Israel ist der Überfall nicht berechnet – mit ein paar Hundertschaften Bewaffneter und ein paar Tausend Raketen ist ein Krieg gegen Israel, die stärkste Militärmacht der Region, nicht zu gewinnen; ein regulärer Krieg ist von einer Truppe wie der Hamas noch nicht einmal zu führen. Das und erst recht die Tatsache, mit welcher zielgerichteten Grausamkeit die Hamas-Leute über die Zivilisten herfielen, derer sie habhaft wurden, bestätigt allen, die es sowieso schon wissen, dass es sich bei dieser Truppe um Terroristen handelt. Um Terror handelt es sich bei der Gewalt der Hamas auch ohne jede Frage. Interessiert falsch ist es aber, das Terror-Urteil damit zu verknüpfen – im Prinzip besteht es üblicherweise aus gar nichts anderem als –, die Gewalt ihres politischen Gehalts zu entkleiden, ganz so, als ob jede mikroskopische Spur eines solchen gleichbedeutend damit wäre, der schlimmen Aktion dann doch einen gewissen Respekt nicht versagen zu können. Die gewollte Fassungs- und Begriffslosigkeit, die mit schlichtem menschlichem Entsetzen nicht zu verwechseln ist, lässt keinen Platz dafür, den Zusammenhang zwischen dieser Gewaltaktion und dem Inhalt und Stand des politischen Programms zu ermitteln.
a)
Letzteres ist überhaupt kein Geheimnis – die Hamas macht jedenfalls keines daraus. Sie will einen palästinensischen Staat, mindestens auf dem Gebiet der heutigen Palästinensergebiete und Jerusalems, programmatisch überhaupt in dem Land „zwischen Fluss und Meer". Sie erkennt den Staat Israel nicht an; dafür, dass keine Koexistenz mit ihm möglich sei, führt sie alle möglichen hohen und höchsten Gründe an, und am einschlägigsten sind die Verweise darauf, dass Israel einen islamisch-arabischen Staat der Palästinenser niemals dulden werde – siehe den Umgang Israels mit den Palästinensern und ihren Versuchen, einen solchen zu gründen bzw. überhaupt die Voraussetzungen dafür aufrechtzuerhalten.
Im Rahmen der palästinensischen Autonomie gewinnt sie zu Beginn des Jahres 2006 die Wahlen für alle Autonomiegebiete, was international und von ihren innerpalästinensischen Widersachern nicht anerkannt wird. Mit denen überwirft sie sich 2007 endgültig so weit, dass der geografischen seither eine politische Spaltung der Palästinensergebiete entspricht: Der Gazastreifen ist Hamas-Land, im Westjordanland regiert die von Israel irgendwie offiziell noch anerkannte Autonomiebehörde unter der Führung der kompromissbereiten Fatah-Fraktion.
Seither ist der Gazastreifen Basis für den weiteren Kampf der Hamas – denn den hat sie keinesfalls aufgegeben, nur weil sie sich in ihrem Heiligen Krieg für ein wirklich souveränes Palästina noch nicht einmal gegenüber allen ihren Landsleuten durchsetzen kann. Dabei hat sie damit zu tun, dass das Gebiet von Israel engmaschig abgeriegelt wird; regulärer Grenzverkehr ist nur über sehr wenige Übergänge, zwischendurch gar nicht möglich. Die Landverbindung nach Ägypten taugt für die Erhaltung, Erneuerung, womöglich die Erweiterung der materiellen Basis, die der Gazastreifen samt seinen Bewohnern für die Hamas darstellt, gemäß den politischen Konjunkturen in Ägypten und den von Kairo angestellten, allemal widersprüchlichen Kalkulationen mal mehr, mal weniger. ¹) Aber insgesamt kommt mit den zunehmend spärlicheren Überweisungen von Gaza-Palästinensern, die in Israel oder woanders arbeiten, den Mitteln der supra- und internationalen Armutsbetreuung und der massiven materiellen Unterstützung Irans so viel zusammen, dass es überhaupt ein Zivilleben im Gazastreifen gibt, über das die Hamas mit ihren militärischen Mitteln und zivilen Institutionen herrschen und das sie zur Basis ihres Programms machen kann, eine wirklich souveräne palästinensische Staatsgewalt gegen Israel zu erringen.
Die Praxis dieses Programms besteht zum einen in der zunehmend schwierigeren Behauptung der Hoheit über den Gazastreifen, dessen Bewohner ihr ganzes, in aller Regel total ärmliches arabisches Dortsein mit der Loyalität zum Hamas-Kommando über ihr Leben gleichzusetzen haben. Dafür liefert ihnen und sich die Hamas neben der alltäglichen Administration des Gazastreifens regelmäßig per Gewaltaktionen eine höhere Begründung eigener Art: Pur durch das Stattfinden von antiisraelischen Gewaltaktionen praktiziert, demonstriert und beglaubigt die Hamas ihren Anspruch, mehr zu sein als die Inhaberin des zivilen Kommandos über Gaza und die Organisatorin der für dessen Bewohner unabdingbaren Lebensnotwendigkeiten. Sich selbst und ihrer aktiven Basis schuldet sie den Beweis, dass ihr autonomer Staatsanspruch gilt und dass sie an ihm festhält. Und gerade weil seine Verwirklichung so komplett außer Reichweite ist, bleibt der Beweis eine dauernde Notwendigkeit. Von allen anderen Palästinensern unter ihrem Kommando verlangt sie wie jede gute, volksfreundliche Anführerschaft nicht nur Aus- und Durchhalten, sondern patriotische Zustimmung dafür. Denen führt sie auf diese Weise vor, dass sie nicht bloß elende Gaza-Bewohner sind, eingesperrt in dem, was manche in polemischer Absicht ein Freiluftgefängnis nennen, sondern an etwas Größerem teilhaben: an einem Projekt namens „Widerstand" in ihrem Namen. Wenn dann zu den Opfern, die ‚das Leben‘ dort sowieso verlangt, regelmäßig noch solche kommen, die die israelischen Schläge auf das Gaza-Territorium produzieren, dann sprechen diese Opfer gemäß derselben Logik für die Höhe und Güte der Sache, für die sie von den Gaza-Bewohnern erbracht und von der Hamas verlangt werden; die Toten bezeugen das gerade durch ihren Tod – denn der bedeutet, dass ihre: „die palästinensische Sache" lebt. ²)
b)
Die politische Bedeutung der terroristischen Gewalt der Hamas gegen den israelischen Feind enthält zugleich ein paar entscheidende, an ihn adressierte Botschaften, auf die es bei Terror – anders als bei einem regulären Krieg – ja stets vor allem ankommt. Die erste Botschaft, vor der der israelische Gegner dem Wortsinn von Terror entsprechend erschrecken soll, ist dieselbe wie die, die damit von der Hamas an die eigenen Reihen und die restliche Gaza-Bevölkerung ergeht: Die überlegene praktische Abwehr jedes palästinensischen Staatsanspruchs durch Israel, erst recht die israelische Verweigerung jeder Form von politischer Anerkennung der Hamas als einen auch nur potenziellen Vertreter oder Repräsentanten dieses Anspruchs, beantwortet die Hamas mit der gewaltsamen Klarstellung, dass Israel den Anspruch auf eine autonome palästinensische Staatlichkeit zwar unterdrücken, aber nicht beseitigen kann und sich stattdessen eine bewaffnete Feindschaft einhandelt, die ihm nicht gleichgültig sein kann. Zu diesem Beweiszweck gehört daher – das war bei allen vorherigen Aktionen der Hamas so, und das wird nun im Zusammenhang mit dem Überfall vom 7. Oktober bis zum Abwinken wiederholt –, dass die Hamas-Propaganda sehr viel Wert darauf legt, dass Kämpfer, Waffen und vor allem die politisch-strategische und militärisch-taktische Entscheidungshoheit echt palästinensisch sind: „Die im Gazastreifen belagerten Leute haben es vermocht, mit ihren eigenen Händen Waffen zu produzieren, um sich der Besatzung entgegenzustellen." (Khaled Mashaal, einer der Auslandsführer der Hamas) Das ist die echt autonome Gewalt, die sie beansprucht, in Aktion.
Auch die Tatsache, dass sich ihre Gewalt am 7. Oktober ff. in neuer Größenordnung gegen israelische Zivilisten richtet, ist weder mit Verzweiflung noch mit Ohnmacht zu erklären, wie verständnisvolle Kommentatoren es manchmal tun. Die Hamas bestreitet an den Menschen der israelischen Staatsgewalt deren Hoheit über sie, indem sie anderthalbtausendmal das staatliche Schutzversprechen für die Leute praktisch blamiert. Denn dessen wirklicher Gehalt ist der herrschaftliche Besitzanspruch auf diese Leute: Wenn sich der Staat Israel damit beauftragt und sich zugutehält, sein Volk gegen jeden feindseligen An- und Übergriff zu schützen, dann geht es um die Verteidigung dieses herrschaftlichen Besitz- und Zugriffsanspruchs. Das gehört sich für jede richtige Staatsgewalt – die Staatstheoretikerin Baerbock fasst es so: „Israel hat nicht nur das Recht, sondern wie jeder Staat die Pflicht, seine Bürger zu schützen." Zum Rechtsbewusstsein, mit dem die israelische Staatsgewalt ihre Herrschaft über die Leute mit deren Leben gleichsetzt, gehört ganz prominent der Verweis auf die Geschichte der Ausgrenzung und Verfolgung der Juden in Europa, die in dem Vernichtungswillen der deutschen Faschisten gipfelte, den die in aller bürokratischen Akribie zu einem staatlichen Endlösungsprogramm ausgearbeitet haben. Gründungszweck Israels war der Wille, den Juden eine staatliche Heimstatt zu verschaffen, die sie zu einem regulären, wehrhaften, nötigenfalls kriegsfähigen Staatsvolk macht. Den zeitgenössischen Bezugspunkt der gewaltsam durchgesetzten Gleichsetzung von jüdischem Leben mit einer Staatsgewalt, die Juden zur Basis und zum Mittel ihrer Machtentfaltung macht, bilden die Anfeindungen, denen Israel im Rahmen der Etablierung, Verteidigung und Ausweitung seiner staatlichen Existenz auf dem Boden des von den Zionisten einst auserkorenen Landes ausgesetzt ist. Der wird zum Teil von anderen Staaten beansprucht, teils von Aktivisten eines noch gar nicht existenten palästinensisch-arabischen Staates reklamiert und auf jeden Fall von Leuten bewohnt, die Israel seinerseits gar nicht als eigene Bürger haben will. Der grundsätzliche Gegensatz, in dem der israelische Staat damit zu seiner staatlichen Nachbarschaft und zu dem von ihm ausgegrenzten palästinensischen Menschenschlag steht, setzt seine Bürger permanent der Gefahr aus, vor der er sie permanent schützen muss und will. Die seitens Israels inzwischen praktisch hergestellte und gewaltsam behauptete Gleichung zwischen israelischer Staatsexistenz, Schutz der Juden und Unverträglichkeit mit einem palästinensischen Staatswesen westlich des Jordans greift die Hamas auf und wendet sie gegen Israel: Sie beweist ihren Staatsanspruch im terroristischen Widerstand gegen Israel; dem bestreitet sie die Souveränität dadurch, dass sie demonstriert, nämlich praktisch dafür sorgt, dass er seine schutzbefohlenen Bürger nicht auf Dauer und im Prinzip gar nicht gegen den zutiefst berechtigten und noch dazu göttlich beglaubigten Widerstand zu schützen vermag.
Den umfassenden Überraschungsangriff, alle Opfer und Schäden, die der in kurzer Zeit an israelischem Leben und Material angerichtet hat, feiert die Hamas daher mit