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Lieben im Irgendwo: Krimi
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eBook276 Seiten3 Stunden

Lieben im Irgendwo: Krimi

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Krimi von Peter Wilkening



Hinter der Fassade der Kleinstadtidylle in Oberspießbach brodelt es. Drei Männer streiten um die Vorherrschaft im ortsansässigen Tennisverein: Der erfolgreiche und skrupellose Bauunternehmer Ewald von Stierken, der Banker Hans Klaasen und der Regierungsrat Frank Ratig. Menschliche Abgründe tun sich auf: Von Stierkens attraktive Ehefrau Brigitte ist dem jungen Tennisstar Johannes Wagner hörig und landet schließlich im Rotlichtmillieu, der verheiratete Klaasen verliebt sich unsterblich in die geschiedene Versicherungsangestellte Katja Gutshausen und Ratig besucht regelmäßig ein Bordell. Da geschieht für alle unerwartet ein Mord...


Peter Wilkening geboren am 12.6.1962 in Bremerhaven, gelebt in Berlin und Bärenklau (Oberkrämer), verstorben am 3.7.2018
SpracheDeutsch
HerausgeberCassiopeiaPress
Erscheinungsdatum30. Sept. 2023
ISBN9783753210889
Lieben im Irgendwo: Krimi

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    Buchvorschau

    Lieben im Irgendwo - Peter Wilkening

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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    Alles rund um Belletristik!

    1

    Zahlreiche Gäste haben sich zum diesjährigen Neujahrsempfang im Vereinshaus eingefunden. Der Präsident des Tennisvereines 1908 Oberspießbach e.V. ist mit der Resonanz zufrieden. Ewald von Stierken lässt seinen Blick durch den Saal schweifen und zählt etwa 50 Personen. Viele Mitglieder sind erschienen. Der Vorstand ist durch seinen Vertreter, Vize-Präsident Hans Klaasen, Schatzmeister Frank Ratig, Schriftführer Hugo Müller und die drei Beisitzer, den Polizisten Egon Schulze, Amtsrichter Peter Hurtig und den Stadtverordneten Günther Herzog vollständig vertreten. Böse Zungen behaupten, Frauen hätten im Verein keine Chance, in höhere Ämter vorzudringen. Das sieht Ewald anders. Die Ehefrauen seiner Vorstandskollegen sind stets bei diesen oder ähnlichen Anlässen dabei. Darin erkennt er eine aktive Beteiligung der Frauen an der Geschäftspolitik des Klubs. Entscheidungen werden oft zur Familienangelegenheit. Auch er befragt regelmäßig seine Frau und lässt sich Ratschläge geben. Er ist sehr stolz auf seine Frau Brigitte, mit der er seit 17 Jahren eine glückliche Ehe führt. Sie ist ausgesprochen hübsch. Blond und gut gebaut, mit fraulichen Formen und üppigen Rundungen an den richtigen Stellen ausgestattet, braucht sie auch mit ihren 38 Jahren mit jüngeren Frauen keinen Vergleich zu scheuen. Brigitte und Ewald ergänzen sich beide, trotz des Altersunterschiedes von 15 Jahren, prächtig. Er bringt als erfolgreicher Unternehmer das Geld nach Hause. Sie managt das große Haus, man muss wohl von einer Villa sprechen, den riesigen Garten sowie den Haushalt und betreut ihre beiden Kinder, zwei Mädchen im Alter von 10 und 16 Jahren. Ewald probiert den Lachs und Kaviar und prostet seinen Vorstandskollegen mit einem Glas Champagner zu. Sein Vertreter Hans Klaasen erwidert seinen Gruß nicht. Er scheint heute mit seinen Gedanken woanders zu sein. Wahrscheinlich ist er mit seinen Bankgeschäften beschäftigt. Auf dem Kapitalmarkt herrscht ja zurzeit ein großes Misstrauen gegenüber den Bankern. Das wird ihm zu schaffen machen. Ewald ist zwei Jahre älter als Hans. Er findet aber, dass er wesentlich jünger aussieht. Klaasens Ehefrau Gerda kann es mit Brigittes Attraktivität und weiblicher Ausstrahlung nicht aufnehmen. Sie wirkt bereits wie eine alte Frau und irgendwie verbittert, obwohl sie erst 51 Jahre alt ist. Ein erwachsener Sohn komplettiert die Familie Klaasen. Ralf lebt mit seiner Frau Christine und Sohn Kai 600 Kilometer von Oberspießbach entfernt. Er hat schon in jungen Jahren Karriere als Verwaltungsbeamter in einer großen Bundesbehörde gemacht. Seine Eltern sind sehr stolz auf ihn, seine nette Frau und ihren vierjährigen Enkel. Ewald wirft einen Blick auf die Kellnerin, die der Pächter der Vereinsgaststätte zurzeit als Aushilfe beschäftigt. Sie trägt eine tief ausgeschnittene weiße Bluse und einen engen schwarzen Rock und geizt wahrlich nicht mit ihren Reizen. Wenn er nicht so glücklich verheiratet wäre, könnte er bei dieser flotten Biene leicht all seine guten Vorsätze vergessen und sich seinem Jagdtrieb hingeben. Er blickt in die Tischrunde. Neben Klaasen sitzt sein Schatzmeister, Regierungsrat Frank Ratig, diesmal allerdings ohne seine Ehefrau. Sie hat sich entschuldigen lassen. Es gehe ihr nicht gut. Da kann man nichts machen, gleichwohl der Präsident Wert darauf legt, dass die verheirateten Vorstandsmitglieder bei solchen Anlässen immer in Begleitung ihrer Frauen erscheinen. Der geschäftsführende Vorstand wird durch den Schriftsteller Hugo Müller als Schriftführer komplettiert. Müller ist mit knapp vierzig der Jüngste im Bunde und steht, wenn man den Zeitungen glauben darf, am Anfang einer großen Karriere als Literat. Ein Magazin hat ihn in einem Portrait mit Franz Kafka verglichen. Er hat schon einige regionale Buchpreise gewonnen. Ihm wird nachgesagt, dass er schlampig mit seinem großen Talent umgehe und manchmal zu faul zum Schreiben sei. Durch eine Erbschaft befindet er sich in der glücklichen Lage, finanziell unabhängig zu sein. Ein regelmäßiges Einkommen sichert ihm darüber hinaus seine Tätigkeit als Stadtschreiber, die man ihm vor zwei Jahren übertragen hat. Wie es im Leben so ist, haben ihm dabei seine Beziehungen geholfen. Nicht zuletzt die Fürsprache von Regierungsrat Ratig, der in der Rechtsabteilung der Stadtverwaltung tätig ist, hat sich für ihn positiv ausgewirkt. Auch der Beisitzer und Stadtverordnete Herzog hat sich für ihn ausgesprochen. Ewald denkt an die bevorstehenden Vorstandswahlen, die im nächsten Jahr stattfinden. Er befürchtet, dass seine Widerwahl diesmal nicht so einfach sein wird. Das Amt des Präsidenten des Traditionsvereines ist sehr begehrt und bietet jede Menge Sozialprestige. Man befindet sich in Augenhöhe mit den höchsten Würdenträgern der Stadt. Er möchte diese Position nicht missen. So denken sicherlich auch seine Vorstandskollegen. Er spürt förmlich die Ambitionen von Klaasen und Ratig, die sich gute Chancen ausrechnen. Aber noch zieht er die Fäden und bestimmt die Politik des Vereines. Und das soll sich nicht so schnell ändern. Dafür wird er schon sorgen. Wenn es sein muss, mit allen Mitteln. Ewald lächelt in sich hinein. Er ist zuversichtlich, auch nach der nächsten Wahl die Chef-Position einnehmen zu können. Ein lautes Lachen unterbricht die augenblickliche Stille. Der erfolgreiche Tennisspieler Johannes Wagner lacht anscheinend über seine eigenen Witze. Ewald blickt ihn fragend an, doch schon ist Johannes wieder in die Unterhaltung mit seiner attraktiven Tischnachbarin vertieft. Wagner ist 22 Jahre jung und das Aushängeschild des Tennisclubs. Er ist braungebrannt und sieht verdammt gut aus. Das weiß er natürlich. Seine Selbstsicherheit grenzt oft an Arroganz und Überheblichkeit. Er ist groß und schlank. Kein Gramm überflüssiges Fett haftet an ihm. Im Sommer trainiert er gelegentlich mit nacktem Oberkörper und zieht die Blicke aller anwesenden Frauen und Mädchen auf sich. Er ist ein klassischer Frauenschwarm. Die weiblichen Vereinsmitglieder streiten sich darum, von ihm trainiert zu werden. Sein Terminkalender ist voll. Es gibt eine lange Warteliste. Im vergangenen Jahr wurde er bei den nationalen Meisterschaften Vize-Meister. Das Finale hat er nur knapp verloren. In der nationalen Rangliste wird er auf Platz 3 geführt, obwohl er nur wenige Turniere spielt. Für das internationale Geschäft fehlt es ihm an Disziplin und dem unbändigen Willen, Karriere zu machen. Er will sein Leben nicht dem Sport unterordnen. Tennis soll ihm Spaß machen. Er will keinen Stress haben. Die Tätigkeit als Trainer und die Unterstützung, die er zusätzlich aus einem von Ewald initiierten Sponsoren-Pool erhält, reichen ihm. Er geht lieber nach dem Training auf Partys und feiert mit seinen vorzugsweise weiblichen Fans bis in den frühen Morgen. Ewald mag ihn nicht, aber er braucht ihn. Für seinen Club. Denn ohne ihn würde sein Verein erheblich an Bedeutung verlieren. Diese Notwendigkeit lässt er sich einiges kosten. Brigitte fängt bald mit Trainerstunden bei ihm an, die Ewald kraft Amtes angeordnet hat. Die Zeit dafür muss sich der Jungstar nehmen, ob es ihm passt oder nicht. In der zweiten Januar-Woche soll das persönliche Training beginnen. Die neue Tennishalle, die dank Ewalds Kontakten im Stadtparlament und in der Verwaltung mit Fördermitteln der Stadt gebaut und vor drei Wochen fertiggestellt werden konnte, steht zur Verfügung. Aus den Augenwinkeln heraus sieht von Stierken seinen Mann für das grobe Geschäft in der Ecke des großen Raumes stehen. Wie immer etwas abseits und möglichst unauffällig. Franz Bechner: Ordner, Objektschützer, Fahrer, Haus- und Platzwart in einer Person. Ewald hat ihm den Job ermöglicht. Dafür ist Franz ihm zu Dank verpflichtet und tief ergeben. Der Präsident kann sich auf ihn verlassen. Bedingungslos. Das erwartet er auch. Keine langen Reden, nur Befehle befolgen. Bechner bezieht ein bescheidenes festes Gehalt über den Tennisverein. Für seine Sonderaufträge erhält er von Ewald eine zusätzliche Entlohnung. Je nach Laune können das 20, 50 oder sogar 100 Euro sein, die ihm von Stierken stets gönnerhaft zusteckt. Franz Bechner ist eine Angst einflößende Erscheinung. Breitschultrig, mit Kurzhaarschnitt, durchtrainiert, ca. 1,85 m groß und 110 Kilogramm schwer und stets schwarz gekleidet, wirkt er wie ein gefährlicher Schläger, Hooligan oder militanter Rechtsradikaler. Von Stierken weiß aus Erfahrung, dass er genauso gefährlich und skrupellos ist, wie er aussieht. Langsam verabschieden sich die ersten Gäste. Es ist draußen dunkel geworden. Der Neujahrsempfang war wieder ein Erfolg. Zufrieden bestellt Ewald sich an der Bar noch einen Absacker.

    2

    Brigitte von Stierken zieht sich vor dem großen Spiegel im Schlafzimmer an. Sie betrachtet sich kritisch, kann aber keinen offensichtlichen Makel erkennen. Ihr Bauch ist flach wie bei einer 2o-Jährigen. Der BH hebt ihren großen Busen noch ein Stück höher. Zuhause trägt sie manchmal unter ihrem T-Shirt keinen Büstenhalter. Sie kann es sich erlauben. Brigitte dreht sich um. Auch der Hintern ist straff und fest. Sie ist mit sich zufrieden. Sie blickt auf die Uhr. Es ist 10.30 Uhr. Sie muss sich beeilen, wenn sie nicht zu ihrer ersten Trainerstunde, die um 11.00 Uhr angesetzt ist, zu spät kommen will. Brigitte zieht sich eine enge blaue Jeans und Wollsocken an und streift einen roten Pullover über. Sie packt ihre Tennissachen in die blaue Sporttasche ein und eilt die Treppe hinunter. Vor der Garderobe steigt sie in ihre warmen Schuhe und greift sich den schweren Wintermantel. Ihr Wagen, ein gelbes Audi-Cabriolet, steht vor dem Haus auf der Einfahrt. Sie setzt sich hinter das Steuer, stellt den CD-Player auf volle Lautstärke und fährt mit quietschenden Reifen los. Zum Glück sind es mit dem Auto nur 5 Minuten bis zum Tennisverein. Gegen 10.55 Uhr parkt sie ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz. Sie bleibt noch einen Moment sitzen und lauscht den Klängen ihrer Lieblingsmusik. Eine Viertelstunde später betritt Brigitte die Tennishalle. Ihr Trainer macht sich schon warm. „Das nächste Mal kommen wir aber pünktlich, Frau von Stierken! Spöttisch blickt sie ihn an. Will er ihr im Ernst Vorschriften machen? Er mustert sie frech von oben bis unten. Wirklich eine schöne Frau. Und wie es ausschaut, noch gut in Form. Ihr hell-blaues Tennis-Shirt spannt mächtig über ihrem großen Busen. Der kurze Tennis-Rock gibt den Blick auf ihre wohlgeformten Oberschenkel und Waden frei. Sie spürt förmlich, wie er sie mit seinen Augen verschlingt und in Gedanken langsam auszieht. „Wollen wir endlich anfangen, Herr Wagner? Er muss sich zusammenreißen, um sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. „Natürlich! Entschuldigung! Zuerst üben wir Ihren Aufschlag. Sie hat große Probleme mit dem Überkopf-Aufschlag. Nach einigen kläglichen Versuchen hilft er ihr. Er stellt sich dicht hinter sie. Ihr teures französisches Parfüm liegt schwer in der Luft und betäubt ihn fast. Dagegen ist sein Aftershave und Eau de Toilette eher unauffällig. Er muss husten. Dann zeigt er ihr die Grundstellung. Johannes nimmt ihren rechten Arm und zieht ihn über den Kopf nach oben. Wie unabsichtlich streichelt er dabei sanft über ihre nackte Haut. Ein Schauer geht durch ihren Körper. Sie sind allein auf dem Tennisplatz. Sie versucht, etwas mehr Abstand zu halten. Er lässt sich nicht beeindrucken und ist sofort wieder direkt hinter ihr. Für einen Moment wird sie von seinem Unterkörper gestreift. Brigitte nimmt ihren Arm herunter und schaut nervös auf die Uhr. Er rückt sofort von ihr ab. Noch 10 Minuten. Beide sprechen nicht. Wagner blickt sie herausfordernd an. Sie weicht seinem Blick aus. Ihre Augen wandern wie unter Zwang nach unten. Empört wendet sie sich ab: „Mir reicht es für heute! Er grinst sie an: „In Ordnung, Frau von Stierken, bis zum nächsten Mal! Ich freue mich jetzt schon auf Sie. Auf Wiedersehen!" Sie eilt davon. In der Umkleidekabine duscht sie und zieht sich an. Sie fährt schnell nach Hause. Brigitte muss ihren Kindern pünktlich das Mittagessen auf den Tisch stellen. Sie ist verärgert, über sich selbst. Seine Berührungen haben sie erregt. Auch, wenn sie es nicht wahrhaben will. Das ist ihr bisher noch nicht passiert. Unter der Dusche musste sie kaltes Wasser über ihren erhitzten Körper laufen lassen. Wenn sie an seine Berührungen zurückdenkt, stellt sich sofort wieder das angenehme Kribbeln ein, das sie vorhin empfunden hat und sie fängt an zu zittern. Das ist ihr entsetzlich peinlich. Sie hat das Gefühl, etwas Verbotenes getan zu haben und fühlt sich schmutzig. Davon darf ihr Mann niemals etwas erfahren. Es wird wohl besser sein, wenn sie keine Trainerstunden mehr bei Wagner nimmt. Sie muss sich nur eine passende Ausrede für Ewald einfallen lassen, damit er keinen Verdacht schöpft.

    3

    Es ist schon spät am Abend, doch Hans Klaasen sitzt immer noch in seinem großen Büro im 12. Stock der Geschäftsstelle der Nationalen Universum Bank (NUB). Wenn er allein ist, schaltet er manchmal seine Schreibtischlampe aus, bleibt in der Dunkelheit des Raumes sitzen und schaut auf die Lichter der Stadt. Dann kann er am besten nachdenken. Über sein Leben, die Arbeit und seine Ehe. Seine Sekretärin hat er bereits vor zwei Stunden nach Hause geschickt. Es war ein normaler Arbeitstag. Kleine Geschäftsabschlüsse mit Privatkunden. Er überschlägt seine Umsätze aus Aktien- und Wertpapiertransaktionen und kommt immerhin auf rund 200 Euro an Provisionen, die er heute zusätzlich verdient hat. Hans denkt an die bevorstehende Vorstandswahl im Tennisverein. Er will auf jeden Fall als Präsident kandidieren. Im Erfolgsfall könnte er wieder frischen Wind in seine Ehe hineinbringen. Wie stolz wäre seine Frau auf ihn, wenn ihm das gelingen würde. Der damit verbundene soziale Aufstieg ist beachtlich. Das Leben heißt Veränderung und nicht Stillstand. Aber der amtierende Präsident wird ihm die Position nicht freiwillig überlassen. Es wird einen harten Wahlkampf geben. Es geht das Gerücht um, dass auch der Schatzmeister mit einer Kandidatur liebäugelt. Also wird es einen Dreikampf geben. Der Favorit bleibt natürlich Ewald von Stierken, der erfolgreiche Bauunternehmer und Groß-Mäzen des Vereines. Objektiv betrachtet, hat Hans selbst nur Außenseiterchancen. Man wird sehen, was die Zukunft bringt. Vielleicht kann er ein wenig am Rad der Geschichte drehen. Mit seiner Frau gestaltet sich das Zusammenleben immer schwieriger. Nach dem ihr gemeinsamer Sohn Ralf das Elternhaus verlassen hat, um eine eigene Familie zu gründen, ist Gerda regelrecht in ein Vakuum gefallen. Sie hat eine sehr enge Beziehung zu Ralf. Nun fühlt sie sich oft überflüssig und hat das Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden. Sie lebt erst richtig auf, wenn Ralf mit seiner Familie zu Besuch kommt. Und das passiert mindestens viermal im Jahr. In der nächsten Woche ist es mal wieder soweit. Ralf kehrt für ein paar Tage in den Schoß der Familie zurück. Hans blickt auf die Uhr. Es ist kurz nach zehn. Als er nach Hause kommt, vermutet er, dass Helga schon schlafen wird. Er schließt die Haustür auf und verhält sich sehr leise. Seine Frau soll nicht aufwachen. Hans legt sich im Arbeitszimmer auf die Couch. Zu Gerda zieht ihn seit einiger Zeit nichts mehr. Er glaubt zu wissen, dass es seine Frau ähnlich sieht und darüber nicht traurig ist. Sie haben sich zurzeit nur noch wenig zu sagen. Ist das der unabänderliche Lauf der Dinge? Jedenfalls scheinen beide froh und erleichtert zu sein, nicht miteinander sprechen zu müssen. Hans schläft zuversichtlich ein. Bald wird der Besuch ihres Sohnes wieder für Auftrieb in ihrer Beziehung sorgen.

    4

    Frank Ratig macht pünktlich um 15.00 Uhr Feierabend. Er will heute Abend mit seiner Frau Heike essen gehen. Der Regierungsrat hat beim Griechen um 20.00 Uhr einen Tisch bestellt. Vorher ist er noch mit seinem Vorstandskollegen, dem Schriftführer Hugo Müller, zum Tennis verabredet. Auf der Fahrt zum Tennisverein denkt er über seine berufliche Karriere nach. Er hat sich vor vier Wochen auf die Stelle des Leiters der Rechtsabteilung in der Stadtverwaltung beworben. Der persönliche Referent des Oberbürgermeisters hat ihm bisher lediglich den Eingang seiner Bewerbung bestätigt. Er weiß aus gut unterrichteten Kreisen, dass es zwei Mitbewerber gibt. Einen jungen Juristen, Anfang dreißig, von außen und einen 55-jährigen Kollegen aus der Stadtverwaltung. Ratig rechnet fest damit, die Stelle zu bekommen und zum Oberregierungsrat befördert zu werden. Das wäre noch einmal ein lukrativer Karrieresprung und trotz seiner erst 45 Jahre seine letzte Chance, in der Stadtverwaltung aufzusteigen. Und die Dotierung der Stelle, Besoldungsgruppe A 14 höherer Dienst, ist nicht zu verachten. Auch im Blick auf seine Kandidatur zum Präsidenten des Tennisvereines würde ihm die Beförderung gut anstehen. Er hofft, dass bald eine Entscheidung über die Stellenvergabe getroffen wird. Seine Chancen auf den Chef-Posten im Verein sieht er hingegen, realistisch betrachtet, nicht als sehr groß an. Dazu ist Ewald von Stierken zu mächtig und einflussreich. Er kennt Hinz und Kunz und spielt mit dem Oberbürgermeister, dem Landtagsabgeordneten, dem Bundestagsabgeordneten, dem Landes-Wirtschaftsminister und dem Präsidenten des Unternehmerverbandes Golf. Frank müsste eine Schwachstelle bei Ewald herausfinden und öffentlich machen, die ihm das Genick bricht. Aber im Moment ist diese nicht erkennbar. Doch noch ist Zeit. Wie heißt es doch so schön in der Beamtenschaft: Kommt Zeit, kommt Rat, kommt Oberrat! Warum soll sich diese Binsenweisheit nicht auf andere Lebensfelder übertragen lassen? Der Schriftführer und der Schatzmeister belassen es heute bei zwei Sätzen. Erschöpft und durchgeschwitzt schlendern sie zur Umkleidekabine. Ratig ärgert sich. Den ersten Satz hat er deutlich mit 6:1 gewonnen, den zweiten unglücklich mit 6:7 im Tie-Break verloren. Er flucht leise vor sich hin. Der Schriftsteller versucht, seinen Freund zu trösten: „Nun hör schon auf, Frank! Es gibt Schlimmeres! „Was denn? Beide müssen lachen. Sie duschen lang und ausgiebig. Abwechselnd kalt und warm. „Wie geht es Heike? „Soweit gut, heute wollen wir zum Griechen gehen. „Das hört sich gut an! Dann hast du wahrscheinlich keine Zeit, nach der Sauna noch ein Bier zu trinken?! „Du hast es erfasst! Tut mir leid! Für die beiden Männer ist es zum Ritual geworden, nach dem Tennis und Duschen die Sauna aufzusuchen. Sie befindet sich zwischen den Umkleideräumen der Männer und Frauen. Darauf freuen sie sich schon den ganzen Tag. Es handelt sich um eine gemischte Sauna. Da gibt es manchmal etwas zu sehen. Wie Männer eben so sind. Frank gibt seiner Hoffnung Ausdruck: „Vielleicht haben wir ja heute Glück?! „Hoffentlich! Sein Handtuch um die Hüften gewickelt, öffnet Hugo die Tür. Die Sauna ist leer. Nun heißt es abwarten. Nach wenigen Minuten kommt der Tennis-Jungstar mit Katrin, einem attraktiven Mädchen, vielleicht 18 Jahre alt, herein. Ein großes Badetuch verhüllt ihre zweifellos vorhandenen fraulichen Reize. Der Schatzmeister zwinkert Johannes Wagner zu und malt mit seiner rechten Hand eine Zahl in die Luft. Wagner versteht sofort, legt den Arm um seine Begleiterin und zieht ihr plötzlich das Handtuch mit einem Ruck weg. Sie ist zu überrascht, um sofort zu reagieren. Ratig und Müller betrachten ungeniert ihren nackten Körper. Sie schämt sich furchtbar und versucht, sich aus der Umklammerung von Johannes loszureißen. Doch er hält sie mit seinen kräftigen Armen fest. Ihr schießen Tränen in die Augen. „Bitte, lass mich gehen! Er macht sich über sie lustig. „Ist doch nur Spaß, Baby! Wir gucken dir schon nichts weg! „Bitte! Müller fühlt sich genötigt, dem Treiben ein Ende zu setzen: „Lass sie gehen, Johannes! „Na gut!" Sie greift hastig nach ihrem Handtuch. Bevor sie ihre Blöße wieder bedecken kann, versetzt ihr Wagner noch einen Schlag auf ihr Gesäß. Die Männer lachen. Das Mädchen verlässt eilig die Sauna.

    Heike Ratig zieht sich rasch um. Frank muss gleich hier sein. Sie hat einen anstrengenden Arbeitstag hinter sich gebracht. Die Arbeit als Verkäuferin ist anstrengend und monoton und erfüllt sie nicht. Ihr Mann hat ihr versprochen, dass sie bald kürzer treten kann, wenn er zum Oberregierungsrat befördert wird und die Höhe der Darlehens-Raten für ihr Reihenhaus eine Neufestsetzung auf niedrigerem Niveau erfahren hat. Sie ist wütend auf Frank. Musste er unbedingt den allwissenden und gewieften Finanzfachmann spielen und ein Forward-Darlehen bereits drei Jahre vor Ende der Zinsfestschreibung abschließen?! Sie hätten viel stärker von den noch weiter sinkenden Zinsen profitieren können. Er holte sich fachlichen Rat bei vielen Experten. Sein Vorstandskollege, der Banker

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