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Zwergenschwerter: 2300 Seiten Fantasy
Zwergenschwerter: 2300 Seiten Fantasy
Zwergenschwerter: 2300 Seiten Fantasy
eBook2.492 Seiten32 Stunden

Zwergenschwerter: 2300 Seiten Fantasy

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Über dieses E-Book

Zwergenschwerter: 2300 Seiten Fantasy

Von Alfred Bekker und Frank Rehfeld und Hendrik M. Bekker



Über diesen Band:





Dieser Band enthält folgende Fantasy-Abenteuer:



Hendrik M. Bekker: Radswid und die Insel der Verzweiflung

Hendrik M. Bekker: Radswid im Zauberwald

Hendrik M. Bekker: Zwerge und Wächter

Alfred Bekker: Die Magie der Zwerge

Alfred Bekker: Die Zauberaxt der Zwerg

Alfred Bekker: Die Dracheninsel der Zwerge

Alfred Bekker: Der Kristall der Zwerge

Frank Rehfeld: Die Dämmerschmiede

Frank Rehfeld: Der Tempel der Drachen

Frank Rehfehld: Der Magier Aylon

Frank Rehfeld: Die Elben-Insel

Frank Rehfeld: Das Zauberschwert von Dunsinbar

Frank Rehfeld: Angriff aus der Dämmerwelt



Abgesehen von einzelnen Scharmützeln leben die Völker von Arcana friedlich miteinander. Jahrhundertealte Kriege zwischen den Elben und Barbaren der Südländer und Zwistigkeiten zwischen den Zwergen und Elben sind beendet. Nun bedroht Arcana eine neue, noch größere Gefahr, die alle Länder betrifft: Durch eine Weltenbresche sind furchterregende Ungeheuer nach Arcana gelangt, schwarze behornte Scheußlichkeiten, die geradewegs aus den Schründen der Hölle entsprungen zu sein scheinen, kommen, um alles Leben zu vernichten. Bereits tausend Jahre zuvor waren diese grauenhaften Kreaturen schon einmal in Arcana eingefallen. Seinerzeit hatten der Magierorden gemeinsam mit den Hexen Seite an Seite mit den Elben und Zwergen gegen die Invasoren gekämpft. Aber ohne den geheimnisvollen Kenran'Del wären sie verloren gewesen. Nun wurden die Damonen erneut zu Hunderttausenden durch eine Weltenbresche ausgespien und Arcana kann nur gerettet werden, wenn es gelingt, sie zu schließen ...
SpracheDeutsch
HerausgeberAlfredbooks
Erscheinungsdatum13. März 2023
ISBN9783745227932
Zwergenschwerter: 2300 Seiten Fantasy
Autor

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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    Buchvorschau

    Zwergenschwerter - Alfred Bekker

    Zwergenschwerter: 2300 Seiten Fantasy

    Von Alfred Bekker und Frank Rehfeld und Hendrik M. Bekker

    Über diesen Band:

    ––––––––

    Dieser Band enthält folgende Fantasy-Abenteuer:

    Hendrik M. Bekker: Radswid und die Insel der Verzweiflung

    Hendrik M. Bekker: Radswid im Zauberwald

    Hendrik M. Bekker: Zwerge und Wächter

    Alfred Bekker: Die Magie der Zwerge

    Alfred Bekker: Die Zauberaxt der Zwerg

    Alfred Bekker: Die Dracheninsel der Zwerge

    Alfred Bekker: Der Kristall der Zwerge

    Frank Rehfeld: Die Dämmerschmiede

    Frank Rehfeld: Der Tempel der Drachen

    Frank Rehfehld: Der Magier Aylon

    Frank Rehfeld: Die Elben-Insel

    Frank Rehfeld: Das Zauberschwert von Dunsinbar

    Frank Rehfeld: Angriff aus der Dämmerwelt

    Abgesehen von einzelnen Scharmützeln leben die Völker von Arcana friedlich miteinander. Jahrhundertealte Kriege zwischen den Elben und Barbaren der Südländer und Zwistigkeiten zwischen den Zwergen und Elben sind beendet. Nun bedroht Arcana eine neue, noch größere Gefahr, die alle Länder betrifft: Durch eine Weltenbresche sind furchterregende Ungeheuer nach Arcana gelangt, schwarze behornte Scheußlichkeiten, die geradewegs aus den Schründen der Hölle entsprungen zu sein scheinen, kommen, um alles Leben zu vernichten. Bereits tausend Jahre zuvor waren diese grauenhaften Kreaturen schon einmal in Arcana eingefallen. Seinerzeit hatten der Magierorden gemeinsam mit den Hexen Seite an Seite mit den Elben und Zwergen gegen die Invasoren gekämpft. Aber ohne den geheimnisvollen Kenran'Del wären sie verloren gewesen. Nun wurden die Damonen erneut zu Hunderttausenden durch eine Weltenbresche ausgespien und Arcana kann nur gerettet werden, wenn es gelingt, sie zu schließen ...

    Radswid und die Insel der Verzweiflung

    von Hendrik M. Bekker

    Ein CassiopeiaPress E-Book

    © by Author

    © der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    www.AlfredBekker.de

    www.postmaster@alfredbekker.de

    ––––––––

    Radswid Tholoka war ein Söldner, der über etwas verfügte, was ihm immer mal wieder zu schaffen machte: ein Gewissen.

    Er hatte den Verbrecherfürsten Krabaschi bestohlen, weshalb er nun durch einen Wald wanderte, auf der Flucht vor dessen Rache.

    Das war ein paar Tage her, bisher war er erfolgreich in diesem Wald untergetaucht. Doch genau da war inzwischen ein Problem raus geworden.

    Radswid lief noch immer durch den Wald, seit ein paar Tagen schon hatte er sich völlig verirrt.

    Irgendwo musste es doch einen verfluchten Ausgang geben!

    Er hatte Beeren gefunden und war deswegen nicht allzu hungrig. Wenn er nicht bald einen Ausgang fand, würde er sich etwas jagen müssen.

    Allerdings besaß er nur das Beil an seinem Gürtel und die doppelköpfige Axt auf seinem Rücken, weder Pfeil noch Bogen und er war auch kein geübter Fallensteller. Selbst mit Pfeil und Bogen wäre ein Ausgang des Kampfes Wildtier gegen Zwerg möglicherweise in einem Desaster geendet, weil er verfehlt hätte.

    Würde ihn ein Keiler im Kampf Zwerg gegen Schwein herausfordern, wäre ihm sicher besser gedient. Aber so standen seine Chancen eher schlecht.

    Er kam auf eine kleine Lichtung, in deren Mitte eine bewaldete Insel umgeben von einem Wassergraben war.

    Radswid war verschwitzt und müde. Er entschied sich eine Rast einzulegen. Er legte seine Kleidung ab und tauchte ein in das kühle Wasser. Seine Waffen wie auch seine Habseligkeiten ließ er bei seinem geflickten Seesack am Rand. Er ließ sie nicht aus dem Auge. Plötzlich sah er ein Funkeln im Dickicht der Insel.

    War dort jemand?

    Er sah genauer hin.

    Das Amulett, das er um den Hals trug, leuchtete schwach. Es leuchtete immer, wenn größere Lebewesen wie Menschen oder Orks in der Nähe waren. Auf was es sonst so alles reagierte, wusste er nicht genau.

    Er eilte zurück zu seinen Waffen.

    Am Rand des Inselwaldes erschien ein kleines leuchtendes Wesen. Es flog zu ihm herüber und da erkannte er, dass es eine Fee sein musste! Er hatte Geschichten gehört, doch nie eine mit eigenen Augen gesehen. Wie eine handgroße Menschenfrau sah sie aus, mit kleinen filigranen Libellenflügeln, die schillernd leuchteten und sich hektisch bewegten. Ihre Flügel verbreiteten ein unheimliches Leuchten.

    „Hab keine Angst, Radswid", hörte er eine Stimme in seinen Gedanken! Sie war in seinem Kopf, was ihm ungeheure Angst machte.

    Er packte seine doppelköpfige Axt und stellte sich ihr nackt entgegen.

    „Was willst du?", rief er angriffslustig. Es waren frustrierende Tage gewesen und eine Fee hatte ihm gerade noch gefehlt. Sie galten als verschlagen und hinterlistig.

    Sie kicherte erfreut.

    „Dass du dir etwas anziehst, zuallererst."

    Er musterte die kleine Fee misstrauisch, die nun einige Meter vor ihm in der Luft verharrte.

    Schließlich legte er die Axt griffbereit neben sich und zog sich an.

    Dann kam sie näher und blieb gerade außerhalb der Reichweite seiner Axt.

    „Ich habe dir einen Handel vorzuschlagen, erklärte sie. „Du willst aus diesem Wald nicht wahr? Der Graue Wanderer hat es mir verraten.

    „Der Graue Wanderer?", brummte Radswid.

    Die Fee nickte.

    „Der Graue Wanderer schickt mich. Seine zahllosen anderen Namen tun nichts zur Sache. Einer seiner Schützlinge braucht Hilfe. Dafür biete ich dir an, aus diesem Wald zu kommen."

    Radswid musterte sie nachdenklich.

    „Angeblich sind Feen Händler mit der anderen Seite, dem Jenseits und anderen magischen Sphären, sagte er. „Sie verlangen Blut für ihre Dienste oder andere magisch kostbare Dinge.

    Sie kicherte erneut und ihr Gesicht zeigte keine Freude, sondern im krassen Kontrast zu den mädchenhaften Zügen kalte Berechnung.

    „Ich stehe selbst tief im Dienste des Wanderers. Du bist nur mein Mittel, den Handel zu erfüllen."

    Radswid seufzte.

    „Es eilt", sagte sie dann.

    Sie sah sich um, als ob sie beobachtet würden.

    Dann sah sie wieder zum Stand der Sonne.

    „Ich bitte darum. Von mir aus bestimmst du den Ort, an dem ich dich absetze."

    Radswid überlegte länger zu warten, um zu sehen, wie viel er noch rausbekommen würde.

    Doch dann entschied er, dass dieses Angebot bereits nicht so schlecht war.

    „Was soll ich tun?"

    „Nur mitkommen, einem Mann in Not helfen und sein Leben retten."

    „Wie, retten? Soll ich ihn am Schopf aus dem Dreck ziehen?"

    „Es ist Klingenarbeit, verstanden? Aber du bist dafür geeignet."

    „Eine liebliche Umschreibung dafür, dass ich ein guter Söldner bin. Wen soll ich töten? Ich nehme nur Aufträge an, die ..."

    „Gut sind? Sie lachte bissig. „Die dein Gewissen nicht beflecken?

    Er nickte. „Töten ist selten die beste Option. Doch was tust du, wenn ein Stärkerer dir seinen Willen aufzwingen will, ein Räuber einen Händler überfällt? Dann brauchst du meinesgleichen, um die Welt sicherer zu machen für die, die sich an die Regeln des Miteinander halten."

    „Ich will keine philosophische Diskussion, Freund Zwerg. Du kämpfst gegen Kreaturen, die denken können, doch sie sind grausam und verachten Menschen und anderes Leben. Sie sind wie tollwütige Tiere, weder gut zu verscheuchen noch kann man mit ihnen reden. Deine Moral ist an sie verschwendet. Willst du meine Hilfe, dann folge mir oder verbleibe in diesem Wald und verrecke hier", zischte sie nun und flog in das Wäldchen auf der Insel.

    Radswid nahm seine Sachen und stapfte durch das Wasser, an einer seichten Stelle, an der er auch Steine als Hilfe nutzen konnte.

    So gelangte er auf die andere Seite und sah schwaches blaues Leuchten, das die Fee von Weitem auszustrahlen schien.

    Radswid folgte ihr, bis sie eine Lichtung erreichten. Dort ließ sie sich in einem Feld aus Klee nieder. In dessen Mitte war ein kreisrunder Bereich, der völlig frei von jedem Bewuchs war. Kalt und grau war dieser Bereich, die Erde schien tot zu sein.

    „Stell dich in die Mitte und mach dich bereit, sagte sie gebieterisch. „Ach ja, wenn du glaubst, dass du Hilfe brauchst oder deine Aufgabe getan hast, ruf meinen Namen. Ilara.

    Radswid ergab sich in sein Schicksal, zurrte seinen Seesack fest und nahm seine doppelköpfige Axt vom Rücken. Dann trat er in den Kreis, bereit allem gegenüberzutreten.

    „Grauer Wanderer, der Feen schickt", brummte Radswid und innerhalb eines Augenaufschlags war er an einem anderen Ort!

    Er war in einem Wald voller hoher dunkler Bäume. Sie ragten stumm um ihn auf, kein Gras war zu erkennen und ein schwacher Mond stach durch die Blätterdecke.

    Geheul war zu hören, wie ein Rudel Wölfe klang es.

    Doch Radswid stellten sich die Nackenhaare auf, denn das waren keine Wölfe. Sie klangen anders, tiefer und blutrünstiger.

    Das waren die Schreie einer fremden Jagdgesellschaft, die eine Beute hetzte.

    Radswid orientierte sich kurz und lief dann los, in Richtung der Beute.

    Genaugenommen hatte er gelauscht, wo ungefähr die Beute sein musste, wenn die zwei größeren Gruppen, die sich zuschrien, aufeinander zuhalten sollten.

    Es war viel Intuition dabei, aber er irrte sich selten bei sowas.

    Radswid war einige Handbreit kleiner als ein Mensch, deswegen machte ihm gerade unwegsames Gelände im Wald normalerweise zu schaffen. Hier aber war der Boden vielfach zerklüftet und steinig, was eher seinem Bereich entsprach. Er wusste, wie er aufkommen musste, damit Steine ihm Halt gaben, und wie der kürzeste Weg war über eine herausragende Schieferplatte.

    Plötzlich sah er vor sich in einer kleinen Waldsenke einen Mann einsam gegen vier Wesen kämpfen. Sie waren menschenähnlich, doch nackt und hatten seltsam deformierte Klauenhände und leuchtende grüne Augen.

    Der Mensch stieß mit seiner Klinge nach einem der Wesen und schaffte es, es aufzuspießen. Augenblicklich verbrannte es zu Asche. Ein anderes sprang ihn von der Seite an.

    Radswid handelte augenblicklich.

    Er schleuderte seine Axt und sie schlug der Länge nach ins Rückgrat der Kreatur.

    Klappernd fiel seine Axt zu Boden, als das Wesen sofort zu Asche wurde.

    Radswid war sofort bei ihm und griff sich seine Axt.

    Mit wenigen Hieben des Mannes waren die überraschten verbleibenden Gegner erledigt

    Der Fremde wollte gerade sein Schwert gegen ihn erheben, da erkannte er, dass er keines dieser Wesen war und zögerte.

    „Ich bin hier, um dir zu helfen, denke ich. Der Graue Wanderer schickt mich."

    „Luun?", fragte der Mann verwundert.

    „Was bitte?", erwiderte Radswid. War das ein Gruß? Was sprachen die Menschen hier eigentlich?

    „Der Graue Wanderer schickt euch? Luun?"

    „Ich nehme an, dass das ein Name ist. Meiner ist übrigens Radswid. Nein, ich wurde von einer Zwischenhändlerin für den Grauen Wanderer hierher gebracht. Ich sollte jemandem helfen. Genaugenomen war meine Anweisung herzukommen ziemlich dürftig", erklärte Radswid kurz das Wenige, das er wusste.

    „Mein Name ist Edro und ich danke dir und dem Grauen Wanderer", erklärte der junge Mann und verbeugte sich leicht.

    Im Hintergrund war das Kreischen eines dieser nackten Biester zu hören.

    „Ich muss in ein nahes Bergwerk", erklärte der fremde Mann namens Edro. Er schien neuen Mut zu schöpfen.

    „Um was zu tun?", wollte Radswid wissen. Er befürchtete irgendein selbstmörderisches Unternehmen unterstützen zu müssen. Insgeheim bereute ein Teil von ihm, der Fee gefolgt zu sein.

    „Eine Prophezeiung erfüllen, den Herrn und Meister dieser Kreaturen zu vernichten", erklärte Edro und musste lachen. Radswid konnte sich seinerseits ein Grinsen nicht verkneifen. Wieso auch nicht? Eine Prophezeiung erfüllen, das war mal etwas anderes.

    „Herr Edro, als ich herkam, war mir klar, dass es nicht sein würde um einer alten Jungfer beim Bau eines Gartenzauns zu helfen. Wobei ich das und anschließend ein anständiges Essen natürlich vorziehen würde. Falls ihr, oh Retter der Prophezeiung, es euch anders überlegen wollt." Radswid konnte sich den Spott nicht verkneifen. Zu abgehoben erschien ihm, dass dieser schmächtige Kerl von einer Prophezeiung redete.

    „Tut mir leid", sagte Edro und schüttelt den Kopf.

    Er wies in die Richtung des Bergwerks. „Dort müssen wir hin."

    Sie kletterten den Hang hoch und umgingen dabei einen Ort, den Edro nur „das Massaker" gegenüber Radswid nannte.

    Edro schien bedrückt deswegen und erklärte Radswid, dass dort viele seiner Kampfgefährten getötet worden waren.

    Bald sahen sie es, das riesige Bergwerk ragte vor ihnen auf.

    „Für etwas, das nach Nach-unten-Graben klingt, ist das verdammt imposant", brummte Radswid. Edro nickte zustimmend.

    Das Bergwerk war ein mehr als vier Dutzend Meter hoher steiler Fels, der durchzogen von Gängen war. Leuchtende Feuer brannten in seinem Inneren und machten deutlich, wie viele Shul‘Gra dort waren. Edro hatte sie so genannt, Radswid fand, dass die Biester eher nach magischen Missgeburten aussahen. Aber Shul‘Gra war da griffiger. Sie kletterten hinauf und hinab und immer mehr strömten in die Wälder.

    Vielleicht waren doch noch nicht alle von Edros Truppe tot und nun schickte man Suchmannschaften nach ihnen aus.

    Radswid bemerkte, wie verzweifelt er die Menge der Feinde ansah.

    Radswid nahm an, dass Edro nach oben musste. Da kam er nur rauf, wenn jemand ihm Zeit verschaffte. Er seufzte und sagte: „Ich werde sie ablenken"

    „Du weißt, dass das Wahnsinn ist, versuchte Edro ihn ruhig davon abzubringen. „Es sind viel zu viele Feinde und mit Verlaub, deine Beine sind zu kurz, um ihnen zu entkommen.

    Radswid lachte ehrlich berührt von der Sorge des Fremden.

    „Erzähl mir nie, wie meine Chancen stehen. Wenn du ewig darauf wartest, dass ein guter Moment kommt, wartest du dein Leben lang. Mach dir selbst so eine Gelegenheit, sagte er entschieden. „Ich werde sie angreifen und du siehst zu, dass du raufkommst.

    Ohne weitere Absprachen zu treffen stapfte Radswid davon und ließ Edro zurück.

    Bald war Radswid ein ganzes Stück von Edro weg und begann einen Lärm zu machen.

    Er entdeckte eine Gruppe von Shul‘Gra die sich gerade aufteilte. Es war ein kleiner lichtungsartiger Platz.

    Besser als jeder andere hier, um zu kämpfen.

    Er rannte los und ließ seine Axt niedersausen. Der erste Shul‘Gra starb zischend ohne eine weiteren Laut von sich zu geben.

    Doch ein anderer entdeckte Radswid und kreischte, während er auf ihn zustürmte.

    Radswid ließ seine Axt durch dessen Schädel krachen und wurde mit zig-fachem Kreischen belohnt. Von überall her kamen sie nun.

    Er konnte sie durch ihre grünglimmenden Augen deutlich erkennen, wie sie zu hunderten den Hang herabrannten. Sie fauchten, zischten und geiferten.

    Radswid wurde völlig ruhig, wie er es nur von solchen Momenten kannte.

    Es war immer besser, eine Bedrohung vor sich zu haben als sie unentdeckt überall zu vermuten.

    Er entspannte seine Schultern und wartete den nächsten Feind ab.

    Dieser bekam einen Seitwärtshieb ab, direkt danach krachte seine Axt in die Schulter eines anderen.

    Dann trat Radswid einem Shul‘Gra ins Gesicht und nutzte die Zeit, seine Axt einem vierten in den Hals zu schlagen, so dass der Hals abgerissen wurde.

    Noch während er vom Körper wegflog, lösten sich beide in Asche auf.

    Ein Gegner nach dem anderen wurde von seiner guten treuen Axt gefällt.

    Er überlegte, wie die Fee sich genannt hatte, den Namen, den er rufen sollte.

    Wieder tauchte ein Shul‘Gra unter seinem Hieb weg und er musste zur Seite ausweichen, um einen neuen Schlag zu führen.

    Das half nicht beim Nachdenken!

    Dann fiel es ihm wieder ein: Ilara.

    „Ilara, komm und rette mich", rief er und einige der Shul‘Gra sahen sich um, als suchten sie die Person, mit der er redete.

    Doch nichts geschah.

    „Ilara", rief er noch einmal, diesmal lauter.

    War das nur eine Falle gewesen? Ein Trick der Fee?

    Er schlug nach einem Shul‘Gra und seine Zähne klapperten, als er mit voller Wucht auf einen Stein schlug.

    Er stand an einer grasbewachsenen Senke, das Meer rauschte nicht weit von ihm. Er sah sich um und erkannte Tek‘s Hafen nicht weit entfernt.

    Er war zurück.

    Die Fee war nirgends zu erkennen, dafür musterte ihn mit spöttischem Blick ein bärtiger Menschenmann. Er war vollkommen grau. Seine Augen, sein Bart, seine ganze Kleidung.

    „Ihr seid dann also Luun, stellte Radswid fest. „Der Graue Wanderer.

    Der Mann nickte freundlich.

    Sein Lächeln war nicht bösartig, eher wie bei jemandem, der erfreuliche Nachrichten bekommen hatte.

    „Was nun?", fragte Radswid und steckte seine doppelköpfige Axt in das Futteral auf seinem Rücken.

    „Ich danke Euch, das Ihr meinem Schützling geholfen habt. Er hat noch einen weiten Weg vor sich."

    „Wieso tut Ihr das? In die Leben anderer eingreifen? Seid Ihr ein Magier?"

    „Ich bin völlig anders als das, was du an Kategorien kennst. Und so sind auch meine Beweggründe."

    „Sprach der Zwerg zur Ameise, als sie dumme Fragen stellte, brummte Radswid. „Ihr könntet es ja riskieren, dass mein Kopf explodiert, ob der großen Belastung Eurer Logik zu folgen.

    „Nicht heute, erwiderte Luun freundlich. „Wir werden uns wieder sehen.

    „Werden wir das?", fragte Radswid und zurrte seinen Seesack fest, der sich gelockert hatte. Ihn irritierte diese Bestimmtheit in Luuns Satz. Dieser Mann zweifelte nicht an dem, was er sagte. Es war auch keine Floskel. Es war das, was er für die Wahrheit hielt, wie wenn man dunkle Wolken sieht und riecht, dass Regen kommen wird.

    Als keine Antwort kam, sah er auf und Luun war verschwunden.

    Radswid rannte einen Hügel hinauf, um die Umgebung sehen zu können, doch von dem Grauen Wanderer war weit und breit nichts zu sehen.

    Er war verschwunden.

    Soll er doch, entschied Radswid. Er war frei zu tun und zu lassen was er wollte.

    So gefiel ihm das.

    Er machte sich auf nach Tek‘s Hafen, eine neue Arbeit zu suchen.

    ––––––––

    ENDE

    Radswid im Zauberwald

    von Hendrik M. Bekker

    Ein CassiopeiaPress E-Book

    © by Author 

    © der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    www.AlfredBekker.de

    www.postmaster@alfredbekker.de

    1

    Eine dichte Reihe von Bäumen ragte links und rechts bis zum Horizont vor Radswid Tholoka auf. Der Zwerg setzte seinen dunkelbraunen Seesack ab und blickte zur Sonne, die angefangen hatte am Horizont zu versinken. Nur noch wenige Stunden und es würde die Nacht hereinbrechen.

    Er war seit einem Tag auf der Flucht, denn er wurde von einem unzufriedenen Auftraggeber gejagt. Radswid war ein Zwerg und arbeitete als alles Mögliche, meistens aber als Söldner oder Leibwache. In letzterem Beruf hatte er eine Weile für einen lokalen Verbrecherfürsten namens Krabaschi gearbeitet und diesem für einige Ungerechtigkeiten, die er einigen Untergebenen gegenüber begangen hatte, etwas gestohlen. Es war eine kleine Menge Gold gewesen, mit der Radswid ein Unrecht wieder gutgemacht hatte, das Krabaschi jemandem angetan hatte.

    Nicht, dass Krabaschi es nicht verdient hätte oder dass der Verlust des Goldes ihm wirklich wehgetan hatte. Er hantierte als Verbrecherfürst täglich mit größeren Summen. Das Problem war, dass es in der Stadt bekannt geworden war, dass jemand es gewagt hatte den großen Krabaschi zu bestehlen. Der damit verbundene Ansehensverlust des Verbrechers hatte dazu geführt, dass ein sehr guter Killer auf Radswid angesetzt worden war.

    Daraufhin hatte Radswid in einer Nacht- und Nebelaktion die Stadt verlassen und war seitdem schnurgerade vor der Zivilisation weggelaufen. Dieser Wald kam ihm gerade recht, auch wenn er sich nicht sicher war, wo er genau war. Aber hier würde er seinen Verfolger sicher loswerden können.

    Dass er noch verfolgt wurde, wusste er, denn er hatte ein Amulett, das er unter seinem Wams trug und das schwachgrün leuchtete. Dies tat es, seit er unterwegs war. Es leuchtete immer, wenn außer dem Träger noch andere Lebewesen da waren. Es reagierte auf Orks, Zwerge und Menschen. Bei anderen Lebewesen hatte Radswid es noch nie ausprobiert, doch er war sich sicher, dass es nichts Gutes zu bedeuten hatte, dass es in den letzten Tagen stärker angefangen hatte zu leuchten, immer nur ein wenig stärker, aber doch merklich. Und das, obwohl er seit Tagen keine Zwergenseele getroffen hatte. Auf Tiere schien es nicht zu reagieren, er war sich aber da auch noch nicht völlig sicher. Dafür war er noch nicht vertraut genug damit.

    Zudem verstand er nichts von Magie, obwohl er ihre Existenz nicht verleugnete. Er hatte nur kein rechtes Gespür dafür.

    Das Amulett hatte er von einem seltsamen Wesen erhalten, einer Art Fee. Es war ein fairer Deal gewesen und bisher konnte er nicht klagen, obwohl ihm Magie eigentlich immer suspekt war. Es störte ihn, dass so viele, die sich mit ihr beschäftigten, ein Geheimnis aus ihr machten. Es war Geheimwissen, das dadurch, dass es geheim war, nur denen nutzte, die eingeweiht waren, so als wäre Radswid der einzige auf dem Weltenrund, der Schwerter herstellen könnte.

    Doch genau das wurmte ihn immer. Er wollte es verstehen, selbst wenn er nicht befähigt sein sollte es auszuüben. Schließlich interessierte ihn auch, wie ein Schiff vorwärts kam, ohne dass er sein Leben lang die Welt besegeln wollte.

    Er nahm einen tiefen Schluck aus seinem Trinkschlauch, der langsam bedrohlich leer wirkte. Er würde bald eine Quelle finden müssen, um ihn aufzufüllen, sonst würde sein Verfolger doch noch sein Ziel erreichen, vielleicht sogar ohne einen einzigen Schwertstreich.

    Er schulterte sein Gepäck wieder und marschierte in den Wald. Langsam sank die Sonne tiefer und tiefer und das Geäst der Bäume warf seltsame Schatten.

    Endlich wurde es etwas kühler.

    Radswid stapfte vorwärts und war bald im dichten Wald, so weit vom Rand entfernt, dass er ihn nicht mehr sehen konnte in den länger werdenden Schatten. Gerade als die letzten Sonnenstrahlen nicht mehr durch das Geäst schienen, kam er auf eine kleine, einige Schritt große lichtere Stelle, auf der er sein Lager aufschlagen wollte.

    Er wägte ab, ob er ein Feuer entfachen sollte und entschied, dass es sinnvoll wäre. Nachdem er einige trockene Äste gesammelt hatte und sie entzündete, prasselten bald Flammen. Er hatte extra nur sehr trockenes Geäst herausgesucht, um zu verhindern, dass eine Rauchfahne ihn auf Meilen Sichtweite verraten würde.

    Er lehnte sich mit dem Rücken an einen dicken knorrigen Baum und kontrollierte sein Amulett. Es leuchtete nicht stärker als es am vergangenen Abend geleuchtet hatte, aber auch nicht schwächer, obwohl er schneller marschiert war als die letzten Tage.

    Nicht gut, aber auch nicht beunruhigender als bisher, ging es ihm durch den Kopf, bevor er einschlief.

    2

    Einige Stunden später wachte er auf, da ihn ein Geräusch geweckt hatte. Er schreckte hoch und betrachtete das Amulett. Es leuchtete stärker. Aus seinen bisherigen Erfahrungen mit ihm, schloss er darauf, dass Personen in der Nähe waren, vielleicht etwas mehr als zweihundert Schritte entfernt.

    Vorsichtig sah er sich um, doch weit konnte er nicht sehen im fahlen Mondlicht. Das Feuer war bis zu einem leicht glimmenden Haufen Glut hinuntergebrannt, und er konnte selbst mit seinen Zwergenaugen nicht sehr weit ins Dickicht sehen.

    Da war etwas, ein Geräusch. War es ein Murmeln? Ja, es klang so wie Stimmen, eine Art Singsang. Ein Teil von ihm war sich ziemlich sicher, dass er die Flucht ergreifen sollte, andererseits interessierte ihn, wer da war.

    Vielleicht hatten sie Vorräte, um die er sie erleichtern konnte, für Gold oder durch eine gezückte Klinge. Allerdings war ihm ersteres lieber, er hatte Prinzipien.

    So siegte seine Neugierde und er schulterte sein Gepäck und machte sich auf. Er versuchte sich so leise wie möglich durchs Dickicht zu kämpfen und es gelang ihm seiner Meinung nach auch ziemlich gut.

    Bald näherte er sich etwas Hellem. Fackelschein leuchtete durch das Dickicht. Er betrat eine Lichtung, auf der einige größere Steine lagen. Es waren scheinbar Trümmerstücke eines größeren Gebäudes, das vollkommen in sich zusammengebrochen war, allerdings schon vor längerer Zeit, denn einige Ranken hatten bereits viel überwuchert.

    Einige Meter von ihm entfernt stand eine Gruppe von Menschen. Oder waren es Orks? Er war sich nicht sicher. Sie trugen Kapuzen, die ihre Gesichter verbargen.

    Sie standen in einem Kreis und schienen ganz in eine Beschwörung vertieft zu sein. In ihrer Mitte lag ein gefesselter Mensch, ein Abenteurer und Söldner seiner Kleidung nach. Er war bewusstlos, getrocknetes Blut war an einer Wunde an seiner Stirn zu sehen. Doch er lebte noch, seine Brust hob und senkte sich langsam.

    „Karal, wir bitten dich ein weiteres Mal den Handel zu vollziehen, wie schon so viele Male. Unser Dorf hatte eine Missernte und wir brauchen das Gold", erhob nun einer der Kapuzenträger seine Stimme.

    Einen Moment geschah nichts, während Radswid sich fragte, wer oder was Karal war. Dann aber vibrierte die Erde sacht. Einem Menschen wäre es sicher nicht aufgefallen, aber für ihn, einen Zwerg, war es überdeutlich. Es war ein Schritt. Dann noch einer. Etwas bewegte sich gemächlichen Schrittes auf die Lichtung zu. Es musste ziemlich groß sein. Und es war hinter ihm.

    Ein sirrendes Geräusch veranlasste Radswid herumzuwirbeln und seine Axt zu erheben. Klirrend schlug eine klauenbewehrte Hand mit einer solchen Wucht darauf, dass seine Arme kurz davor waren nachzugeben.

    Hinter ihm stand ein drei Schritte großes Wesen. Es hatte dunkelbraune, erdige Haut und war scheinbar unbekleidet bis auf einen leichten ledernen Rock, der mit Eisengliedern beschlagen war. Sein Oberkörper war nackt und narbenübersät. Ein Dolchgriff ragte daraus hervor. Er schien vollkommen eingewachsen. Das Gesicht des Wesens war nicht zu erkennen. Es trug einen eisernen Helm, der eine dämonische Fratze mit Widderhörnern zeigte.

    „Erdgeister haben in meinem Wald nichts verloren", grollte Karal.

    „Kein Problem, ich bin nur auf der Durchreise. Ich wusste nicht, dass es dein Wald ist, ich verlasse ihn sofort", erwiderte Radswid und wich einem weiteren Prankenhieb aus. Die Kreatur hatte drei Finger und einen Daumen, an jedem davon waren Klauen, die fast so lang waren wie Radswids ganze Finger.

    Nun wurden auch die Robenträger aufmerksam. Einer schrie: „Ein Eindringling, packt ihn!" Und schon rannten sie auf ihn zu. Radswid fluchte herzhaft.

    „Hört mal, ich will wirklich nicht stören, lasst mich ziehen und alle sind zufrieden", versuchte er es erneut, doch die Bestie namens Karal schien nicht daran zu denken. Weiter drosch er mit einer Härte nach Radswid, die ihn dazu zwang auszuweichen anstatt die Schläge abzufangen. Er befürchtete, dass Karal ihm sonst den Arm brechen würde.

    Die Gestalten waren heran und wollten ihn angreifen, doch einer der Hiebe von ihnen ging fehl und schnitt in Karals Unterarm. Dieser brüllte wütend auf und betrachtete nun die Gestalten. Dass sie ihn gerade noch angefleht hatten, schien ihm gleichgültig. Blindlings hieb er in ihre Richtung und trennte einem von ihnen mit einem einzigen Schlag den Kopf von den Schultern, der kullernd einige Meter weiter entfernt zum Liegen kam.

    Radswid nutzte das und wandte sich ab von Karal, um wegzulaufen. Nicht jeden Kampf sollte man seiner Meinung nach ausfechten, vor allem wenn es nichts zu gewinnen gab. Während er lief, kam er an dem gefesselten Mann vorbei. Seine Augen waren geöffnet, er war anscheinend erwacht.

    „Befreie mich und ich werde dir helfen zu fliehen", sagte er.

    Radswid grunzte zustimmend, denn er war etwas außer Atem, um noch ganze Sätze zu sprechen und rannte zu ihm. Mit einem schnellen Schnitt war der Mann befreit und gemeinsam rannten sie von der Lichtung, leider genau in die Richtung, aus der Radswid gekommen war, wie er feststellte.

    „Wer bist du, was ist das? Mach kurz", schnaufte Radswid. Wie er das Rennen hasste. Er war eher ein Spurter, auf kurzen Strecken gefährlich, aber sonst auf lange Sicht eher fürs Marschieren geeignet, nicht fürs plötzliche Ums-Überleben-rennen.

    „Mein Name ist Garil Hagrel, ich bin Söldner und war auf dem Weg nach Nalka, dabei kam ich an dem Rand dieses Waldes vorbei. Ich hatte mein Nachtlager aufgeschlagen und war gerade dabei einzudösen, als es schwarz um mich wurde. Sie haben mich mit irgendeiner Magie außer Gefecht gesetzt und dann tief in den Wald getragen. Dabei konnte ich hören, wie sie sich darüber unterhielten, was sie mit mir vorhatten. Das da hinten ist Karal, ein Dämon oder so, er beschützt den Wald. Sie leben in einem Dorf im Wald und immer wenn sie Missernten haben, bringen die Ältesten ihm ein Blutopfer, wofür er ihnen Gold gibt und im nächsten Jahr ihre Felder wieder fruchtbar macht. Allerdings nehmen sie für das Blutopfer wohl ungern eigene Leute", erklärte Garil.

    Gerade als sie sich dem Rand der Lichtung näherten, stürmte ein schlanker Elf mit einem bösen Blick auf Radswid zu. Es war Rilathar, ein verrückter Halb-Min‘dar und, wie Radswid sofort klar war, darauf angesetzt Radswid zu töten. Er war es, der ihm seit Tagen folgte. Sofort machte Radswid kehrt und Garil folgte seinem Beispiel.

    „Ein Freund von dir?", fragte er.

    „Ein Auftragsmörder, ist eine lange Geschichte, ich bin der Gute", erwiderte Radswid japsend.

    Die Min‘dar wurden von den Menschen oft Elben oder seltener Elfen genannt. Es war ein Wort aus irgendeiner alten Sprache, doch die Spitzohren nannten sich selbst Min‘dar. Es hieß grob übersetzt die Hohen, oder Erhabenen. Es gab immer mal wieder Halb-Min‘dar wie Rilathar, die ihr Zuhause oft weder bei den Min‘dar noch bei den Menschen fanden. Selten machte sie das zu sympathischen Zeitgenossen, wie Radswid fand.

    Er rannte auf Karal zu, denn er hatte eine Idee. Dieser hatte nun zwei der Robenträger getötet und war gerade dabei, dem dritten eindrucksvoll den Arm abzureißen, als Radswid sich ihm näherte. Ein Pfeil zischte knapp an seinem Ohr vorbei.

    Rilathar war zwar verrückt, aber doch der beste Bogenschütze, den es in dieser Gegend gab. Wie alle Min‘dar hatte er ein hervorragendes Sehvermögen. Der Pfeil zischte knapp an Radswid vorbei und traf Karal.

    Radswid grinste und betete zu den Göttern, dass Karal wieder so rachsüchtig und jähzornig reagieren würde wie letztes Mal. Er tat ihm diesen Gefallen. Brüllend drehte er sich um und ließ den schreienden Menschen zu Boden fallen, aus dessen Schulter das Blut spritze. Er sah den Bogenschützen und rannte auf ihn zu.

    „Ich bin nicht dein Feind, Grajuriath", rief der Auftragskiller, doch Karal ließ sich nicht davon beeindrucken. Er schlug mit einer Kraft nach dem Min‘dar, die die Klinge, mit der er parierte, bersten ließ.

    Radswid lächelte verstohlen. Rilathar hätte besser guten harten Zwergenstahl nehmen sollen, anstatt des leichten Lilorithal-Stahls, den die Min‘dar für ihre Klingen benutzten.

    Lilorithal war seiner Meinung nach wie die Spitzohren: Hell, schön anzusehen, aber nicht sehr belastbar und keinesfalls geeignet, einer großen groben Kraft ausgesetzt zu werden.

    Radswid wandte sich ab und rannte mit Garil im Schlepptau tiefer in den Wald.

    Noch eine Weile konnten sie das Brüllen Karals hören, bis es schließlich leiser wurde. Sie schienen sich von ihm zu entfernen.

    3

    Einige Stunden später war die Nacht bereits hereingebrochen. Der Mond näherte sich dem Zenit, als sie sich endlich entschlossen eine Rast einzulegen. Sie entschieden sich dagegen, ein Feuer zu entfachen und Radswid sollte die erste Wache bekommen. Eine Weile saß er da und überlegte, wie es nun weitergehen sollte. Langsam döste er ein. Garil atmete bereits sehr regelmäßig, was Radswid ebenfalls müde machte.

    Plötzlich spürte er, wie ihm mit einem Ruck seine Axt entrissen wurde. Garil stand vor ihm und hielt seine Axt in Händen.

    „Steh bitte langsam auf, Radswid", sagte er. Er schien etwas unsicher zu sein.

    „Was wird das? Ich habe dir das Leben gerettet und du? Willst du mich ausrauben? Ernsthaft, das lohnt sich nicht, glaub mir", erklärte Radswid und stand langsam auf.

    „Das ist nichts Persönliches, aber du arbeitest für Krabaschi, ich hab dich schon in seinem Gefolge gesehen. Und weißt du, ich habe ein paar Schulden bei ihm. Wenn deine Geschichte wahr ist und das glaube ich, dann wird er mir die Schulden für deinen Kopf erlassen", sagte Garil.

    Radswid überlegte fieberhaft, was er nun tun sollte, doch es fiel ihm nicht ein.

    „Hör mal, gerade jetzt will ich dir keinen Vortrag über Ehre oder dergleichen vorhusten, aber du schuldest mir etwas, ich habe dein Leben gerettet", erklärte Radswid.

    „Nimm‘s nicht persönlich, es geht hier nur ums Geschäft. Ich werde dich selbst töten, das wird schnell und schmerzlos sein, im Gegensatz zu dem, was Krabaschi mit dir tun würde", spottete Garil. Radwids Amulett leuchtete ein wenig heller. Er hob eine Augenbraue.

    „Du solltest vielleicht etwas leiser sein", begann er, doch es war zu spät. Karal brach aus dem Wald hervor und hätte Garil fast umgerannt, doch dieser schaffte es im letzten Moment sich zur Seite zu rollen. Karal begann sofort, ihn mit einer schnellen Reihenfolge an Schlägen zu bedecken.

    „Hilfe", keuchte er. Radswid war unschlüssig, eigentlich widerstrebte es ihm, einem Mann zu helfen, der ihn gerade noch hatte umbringen wollen. Er besann sich des Ehrenkodex‘ der Söldner.

    „Wer mich umbringen will, ist nicht mein Freund", erklärte er und warf sich seine Tasche über die Schulter. Er rannte so schnell er konnte, und langsam wurde das Klirren der Kämpfenden leiser. Umso schwächer das Leuchten des Amuletts wurde, umso sicherer fühlte sich Radswid.

    „Nie wieder tue ich irgendwem was Gutes", grunzte er, während er lief.

    Langsam begann sich die Linie der aufgehenden Sonne am Horizont abzuzeichnen, während er unvermittelt an den Rand des Waldes kam.

    Irgendetwas stimmte nicht, doch er wusste erst nicht was.

    Plötzlich traf es ihn wie ein Blitz. Er kannte diesen Landstrich. Hier war er in den Wald hineingegangen.

    Naja, wenigstens bin ich meinen glühendsten Verfolger los, dachte er bei sich und ging der aufgehenden Sonne entgegen.

    ENDE

    Zwerge und Wächter

    Abstieg in die Tiefe  Teil 1 und 2

    von Hendrik M. Bekker

    Ein CassiopeiaPress E-Book

    © by Author

    © der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Ein Zwerg und ein Mensch - beide Wächter der Stadtwache, erleben die skurrilsten und phantastischsten Abenteuer.

    Abstieg in die Tiefe Teil 1

    Eine dunkle Straße, eine Laterne flackert. Niemand ist zu dieser frühen Stunde noch auf den Straßen Urukors, der Metropole am Jawrik. Niemand, der ein ehrliches Geschäft zu verrichten hat.

    Das Licht der flackernden Laterne spiegelt sich in einem kahlen Schädel, von dem spitze, große Ohren abstehen. Augen schimmern grünlich im Dunkeln, während die kleine Kreatur zusammen mit einem Artgenossen aus einer Gasse huscht. Sie laufen von Schatten zu Schatten, flüchtige Blicke könnten sie nicht erfassen.

    Sie nähern sich einem Haus, hinter dessen Läden noch ein schwaches Licht brennt.

    „Verdammt, Urik, wir sind sowas von tot", brüllte eine sonore Stimme direkt in Uriks Gesicht. Er öffnete verschlafen die Augen und begriff noch währenddessen, wo der erste Fehler war. Er wachte gerade auf, das hieß, er hatte geschlafen. Anstatt Wache zu halten.

    „Ist es..., begann er, doch sein zwergischer Freund Grodarig Feuerbart, fuhr ihm dazwischen. „Ja, verdammt ja, es ist weg.

    Sie beide waren Mitglieder der Stadtwache, normalerweise patrouillierten sie nachts durch die Stadt oder ermittelten bei Verbrechen. Da sie allerdings in Ungnade gefallen waren, da sie bei einer ihrer Ermittlungen einen reichen Kaufmann beschuldigt hatten, verwickelt zu sein, hatte dieser seine Beziehungen genutzt, um die beiden strafversetzen zu lassen. Nun mussten sie jede Nacht irgendwelche Dinge bewachen.

    Diese Nacht hatten sie eine wertvolle, reichverzierte Schatulle bewachen müssen, die angeblich kostbare, mit Magie aufgeladene Kristalle direkt vom Königshof der Seidher beinhaltete.

    Allerdings, so schien es, waren sie eingeschlafen und man hatte sie bestohlen.

    „Okay, ganz ruhig", versuchte Urik Grodarig zu beruhigen.

    „Ruhig? Ihr Menschen habt wahrlich einen wunderbaren Sinn für Humor, ruhig? Ich bin verdammt nochmal ruhig, erwiderte Grodarig, doch langsam schien er abzukühlen. „Okay, was haben wir für Spuren?

    Sie blickten sich im Zimmer um. „Keine, erwiderte Urik. „Fenster unangetastet, ist ja auch erster Stock. Tür, ah, Tür.

    „Was?"

    Urik öffnete die Tür und zeigte seinem Freund, was er entdeckt hatte. Der Schlüssel steckte, von außen.

    „Klassisch, jemand haut den Schlüssel raus, zieht ihn unter der Tür durch und schließt auf."

    „Aber nicht möglich, diese Tür ist magisch gesichert gegen sowas, also muss jemand schon selbst zaubern können", erwiderte Grodarig.

    Urik nickte. Zaubern, das konnte nicht jeder im Königreich. Menschen, Zwerge und andere Völker waren allgemein magisch unbegabt, lediglich die Menschen aus Seidher konnten die geheime Kraft anwenden. Allerdings, konnte man sie schon von Weitem als Angehörige des Magiervolkes erkennen, denn ihnen wuchsen die Haare von Geburt an in dicken, seltsamen, verfilzten Strähnen.

    „Also ein Seidher", schlussfolgerte auch Grodarig.

    „Oder jemand mit einem magisch aufgeladenen Gegenstand. Ich meine, du kannst einen Harnisch mit Runen dauerhaft verzaubern, wieso also nicht etwas anderes, um Türen zu öffnen?"

    „Gut, also ein Seidher oder einer, der Geld hat", stimmte Grodarig zu.

    Sie gingen den schmalen Flur des alten Gebäudes entlang. Jeder dieser Räume war Lagerstätte für irgend etwas, immer wenn die Stadtwache etwas lagern wollte, tat sie es hier.

    „Kerben", sagte Grodarig plötzlich. Er deutete auf den Boden.

    „Was, wo?", erwiderte Urik. Grodarig schüttelte verächtlich den Kopf.

    „Ihr Menschen seid doch wirklich fast blind, diese Kerben, die sind neu", erklärte er. Urik begutachtete die Stelle. Er erkannte, dass es Einkerbungen waren, doch ob sie neu waren oder schon lange dort, konnte er nicht bestimmen.

    „Die sind regelmäßig, bemerkte nun Grodarig, während er die hölzerne Treppe hinunterging. „Jemand, der hier war, hinterließ Kerben.

    Sie erreichten das Ende der Treppe, wo ein kreisrunder Tropfen auf dem Boden war. Weitere feine, kleine Tröpfchen zogen sich bis zur Tür.

    „Was ist das, Blut?", fragte Urik. Manche der Tropfen waren für ihn kaum noch erkennbar, andere hingegen etwas größer.

    „Falsche Farbe, aber möglich, vielleicht hat sich unser Dieb geschnitten, spekulierte Grodarig. Urik nickte. „Vielleicht.

    Sie gingen auf die Straße und folgten der feinen Spur weiter. Sie ging um eine Ecke, in eine Sackgasse hinein, die scheinbar nur zum Abladen von einigem Plunder genutzt wurde und sonst keinen Zweck erfüllte.

    „Hier, Grodarig deutete auf eine Ansammlung von Kisten. Sie standen da, als hätte man sie einfach vom Wagen geworfen und liegen gelassen. „Davor hört es auf.

    „Was denkst du, ist dahinter ein Eingang?"

    „Vielleicht, es gibt einige unbekannte Eingänge zum Labyrinth", stimmte Grodarig Urik zu. Das Labyrinth war der Spitzname der Kanalisation der Stadt. Es war ein kompliziertes Gangsystem, dessen tatsächliche Verbindungen nicht völlig kartographiert waren.

    Immer wieder hatte die Stadtwache während diverser Verbrechen mit solchen Abschnitten der Kanalisation zu tun gehabt. Allerdings hatte sich eine Erforschung dieser als unergiebig herausgestellt, da immer wieder Leute dabei verschwanden und irgendwann von der Stadtverwaltung die Devise ausging, jeden nicht bekannten Eingang einfach zuzumauern und mit einer Rune zu versiegeln.

    Sie schleppten eine der Kisten weg und legten direkt dahinter eine kreisrunde Öffnung im Boden frei. „Na super", murmelte Grodarig.

    „Was bist du eigentlich für ein Zwerg? Nachdem dein Volk aus seinen Bergwerken vertrieben wurde, müsste einer wie du doch darauf brennen, unter der Erde Erkundungen anzustellen, nicht vor Angst zittern", bemerkte Urik. Grodarigs Eltern gehörten zu den Hurug-Zwergen, jenen, die aus ihrer Hauptstadt von Grion, dem Herrscher der Vampire vertrieben worden waren. Die freien Völker Sorgos führten inzwischen einen erbitterten Krieg gegen die Vampirnation.

    „Ich bin ein Stadtgeborener, ich konnte nunmal leider nicht die Freude an engen Räumen ohne Sonne mit der Muttermilch aufsaugen, okay?, erwiderte Grodarig. „Außerdem hab ich keine Angst, Milchbart.

    So nannte Grodarig Urik immer dann, wenn er zu weit ging, er bezog sich damit auf den feinen Flaum, der Urik wuchs und einfach nicht mehr werden wollte. Bei den Zwergen gab es einige Schimpfwörter, die mit mangelndem Bartwuchs zu tun hatten, „Milchbart" war eher eine freie, entschärfte Übersetzung eines dieser Wörter.

    „Sollen wir nicht jemandem sagen, wo wir hingehen?", fragte Urik nach einem Moment des Schweigens.

    „Klar, hey, wir haben die Schatulle verloren, sind verbotenerweise in der Kanalisation, um sie wiederzuholen‘, kommt sicher Klasse", bemerkte der Zwerg.

    „Na dann los", erwiderte Urik.

    ––––––––

    Sie gingen zurück zum Gebäude, in dem sie die Nacht über hatten Wache halten müssen. In einem der Räume dort lagerte die Stadtwache Dinge, die im Hauptwachgebäude zu viel waren, wie Fackeln, ausrangierte Schwerter, konfiszierte Waffen. Auch Seile waren darunter, so dass sie sich damit und mit zwei Fackeln ausrüsteten und zurück zur Öffnung im Boden gingen.

    Allzu weit hinunter ging es gar nicht, nach wenigen Metern bereits erreichten sie den Boden.

    „Das hier ist auf jeden Fall nicht regulär", murmelte Urik, während er die Fackel aufhob, die er vorher in den Schacht geworfen hatte, um die Hände fürs Klettern frei zu haben. Sie brannte munter vor sich hin und ließ Schatten über die kahlen Steinwände um sie herum tanzen. Sie befanden sich irgendwo in einem schmalen, recht niedrigen Gang, der bereits nach wenigen Metern in beide Richtungen abzweigte.

    „Wieso?", fragte Grodarig. Dann verstand er. Die Gänge waren zu niedrig und die Wände vollkommen glatt. Beides war in den normalen Bereichen der Kanalisation nicht üblich, die Gänge hatte meist Ork-Höhe, denn die Ork-Sklaven des Echsenreiter-Königs hatten einst die Kanalisation errichten müssen. Dies war vor fast 400 Jahren geschehen, angeblich zusammen mit den Luisaren. Diese hatten angeblich in den Resten der alten Kanalisation gelebt, heute allerdings wusste man nicht mehr viel von ihnen, doch sie waren Stoff vieler Mythen und Legenden. Meistens Geschichten über blutrünstige kleine Dämonen, die hier im Dunkel hausten. Unglücklicherweise fielen sie Urik gerade alle wieder ein.

    „Na dann, wo lang?", fragte Grodarig. Er trug wie Urik eine Fackel und blickte unentschlossen in beide Richtungen.

    „Da lang, sagte Urik dann. Auf Grodarigs fragenden Blick antwortete er: „Is‘ so ein Gefühl.

    Sie folgten dem Gang, wobei nach dieser Kurve bald eine neue kam und eine neue. Nach einer Weile merkten sie, dass der Boden abschüssig wurde.

    Nach einiger Zeit machte der Gang wieder eine scharfe Biegung, und endete auf einmal. Sie standen in einer ziemlich weitläufigen Halle, deren Decke mehrere Mannlängen über ihnen im Dunkeln lag. Verzierte Säulen ragten überall empor.

    „Wo sind wir?", flüsterte Urik. Grodarig blickte abwesend ins Dunkel.

    „Groda?"

    „Psst, hör doch mal", sagte dieser. Urik lauschte. Da war etwas, ein Geräusch. Erst dachte er, er bilde sich das ein, doch ganz leise war etwas zu hören. Es erinnerte ihn an Stimmen.

    „Wollen wir mal schauen, wer hier so unterwegs ist?", meinte Grodarig. Er reichte Urik seine Fackel.

    „Bleib hier stehen, die Säule verdeckt das Licht besser. Ansonsten wird man dich in der ganzen Halle sehen können, befürchte ich, ich geh mal schauen."

    „Groda, du hast Schiss in beengten Räumen, also spiel jetzt nicht den Helden", erwiderte Urik. Ihm behagte der Gedanke nicht, alleine hier unten zu sein.

    „Okay, ich würde gern tauschen, aber du wartest hier und ich gehe nachsehen. Zwerge können ziemlich gut ohne Licht gucken, weißt du?, erklärte er und klopfte Urik auf die Schulter. „Bis gleich.

    Er ging geradewegs ins Dunkel hinein, und nach wenigen Schritten war er weg. Urik stand da und überlegte, wie wahrscheinlich es war, dass er einen Albtraum hatte und gleich aufwachte.

    ––––––––

    Grodarig schlich hinein ins Dunkel. Er zog sein Kurzschwert aus der Gürtelscheide und klemmte sie so zur Seite, dass sie keine Geräusche beim Gehen verursachte.

    Er befürchtete, dass wer auch immer hier war besonders wachsam lauschen würde. Also vermied er jedes unnötige Geräusch, etwas, wofür ein Zwerg seiner Meinung nach nur bedingt geschaffen war.

    Er schlich vorwärts, bis er das Gefühl hatte, dass es langsam heller wurde. Vor ihm schwebte ein großer, mattblau schimmernder Kristall.

    Nein, er schwebt nicht, er ist nur geschickt befestigt, ging es ihm durch den Kopf. Unter dem Kristall standen viele hundert Personen. Grodarig blinzelte, denn der Stein schien heller zu werden, wenn auch nur etwas.

    Alle diese Wesen dort waren so groß wie er. Doch es waren sicher keine Zwerge, denn man konnte die von den kahlen Schädeln abstehenden, spitzen Ohren bereits aus einiger Entfernung sehen.

    Luisaren, erkannte Grodarig ehrfurchtsvoll. All die Geschichten über die „Missgeburten der Tiefe", wie sein Vater sie immer genannt hatte, stimmten. Dort standen sie, hunderte von ihnen, und murmelten irgendwelche sich wiederholenden Worte. Es schien eine Beschwörung zu sein, oder ein religiöses Ereignis. Grodarig hatte schon öfter Ähnliches bei Veranstaltungen in Menschentempeln beobachtet, es wurde ein gemeinsames Bekenntnis gesprochen, das deutlich machte, dass sie alle dem gleichen Gott huldigten.

    Die Luisaren wurden langsam immer lauter. Grodarig schlich vorsichtig weiter und versuchte herauszufinden, was am Fuße des Kristalls vor sich ging. Dort standen mehrere Luisaren, die nicht wie die anderen in Fetzen oder Lumpen gekleidet waren, sondern in dunkelrote Gewänder, die einen Kontrast darstellten. Sie bekamen Gegenstände gebracht, von mehreren anderen. Einer gab einem Luisaren, der etwas größer als die anderen war, ein Schwert. Grodarig erkannte die  Klinge, es war eine zwergische Runenklinge. Ein Zwerg wurde dabei bei der Bearbeitung des bekannten Foringer Stahls unterstützt von einem Seidher, der magische Energie in die Fertigung fließen ließ. Dies veränderte das Schwert, so dass es leichter zu schärfen war, eine leichtere Klinge ohne zusätzliche Festigkeitseinbußen besaß, und es war bedingt in der Lage, Magie zu neutralisieren. Letzteres allerdings war immens abhängig davon, was für Magie es war.

    Der Luisar nahm die Klinge und ein dunkelgrüner Blitz schlug von ihr aus in den Kristall ein. Dieser flackerte kurz, leuchtete dann aber noch stärker weiter.

    Ähnliches geschah noch mit weiteren Dingen, die dem großen Luisaren gebracht wurden. Grodarig erkannte bald, woher sie geholt wurden. Hinter einer Säule war ein großer Berg mit Gegenständen, drei oder vier Luisaren pendelten immer zwischen dort und dem Priester, wie ihn Grodarig in Gedanken nannte. Er schien irgendetwas damit zu machen, es sah nach Magie aus, und das stank Grodarig gewaltig. Niemand außer einem Seidher konnte Magie anwenden, außer vielleicht die Vampirbrut. Es war nicht natürlich.

    Er schlich vorsichtig an den Sammelberg an magischen Gegenständen heran. Er erkannte, dass nicht alle magisch waren, einige waren augenscheinlich Plunder. Scheinbar hatten die, die sie gesammelt hatten, nicht nur gute Arbeit geleistet. Die pendelnden Luisaren nahmen immer zwei oder drei Dinge hoch, begutachteten sie und warfen das Nichtmagische weg.

    Unter den Gegenständen war auch, zu Grodarigs Erleichterung, die Kiste. Scheinbar war das Schloss der Schatulle ungebrochen.

    Hoffnung wallte in ihm auf. Während einer der kleineren Luisaren gerade mit einem Ring zum hinauf Hohepriester ging, ging Grodarig etwas näher an die Szenerie heran. Er blickte hektisch in alle Richtungen, doch er konnte einfach keine Wachen finden. Sie schienen nicht damit zu rechnen, dass man sie hier auf ihrem eigenen Boden bestahl. Er griff nach der Schatulle. Ein ohrenbetäubendes Geräusch begann, ein Luisar stürzte aus den Schatten auf ihn zu. Er hatte ihn wohl gerade erst bemerkt.

    Grodarig erwischte den Luisaren mit der flachen Seite seines Schwertes am Kopf und rannte so schnell ihn seine Beine trugen zurück in Richtung Urik.

    Dicht hinter sich konnte er schritte hören, hunderte Schritte, die in dem kuppelartigen Bau nachhallten. Als er um eine Säule bog, wurde er so stark geblendet, dass er erst dachte, seine Augen würden sich nie wieder erholen.

    Urik stand dort, inzwischen nur noch mit einer Fackel, und blickte ihn verdutzt an.

    „Lauf", brüllte Grodarig und Urik, der zwar die Luisaren nicht genau sehen konnte, doch aber zumindest die Reflexionen des Fackelscheines in ihren Augen, ließ sich das nicht zweimal sagen. Sie rannten direkt auf den Ausgang zu, hinter sich das wütende Geschrei unzähliger Kehlen.

    Urik konnte bald die helle Lichtsäule sehen, die die Rettung versprach.

    ––––––––

    „Und das, knurrte Hauptmann Jovra gefährlich ruhig, „soll ich Ihnen glauben?

    „Ja, Sir."

    „Sie haben die ganze Nacht Wache getan, es ist nichts passiert und diese Schatulle hat die Schrammen schon vorher gehabt?"

    „Ja, Sir", erwiderten beide erneut. Eine Weile herrschte Stille.

    „Sie können gehen", sagte dann Hauptmann Jovra. Er war ein harter Hund und bekannt für seine Wutausbrüche, doch diesmal schien er zu wissen, dass er nichts in der Hand hatte. Jovra konnte nicht beweisen, dass sie Mist gebaut hatten, auch wenn er es ahnte.

    Er war zu einer Kontrolle gekommen, gerade als sie sich in dem Raum verschanzt hatten, aus Angst die Luisaren würden ihnen doch ins Licht folgen. Diese waren nämlich kreischend davor zurückgeschreckt.

    Jovra hatte sie mit verdreckter Kleidung vorgefunden, Panik in den Augen.

    Sie verließen nun das Gebäude und traten auf die Straße hinaus.

    Wortlos wandten sie sich erneut zu der Gasse, aus der sie noch vor Kurzem geflohen waren. Dort waren noch immer die Kisten aufgetürmt, doch die Öffnung im Boden war verschwunden.

    „Sie haben den Gang zum Einsturz gebracht, denke ich", meinte Grodarig mit prüfendem Blick.

    „Unser Sonnenliebhaber, dessen weitester Weg unter die Erde bis auf dieses Erlebnis vermutlich ein Besuch im Keller war, sieht das natürlich mit zwergischem Fachblick", merkte Urik grinsend an.

    „Ich geb dir gleich mit zwergischem Fachblick einen auf dein Kinderkinn, Mensch", erwiderte dieser und sie wandten sich ab.

    „Lass uns wachsam sein, wer weiß, ob die herausfinden, wo wir wohnen, merkte Urik nach einer Weile an. Grodarig nickte. „Aber bis dahin, lass uns in den Tanzenden Tosiphonius gehen. Einen heben.

    ENDE Teil 1

    Abstieg in die Tiefe Teil 2

    „Urik, hast du die freudige Botschaft schon vernommen?", fragte Grodarig Feuerbart und ließ sich auf den Platz gegenüber Uriks auf eine Bank fallen. Sie saßen in einer Taverne nach Feierabend, wo sich die beiden Stadtwachen jeden Abend zusammensetzen.

    „Was‘n?", fragte Urik müde. Er hatte eine Nachtschicht extra gemacht, soweit Grodarig wusste, und war entsprechend fertig. Urik hob die Hand, um der zierlichen rothaarigen Kellnerin zu zeigen, dass sie noch etwas bestellen wollten.

    „Das Horimbar-Viertel wird renoviert", setzte Grodarig an und wurde von der Rothaarigen unterbrochen.

    „Was darf‘s sein, die Herren Stadtwachen?"

    „Met, sagte Urik müde. „Zwei.

    Grodarig nickte und sie rauschte ab.

    „Also, das Horimbar-Viertel wird renoviert, wurde von Fürst Zuil gekauft, diesem Vanth. Da werden Fundamente verändert werden müssen und vor allem wird da die Kanalisation überarbeitet. Und rate mal, wen Zuil mit der Beaufsichtigung der Bauarbeiter beauftragt hat? Die Stadtwache, der missbraucht das ganze Rechtssystem doch für seine Bauarbeiten, um Nobelwohnungen zu bauen", ereiferte sich Grodarig.

    „Sag bitte nicht...", setzte Urik an, doch Grodarig nickte.

    „Ja, wir sind auch eingeteilt, gleich morgen Mittag geht’s los", erklärte er.

    „Hoffentlich bekommen wir genug Verstärkung, um uns zu wehren, falls die..., er suchte nach dem passenden Wort, „...Dinger wieder auftauchen.

    Grodarig nickte. Er erinnerte sich noch lebhaft daran, wie sie vor einem Monat eine Begegnung gehabt hatten.

    „Ach, wird schon irgendwie gut gehen, ich denke nicht, dass sich wer traut, die Bauarbeiter zu behelligen. Eher finden wir ‘nen Schmuggler oder Diebestunnel da", meinte Grodarig.

    ––––––––

    „Beim Barte des alten Worworik, hat er meine Augen verhext?", murmelte Grodarig, als sie am nächsten Morgen den Übungsplatz vor der Wachkaserne betraten. Worworik war einer alten Zwergenlegende nach eine Art Dämon, der für seine schlimmen Taten verflucht wurde und jeden Tag in einer Höhle verbringen musste, denn die Sonnenstrahlen ließen ihn zu Stein werden. Bei Mondlicht wiederum konnte er normal wandeln. Es gab einige Flüche bei den Zwergen, die sich auf ihn bezogen.

    Urik kannte diese inzwischen durch die gemeinsame Zeit mit Grodarig ziemlich gut und fand, dass Grodarig es treffend ausgedrückt hatte.

    Der Platz vor ihnen war voll mit gut sechzig Leuten. Und das Dutzend Wachen, das daneben stand, war vermutlich die gesamte Eskorte. Natürlich zuzüglich der beiden, obwohl sich Urik fragte, ob er sich spontan noch würde krank melden können.

    „Ah, die beiden Wachmänner Grodarig und Urik, etwas spät nicht?", bemerkte ein gut gelaunter glatzköpfiger Wachmann, der ihnen flüchtig bekannt war.

    „Eben diese, Wachmann... Koril, richtig?", antwortete Urik.

    Der als Koril angesprochene nickte. „Korrekt."

    „Und, wie werden die verteilt?", fragte Grodarig und blickte skeptisch zu der Bautruppe hinüber. Die meisten trugen volle Beutel und Säcke auf dem Rücken, in denen es leicht schepperte, wenn sie sich bewegten. Vermutlich randvoll mit Werkzeugen.

    „Wir werden von der Fassbindergasse aus hinabgehen und dort werden sie einige Wände einschlagen, die laut den Architekten vermutlich nicht tragend sind, erklärte Koril und Urik legte Grodarig beruhigend die Hand auf die Schulter, da er sehen konnte, dass Grodarig loszetern wollte, als er die Worte „vermutlich nicht tragend hörte.

    „Die anderen haben ihre Aufgaben, sie beiden unterstehen heute meinem Kommando", erklärte Koril. Urik und Grodarig nickten.

    Sie folgten ihm mit guten zwei Dutzend beladener Arbeiter zur Fassbindergasse und stiegen dort in die Kanalisation hinab durch eines der schweren eisernen Gitter, durch die bei starkem Regen das Wasser von den Straßen ablaufen konnte.

    Am Gitter lagen allerlei Kleinteile, wobei Grodarig sogar mehrere Münzen fand und sie einsteckte. Fiel den Leuten etwas hinunter, blieb es hier, denn die Eisengitter waren mit einem Schloss befestigt, das verhinderte, dass sie entfernt oder gestohlen wurden. Nur Befugte der Stadt bekamen diese Schlüssel ausgehändigt.

    Sie gingen durch schmale, enge Gänge, bis ihnen einer der Arbeiter erklärte, dass sie hier richtig seien. Meißel wurden herausgeholt und mit Hämmern wurde eine der Wände bearbeitet. Immer wieder blickten einige der Arbeiter auf Karten, die sie hatten und die den geplanten Neuverlauf des Abwassers anzeigen sollten.

    Für Grodarig und Urik war es langweilig und anstrengend ihnen zuzusehen, denn sie mussten gegen das ermüdende Geklopfe der Hämmer ankämpfen und wollten keine Sekunde unaufmerksam sein. Zudem war die ganze Szenerie in ein gespenstisches Licht von mehreren Fackeln getaucht, die munter vor sich hin brannten. Bald stank die abgestandene Luft im Gang nach dem Schweiß der Arbeiter.

    „Oh verdammt", rief einer der Arbeiter, als die Wand einbrach, und es dahinter vollkommen dunkel war. An einer anderen Stelle waren sie bereits durchgebrochen und in einem anderen Gang gelandet, so wie geplant. Allerdings arbeiteten da nun auch drei Männer unter Korils Aufsicht und Grodarig wurde klar, was den Arbeiter am zweiten Durchbruch störte. Es war dunkel dort, das war nicht der gleiche Gang, sondern eine Kammer.

    „Ist die verzeichnet?", rief er zu dem Mann mit den Plänen hinüber.

    „Nee", erwiderte dieser und studierte die Zeichnungen, die er hatte. Grodarig spähte ebenfalls hinein und sah, dass sie zwar an der richtigen Stelle waren, der Raum aber nicht da sein sollte.

    „Gib ma‘ einer ‘ne Fackel", rief der Arbeiter, der den Durchbruch gemacht hatte.

    „Sollen wir mit?", flüsterte Urik leise zu Grodarig.

    „Vermutlich", erwiderte dieser ebenso wenig begeistert und sie beide folgten dem Arbeiter in den dunklen Raum.

    „Hier, das sieht aus wie Betten", bemerkte der Arbeiter und deutete auf Holzkonstruktionen mit Pritschen, auf denen alte Lumpen lagen.

    „Oder das Materiallager eines Papiermachers."

    Urik hatte davon gehört, dass sie Lumpen ankauften, um den wertvollen Stoff zu erstellen, auf dem von Gesetzen bis hin zu Legenden Wissen festgehalten wurde.

    „Vielleicht wirklich ein Schlupfwinkel von jemandem", überlegte Grodarig laut.

    „Wird es in irgendeiner Weise die Arbeiten verzögern?", fragte Urik und blickte dabei den Arbeiter an.

    Dieser schüttelte den Kopf. „Nicht sonderlich, wir werden nur diesen Abschnitt erstmal so lassen. Nicht dass wir hier was Tragendes umhauen."

    „Das wird den Fürsten nicht gerade freuen", meinte Urik, der sich noch lebhaft an das Gerede der Leute über Fürst Zuil erinnern konnte. Er wurde meistens auf unschmeichelhafte Weise beschrieben, dass er nicht nur selbstverliebt war, sondern auch ungeduldig und ignorant, wenn es um die Sicherheit anderer ging. Vielleicht gerade deshalb war er aktuell immer wieder im Gespräch, da er massiv an Einfluss in verschiedenen Wirtschaftszweigen gewann.

    Sie gingen dabei weiter im Raum auf und ab, inzwischen waren ihnen einige massiv wirkende Holztüren aufgefallen, die geschickt versteckt in den Schatten, die die Bettkonstruktionen warfen, lagen.

    „Mir egal, ich bin nicht aus der Stadt, grinste der Arbeiter. „Wie heißt ihr eigentlich?

    „Mein verehrter Kollege hört auf den klangvollen Namen Grodarig Feuerbart und mich nennt man Urik", erklärte selbiger schwungvoll und mit einer ausholenden Geste, die er übertrieben gestellt wirken ließ.

    „Angenehm, mich nennt man den Hammerschwinger, Höhergestellte nennen mich ‚He du‘ und andere wiederum nur Grao", erklärte Grao und machte eine ebenso übertriebene Halbverbeugung.

    Plötzlich war ein Ruf zu vernehmen aus dem Gang, in dem unablässig das Hämmern und Klopfen der Arbeiter dominierte.

    „Scheiße, seht euch die Missgeburt an", dröhnte es durch den Gang. Das Hämmern hörte auf.

    „Schaun wir mal", murmelte Urik zu Grodarig, während sie beide Böses ahnend in den Gang zurücktraten.

    Es hatte sich eine kleine Traube um die „Missgeburt" gebildet. Grodarig drängelte sich durch, indem er die Leute in Hüfthöhe wegrempelte.

    Er wollte gerade noch einmal mit Kraft jemanden wegstoßen, da tat sich ihm die Sicht auf das Zentrum der Versammlung auf. Eine der seltsamen Kreaturen, die er und Urik bereits von ihrer letzten Eskapade unter der Stadt kannten, saß dort. Sie hatte spitze Ohren, die von ihrem kahlen Schädel abstanden. Die hohe Stirn hatte sie in Falten gelegt, während sie mit ihren schwach grünlich leuchtenden Augen die Arbeiter musterte.

    „Shin‘shari?", murmelte sie dabei. Grodarig hatte nicht die geringste Ahnung, was das hieß, geschweige denn welcher Sprache es entstammte. Er hatte schon so einige bei seinem Dienst für die Stadtwache der Hafenstadt Urukor gehört, doch diese war ihm fremd.

    „Na, wo kommst du her?", fragte einer der Männer und betonte die Wörter, als rede er mit einem Kind.

    „Geht, Grodo, Halbwilde, sterbliche Diener", flüsterte es dann auf einmal aus den Schatten weiter hinten im Gang. Einige grünlich glimmende Augenpaare waren zu erkennen. Und es schienen mehr zu werden.

    „Was zum...", begann einer der Arbeiter, doch weiter kam er nicht. Eine der Kreaturen sprang ihm an den Hals und riss ihn mit ihren spitzen Klauen auf. Blut sprühte über die Menschenmenge und Grodarig. Die Menge teilte sich in jene, die reflexartig ihre Arbeitswerkzeuge nutzen, um sich gegen die Kreaturen zu wehren, und einige, die wie Grodarig weiter weg waren von der ersten Angriffswelle und sofort umdrehten, um wegzulaufen.

    Urik, Grodarig und Grao liefen mit einigen anderen Arbeitern los, doch kaum dass sie einige Meter weit gekommen waren, sahen sie bereits, wie sich das Licht ihrer Fackeln in den Augen anderer Bestien spiegelte, die auf sie warteten. Urik zog Grodarig und Grao, kurz bevor eine der heranspringenden Kreaturen sie erwischen konnte, am Kragen zur Seite und riss sie in den Raum mit den Lumpen.

    „Wohin?", fragte Urik an Grodarig gewandt, der auf eine der Türen deutete, die hinter den Bettkonstruktionen im Schatten lagen.

    „Die da."

    „Wieso, weißt du, was dahinter ist?"

    „Nein, aber von da her müffelte es nicht so", erwiderte Grodarig und rannte dicht gefolgt von den anderen beiden zur Tür. Er riss sie auf und war erfreut festzustellen, dass sich das Licht seiner Fackel nicht in den Augen einer Kreatur spiegelte, sondern einen Gang beschien, der sich irgendwo in der Dunkelheit zu verlieren schien.

    „Kann man die absperren?, fragte Urik, doch Grao schüttelte den Kopf. „Kein Schloss.

    Sie rannten, ohne sich umzudrehen, los und warteten darauf, dass sie Schritte hinter sich hören würden, doch es kamen keine. Mehrmals kamen sie an Abzweigungen und entschieden sich nach Grodarigs Gefühl spontan für eine.

    Bald landeten sie in einer kleinen Kammer ähnlich der, aus der sie gekommen waren, nur dass hier Bücher und Schriften auf den Regalkonstruktionen wahllos herumlagen. Eine einzelne Kreatur stand über ein Buch gebeugt, das fast so groß wie sie selbst war, und blickte im schwachen Licht eines Kerzenhalters mit mehreren Kerzen auf die vergilbten Seiten.

    Urik und Grodarig blickten sich an und nickten. Sie machten Groa ein Zeichen, dass er warten sollte, und sie schlichen gemeinsam zu der Kreatur. Grodarig packte sie von hinten und hielt ihr den Mund mit der einen Hand zu, während er sie mit der anderen würgte. Urik zog seine Klinge und hielt sie der Kreatur an den Hals, die nach einigen Versuchen aufhörte sich zu wehren.

    „Kannst du unsere Sprache sprechen? Nicke, wenn ja", sagte Urik. Einen Moment schien die Zeit still zu stehen, bis die Kreatur nickte.

    „Wir wollen nur ein paar Auskünfte von dir, danach lassen wir dich gehen", erklärte Urik und war froh, dass das Wesen Grodarig in diesem Moment nicht sehen konnte, dessen Gesicht aussah, als wäre er da ganz anderer Meinung.

    Die Kreatur nickte erneut und Grodarig ließ seine Hand etwas locker.

    „Wer seid ihr?", fragte die Kreatur mit einem seltsamen Akzent, nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte.

    „Wir stellen hier die Fragen. Wie heißt du?", sagte Urik.

    „Sholshawrir", erwiderte die Kreatur.

    „Okay, Shol, wo sind wir hier?"

    „In einem der Wissenshorte", erklärte Sholshawrir mit einem Tonfall, der deutlich nach Freude über ihr Unwissen klang.

    „Was bist du?"

    „Ein stolzer Diener der Komokawa, doch ihr nanntet uns stets anders, nach unserem Urahn, Luisaren."

    „Warum habt ihr uns angegriffen?, mischte sich nun Grao ins Gespräch ein. „Was haben wir euch getan?

    „Ich weiß nicht, was ihr meint, Menschen werden nur getötet, wenn es zweckdienlich ist oder ihr uns zu nahe kommt, aber wir müssen uns ja nicht mehr allzu lange verstecken...", erklärte Shol und biss sich auf die Lippe, bevor er noch mehr sagen konnte.

    „Wieso?, fragte Urik ruhig und piekste Shol mit der Spitze seines Schwertes in den langen Finger. Dieser zuckte. „Ihr werdet es nie aus mir herausbekommen!

    „Na dann", erwiderte Urik und schnitt eine handbreit den Unterarm des Luisaren entlang, der jaulte, was aber nicht allzu laut war, da Grodarig ihm rechtzeitig den Mund zuhielt.

    „Ich kann das den ganzen Tag machen", erklärte Urik und grinste böse, um den Luisaren einzuschüchtern. Es funktionierte.

    „Also gut, also gut, ich könnt mit diesem Wissen eh nicht mehr viel anrichten, erklärte er, wie um sich selbst zu beruhigen. „Wir werden einen unserer Meister,  Fir‘raf, wiederbeleben. Nach all der Zeit ist es uns nun gelungen, genug Magie zu sammeln, um ihn wiederzubeleben, damit er uns in ein neues Zeitalter führt, fernab dieser dreckigen Kloake, in der wir seit Jahrhunderten schmachten.

    „Wunderbar, und wie?", fragte Urik, der ihm nicht ein Wort glaubte. Andererseits, ging es ihm durch den Kopf, hatte es vielleicht mit dem zu tun, was sie vor einer Weile hatten mit ansehen dürfen?

    „Wie kommt man am schnellsten zur Oberwelt?", fragte Grodarig, während Urik noch nachdachte.

    „Der einzige Weg führt dort entlang, sagte Shol und deutete mit dem Kopf zu einer Tür in der Nähe. „Von der großen Halle aus kommt man überall hin.

    „Vielen Dank", erwiderte Urik und schlug ihm den Knauf seines Schwertes gegen die Stirn, woraufhin der Luisar bewusstlos wurde.

    „Willst du ihn hierlassen und das Risiko eingehen, dass er aufwacht und uns verpfeift?, fragte Grao und Urik nickte. „Er hat uns geholfen, erwiderte er. „Dafür bring ich ihn nicht um."

    „Dann will ich hoffen, dass uns das nicht noch Ärger bringt", sagte Grao und beließ es dabei. Sie wandten sich der Tür zur und Grodarig öffnete sie einen Spalt, um zu sehen, was dahinter war. Währenddessen tauschten sie ihre Fackel gegen eine

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