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Was Europa von Trump lernen kann: Die Krise des alten Kontinents und das neue Amerika
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eBook128 Seiten1 Stunde

Was Europa von Trump lernen kann: Die Krise des alten Kontinents und das neue Amerika

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Über dieses E-Book

Es steckt den Europäern noch in allen Knochen:
Der Wahlsieg von Donald Trump, dieser Antithese des Politikers, der mit politisch inkorrekten, provozierenden Sprüchen tatsächlich die Präsidentenwahl in den USA gewonnen hat. Europa wird da von einigen als Hort des Liberalismus gepriesen, Angela Merkel gar als letzte Bastion gegen den aufkeimenden Populismus. Doch wie sehr stimmen diese vermeintlich klaren Positionen? Können wir auch etwas von Trump als Chiffre einer neuen Zeit lernen? Der Autor, altgedienter US-Diplomat mit mehreren Stationen in Brüssel und Deutschland, teilt den Deutschen einige unliebsame Wahrheiten mit.
Ein Debattenbuch, an dem sich die deutsche Öffentlichkeit reiben wird.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum16. März 2017
ISBN9783864082207
Was Europa von Trump lernen kann: Die Krise des alten Kontinents und das neue Amerika

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    Buchvorschau

    Was Europa von Trump lernen kann - Todd Huizinga

    2017.

    Die Entfremdung in den USA

    Das Unbehagen: rechts wie links

    Um das Projekt Donald Trumps zu verstehen, muss man den politischen und gesellschaftlichen Hintergrund der Wahl 2016 im Auge behalten, nämlich die Entfremdung in den USA, die nicht mehr zu übersehen ist, zwischen dem „Mann auf der Straße" und einer scheinbar hoffnungslos abgehobenen Elite. Diese Entfremdung drückte sich aus, um nur ein Beispiel zu nennen, in dem, was die beiden Kandidaten, Donald Trump und Hillary Clinton, im Laufe ihrer Wahlkampagnen über Flint sagten, einer Stadt im Bundesstaat Michigan, in dem ich zu Hause bin. Viele werden sich wahrscheinlich an die Trinkwasserkrise von Flint erinnern. Sie lieferte im Jahr 2016 eine Zeit lang auf dem ganzen Globus Stoff für die Berichterstattung aus den USA. Das Trinkwasser in Flint war verfault und verunreinigt. Man konnte es nicht trinken. Es war ein Skandal.

    Flint wurde zu einem Leitthema für die Wahl im vergangenen November. Die Wahl fand statt in einer Zeit, in der viele im ganzen Land sich genauso vorkamen wie viele der Einwohner von Flint – verlassen, allein und vergessen. Um es vielleicht vorsichtiger auszudrücken, fühlten und fühlen sich viele Menschen von der regierenden Klasse unbeachtet – unterbewertet, unberücksichtigt und ignoriert. Donald Trump sagte dazu sehr passend: „Früher wurden Autos in Flint hergestellt, und man konnte das Wasser in Mexiko nicht trinken. Jetzt werden Autos in Mexiko hergestellt, und man kann das Wasser in Flint nicht trinken. Hillary Clinton sagte hingegen etwas ganz anderes: „Ich bin empört über das, was in Flint geschieht, und ich finde, jeder einzelne Amerikaner sollte auch empört sein.

    Beide Zitate drückten etwas aus, dem die meisten Amerikaner sicherlich erst einmal zustimmen würden. Bei näherem Hinsehen benannten die Kandidaten aber radikal verschiedene Dinge. Hillary Clinton bezog sich ganz klar auf „Identity Politics", eine Politik, die auf der Betonung der Identität und der Rechte marginalisierter Gruppen basiert. Sie verwies wiederholt darauf, dass die Mehrheit der Flint-Einwohner Afroamerikaner sind und behauptete, indirekt aber unmissverständlich, dass die Wurzel der Trinkwasserkrise rassistisch begründet war. Ein Hauptthema ihrer Kampagne war das Eintreten für mehr Gerechtigkeit für Gruppen, die sie für marginalisiert hielt: Frauen, LGBT-Menschen (Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle) und Einwanderer nichteuropäischer Abstammung sowie andere Minderheiten.

    Auf der anderen Seite konzentrierte sich Donald Trump auf die verlorene Größe Amerikas. Seine Aussage bezog sich auf die Entscheidung der Ford Motor Company (einen Entschluss, den Ford inzwischen teilweise zurückgenommen hat) innerhalb der kommenden Jahre die gesamte Kleinwagenherstellung nach Mexiko zu verlagern. Trumps Kampagne zirkulierte um die Wiederherstellung der Größe Amerikas – making America great again – eine Größe, die laut ihm verloren gegangen ist, weil eine abgehobene Elite – die staatliche, großindustrielle und intellektuelle Elite – amerikanischen Patriotismus für eine globalistische Orientierung eingetauscht hat. Dieser Begriff des Globalismus, und wie darauf zu reagieren ist, ist für das weitere Verständnis zentral. Trump wollte und will die frühere Größe Amerikas dadurch wiederherstellen, dass er bei dem amerikanischen Staat sowie den Führungskräften der amerikanischen Wirtschaft „patriotische Rechenschaftspflicht" wieder durchsetzt.

    Im Prinzip ging es in der ganzen Wahlkampagne genau um diese Themen, also um Identity Politics auf der einen Seite gegen die Wiederbehauptung der patriotischen Verantwortlichkeit innerhalb der Elite auf der anderen. Die Kampagne verlief vor dem Hintergrund einer weitverbreiteten Empfindung unter der Bevölkerung im allgemeinen, die das Gefühl der Einwohner von Flint ähnelte, dass man sie vernachlässigt, allein lässt und ignoriert. Die Präsidentenwahl 2016 fand im Rahmen einer wachsenden Spaltung statt, die die Arbeiter- und Mittelklasse (vervollständigt durch eine beträchtliche Unterklasse) von einer kleinen Elite trennt. Hinzu kommt – und darum geht es eigentlich in diesem Buch –, dass der Prozess einer wachsenden Spaltung zwischen einer zum großen Teil traditionalistischen Bevölkerung und einer postmodern-progressiven, globalistisch denkenden Elite überall in der westlichen Welt zu beobachten ist und sich unentwegt verschlimmert.

    Es kommt nicht von ungefähr, dass viele Beobachter die Ähnlichkeiten zwischen Bernie Sanders und Donald Trump notiert haben. Ihre Kandidaturen zielten beide auf genau diesen Hintergrund ab: die Spaltung und Entfremdung zwischen einer kleinen Elite und einer Mehrheit, die sich vernachlässigt vorkommt. Diese Entfremdung ist weit genug verbreitet, um sowohl rechts als auch links, Konservative und Progressive, anzusprechen, und zwar auf ähnliche Art und Weise. Eigentlich könnte man sagen, dass diese Entfremdung nicht nur die gemeinsame Wurzel von den Kampagnen von Donald Trump und Bernie Sanders war, sondern dass ihr auch eine überraschende Gemeinsamkeit zwischen zwei Bürgerbewegungen zu Grunde liegt, die sich sonst auf entgegengesetzten Polen des politischen Spektrums befinden, nämlich der Tea-Party-Bewegung auf der rechten und der Occupy-Wall-Street-Bewegung auf der linken Seite. Ein Lied vom Country- und Westernsänger John Rich, „Shuttin’ Detroit Down, das einige Zeit zu einer Art Parole für die Tea-Party wurde, veranschaulicht diese Gemeinsamkeit. Das Lied vermengt altehrwürdige amerikanische, Tea-Party-artige Werte wie z.B. Familie, Fleiß, Selbstständigkeit, Chancengleichheit und Patriotismus mit normalerweise linken, Occupy-Wall-Street-artigen Themen wie Klassenkonflikte zwischen Arbeitern und Reichen, die im Lied vom „Boss und den Wall-Street-Bankern verkörpert werden:

    „Mein Papa sagte mir, dass in diesem Land alle gleich sind

    Man arbeitet für seinen Dollar und steht dafür gerade,

    Wenn die Dinge schiefgehen.

    Und jetzt sehe ich wie die großen Tiere im Fernsehen winseln,

    Dass sie ihre Milliarden verlieren und es liegt an mir und dir

    Denen zur Rettung angelaufen zu kommen.

    Nun Verzeihung, dass ich keine Träne vergieße.

    Denn sie verkaufen Märchen und wir nehmen das hier nicht ab.

    Denn in der echten Welt wird Detroit stillgelegt,

    Während der Boss seine Prämie kassiert und wegjettet.

    DC rettet all die Banker und guckt zu, wie die Bauern ihr Land versteigern.

    Ja, während man in der New Yorker Wall Street sich austobt,

    Wird hier in der echten Welt Detroit stillgelegt."

    Auf der rechten Seite wittern viele, dass das Land der Chancengleichheit nicht mehr wirklich allen eine Chance bietet. Auf der linken Seite ahnen viele, dass eine kleine herrschende Klasse – das obere Ein-Prozent, wie die Occupy-Wall-Street-Bewegung sie bezeichnete – alle anderen, die restlichen 99-Prozent, ausbeutet. Rechts und links gibt es wesentliche Unzufriedenheit und beträchtliche Verärgerung über eine distanzierte Elite in Politik und Wirtschaft, die das schöne Leben genießt und sich um ihre eigenen Interessen kümmert. Aber diese Entfremdung hat noch tiefere Wurzeln. Im Folgenden möchte ich mich auf drei konzentrieren: den Verwaltungsstaat, die Herrschaft der Juristen, und den Verlust an Freiheit durch Identity Politics und politische Korrektheit. Hinter all dem lauert die vorhin angedeutete Weltanschauungskluft zwischen einer zum großen Teil traditionalistischen Bevölkerung und einer postmodern-progressiven Elite.

    Der Verwaltungsstaat und das Schwinden der Demokratie

    In den USA breitet sich der Verwaltungsstaat schon mehr als 100 Jahre lang aus. Die Bürokratisierung der Herrschaft, d.h., die zunehmende Ausübung von politischer Macht durch Bürokraten und Fachleute, hat ein Ausmaß erlangt, dass man langsam den Punkt erreicht, an dem Beamte de facto die legislative Gewalt ausüben, für die nach der amerikanischen Verfassung die gewählten Kongressmitglieder verantwortlich sind, die Politiker also, die regelmäßig durch Wahlen dem Volk gegenüber Rechenschaft ablegen müssen. Schon seit mehr als 100 Jahren, seit den Präsidentschaften von Theodore Roosevelt und Woodrow Wilson am Anfang des 20. Jahrhunderts, wächst der Verwaltungsstaat in den Vereinigten Staaten fast ununterbrochen. In dieser Zeit machte der Bürokratiestaat große Sprünge nach vorn, vor allem während der Amtszeiten von Franklin Delano Roosevelt, Lyndon Johnson, Richard Nixon und Barack Obama. Unter Barack Obama, der in Deutschland immer noch eine unkritische Verehrung genießt, die er niemals verdient hat, ist der Verwaltungsapparat des Staates so explosiv gewachsen, dass nach einer Schätzung von Clyde Wayne Crews auf cato-unbound.org im Jahr 2015 „Verwalter" dreißig Mal mehr Vorschriften und Regelungen gemacht haben, die das tägliche Leben der Amerikaner mitbestimmen, als der Kongress Gesetze verabschiedet

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