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Der Hafen von Toledo: Roman
Der Hafen von Toledo: Roman
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eBook780 Seiten10 Stunden

Der Hafen von Toledo: Roman

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Über dieses E-Book

Die dreizehnjährige Damasa und ihre Geschwister leben in einem heruntergekommenen Haus im düsteren Hafenviertel von Toledo. Ihre vermeintliche Teilnahmslosigkeit verschleiert die glühende und rebellische Natur des Mädchens, das mit zehn Jahren den Schulunterricht ablehnt, sich von der Kirche abwendet und nach dem tragischen Tod seines Bruders auf See Rettung in der Literatur findet. Die dunklen Schriften Damasas, in denen sie versucht, die flüchtigen Visionen ihres Geistes festzuhalten, ziehen uns in eine fesselnde Welt des Unsichtbaren und der Träume, eine »zweite, unwirkliche Realität«. Aus dem Geheimnis dieser wundersam lyrischen Seiten entspringt ein Alltag voller Armut und Entbehrungen, während sich am Himmel das Schreckensgespenst des Krieges abzeichnet.

In Der Hafen von Toledo webt Anna Maria Ortese eine eindringlich dichte, traumwandlerische Atmosphäre, die den Roman zu einem unvergesslichen Leseerlebnis macht. 1975 erstmals veröffentlicht, ist das rätselhafte und von einer geheimnisvollen Schönheit erfüllte Buch heute ein Klassiker der modernen Literatur – ein Meisterwerk, das es auch hierzulande unbedingt zu entdecken gilt.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum25. Apr. 2023
ISBN9783751806435
Der Hafen von Toledo: Roman
Autor

Anna Maria Ortese

Anna Maria Ortese (1914-1998) stammte aus ärmlichen Verhältnissen. Sie verließ mit fünfzehn Jahren die Schule, entwickelte danach aus eigener Kraft ihr großes literarischen Talent; als Zwanzigjährige veröffentlichte sie ihre ersten Texte. Ihr Werk wurde früh mit literarischen Preisen ausgezeichnet, größere Bekanntheit erreichte sie erst im letzten Jahrzehnt ihres Lebens.

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    Buchvorschau

    Der Hafen von Toledo - Anna Maria Ortese

    APASISCHE ODER MEERESMAUERN

    DIE ERSTE WELT

    SIE ERINNERT SICH AN RASSA,

    D’ORGAZ, PAPASA UND ANDERE GESTALTEN

    IHRER MEERESJAHRE

    Sie beschreibt ihre Wohnung in der bourbonischen

    Stadt und ihre Einsamkeit in der genannten

    Wohnung, die vor den Gittertoren des Hafens lag.

    Apa und Mamota. Erste Fragen des träumenden

    Geistes

    Ich bin niemands Tochter. Das heißt, dass die Gesellschaft, als ich geboren wurde, nicht da war oder nicht für alle Menschenkinder da war. Und weil ich ohne Gesellschaft und ohne Güte geboren wurde, wurde ich in gewissem Sinne gar nicht geboren, alles, was ich sah und erfuhr, war illusorisch, wie die nächtlichen Träume, die sich am Morgen verflüchtigen, und dasselbe galt für alle, die mich umgaben. So ist es ohne Bedeutung, wo ich geboren wurde und wie ich bis zu meinem dreizehnten Jahr lebte, auf das diese Schriften und verworrenen Kompositionen zurückgehen. Ich weiß, dass ich mich eines bestimmten Tages umschaute und sah, dass auch die Welt entstand; es entstanden Berge, Gewässer, Wolken, grünbläuliche Gestalten.

    Der Ort, an dem dies geschah, war die Stadt eines Bourbonen. Die Zeit war die, in der ein Bourbone, vielleicht der letzte, unter dem Fuß des noch jungen gegenwärtigen Jahrhunderts darnieder lag. Ich kam also bei diesem Engpass ins Leben: Als gelbrotes Volk oder Tochter dieses Volkes hatte ich die Last dieses Jahrhunderts zu tragen, das mir naturgemäß fremd war. Ich wollte als armseliges iberisches Volk mein Wort sagen, bekam aber keine Luft (unter dem Druck dieses fremden Jahrhunderts), und zudem fehlte die Sprache, fehlten die für die Sprache tauglichsten Mittel: fehlte eben die Bildung.

    Trotzdem fasste ich Mut; und aus der zusammengewürfelten Sprache eines Volkes, beherrscht von einer ihm fremden Gegenwart und von einer noch fremderen Zukunft, bastelte ich mir eine Feder, so gut es ging: ein buntscheckiges, zitteriges, bäurisches Stöckchen, das, da gleichzeitig in die dunkle Gegenwart eingetaucht, auch ziemlich leer und düster war. Ja, mitunter ließ es düstere Töne hören.

    Nachdem von der Zeit und der Art und Weise die Rede war, die mir dazu verhalf, mich auszudrücken, und in der ich mich ausdrückte – ein hastiges, ekstatisches Toledanisch, aber nicht so kraftvoll, wie ich wollte, da mein wahres Wesen zwar toledanisch, doch nach Westen gewandt ist, wo sich die Sonne vor jedem ihrer Abende sammelt –, bleiben einige Dinge über die Orte und über den Ort im Besonderen zu sagen.

    Es handelte sich um eine baufällige Wohnung im fünften Stock eines Hauses am Hafen im unteren Teil der Stadt, apasische oder Meereswohnung genannt. Man erreichte sie über eine schier endlose Treppe. Rechts führte eine Tür mit farbigen, gelben und weinroten Glasscheiben in einen dunklen Flur, der durch diese ein wenig Licht bekam. Hier hörte die Wohnung auf der rechten Seite auf, während es am Ende des Flurs in die Küche ging und links durch eine weitere kleine Tür, diese mit hellen Glasscheiben, in das Büro oder Despacho. Wenn man die Wohnung betrat, hatte man gewissermaßen eine Art zusammenhängendes Rechteck vor sich: eine doppelte Reihe von Zimmern oder winzigen Räumen, im ganzen sechs. Vom ersten, ziemlich verwahrlosten Zimmer aus betrat man das zweite, das Despacho, und von diesem das Zimmer der Apos. Das hatte einen kleinen Balkon aus schwarzem Eisen, schmal und voller Blumen, hauptsächlich Nelken und Geranien, der auf die glühende Via del Pilar hinausging. Gleich rechts schloss das Eckzimmer an, von dessen zwei Fenstern eines auf die Rua Pilar (und den Horizont), das andere auf die Rua Ahorcados schaute. Daran anschließend das Rote Zimmer, das eng und lang war und zum Schlafen, aber auch zum Essen diente, und daneben die Küche. Durch eine Trennwand verdunkelt, wurde diese in ihrem hinteren Teil, wo mehr Licht war, zur Toilette; auch Körbe und Bottiche hatten hier ihren Platz. Ein Waschbottich diente als Badewanne. Unter dem Fenster war das Waschbecken, und dieses Fenster (auf die Rua Ahorcados) beherrschte rechts den aschgrauen Horizont mit seinen schmutzigen, dunklen Häusern, seinerseits beherrscht vom Hügel, seinerseits beherrscht vom Schloss. Und diese ganze Landschaft sah ich nur manchmal blau, von einem starken, herzzerreißenden Blau; zumeist war sie aschgrau, war es Winter.

    Wolken bedeckten damals beinahe immerfort unsere unglückliche Stadt: große, regenschwere Wolken, die nachts mondweiß wurden.

    Das Haus, in dem ich mit vielen leicht verlotterten, armen Leuten meines Alters lebte, war daher, so weit ich mich entsinne, immer in diese tristen Wolken gehüllt.

    Von dem finsteren Flur, wo in einer Ecke ein Feldbett für Ce’ Montero¹ stand – eine winzige Nachkommin des Geschlechts Montero mit schlohweißem Haar, schrecklich anzusehen, aber von Apa sehr geliebt –, schaute man geradeaus durch Küche und Toilette auf das grauenhafte obere Toledo, die Kartause und das Schloss. Wenn man vor dem Despacho stehend, falls die Türen offen waren, seitwärts schaute, sah man auf das Meer: Bucht, Leuchtturm, fahle Berge, große Schiffe.

    In der Küche roch es immer nach Kohl und Eiern. Das Rote Zimmer, ein echter Schlafsaal der Schüler, beherrschte der Geruch nach Mandarinen und Tinte; hier lernte zur Nachtzeit die Jugend des Hauses und schälte wunderbare Mandarinen. Im angrenzenden Zimmer (dem Eckzimmer), wo die da und dort aufgebrochene Decke herunterhing und deshalb nie jemand eintrat, waren über nicht mehr verwendeten Kisten und Körben die verschiedenen Völker Amerikas, Komantschen, Apachen, Blackfoot usw. zusammen mit anderen Erscheinungen des südlichen Kontinents versammelt, alle von mir gemalt. Es gab auch einen wackeligen Tisch (sonst, außer einem kleinen Feldbett, kein Möbelstück, da es oft hereinregnete), und hier schrieb ich.

    Die einzigen Möbel des Hauses – aber mit einem Stich ins Abgenutzte, Schäbige – befanden sich im Zimmer der Apos; dazu gehörte ein Spiegel mit einem Sprung in der Mitte, der von einem Loch ausging: Er stand dem Balkon gegenüber, hinter Apas Sessel, und spiegelte immerfort das wechselnde Schauspiel des Hafens, spiegelte Schiffsmasten und rosarote Geranien und mitunter, wenn sich die Wolken lichteten, den stumpfen Kegel des grandiosen Berges Acklyns, der bisweilen ganz herauskam, einer unbeschriebenen, violetten Schiefertafel vergleichbar.

    Kehren wir in das Büro oder Despacho zurück, finden wir noch ein Möbelstück, nämlich einen Stuhl. Auch ein Feldbett war da, gegenwärtig von Juana benutzt. Ebenso eine Kiste, die, vor dem Fenster aufgestellt, als Tisch fungierte. In späterer Zeit machte ich mir meine Ecke bei dem dunklen Fenster, das auf das Treppenhaus geht. Zuvor war zwischen den beiden Türen, der des Roten Zimmers und des Apos-Zimmers, ein Dreifuß zum Vorschein gekommen, und darauf hatte sich eine weiße Matrosenmütze, ein typischer Vogel des Nichts, niedergelassen.

    Was für eine Wohnung, oder? Und was für Leute, würde ich hinzufügen. Ich erinnere mich an ein immerwährendes Donnerrollen und eine düstere Stille. Mich schreckte alles so sehr, dass ich mir eine Maske zugelegt hatte. Mit einem ironischen Lächeln im Gesicht lebte ich, schaffte ich es zu leben. Bei Nacht oder wenn ich allein war, in den langen Stunden, welche die Schüler in der Schule verbrachten, hätte ich sie abnehmen können, doch sie war wie festgewachsen. Deshalb galt ich zu Hause als ein gesundes, unbekümmertes Mädchen.

    Ich tat nichts anderes als zeichnen und schreiben, zeichnen und schreiben, und so erholte ich mich von meinem Schrecken.

    Warum hatte ich diesen Schrecken? Wovor? Schwer zu sagen. Zuallererst merkte ich, dass ich lebte, und ahnte, wie entsetzlich dieses Leben war. Zweitens spürte ich, dass dieses Leben etwas Gutes an sich hatte, und dieses Gute war das jugendliche Alter, das mir bald genommen werden sollte. Außerdem verstand ich, dass das, was herannahte (die Zukunft des Menschen, so wie sie erschien), dem Tod nicht vorzuziehen war.

    Währenddessen regnete es immer, wie ich schon sagte, der Wind heulte, und in solchen Augenblicken empfand ich ein Glücksgefühl, das, wie ich spürte, bald in irgendeinen Ausdruck gefasst werden musste, um es später wiederzufinden, wenn es keine andere Wirklichkeit mehr geben würde.

    Nachdem vom Ort berichtet ist, noch ein paar Worte über meine Lebensjahre. Als ich nach Toledo kam, war ich zehn Jahre alt, und als ich zu schreiben anfing, dreizehn. Dem Aussehen nach ein Junge, und zwar ein durchaus unbedeutender Junge. Die Apos befassten sich beinahe gar nicht mit mir, doch könnte ich deshalb nicht sagen, dass sie mich nicht gern gehabt hätten. Dasselbe galt auch für die Schüler: Die Apos liebten uns alle, aber sie machten sich keinerlei Sorgen um unsere Wesen oder um das, was die Zukunft uns bringen würde. Ich erinnere mich, dass sie mich einmal in die Schule geschickt hatten, als wir aus unserer alten Heimat in diese Stadt kamen; aber ich verabscheute es, mich in einem geschlossenen Raum aufzuhalten und den Tag im Voraus zu planen; außerdem missfiel mir die Gesellschaft als etwas Fremdes, ich dachte nur daran, keine Zeit zu verlieren, und begann an schlimmen Kopfschmerzen zu leiden, sodass die Apos, ohne sich zu fragen, was aus mir werden sollte, ohne Weiteres damit einverstanden waren, dass ich zu Hause blieb.

    Von dem Tag an betrat ich nie wieder eine reguläre Schule.

    Seit wir in der Winterstadt oder im Neuen Toledo, auch wenn das nicht der echte Name war, angekommen waren, und dann ungefähr noch drei Jahre, das heißt von zehn bis dreizehn – mit dem dreizehnten Jahr hatte ich mich ein wenig beruhigt –, tat ich nichts anderes, als verzweifelt den Ort zu erforschen. Während das Haus im Süden von der schönen Via del Pilar mit den Gittertoren des Hafens und an den Seiten von kleinen Gassen, wie der Rua Nieva, Rua Noche und Rua Azar, und weiter hinten von dem melancholischen kleinen Platz mit dem gelben Zollamt begrenzt wurde, gab es hinter dem Haus nur Hässliches, eine endlose Ausdehnung von Elendshütten, die bis zur Kartause hinaufkrochen, dazwischen dunkle, wunderbare Kirchen und dann Türme, riesengroße Portale, Fischmärkte und Latrinen; vorne hinaus lag in geheimnisvoller Geschlossenheit allein das Meer.

    Wenn ich das Haus verließ, ging ich vor allem abends in die Altstadt, die durch den Regen noch weicher wurde und wässrig glänzte. Ein wenig später aber, als ich schon dreizehn war, lief ich vormittags bis zum Horizont: das heißt, nachdem ich die Altstadt (die Alsina-Brücke) hinter mir gelassen hatte, überwand ich im Osten ihren Hügel und, indem ich meine Tour, auf der ich Straßen, Klöster und Gärten entdeckte, nach und nach immer weiter ausdehnte, ging ich südwärts bis zum Meer hinunter; und von da, vor Müdigkeit taumelnd, die Hafenkais entlang heimwärts.

    Ich habe ausgerechnet, dass ich es zu Beginn oder am Ende meines dreizehnten Jahres schaffte, jeden Vormittag zehn bis zwanzig Kilometer zurückzulegen, mit ziemlich schnellem Schritt und seitlich leicht angewinkelten Armen, um die Balance zu halten. Ich ging federleicht, sehr rasch, schaute mich um und atmete mit Maß.

    Die Kraft eines Jungen steckte in mir, aber auch eine außergewöhnliche Melancholie.

    Nichts wandelte sich um mich herum, alles war jeden Tag gleich, und trotzdem spürte ich, dass diese Landschaft und das Meereshaus und ich selber bald einen Wandel erleben, das heißt absolut verlorengehen und zunichte würden.

    Aufgrund der Armut in unserem Haushalt befanden sich unter den Dingen der jungen Schüler nur wenige Schulbücher aus unserer ersten Heimat und aus dem Vizekönigreich. Ich konnte noch nicht schreiben, aber schon lesen (denn die ersten zwei Klassen hatte ich besucht), und da ich mit einer Unersättlichkeit las, die man sich vorstellen kann, doch auf diesen Seiten nichts als einen schwachen Lichtschein fand, hatte auch ich wohl oder übel langsam das Schreiben gelernt. Ich bat die Apos, mir ein Heft zu kaufen, das Geschenk wurde mehrmals ohne Weiteres wiederholt, und auf diesen Blättern fing ich an, meine Übungen zu machen. Das erste war ein Tagebuch, das ich zwei Jahre lang führte, bis meine wahre Jugendzeit begann, dann aber zerriss oder verlor, ich weiß es nicht mehr; bald aber fand ich die höchstmögliche Genugtuung darin, meine Gedanken oder Anwandlungen in einem Rhythmus niederzuschreiben, der aus abwechselnd langen und kurzen Zeilen mit einigen Assonanzen innerhalb der Zeilen bestand, dann machte ich mich daran, alles abzuschreiben und zu verbessern (wenn es mir möglich war). Mein Lieblingsautor war später J. Harder, und ich strengte mich an, ihm ähnlich zu werden, damals aber kannte ich ihn noch nicht und schrieb sozusagen ins Blaue. Hier das erste dieser Ausdruckswerke oder rhythmischen Kompositionen, wie ich sie schließlich nannte. In ihnen ist nichts, das man nicht in fortlaufenden Zeilen oder auch am Rand eines Rechnungsregisters sagen könnte; doch für mich sind sie mit ihrer melancholischen Leere dasselbe wie wenige verfallene Pfeiler einer Brücke über vergessenen Wassern. Über diese Brücke aus Nichts muss ich jetzt gehen, wenn ich in die Zeit zurückwill, in der mein Toledo liegt.

    Eines Abends wollte ich unbedingt sterben, oder es kam mir so vor. Das geschieht Jungen und Alten, oft ohne Grund. So ist es. Die Seele verlangt nach etwas anderem. Ich schrieb:

    Ich möchte den Mond in meinem Zimmer, und hell

    soll der Mond scheinen und ein schmerzlicher April

    aus einem Garten heraufwehen. In einem

    schrecklichen Übel begraben, soll Asa

    in den stummen vier Wänden ihres Zimmers davon

    träumen, das schlimme, fürchterliche Leiden

    auszulöschen, das sie wegen dieses Friedens erduldet.

    Asa soll sterben! Weiß soll der Abendhimmel

    auf dem Bett liegen! Geheime Blumen

    sollen erschrocken aufschauen! Noch geheimere

    Lichter am Himmel sollen voll Mitleid

    von Dasa sprechen. Überlebe,

    Mädchen, den Schmerz deines Nichts, die Kälte

    deines Angesichts. Wehe, Wind,

    über ihre Hände hin, bring Jasmin,

    bring einen kleinen weißen Strauß, den muss sie doch

    bei Nacht unter der Alsina-Brücke lassen.

    (Dieses bei Nacht unter der Alsina-Brücke lassen bedeutete nichts, aber mir gefiel der Klang von Alsina-Brücke und lassen. Im Übrigen fühlte auch ich mich dort hingezogen und dort gelassen.)

    Dasa war mein Name. Gern sprach ich anfangs von mir in der dritten Person. Diese Zeilen kamen mir rein zufällig in den Sinn, als ich in den Pausen des Windes oder in einer trotz allem existierenden kindlichen Ausgelassenheit eine Hoffnung und zugleich eine Beklemmung empfand; es war die Hoffnung auf das Gute, von dem ich nichts wusste, das mir aber ein unendliches Übel zu enthalten schien: Da ich weder zu wählen in der Lage war noch verstand, sah ich eine Rettung nur im Sterben. Das zweite Ausdruckswerk oder die zweite rhythmische Komposition lag weiter zurück. Ich hatte sie einer roten Wolke gewidmet, die eines Abends über dem Berg Acklyns erschien, und sie sollte die Gefühle und den Schmerz ausdrücken, den ein dreizehnjähriges Mädchen oft empfindet, wenn es am Fenster eine Wolke betrachtet, in der es mit unendlicher Sorge seine eigene Wirklichkeit gespiegelt sieht.

    Diese Komposition war eintönig und traurig.

    Von einer Wolke weiß ich, die sah mich abends an,

    rot schwindend. Ich sagte: Wolke, so war’s

    für mich einmal. Die rote Abendwolke

    sah ich an, wusste nicht, glaubte, diese Morgenröte

    höre nie auf. Da kam die Zeit für mich. Was machst du,

    auf was wartest du, einsame Wolke am Himmel?

    Ein Augenblick

    verstreicht, und schon hast du nicht mehr

    dein unversehrtes Rosa,

    das ich kannte, berühmtes Glück eines

    Augenblicks, weiß nicht mehr wann, an welchem Himmel.

    Wolke, weinst du nicht vor Schrecken, einzugehen

    in die lilablaue Leere, in den schwarzen Himmel? Du bist

    so schön und vergehst. Ach Wolke, weine nicht,

    bitte, verdirb nicht durch dein Aufbegehren die

    Notwendigkeit: zu vergehen.

    Ich weiß nicht, was sonst noch auf dem Blatt stand, doch dann:

    Aber, Wolke, ich weiß noch deine Farbe,

    die nicht mal angedeutete Verzweiflung, deine rote

    Farbe weiß ich noch. Das lass dir bitte genug sein.

    Denk bitte, übermenschliche Kreatur,

    an meine seltsame Pein, als du dich aufgelöst und noch

    im Violett geklagt hast. So schön war das Rot,

    wir haben es verloren. Eitel ist jedes Fragen. Es vergeht

    das Menschliche, und das Nicht-Menschliche

    folgt ihm nach. Es vergeht jeder Himmel: Verhext

    sind die nicht wahren Himmel.

    Meine wahre Wolke – sagte ich –, deshalb weine nicht,

    denn einen anderen Himmel, eine andere Heimat

    muss es geben.

    Was diese deutlich von der wirklichen unterschiedene, andere Heimat sein sollte, auf die in der Komposition angespielt wurde und an die auch ich mitunter unwillkürlich dachte, wüsste ich nicht zu sagen. Aber es musste sie geben, die katholische war es allerdings mit Sicherheit nicht.

    Zu diesem Thema, muss ich sagen, hatten zu Hause zwischen mir und dem Teil der Apos, der mir ähnlicher war, das heißt M. Apa², schon entsprechende Klarstellungen stattgefunden.

    M. Apa, eine Frau in Schwarz mit fein gezeichnetem und überaus freundlichem Gesicht, war von solcher Himmelsfrömmigkeit, dass wir, hätten wir einen Vergleich politischer Art aufstellen wollen, sehr wohl hätten sagen können, sie sei eine Spionin des Allmächtigen in unserem Haus. Da sie aber durchaus nicht dazu neigte, aus dieser ihrer Eigenschaft einen Hehl zu machen, konnte sie doch nicht Spionin genannt werden. Eher war sie eine Agentin des Allmächtigen.

    Ihre Vision dieses Allmächtigen – wahre Existencia, Realidad, Güte – war, glaube ich, richtig; da sich uns dieser Allmächtige aber mittels der Kirche des Papstes als Schrecken und Strafe darstellte, einzig und allein als Schrecken und Strafe in dem von Ihm selbst angeordneten Leben, waren meine Gefühle für Ihn erbittert und stumm und erzeugten, sich zusammenrottend, Auflehnung.

    Mein Ziel war (und wie hätte es anders sein sollen?), das Leben auszuprobieren, vor dem ich mich trotz allem fürchtete, und das Wesen der Erde und des Himmels durch und durch kennenzulernen, doch der Allmächtige (auch hier mittels der Kirche des Papstes) verbot es mir. Wie sollte man da nicht rebellieren? M. Apa behauptete, die Folge dieser Rebellion würde die Hölle sein. Über diesen unsichtbaren Ort wusste ich durch die Beschreibungen Apas und auch der Montero mehr als über das Neue Toledo und mich selber. Ich litt daher lange Zeit unter unsäglicher Furcht und unsäglichem Schrecken, weil ich mir den Horror der verbrannten Haut (wenn ich augenblicklich sterben sollte) und des von den Flammen zerfressenen Gesichts vorstellte, sogar empfand und mir in diesem Zustand der Regen und die gute Luft, vor allem die langen Gänge um die Hügel und zudem die Bilder (Beispiel, die Traurigkeit des Gartens und seine Güte, die Mühe der purpurroten Wolke), die ich ausdrücken wollte, entrissen wurden. Dieser totale Verlust oder Abgrund, der mich erwartete, würde die Münze sein, mit der ich meine moralische Unabhängigkeit (dieses Wort kannte ich damals noch nicht, ich werde also von Entscheidung sprechen) würde bezahlen müssen. Niemand sollte meinem Bedürfnis, auszuprobieren, Grenzen setzen. Der Beichtvater, den Apa mir unablässig empfahl, wurde für mich daher nach und nach zum Symbol der Unterdrückung und sogar des Missbrauchs. So traf ich eines Tages am Ende dieser Schrecken und Zweifel, ja wahrer Agonien der Seele, die dabei für ihre eigene Vernichtung fürchtete, die Entscheidung, aus der Kirche auszutreten und nie mehr jemandem meine Gedanken preiszugeben. Der Priester oder Beichtvater war mir so unerträglich geworden, nicht nur wenn ich ihn sah, sondern auch, wenn er bloß in meinen Gedanken auftauchte, dass ich jedesmal, wenn sein schwarzes Bild erschien, aufstehen und mich zerstreuen musste, eine solche Qual war er für mich. Das sagte ich M. Apa, ich weiß nicht mehr wann, und nicht freimütig, denn ich sah sie schon bei der Andeutung erbleichen und sterben. Sie dachte nämlich, diese meine Rebellion gegen die Kirche des Papstes habe im Tod eine ewige Trennung zur Folge; was auch ich vermutete – es aber sagte.

    Als ich das beschlossen hatte, ich glaube, eben so ungefähr mit dreizehn, fühlte ich mich erwachsen, doch mein Schrecken vor allem war noch größer als zuvor. Trotzdem fuhr ich fort, meine Vorsätze bei jeder Gelegenheit zu bekräftigen: Ich wollte sie ohne Schutz im Leben verwenden und, wenn nötig, das Ewige dafür riskieren. Nachdem dieses Prinzip behauptet war und ich mich entschieden hatte, begab ich mich doch weiter (ich weiß nicht aus welchem Widerspruch oder vielleicht einer Faszination oder auch einer kindlichen Familientradition zufolge) ab und zu in die Spanische Kirche in der Rua Compostela oder der spanischen Gasse, in Begleitung M. Apas, die täglich am frühen Morgen dorthin ging und die Kommunion empfing.

    Ich bereue es nicht. Diese Riten beim Morgengrauen in der Dunkelheit der steinernen Kirchenschiffe, mit der tiefen Musik, die Schluchzern und Seufzern gleichend, von der Orgel kam, die wenigen, eher roten als gelben Lichter, der Wind und der Regen, die an die kleinen Fenster in der Höhe schlugen, gehen mir nicht mehr aus dem Sinn. Die spanischen Priester hatten arme, bleiche, keineswegs harte Gesichter. Neugierig machte mich die Sakristei, von meiner Ecke aus sah ich verschwommen ein kleines, vom Frühlicht graues Fenster in der Höhe der Gasse. Auf dem Altar befand sich in einer hellblauen Nische eine schwarze Puppe in starrem, prächtigem Gewand. Es war die Heilige Mosera oder auch Spanische Mammina, ein Heiligenbild, das noch heute in den Monti Serradi oder bei den Toren zur Hochebene angebetet wird. Ihre Augen funkelten gläsern und bläulich, sie war reglos, schien aber doch ein mysteriöses Leben zu haben.

    ¡Ay!, levantad los ojos

    a acuesta celestial eterna esfera

    schienen ihre Lippen mit einem steinernen Seufzer zu sagen.

    Auch ich hörte ihr reglos mit ehrfürchtiger Gleichgültigkeit zu.

    Nachdem ich die Schule und auch die Kirche von mir entfernt hatte, fühlte ich mich deshalb jedoch nicht verloren. In Gefahr schon. Ich war wie ein Seemann, der, als er über ein Meer fahren soll, von dem man wenig weiß, doch viel fürchtet, aus einem neurotischen oder dunkel weisen Grund die gewohnten Mittel ablehnt und sich seine eigenen ausdenkt. Die Schule ersetzte ich gewissermaßen durch die Bücher, die es zu Hause gab; die Religion mit einer ziemlich starken persönlichen Angst.

    Auf einem kleinen Platz dieser Stadt – man erreichte ihn, indem man den Hafen hinter sich ließ und nach der Plaza Guzmano über eine erbärmliche Treppe hochkletterte –, also auf einem düsteren und scheußlichen kleinen Platz hielt sich immerwährend ein unglückliches junges Mädchen namens Mamota auf. Sie war ein Monstrum: ihr Körper zusammengedrückt durch ich weiß nicht welche Krankheit oder kranken Ursprung, ewig schwarz gekleidet, das große wächserne Gesicht im Licht grenzenloser, schmerzreicher schwarzer Augen, die sich weit aufgerissen zu den Schläfen neigten. Tagsüber weilte sie auf dem kleinen Platz oder flüchtete sich in eine der zwei nahen Kirchen (die des Cristo Nuevo und die der Alma Angustiata), und nachts verschwand sie in irgendeinem Misthaufen. Wie dieses junge Mädchen gab es in der Stadt eine Menge Missgeburten, die, mit unendlichem Elend begabt, die Hand ausstreckten. Ihr Anblick erwärmte mich; in dem Sinn, dass das Grauen ihrer Lebensbedingungen (ich wiederhole, es waren ihrer unzählige) mir von diesem Leben oder dieser vizeköniglichen Gesellschaft das Bild einer Hölle vermittelte, für die jemand oder etwas verantwortlich war. (Damals dachte ich eigentlich nicht so sehr an etwas, sondern einzig an jemand.) Mit einem mysteriösen, einer großen Wärme vergleichbaren Gefühl, das ich beim Anblick dieser Unglückseligen empfand, sage ich deshalb, dass ich an meine Rettung glaubte. Ich weiß nicht, ob ich sie liebte. Aber etwas Ähnliches sicher. Ich hätte ihnen helfen wollen. Plötzlich eine Königin sein, um ihnen bei meinem Vorüberkommen statt zu Hause gestohlene Brotbrocken echte Edelsteine, Diamanten und Rubine zuzuwerfen. Ich blieb neben Mamota stehen und schaute sie an. Sie sprach nur durch ihre mitleidigen Augen mit mir. Die Armen, das stellte ich bald fest, sprechen nicht, die echten Armen, meine ich, kennen keinen Ausdruck, sie sind auf die Stille von Tieren reduziert.

    Neben Mamota versuchte ich, mich in mich selbst zusammenzudrücken, wie es die Natur mit ihr gemacht hatte, um ihr wirklich gleich zu werden. Ich redete nicht: blieb ein wenig neben ihr, wie um mich auszuruhen, und sah, dass ihr das ein Gefühl der Ruhe schenkte. Was ich nicht ertrug, war, dass sie, wie sie schon mehrmals versucht hatte, meine kindliche Hand küsste. Da hätte ich, ein wildes Tier geworden, sie schlagen mögen, so sehr beleidigte das meine Lebensumstände, die waren: Dunkelheit oder totale Wehrlosigkeit ihr gegenüber. Ich begann mich zu verzehren, weil ich keinerlei Möglichkeit hatte, mit einer Lampe in dieses grauenvolle, schwarze Terrain des Neuen Toledo hineinzuleuchten; und da mein Denken sich zu dem hinbewegte, der es hätte machen können und nicht machte, das heißt der Rey, der König und sein Herrscherhaus, hatte ich in kurzer Zeit ein Gefühl der Verachtung dem Rey und seinem gesamten Herrscherhaus gegenüber.

    Man glaube aber deshalb nicht, dass diese Passionen (Anti-Schule, Anti-Kirche, Anti-König) lange in meinem Gemüt verblieben. In jener Zeit beherrschte mich, wie ich schon sagte, die Hoffnung des Ausdrückens, und ich glaubte wirklich, in der Gefasstheit und im Wert der Form sei die Rettung vor dem Nichts der Dinge und der Zeit enthalten. Es schien mir, kurz gesagt, als würde die Existenz von Jorge oder Góngora (und später von J. Harder) zum großen Teil den Schmerz des Lebens rechtfertigen. In diesem Irrtum lebte ich viele Jahre dahin; erst in späterer Zeit, als diese Geschichte und zugleich die Geschichte des Neuen Toledo zu Ende kamen, verstand ich, dass es kein rettendes Ausdruckswerk geben kann; und dass Mann oder Frau, Jung oder Alt, um zu jener anderen Heimat zu gelangen, die ich in meiner Ermutigung einer Wolke angedeutet habe, das universale, niedrige Leiden erfahren müssen, wodurch sie wesentlich zu Freunden des Lebenden und zu dessen Beschützern werden. Nur daraus, aus dieser Entscheidung kann morgen ein neues und wahres Ausdruckswerk entstehen.

    In diesem Land jedoch und in seiner ganzen Geschichte sprach man nur von literarischen Fragen und Geschicken. Auch meine Geschichte hat zum großen Teil keine bessere Moral. Denn ich gehörte zu meiner Zeit. Ich war ein ganz niedriges Geschöpf. Leben aller Herzen, ich sah dich nicht! Wirkliche Herrin, vergib!

    Eine dritte kurze Seite oder rhythmische Komposition, die ich aber einige Zeit später schrieb, und die, wie die anderen, nur das Zeugnis der so dunklen Zeit meiner Nichtigkeit und Pein bedeuten will, gibt auch, glaube ich, den Gemütszustand wieder, in dem ich mich nach dem Bruch mit den blassen Autoritäten der Welt befand.

    Sie lautete ungefähr so:

    An meinem Fenster schaue ich – wie die Wolken fliegen, und mir wird klar – dass ich ein Stein bin. Sie sind – aus Milch die Wolken, die über den schwarzen Mond fliegen, ich verzweifle – bei dem Gedanken, dass ich ein Stein bin. Es war – nicht immer so. »Aber wann?«, schreit jemand vom Meer her – »wann war es nicht so? Immer warst du so.« – »Eine Gefangene«, antworte ich – »war ich nicht.«

    »Aber wer hält dich denn in Fesseln, Mädchen?«, fragt – während jemand in der Luft vorbeifliegt, der schwarze Mond. – Ich antworte nicht, die Zeit – während ich denke, dass sie mich verschlingt – und diese Wolken, nie! Ewig seid ihr, so – wie ich zu sein bitte, euch anflehe – der Luft heitere Mächte, euch weinend bitte – Herren des Himmels.

    Wäre ich doch Natur, Luft, würde ich mich doch nie verirren.

    »Nehmt mich, Ihr Wolken, Ihr Lüfte«, schreie ich, »tötet mich.«

    Es fliegt das Gewölk und die Luft, sie achten nicht auf mich. Der Geist – mein stiller Geist schreit noch einmal: »Tötet mich!«

    »Zertrümmert, Ihr Geliebten, diesen Stein.«

    Ich spürte, kurz gesagt, wie die Jugend oder die erste Zeit unaufhaltsam, wenn auch unempfindlich, ruhig fortging, mich forttrug. Ich spürte die Zeit wie eine Blutung. Die Stunden schlugen schwer in meiner Brust und jeden Augenblick trennten sie wie die Wasser eines Flusses etwas ab und rissen es mit sich fort. Und wohin, wohin weg von dieser Erde?

    Ich hätte mich wandeln mögen und mich zugleich niemals wandeln. Verstehen! Nichts verstand ich, als spräche alles um mich herum eine vollkommene, großartige, reine Sprache voll der Antworten, die mich beruhigen würden, aber insgesamt war sie absolut unbekannt, fremd. Ich lauschte immer gespannt – doch wie vergeblich! – auf diese erwünschten Antworten.

    Ich schrieb noch andere kurze Seiten dieser Art und unter allen folgendes Zwiegespräch zwischen einem Mädchen und ihrer Morgenfrühe, dieser Pein des Entschwindens gewidmet.

    MÄDCHEN: Jetzt sind es Jahrhunderte, dass du, Morgen, mich an der Hand nimmst, die Wolken öffnest, Jahrhunderte sind es. Aber wie lange noch, mein liebes Erwachen, lieber gelber Morgen – und du wirst in aller Bescheidenheit grau daherkommen – und mich bei der Hand nehmen?

    ANTWORT: Schau mich an, ich habe – die Sonne auf deine Hände gelegt, Mädchen. Es möge dir genügen.

    SCHREI: Es genügt mir nicht! Ich will – die Sonne eine Ewigkeit lang, ich will nicht – dass die Sonne stirbt, meine innigstgeliebte Mutter.

    SCHMERZLICHE ANTWORT: Doch eines Tages wird sie enden.

    SCHREI: Seit wann – lebe ich? Glocken – schon schreckliche höre ich, schwarze Glocken – die am Himmel einander verfolgen, und die Sonne ist am Sterben.

    ANTWORT: Es ist etwas geschehen.

    ICH: Sie läuft! Wohin? – (zur Sonne) – Bleib stehen, Sonne, geh nicht. Ich will – dass du mich an dich drückst. Diese Finger ziehen sich vor Schrecken – zusammen wie Vogelkrallen. Geh nicht bis zum Horizont, wo alles endet – bleib bei mir, du Vertrautes; du Licht.

    Und hier entstand ein gewisses Schweigen, dann sagte jemand leise:

    »Beruhige dich, Mädchen.«

    Denn ich war nicht ruhig in meinem Inneren, wenn ich auch nach außen hin froh und unempfindlich erschien. In meinem Inneren fand ein entsetzliches Verhör statt, und wenn ich an die Jahre dachte, in denen das alles geschah, fühlte ich mich als ein Monstrum und ein anderer, seltsamer, will sagen schlimmer Mensch (dann erfuhr ich jedoch, dass es in jenen Jahren fast allen so erging).

    Diese Ausdruckswerke, nur sie allein, beruhigten mich. Das Leid verging, indem es ausgesprochen wurde. Daher empfand ich das Schreiben als einen Segen. In jenen Augenblicken und nachher kam mein ganzes Wesen zur Ruhe, wurde wieder gesund und froh, atmete in großen Zügen wie die Erde nach einem Regenguss, wenn eine Lichtbrücke erscheint und es smaragdgrün aus allen Bäumen tropft. Ah, war das schön! Nicht nur die Verzweiflung ging fort, sondern ich war eine andere; eine schnell erreichte Freiheit hob mich in die Höhe.

    Und was diese so sehr geliebte Freiheit, so lieb, dass sie mir Boden und Dach des Lebens gleichzeitig zu sein schien, und dieses Ausdrückende betraf, das sich in dieser Freiheit bewegte, ihre Wände hochhob, ihre luftigen Mauern verschob, spürte ich, dass darin etwas Grundlegendes, Unwandelbares lag, fast als wäre es nur – das ewige Sein, auf das wir alle zugehen – ein ewiges Sichausdrücken, eine ewige Bewegung in Freiheit. Und kann man davon, so frage ich mich jetzt, nicht so weit gebracht werden, dass man die Unsterblichkeit für alle Dinge annimmt, deren Freiheitswurzel sich nie wandelt, deren Stöhnen, wie der Wind in den Höhen, nie erlischt?

    Ich sehe den Augenblick und das Fenster des Eckzimmers vor mir, wo ich eines Abends auf dem Stuhl kniend das drittletzte Ausdruckswerk schrieb, in dem ich die Geliebten aufforderte, mich zu töten, und niemand antwortete: eines Abends im März um zehn Uhr, als schon eine große Stille über dem Hafen lag und im Hause alle schliefen, als unermessliche, im Mondlicht glänzende Wolken vom Meer in Richtung Rua Ahorcados zogen, faulige, aber gute Gerüche mit sich schleppend.

    Wind aus Südwesten, Wind offenen Regens, frischer und weicher Wind, der mich wie kein anderer an mein vierzehntes Jahr erinnert.

    1Der vollständige Name lautet Celeste Montero.

    2Modesta Apa lautet der vollständige Name.

    Flucht und Tod auf hoher See

    von Emanuele Carlo, Rassa genannt,

    und die daraus folgende Umwälzung

    der Spürbaren Zeit.

    Es beginnt die Ära der Trostlosigkeit.

    »Le Journal de l’Île«

    In der ganzen Erzählung meiner ersten Jahre in der bourbonischen Stadt habe ich es stets unterlassen, auf den Namen der Sippe und andere notwendige Dinge hinzuweisen: zum Beispiel die Existenz eines L. Apo und dann die Namen der Schüler oder Gefährten, die jene Tage mit mir teilten. Und wer sie waren und wie viele. Aber wenn ich darüber nachdenke, erscheint es mir nicht so wichtig. Mein Name war manchmal Dasa, manch andermal Damasa, doch ich fühlte mich als Toledana, das heißt Bürgerin von Toledo, und so nannte ich mich oft im Geist. Und meine Zeitgefährten, wen kümmert’s? Zuerst kam ein L. Apo, der Name ist illusorisch, er war Zöllner. Rassa, einer, der eigentlich Emanuele Carlo hieß und zu Schiff Mastwächter war. Bald Kapitän, bald Graf Mondschein wurde Albe García, der vierte der Schüler, genannt. Eine Infantin war auch im Haus, Name: Juana, von der ich mich aus der Zeit damals an fast nichts erinnere. Ein wahrer Unbekannter jedoch war Frisco, der kleinste von den Schülern, während ich über den größten, Lee, kaum etwas sagen kann, da er bald wegging und nie mehr zurückkehrte (auch er Seemann).

    Trotz der unnatürlichen Gedanken und Tatsachen, die sich in meinem Inneren zutrugen, war ich immer der arme Junge (Mädchen wage ich nicht zu sagen), der hier im Hafen des Neuen Toledo gelandet war; das Land, aus dem er vor Jahren kam, lag nun schon zu fern, um erinnert zu werden. Und als Junge erlebte ich letzten Endes genau wie die anderen abgedroschene und konfuse Tage, die mich in ihrer Dürftigkeit daran hinderten, die anderen zu kennenzulernen.

    Morgens (wir erwachten alle beim Morgengrauen) Milchkaffee. Dann um acht Uhr, wenn das Tageslicht die düsteren Wolken des Hafens erhellte und das Haus leer war (alle Schüler saßen in ihren Klassenzimmern), einige banale Tätigkeiten: Pappkarton ausschneiden, zeichnen, festnageln oder kleben. Aber oft, wie schon gesagt, war ich draußen und ging fort von Straße zu Straße, von Hügel zu Hügel. Ich hatte keinen Stundenplan, niemand hatte mir einen auferlegt, nicht aus Freizügigkeit, sondern weil niemand daran dachte, und wenn ich so gegen drei oder vier Uhr nachmittags nach Hause kam, legte ich mich still auf das Feldbett. Blieb aber nicht lange liegen: Wenn die Nacht näher rückte, ging ich wieder hinaus, kehrte jedoch vor zehn zurück, da das Tor unten geschlossen wurde und es auf den Straßen zu still war. Sonst nichts?, wird man sagen. Nein, sonst nichts.

    Aber es gab Tage, da hatte ich keine besondere Lust auf Draußen, auf lange Märsche, entweder weil ich vom vorigen Tag noch zu müde war oder aus einem anderen banalen Grund oder weil in meinem Kopf etwas glühte. Eingeschlossen in das Eckzimmer schrieb oder las ich dann, manchmal auch bescheidene Heftchen, oder malte mit Buntstiften vollkommen kindlich die Herren und Gegenden des alten Amerika.

    An meiner Seite, der Gefährte meiner Unsicherheiten von damals, da auch er die Schule verweigert hatte, war der junge Rassa, das heißt Emanuele Carlo, drei Jahre älter als ich. Dass wir als Kinder Apas und Apos miteinander eine Gesellschaft bildeten, kann man nicht sagen. Unsere Beziehungen waren dürftig und linkisch, die Gleichgültigkeit allgemein. Von nichts oder von wenig war die Rede. Daher kannte ich diesen Rassa fast gar nicht. Ein bisschen redeten wir aber doch, und ich erkannte nach und nach, dass er dem Rey treu war, das heißt Monarchist und gegen die Regierung des Vizekönigreichs. Ich selbst unterschied diese Regierung (deren Chef Don Pedro war) nicht einmal von der voranrückenden Zivilisation, die mich so sehr beängstigte. Für mich waren sie ein und dasselbe, ich meine, sie waren die berühmte Zivilisation oder das Altern des Menschen und sonst nichts: aber nicht schlimmer als der Rey. Rassa war ausgerechnet gegen sie, wie ich gegen Kirche und König war; und da er spürte, dass diese Regierung Erfolg hatte, indem sie die Menschenmengen aufwiegelte, die schon wie wahre Meeresfluten die Länder des Ostens überströmten, konnte er es kaum erwarten, dorthin auszureißen, wo die Sonne an jedem ihrer Abende untergeht, das heißt nach Westen, denn er wollte nicht in das schwarze Netz geraten.

    Es tat mir leid, sage ich noch einmal, dass er Monarchist war. Seinem Wesen nach war er einfach und ungelenk und ließ an einen der Biblischen Väter denken. Von großer Gestalt und gut aussehend, wie man sagt, und rothäutig vom Kopf bis zu den Füßen, als wäre er übers Feuer gehalten worden, mit Beinen wie Stelzen und einem schüchternen Lächeln. Er war sehr sanft und zärtlich zu Tieren und alten Leuten und hilfsbereit, während seine Heftigkeit, wenn sie sich wegen eines kleinen Übergriffs – oder was er für einen Übergriff hielt – entfesselte, fürchterlich wurde. So ist die stärkste Erinnerung, die ich an den lebenden Rassa habe, eine fürchterliche Erinnerung; die Ursache war ein dummer Streit mit Albe und Frisco (der eine damals vierzehn und der andere neun, während Rassa schon sechzehn war) wegen etwas Lächerlichem, einer seiner Ansicht nach gestohlenen Schreibfeder, was eine Unverschämtheit (die sie dann bitter bereuten!) zur Folge hatte, sie nannten ihn nämlich einen Ignoranten.

    Rassa war mit mir im Eckzimmer, und bis jetzt hatte er Geduld gehabt; bei diesem Wort aber kam sie ihm abhanden, und er warf sich gegen die Tür des Apozimmers, wohin sich die beiden geflüchtet hatten und mit ihren mageren Armen im Verein die Tür zudrückten; schließlich brach er die Tür auf und stürzte hinein, da waren sie jedoch aufs Neue geflohen und hatten durch das Despacho den Treppenabsatz erreicht und dann die Dachterrasse, von wo sie auf eine angrenzende Terrasse gelangten, dort ein Versteck fanden und in Sicherheit waren.

    Rassas Rachegeist, der dem meinen so sehr glich, erfüllte mich mit bleichem Schrecken. Mit meinem ganzen Gemüt stand ich auf der Seite Albes und Friscos! Als aber am selben Tag durch M. Apas und Ce’ Monteros Hilfe eine Art Friedensvertrag aufgesetzt wurde (die Schüler gaben ihr Unrecht zu und Rassa das seine: Die Feder war nicht gestohlen worden), tat mir Rassa, erniedrigt wie das Meer im Hafen, leid. Ich erinnere mich, wie er an meinem Fenster stand, die schwarze Mütze über die Augen gezogen, und in einem fort weinte.

    Er fühlte sich verloren. Er hatte nicht studieren wollen oder können, da seinem Wesen derlei Dinge fremd waren. Nach Lee und Juana der älteste, war er schon alt, und eine Lösung musste gefunden werden. Apo und die Schüler schlugen einen Weg für ihn vor, an den er in seinem dunklen Jungenherzen sicherlich schon gedacht hatte: das Meer! Die freie Seefahrt jedoch und nicht die staatliche (wie Apo wollte). Eines schönen Tages nämlich lief er mit seinem Bündel von zu Hause weg und schiffte sich ein auf einem Kohlenschiff. Er fuhr zur See auf verschiedenen Schiffen, für unterschiedlich lange Zeit und zur großen Betrübnis Apas, deren Liebling er zusammen mit Lee war (während Frisco Apos Liebling war und es für die übrigen keine Vorlieben gab). Apa litt sehr unter Rassas Abreise, und das ganze Haus, das Apa liebte, litt ebenso. Rassa, der sich inzwischen auf ein anderes Schiff, diesmal von der Könglichen Marine (obschon er so dagegen gewesen war!), die alte Diamant, begeben hatte, kam nicht mehr zurück. Im Folgenden die Art und Weise (wie wir es erfuhren).

    Eines Abends, wir saßen bei Tisch, es war im kalten Winter – ich erinnere mich noch daran, dass es Kichererbsen gab –, klopfte es an der Tür. Es war ein Typ mit einem gelben Schreiben. Apo öffnet es neugierig, und da kommt er nicht mehr zurück an seinen Platz im Zimmer. Wir sind alle im Büro, und Apo steht da mit dem Zettel in der Hand und kreidebleichem Angesicht. Dieses Schreiben enthielt das Beileid der Königlichen Marine. Rassa war gestorben und wurde bereits auf der französischen Insel Esperancia auf dem Friedhof des gleichnamigen Städtchens bestattet. Die Zeremonie hatte vor zwei Nächten stattgefunden.¹

    Es ist nicht meine Absicht, hier von dem verzweifelten Schreien und Heulen zu berichten, die von dem Abend an das Haus des Pilar erfüllten. Es war, als wären die Mauern des Meereshauses mit einem Schlag eingestürzt, wobei eine Art Tumult und höllische Niedrigkeit zum Vorschein kam.² Ich weiß, dass lange Zeit nicht mehr geschlafen wurde. Keiner ging mehr zur Schule, zur Messe, zum Zollamt. Alle, inbegriffen die fröhliche Dasa, riefen Rassas Namen, nachts träumten sie von ihm, delirierten vor Sehnsucht, ihn wieder zu umarmen.

    So wurde aus dem armen Rassa, aus dem Unbekannten und Bescheidenen und dem Letzten des Hauses, der er war, der Prinz unserer Familie, der Liebste, der Schönste, der Beste.

    O Herr, wie wir ihn anbeteten! Wie unser Leben, wenn wir an seine Flucht und sein endloses Ende dachten, jetzt intensiver wurde. Wie wir anfingen, uns kennenzulernen, uns nachts unter Tränen beim Namen zu rufen: Rassa! Albe! Frisco! Lee! Juana! Dasa! O Pater, o Mater! Oder angebetete Apa und Apo! O geliebte Kinder! Herrschaften! Brüder!

    Jener Winter – die Sache war im Januar geschehen – wollte nicht vergehen. Entsetzliche Gewitter schlugen auf die Stadt nieder, die Nächte waren durchzogen vom Mondlauf, von Blitzen und anderen furchtbaren Dingen. Alles war Erscheinung und Vision. Eines Nachts erwachte Apa und sagte, Rassas Herz sei auf Meereswellen fliegend in ihr Zimmer gekommen! Jeden Morgen läuteten im Barrio unaufhörlich die Totenglocken. Die Sonne ging nicht mehr auf. Das Licht kam, um sofort unterzugehen. Apa war ein Schatten ihrer selbst geworden. Trotzdem begann sie bald wieder, ihren Allerhöchsten von der Spanischen Kirche um Hilfe zu bitten. Sie wurde also wieder ruhiger, doch sie sollte nie mehr dieselbe liebenswürdige, lächelnde Apa von früher werden. Sie war seltsam. Weinte wegen nichts. Und immer mehr Lumpen, mehr Süße, mehr Worte beschleunigten die Ankunft des Ewigen.

    Man kann sich vorstellen, in was für einem Gemütszustand ich mich befand. Bestürzung und Visionen und Gefühle, die keinen Ausdruck haben, wenn nicht einmal das trostlose Meer, ohne Unterlass die Kais peitschend, etwas ausdrücken kann. Nein, ich hatte keinen Ausdruck mehr. Ich war stumm und geblendet.

    Dennoch kam der Frühling, wenn man eine dünne Sonne, die aus den Wolken auf die Berge und das bleierne Wasser des Hafens tropft und die Segelschiffe beleuchtet, Frühling nennen kann. Die Luft erwärmte sich. Eines Tages war das Licht überall, obschon immer noch voll Trauer, und es legte sich wieder auf meine Hände wie in besagtem Ausdruckswerk.

    Da ich in mir eine große Leere fühlte und gleichzeitig Zuneigung für diese Welt aus Visionen, da ich Apa wie eine Waise ganz allein in ihrem Zimmer in der Sonne sitzen sah, überwältigten mich Mitleid und Erinnerung, und ich schrieb folgendes Ausdruckswerk, das ich nur in seiner nackten Bedeutung vorstelle (an den Wortlaut erinnere ich mich nicht mehr), wofür ich den Leser untertänigst um Verzeihung bitte.

    Es war anders als die vorhergehenden, ich meine, es betraf nicht Dasa und drückte nicht den Schmerz über die hinwegfliehende Zeit aus. Es beschwor Rassa herauf, und ich nannte es: Für einen aus Toledo (einen Seemann).

    Es sagte, sich an das Meereshaus wendend, in dem Rassa fehlte und das, so schien es, ihn nicht mehr im Sinn hatte, sagte mit Traurigkeit:

    »Gutes Haus, ich sehe, du hast dich nicht gewandelt – immer noch stehst du, Haus. Am Morgen wärmt die Sonne schon dieses Haus, weil der Frühling kommt und die grauen Tage länger werden. Voll – mit grauem Licht ist das Haus, aber Rassa fehlt. Sehr gut war Rassa, und ich erinnere mich, wie er – im Angesicht des Meeres lange Tage verbrachte. – Er war gut und froh,³ dachte nichts, wusste nichts; jetzt ist er verschwunden.« »Dann gehe ich fort«, sagt die Sonne. »Nein, bleib da«, antworte ich, »ich sehe, du sprichst mit mir – von ihm, du bist wie etwas von meinem Rassa, gute Sonne.«

    Auf diese Worte hin war alles still, vor allem die Sonne. So still, so fremd! Da hörte ich mich rufen:

    »Rassa, komm doch! Rassa, antworte doch!«

    Mir war, als hörte ich ihn weinen, aber ich hatte mich getäuscht. Auch ich hätte weinen mögen, aber ich war leer. Ich notierte, dass hoher Friede herrschte und er nichts fühlte, an nichts anteilnahm. Die Welt war wie immer, doch war Rassa nicht mehr anwesend auf der Welt.

    »Ich möchte«, sagte ich daher, »ein bisschen in deiner Nähe weinen, Rassa! Ach, wenn das doch möglich wäre! Aber dein Grab ist so weit, so weit von hier!«

    Wirklich sehr weit von hier war es auf einer roten Insel zwischen einsamen Palmen in einer großen blauen Glasur.

    Wenn ich so wieder an jene dichte Stille oder an den Frieden oder an die Unmöglichkeit der Welt oder Rassas selbst dachte, besänftigte sich dieser Schmerz in ebensoviel Staunen. Dann kamen (im Laufe des Ausdruckswerks) minimale Notizen. Ich erinnerte mich zum Beispiel an gewisse nächtliche Schritte in unserem Haus, wenn alle schliefen und die Stille endgültig erschien. Vorsichtige Schritte unseres Rassa, der heimlich das Despacho durchquerte, um schlafen zu gehen, oder sich schon niedergelegt hat, und ich, Dasa, höre allein seinen ruhigen Atem.

    Dieser Komposition, die ich schrieb, wie man einen unsäglichen Brief schreibt, mit Raserei und zugleich einer ruhigen Reglosigkeit, in der auch unsägliche Hoffnungen beben (seine Schritte), fügte ich am nächsten Tag und dann am übernächsten noch zwei hinzu; eine beschwor die schon angedeuteten Visionen herauf, die M. Apa und eigentlich wir alle in unserem Herzen von ihm hatten, dass er vor der Sonne verborgen wäre, aber nicht in den geheimnisvolleren Himmeln des Daseins; die andere drückte wirkliche Trauer aus für das, was mitunter – in solcher Stille – als sein endgültiges Gesicht erschien, das des Seemanns Rassa, das heißt das Nichts oder das totale

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