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Das Vermächtnis des Unbekannten: Sex and Crime
Das Vermächtnis des Unbekannten: Sex and Crime
Das Vermächtnis des Unbekannten: Sex and Crime
eBook293 Seiten4 Stunden

Das Vermächtnis des Unbekannten: Sex and Crime

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Über dieses E-Book

Silvan Becker ist homosexuell, vermögend, erfolgreich und Vater von den beiden süßen Adoptivkindern Alexia und Tom. Mit viel Engagement kümmert er sich um seine Racker und um die Expansion seiner eigenen Firma. Silvans Sexleben besteht aus einer Vielzahl unbedeutender Liebschaften, aus denen sich jedoch nie eine ernsthafte Beziehung entwickelt. Als er es am Wenigsten erwartet, macht er die Bekanntschaft eines knackigen Handwerkers, der ihm den Kopf verdreht und die Sinne vernebelt. Als seine Kinder von genau diesem Geliebten entführt werden, begibt sich Silvan auf eine riskante und abenteuerliche Reise, die ihn zu Taten treibt, die er niemals für möglich gehalten hätte. In Mexiko muss sich Silvan dem Vermächtnis des Unbekannten stellen und erfährt dabei erschütternde Details zur Vergangenheit seiner Kinder, die ihn so schnell nicht wieder loslassen. Er riskiert sein Leben, muss unvorstellbares Leid ertragen, tötet und wächst über sich hinaus. Immer wieder muss er grausame Rückschläge verarbeiten, Gefahren trotzen und die waghalsige Fahrt auf der Gefühlsachterbahn meistern. Findet Silvan auf diesem abenteuerlichen Weg seine große Liebe und sein Happy End?
SpracheDeutsch
HerausgeberHimmelstürmer
Erscheinungsdatum1. Jan. 2014
ISBN9783863613891
Das Vermächtnis des Unbekannten: Sex and Crime

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    Buchvorschau

    Das Vermächtnis des Unbekannten - Marc Weiherhof

    Prolog – Wiederbeschaffung

    „Ich will sie zurück haben!" Don Raffael González’ markante Stimme donnerte durch die Räumlichkeiten der respektablen Villa unweit der mexikanischen Atlantikküste. Im Untergeschoss von González’ Anwesen befand sich der Hauptsitz seines Kartells, seines Drogen-Syndikats. Von dort aus lenkte er die Geschicke seines zweifelhaften Imperiums, erpresste Schutzgelder, ordnete brutale Gräueltaten an und schmiedete neue, teuflische Pläne.

    „Du organisierst die Wiederbeschaffung. Setz’ deinen Bruder auf den Mann an", forderte der Don von seinen Consigliere, seinem Berater.

    „Wiederbeschaffung? Du sprichst hier von Menschen, von …", fing Salvatore Salvas an, bevor er schnöde unterbrochen wurde.

    „Hör auf, mir zu widersprechen. Du beschaffst mir die beiden wieder und setzt deinen Bruder darauf an! Verstanden?" Die Stimme des Dons wurde nochmals energischer, bedrohlicher.

    Salvatore Salvas nickte und trat einen kleinen Schritt zurück. Er vermied jeglichen Augenkontakt mit seinem Boss, denn bei Raffael González wusste man nie, wann er ausflippen und mit einer Pistole um sich ballern würde. Dieser Mann war äußerst jähzornig, cholerisch und es brauchte nicht viel, um in seine Ungnade zu fallen.

    „Anderes Thema ... Hat Juan García Díaz seine angehäuften Schulden inklusive den Schuldzinsen endlich bezahlt?", fragte González ungehalten.

    „Nein, bisher schob er immer seine Frau und die Kinder als Ausreden vor, weshalb er noch nicht bezahlen konnte … Wir haben ihm nochmals zwei Mona…", fing Salvatore an.

    „Genug! Töte seine Frau und schick ihm ihren linken Ringfinger mitsamt Ehering in einer Kartonbox. Als Zeichen. Schreib dazu eine Nachricht: Er habe noch genau vier Tage Zeit, um die Summe zurückzuzahlen, bevor wir uns seine süßen Kinder vornehmen …"

    Salvatore Salvas nickte und verabschiedete sich. Er verbeugte sich vor González und küsste den Ring, den dieser an seinem rechten Zeigefinger trug. Das einprägsame Schmuckstück bestand aus purem Gold und in der Mitte war ein oval geschliffener, feuerroter Rubin eingelassen. Diese unterwürfige, devote Geste bestätigte den Don in seiner uneingeschränkten Überlegenheit gegenüber seinen Untertanen und musste jeweils zu Beginn und am Schluss einer „Audienz ausgeführt werden.„Nein! Bitte! Ich weiß nichts von Geld, das mein Mann geborgt haben soll ... Bitte. Ich habe zwei Kinder, zwei kleine Kinder …

    Die flehenden Versuche ihr Schicksal abzuwenden, trugen keine Früchte. Sie wurde von zwei Männern festgehalten und konnte sich nicht wehren. Der Ringfinger ihrer linken Hand wurde zwischen die scharfen, aber rostigen Klingen der Heckenschere gedrückt, bevor sich das Metall langsam den Weg durch ihr Fleisch bahnte.

    Der verzweifelte und schmerzerfüllte Schrei der unschuldigen Ehefrau des säumigen Schuldners durchdrang die Stille der Nacht. Salvatore war meistens mit von der Partie, wenn ein Auftrag ausgeführt wurde, um zu überwachen, dass er zu Dons Zufriedenheit erledigt wurde. Dons Männer waren brutale Schurken ohne Seele und ohne Gnade. Anstatt die Frau vor der gewaltsamen und unfreiwilligen Amputation ihres Fingers zu töten, ließen sie ihr Opfer so lange wie möglich am Leben, um ihr größtmöglichen Schmerz zuzufügen. Als die Klingen des Werkzeugs aufeinander trafen und das abgetrennte Glied auf den Boden fiel, war von der Frau nicht mehr viel mehr als ein Wimmern zu hören.

    Salvatore Salvas stand auf, zückte seine Pistole und jagte der Frau eine Kugel in den Schädel.

    Sie war sofort tot.

    Er wusste, dass seine Handlanger das unschuldige Opfer noch lange gequält hätten, wenn er sie nicht erlöst hätte. Die Enttäuschung war dann auch in den Augen der Männer zu sehen.

    „Packt den Finger in einen Plastikbeutel, dann in eine Box. Vergesst nicht die Nachricht dazuzulegen und schickt das blutige Packet an Juan García Díaz. Verstanden?"

    Seine Gefolgsleute nickten und er wandte sich von diesem bizarren Schauplatz ab.

    Jetzt musste er die Mission „Wiederbeschaffung", wie sie der Don nannte, anschieben und starten. Salvatore wollte keinesfalls seinen Bruder auf diesen Auftrag ansetzen, denn Manuel würde sich emotional an die Zielperson binden, sich vielleicht sogar verlieben.

    Manuel, sein Zwillingsbruder, war sein Leben im Kartell schon lange leid und wollte sich außerhalb, in der „normalen" Welt, neu orientieren. Diese Zielperson würde ihm den Kopf verdrehen und seine Welt auf den Kopf stellen, das wusste Salvatore bereits jetzt.

    Und doch hatte er keine andere Wahl, als dem Don zu gehorchen. Jeder, der es bisher gewagt hatte, ihm einen Wunsch abzuschlagen oder einen Auftrag zu verweigern, wurde früher oder später tot, mit einer Kugel im Schädel, aufgefunden oder wurde nie mehr gesehen. So wollte Salvatore nicht enden.

    So nicht!

    Also nahm er sein Smartphone aus der Tasche, wählte die Nummer seines Bruders und sprach ins Mikrofon: „Manuel? Hier Salvatore. Ich habe einen neuen Auftrag für dich. Du wirst nach Europa fliegen. Die Infos zu deiner Zielperson sowie die Flugtickets werden dir am Flughafen übergeben. Das Ticket ist auf den Namen in deinem Ukrainischen Pass ausgestellt. Okay?"

    „Alles klar. Ich mache mich sofort auf den Weg. Um was für einen Auftrag handelt es sich?", fragte sein Bruder am Telefon.

    „Du bekommst die Details, wenn du gelandet bist." Damit beendete Salvatore das Gespräch. Er wollte seinem Bruder unter gar keinen Umständen zehn Stunden Zeit schenken, um während des Fluges über den Auftrag nachzudenken. Sein Bruder sollte ohne Vorurteile oder Zweifel an die Sache herangehen. Salvatore würde Manuel zudem nicht alle Informationen zum Auftrag sofort geben, denn dann würde sein Bruder rebellieren, da war er sich sicher.

    Scheiße. Ich habe es langsam satt und möchte mich endlich aus diesem schmutzigen Business zurückziehen. Ich will endlich einen liebenden Partner finden und eine eigene Familie gründen. Ach, wie ich mein Leben hier haße, dachte Manuel, als sein Bruder den Anruf beendet hatte.

    Wenn man erst einmal im Sumpf der Drogensyndikate versunken ist, dann führt kein Weg je wieder heraus, das war auch Manuel klar. Und doch musste er probieren, sein Lebensziel zu erreichen.

    „Das ist der letzte Auftrag, den ich für dieses Schwein González ausführen werde", sagte er laut.

    Der Entschluss war gefasst.

    Endlich würde er versuchen, auszusteigen und wenn es ihn das Leben kosten würde.

    Manuel packte einige Kleider, Schuhe und Toilettenartikel in seinen alten, zerfetzten Rucksack und kramte aus einer Kartonbox, die unter einem losen Holzbrett im Boden versteckt war, den erwähnten Ukrainischen Pass heraus. Diese Identität hatte er bislang noch nie verwendet, sein neuer Name gefiel ihm aber. Waffen durfte er natürlich auf dem Flug nicht mitführen. Im Kartell-Versteck in Europa würde er jedoch genug Feuerkraft vorfinden, um sich für den Auftrag ausrüsten zu können. Er fuhr mit seinem Auto zum Flughafen von Mexiko Stadt, um in die nächste Passagiermaschine einer britischen Fluggesellschaft einzuchecken und seine letzte Auftrags-Reise zu beginnen.

    Als er seinen verbeulten Sportwagen auf einem Parkplatz im Langzeit-Parkhaus des Flughafens abgestellt und sein einziges Gepäckstück aus dem Kofferraum geholt hatte, kam bereits ein Kartellkollege angerannt und steckte ihm einen schweren, gelben Umschlag zu.

    „Danke", sagte Manuel kühl. Nachdem er das Flugticket rausgefischt hatte, steckte er das prallgefüllte Dossier in seinen Rucksack. Er würde die vorhandenen Infos auf dem langen Flug studieren. Zeit hatte er ja genug. Seine falsche Identität war wasserdicht und das Check-in am Schalter der Fluggesellschaft sowie die Passkontrolle konnten ohne Probleme durchlaufen werden. Nach einer kurzen Wartezeit am Gate wurde die Fluggastbrücke an das aufgetankte Flugzeug angedockt und die wartenden Passagiere konnten ihre Plätze einnehmen.

    Eigentlich hätte Manuel in einem kartelleigenen Privatjet nach Europa reisen können, doch er mischte sich gerne unter „normale" Leute und reiste am liebsten in der Holzklasse von Linienfluggesellschaften. Er hatte einen Fensterplatz und würde die atemberaubende Aussicht aus der Luft genießen.

    Er verband die zur Verfügung gestellten Kopfhörer mit seinem Smartphone und arretierte die Lautsprecher in seinen Ohren, bevor er die passende Playliste anwählte und auf „Play" drückte. Denken und entspannen konnte er am Besten, wenn er von seiner Lieblingsmusik berieselt wurde. Er kramte in seinem Rucksack nach dem Umschlag. Es waren nebst Informationen zu Wohnort und Geschäftstätigkeit seiner neuen Zielperson auch diverse Portrait-Fotos und Schnappschüsse im Dossier abgelegt. Als er einen ersten, zögerlichen Blick auf den Mann werfen konnte, den er beschatten sollte, musste er leer schlucken.

    „Wow! Was für ein attraktiver Mann …, dachte Manuel. Es würde ihm nicht schwer fallen, diesen „Kontakt herzustellen …

    Annäherungsversuch

    Die Eröffnungsnacht des neusten Feinschmecker-Tempels von Silvan Becker rückte unaufhaltsam näher und näher. Aber: Die Arbeiten an seinem neusten Meisterwerk der Kulinarik und des Genußes waren noch immer nicht abgeschlossen und die Schreiner, Maler, Plattenleger, Spengler und Elektriker schufteten und schwitzten im Akkord, um die Verkaufsfläche bis Freitag in zwei Wochen fertig zu stellen. Es war die 50. Prime Food-Boutique von Silvan, die mit einer pompösen Zeremonie der Öffentlichkeit und den Kunden übergeben werden sollte.

    Die Idee teure, auserlesene und rare Lebensmittel in hochwertigen Boutiquen an ein kaufkräftiges Kundensegment zu verkaufen, hatte Silvan schon vor Jahren. Die modernen und edlen Verkaufsräume waren bei der geschätzten Kundschaft sehr beliebt und der Absatz an den bestehenden 49 Standorten boomte und steigerte sich von Jahr zu Jahr. Von Beluga-Kaviar bis zum Katzenkaffee „Kopi Luwak", fand man in den Prime Food-Boutiquen alles, was das Herz des Gourmets höher schlagen ließ: Zartes Fleisch vom Kobe-Rind, wohlschmeckende weiße Trüffel, edle Weinsorten, auserlesene Essige oder seltene Öle. Bolivianische Kaffeebauern, Ecuadorianische Krabbenzüchter, Russische Stöhr-Fischer oder Indische Gewürzbauern lieferten ihre Köstlichkeiten direkt an das Prime Food-Verteilzentrum in Hamburg. Von dort aus wurden die Nahrungsmittel dann täglich an die einzelnen Boutiquen in ganz Europa verteilt und ausgeliefert. Die Früchte, Tees, Kräuter und Gemüsesorten wurden in hochwertigen Gestellen und Kühltruhen aufbewahrt und konnten, auf Wunsch der Kunden, im Laden probiert und später erworben werden. Die meisten Artikel wurden nicht ausgestellt, sondern konnten über die hauseigenen Sales Assistants nachgefragt werden. Diese präsentierten im Anschluss die gewünschten Leckereien dem Kunden und berieten ausführlich über Lagerung, Verwendung, Herkunft oder Kombinationsmöglichkeiten. Auf Wunsch gab es individuelle Rezepte oder Kontaktadressen von Sterneköchen aus aller Welt. Alles inklusive. In jeder der 50 Boutiquen standen eine Wein-, sowie eine Frischeabteilung zur Verfügung. Unter anderem konnten an diesen Frische-Theken Ravioli, Fleisch, Fisch, Kuchen und Backwaren gekauft werden. Silvan legte viel Wert auf hochwertige Spezialitäten und arbeitete nur mit den besten Köchen und Konditoren zusammen, um seinen Kunden immer wieder aufs Neue eine vortreffliche Qualität und ein besonderes Erlebnis bieten zu können.

    Die Marylebone High Street gehört zu den bekanntesten Shopping-Straßen Londons. Viele kleine, exklusive Boutiquen, renommierte Galerien und Antiquitätenhändler buhlen hier um die Gunst der Einwohner und Touristen. Obwohl die Straße mitten im Zentrum von London gelegen ist, gestaltet sich ein Shopping-Bummel in den Geschäften der Marylebone viel gemächlicher und ruhiger als es in der nahegelegenen Oxford Street der Fall wäre. Die Straße konnte sich ihren dorfähnlichen Charakter bewahren und war daher der perfekte Standort für Silvans neue Boutique. In der Umgebung gibt es einige Haltstellen der London Tube und somit Anschluss an den öffentlichen Verkehr. Hyde und Regent’s Park befanden sich unweit der Straße und boten Erholungsmöglichkeiten für seine Angestellten. Silvan war sowieso absolut fasziniert von London. Der Charme der britischen Hauptstadt war weltweit einzigartig und die mannigfaltigen Stadtteile begeisterten ihn immer wieder aufs Neue für diese Metropole.

    Silvan hatte mit den Arbeiten an seinem 50. Geschäft schon früh begonnen, alles genau geplant und die Durchführung stets minutiös überwacht. Er wusste, worauf es ankam, denn dies war schließlich nicht seine erste Neueröffnung. Der Zeitplan geriet dennoch ins Wanken. Die letzten zwei Wochen waren angebrochen und er hatte eine Besprechung mit seinem Generalunternehmer einberufen, der die Fäden dieses Umbauprojekts zog und für die fristgerechte Fertigstellung besorgt sein sollte. Über diesen Ansprechpartner wurden sämtliche Handwerker angestellt und entlohnt, der Baufortschritt überwacht und die anstehenden Arbeiten koordiniert. Dies wiederum hieß für den Auftraggeber Silvan aber auch, dass er keinerlei Einflussnahme auf die Anzahl der Mitarbeiter oder deren Qualität hatte und somit auf die Fähigkeiten und die Einschätzung des Generalunternehmers vertrauen musste. Harald McWicker, ein grauhaariger, mürrischer Mann mit Bierbauch, war als GU verpflichtet. Sein graues, schütteres Haar vermochte kaum noch seine schweißig schimmernde Kopfhaut zu bedecken und die noch sprießenden Härchen, kämmte er verzweifelt über die kahlen Stellen auf seinem Haupt. Er hatte buschige, dicke Augenbrauen und ein faltiges, aufgedunsenes Gesicht. Zwei haarige Warzen zierten zudem sein Antlitz. Das Äußere des Mannes war genauso abstoßend, wie seine inneren Werte, was Silvan kurz nach Baubeginn bemerkte. Er behandelte seine Mitarbeiter schlecht und ließ keine Gelegenheit aus, an ihnen Kritik zu üben. Er war fies, niederträchtig, charakterlos, unprofessionell und intolerant. Silvan würde das nächste Bauprojekt sicherlich nicht mehr mit „Harald McWicker Buildings" durchführen.

    Das Treffen mit McWicker hätte schon vor einer Viertelstunde beginnen sollen und noch immer gab es keine Spur von diesem Tyrannen. Als Silvan das provisorische Büro des zukünftigen Boutique-Managers verließ, sah er, wie McWicker mit seinem protzigen, grünen Jaguar vorfuhr. „Wurde auch Zeit, murmelte Silvan gehässig. McWicker parkte seinen Luxusschlitten direkt vor dem Eingang der Boutique und marschierte mit gehässiger Miene ins Gebäude. Ohne sein Gegenüber, einen Maler, überhaupt zu begrüssen, beschwerte er sich lautstark, mit vielen Schimpfworten, die er mit vulgären Handbewegungen untermalte, über die Arbeit des Handwerkers. Unfähig, unprofessionell, langsam, inkompetent, idiotisch. Harald verstand es, seinen Ausbrüchen die nötige Dramatik zu verleihen. Die Hasstirade dauerte ganze zwei Minuten. In dieser Zeit wurden sämtliche Arbeiten auf der Baustelle eingestellt und die neugierigen Handwerker kamen in die Lobby, um das Spektakel mitzuerleben. Solche Feuerwerke verbaler Explosionen wurden oft von der ganzen Belegschaft mitverfolgt und das Opfer" später von seinen Kollegen moralisch aufgepäppelt. Der GU war für seine Gehässigkeit und seine verbalen Ausbrüche bekannt. Der junge Maler ließ das Ganze über sich ergehen, nickte ab und zu und versuchte dem Bauleiter mit dem Respekt zu begegnen, mit dem man normalerweise einem Vorgesetzten begegnet. Ich bewundere die Ruhe dieses Mannes …, dachte Silvan. Er hätte diesem Idioten schon lange die Fresse gestopft. Als krönender Abschluss der Unterhaltung drückte McWicker seine glühende Zigarette an der frisch gestrichenen Wand aus, die der Maler soeben zu Ende bepinselt hatte. Als er Luft holen wollte, drehte er sich um und bemerkte, dass Silvan die ganze Zeit zugehört hatte und direkt hinter ihm stand. Silvans Gesichtsausdruck schien den GU einzuschüchtern. Der großgewachsene, bullige Mann verstummte sogleich und sah seinem Auftraggeber direkt in dessen stahlblaue Augen. Seine Gehässigkeit und seine Arroganz schienen in diesem Moment von ihm abzufallen, sich beinahe zu verflüchtigen. Etwas anderes zeigte sich in den Augen von McWicker. War es Angst? Nach einigen peinlichen Sekunden der Stille, stammelte er etwas über seine Verspätung und dass es ihm leid täte und man die Sitzung nun beginnen könne. Wortlos führte Silvan seinen Gesprächspartner ins Besprechungszimmer.

    Zehn Minuten später erschien Generalunternehmer Harald McWicker mit einem feuerroten Kopf vor Silvans Büro. Während dieser kurzen Zeit schien er mehrere Zentimeter an Körpergröße und einiges an Selbstvertrauen eingebüßt zu haben. Er wirkte in seinen Grundfesten erschüttert, war kurzatmig und verlegen. Die Anwesenden hielten den Atem an, als der autoritätsbesessene McWicker schnaubend wiederum auf den jungen Maler zuging. Aber entgegen dem, was allerseits erwartet wurde, gab es kein Revival der vorhergegangen Hasstirade. Harald streckte dem Mann seine Hand hin und als dieser den Händeschlag erwiderte, sagte McWicker: „Bitte entschuldigen Sie meine harten Worte eben. Sie leisten gute Arbeit, Jan, und helfen uns sehr. Weiter so!" Dann drehte er sich um und verschwand im Keller, wo sein Planungsbüro eingerichtet war. Die anwesenden Handwerker waren fassungslos.

    Absolut entgeistert.

    Was konnte Silvan Becker, der Inhaber der Boutique, zum starrköpfigen und hitzköpfigen GU gesagt haben? Was hat McWicker so scheu und verlegen gemacht? Niemand hatte den Mann zuvor so gesehen und niemand konnte sich erklären, wie der schmächtige und zierliche Silvan diesen Koloss von Mann in die Schranken weisen konnte. Die Handwerker begannen zu applaudieren und zu jubeln.

    „Danke, Mr. Becker", riefen sie lautstark. Kurze Zeit später wurden die Arbeiten wieder aufgenommen und der Alltagstrott kehrte auf die Baustelle zurück. Es wurde gespachtelt, gestrichen, verkabelt und verputzt.

    Von seinem Büro aus hatte Silvan beobachtet, wie sich sein GU beim Maler entschuldigte und sich ins Kellergewölbe zurückzog. Dieses außergewöhnliche Schauspiel erfüllte Silvan mit Stolz und Genugtuung. Als dann die ganze Belegschaft applaudierte und sich lautstark bei ihm bedanke, wusste er, dass er das Richtige getan hatte. McWicker war Silvan schon lange ein Dorn im Auge und die miterlebte Hasstirade hatte das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. Silvan war ein gefasster und ruhiger Typ, seine Argumente waren stichhaltig und seine Worte unverblümt, aber gerecht. Er wurde selten ausfällig oder frech. Er brachte seine Meinung mit ruhiger und angemessener Stimme zum Ausdruck: „Harald, ich bin maßlos enttäuscht von Ihnen. Anscheinend besitzen Sie keinerlei Führungskompetenzen, können Ihre Mitarbeiter nicht motivieren und Zeitpläne nicht einhalten. Ich frage mich daher ernsthaft, wie jemand, der 25 Minuten zu spät zu einem wichtigen Geschäftstreffen kommt, überhaupt in der Lage sein soll, eine solide und vertrauenswürdige Firma zu führen! Der Umgangston, den ich heute miterlebt habe, ist unwürdig und gehört nicht einmal auf eine Baustelle. Jedermann wusste, dass Silvan äußerst gut vernetzt war und einige einflussreiche Politiker und bekannte Persönlichkeiten zu seinem Freundeskreis zählen konnte. Normalerweise spielte er die Bekanntheits-Karte nicht aus, aber in diesem Fall war es wohl die einzige Möglichkeit, dem Typen den Ernst der Lage klarzumachen. „Ich empfehle Sie nicht weiter, Harald, wenn es hier weiter so dilettantisch zu und her geht. Sie haben jetzt noch genau zwei Wochen Zeit, um meine Boutique fertigzustellen. Eine Verspätung, wird nicht toleriert. Sehen Sie zu, dass Sie Ihre Mitarbeiter angemessen behandeln und das Wichtigste: Entschuldigen Sie sich umgehend bei Maler Jan!

    McWicker hatte genickt und verließ sein Büro.

    Jan Baki, wie der Maler mit ganzem Namen hieß, war ein begabter Allrounder und half der Crew seit mehreren Wochen aus, um die Arbeiten schneller voranzutreiben. Jan musste über 1.85 Meter groß sein, war kräftig gebaut, hatte dunkle Haare und ein süßes Lächeln. Er war Silvan schon am ersten Tag aufgefallen. Seine kräftige Statur, die gut definierten Bauchmuskeln, der große Bizeps und das selbstbewusste Auftreten des Handwerkers sprachen ihn an. Er verbrachte einige Minuten pro Tag damit, Jan durchs Bürofenster unauffällig zu beobachten. Silvan sah ihm gerne beim Arbeiten zu, denn wenn er eine Wand bearbeitete, sah man jede Muskelkontraktion unter seinem T-Shirt und dem Overall. Das gefiel Silvan. Das gefiel ihm sogar sehr. Seit zwei Wochen hatte er beinahe den ganzen Tag eine Dauererektion deswegen, was äußerst quälend und unangenehm war.

    Normalerweise nahm sich Silvan, was ihm gefiel.

    Sein Gaydar, sein Schwulenradar, leistete ihm dabei treue Dienste. Es gibt nicht Peinlicheres als einem Hetero Avancen zu machen, dies endet nämlich meistens mit fiesen Sprüchen oder Handgreiflichkeiten. Die nicht-schwulen Herren der Schöpfung kannten wohl keine andere Art, dem Gegenüber klar zu machen, dass man an einer „Interaktion" nicht interessiert war. Sie fühlten sich wohl in ihrer Männlichkeit beschnitten. Bei Jan wollte er bislang kein Risiko eingehen und war sich nicht schlüssig, ob er den ersten Schritt tun sollte. Doch heute, nach dem Vorfall mit McWicker, hatte sich Silvan entschieden, dass er etwas gegen die dauernde Beengtheit in seiner Designerhose unternehmen würde.

    Einige Stunden später, als bereits die meisten Arbeiter in den wohlverdienten Feierabend gegangen waren, ging Jan ins Untergeschoss. Im Büro des Bauleiters musste jeder Handwerker täglich notieren, was er während der letzten acht Arbeitsstunden erreicht hatte und welche Arbeiten beendet werden konnten. Silvan folgte ihm heimlich. Als er das Büro betrat, sah er, wie Jan einen Plan studierte. Sein Rücken war gegen Silvan gerichtet. Von meinem Standpunkt aus, sieht es so aus, als hätte dieser Allrounder einen äußerst wohlgeformten Hintern, dachte er.

    Baki zuckte zusammen, hatte wohl nicht gehört, dass Silvan in den Raum kam. Er sagte ein wenig verlegen: „Hi, Mr. Becker. Ich wollte nur noch rasch die Pläne überprüfen." Jan hatte einen leichten Akzent. Er war wohl baltischer Abstammung. Silvan trat ganz nahe an Jan heran, presste seinen schlanken Körper an dessen muskulöse Statur und flüsterte in sein Ohr:

    „Ich wüsste da noch etwas Anderes, was wir beide zusammen überprüfen könnten … Und wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du mich Silvan nennen sollst?"

    Jan trat einen Schritt von Silvan weg und drehte sich um. Die Beule in seinem Overall verriet Silvan, dass das Interesse gegenseitig war. „Ich bleibe lieber bei Mr. Becker. Und sowieso bin ich nicht interessiert! Das ist nicht meine Art." Jans Stimme wirkte ruhig, doch seine Körpersprache verriet, dass seine Worte nicht mit seinen innigsten Wünschen übereinstimmten.

    Silvan trat nochmals an den jungen Handwerker heran und presste seinen harten Penis an die Erektion von Jan. Lediglich zwei dünne Stoffe trennten die beiden erregten Körper voneinander. Die Wärme jedoch drang durch den Stoff und ließ Silvans Penis vor Verlangen zucken. Er flüsterte mit erregter Stimme: „Neben dem Büro gibt es ein separates Badezimmer …"

    Und erneut trat Jan einen Schritt zurück, legte den Plan auf den Schreibtisch und sagte: „Mr. Becker, ich habe wirklich kein Interesse an einem unbedeutenden Quickie im Badezimmer. Ich bin eher der traditionelle Typ!" Mit diesen Worten ging Jan an Silvan vorbei, zur Treppe, und verließ den Keller.

    Einige Sekunden später hörte man im Obergeschoss, wie Jan seinen Werkzeuggürtel auf den Boden knallte und die Boutique verließ. Silvan stand noch einige Momente regungslos im Büro des Bauleiters. Sein Radar ließ ihn bislang noch nie im Stich. Normalerweise spürte er genau, wann er sich nehmen konnte, was er wollte. Dass er Jan falsch eingeschätzt hatte, konnte er sich nicht erklären.

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