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Schwedische Volksmärchen aus verschiedenen Landschaften
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Schwedische Volksmärchen aus verschiedenen Landschaften
eBook417 Seiten4 Stunden

Schwedische Volksmärchen aus verschiedenen Landschaften

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Über dieses E-Book

Nach den bei BoD - Books on Demand erschienenen Bänden "Schwedische Märchen", einer Übersetzung der Sammlung von Gunnar Olof Hyltén-Cavalius und George Stephens (ISBN 978-3-7528-6829-6), und "Märchen und Geschichten aus Schonen (Schweden)" nach einer Ausgabe von Eva Wigström (ISBN 978-3-7534-0870-5) folgt nun ein dritter Band mit schwedischen Märchen in deutscher Sprache. Der Sammler dieser Volksmärchen war August Bondeson, ein Arzt und Schriftsteller aus der Provinz Halland. Nachdem sein erstes Buch mit Märchen ausschließlich Erzählungen aus seiner Heimatprovinz enthalten hatte, die er zu einem bedeutenden Teil von seinem Vater gehört hatte, einem seinerzeit für sein Erinnerungsvermögen und seine Erzählkunst bekannten Schuhmacher und Sattler. Für sein zweites Märchenbuch, das hier nunmehr in deutscher Übersetzung vorgelegt wird, hatte er sein Sammelgebiet auf zehn Landschaften im südlichen Drittel Schwedens ausgedehnt. Allerdings stammt auch hier mit 41 Texten fast die Hälfte der 90 Geschichten aus Halland. Bei uns waren Bondesons Märchen bisher weitgehend unbekannt. Lediglich drei kürzere Texte waren im 1915 erschienenen ersten Band der "Nordischen Volksmärchen" von Klara Stroebe in der Reihe "Die Märchen der Weltliteratur" enthalten. Diesem Mangel soll mit dieser Ausgabe abgeholfen werden.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum12. Okt. 2022
ISBN9783756824342
Schwedische Volksmärchen aus verschiedenen Landschaften
Autor

August Bondeson

August Leonard Bondeson (1854-1906) war ein schwedischer Arzt, Schriftsteller und Volkskundler. In seiner letzteren Eigenschaft profitierte er nicht zuletzt von dem guten Gedächtnis und der Erzählkunst seines Vaters, eines Schuhmachers und Sattlers. So soll etwa die Hälfte der in seiner ersten Märchensammlung "Halländska sagor" (Märchen aus Halland) veröffentlichten Erzählungen von diesem stammen. Auch in der hier nunmehr auf Deutsch vorgelegten Sammlung, stammt ein sehr großer Teil aus seiner Heimatprovinz Halland. Bei uns sind seine Märchen bisher weitgehend unbekannt. Drei der kürzeren Texte hat Klara Stroebe im 1915 erschienenen ersten Teil ihrer "Nordischen Volksmärchen" in deutscher Übersetzung veröffentlicht. Bondeson wurde nur 52 Jahre alt, veröffentlichte aber zwischen 1875, also bereits vor Studienbeginn, und 1906 insgesamt 22 Bücher und etliche Erzählungen.

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    Buchvorschau

    Schwedische Volksmärchen aus verschiedenen Landschaften - August Bondeson

    1. Die drei Fliegen

    Värmland

    Es war einmal ein armer Junge, der ging betteln. Da kam er in eine große Königsstadt. Und hier schaute er in ein Haus ums andere und bat um Almosen. Da kam er zuletzt zu einem Kerl, und der fragte, ob der Junge nicht Lust habe, bei ihm zu bleiben und ihm zu dienen. Doch, dagegen hatte der Junge nichts, und da blieb er bei dem Mann.

    Einige Zeit danach musste der Kerl weit fortreisen, und da beauftragte er den Jungen, sich um das Haus zu kümmern, und er hatte solches Vertrauen zu dem Jungen, dass er ihm alle Schlüssel aushändigte.

    „Du darfst in sämtliche Räume gehen, sagte er, „aber in die Tischlerwerkstatt darfst du nicht gehen, denn dann wird es schlimm für dich.

    Nein, das werde er nicht tun, sagte der Junge.

    Dann reiste der Kerl ab, der Junge aber blieb zu Hause und kümmerte sich ums Haus.

    Als nun der Junge dort alleine war, begann er darüber nachzudenken, wie es in all den vielen Zimmern aussehen mochte, und da nahm er die Schlüssel und ging von einem zum anderen, und zuletzt stand er vor der Tür zur Tischlerwerkstatt. Dort blieb er stehen und sah immerzu die Tür an. Aber je länger er dort stand, desto größer wurde sein Verlangen, die Tür ein wenig zu öffnen und zu sehen, wie es dort drinnen beschaffen war, nachdem der Hausherr ihm verboten hatte, dorthin zu gehen. Und zuletzt konnte er sich nicht mehr beherrschen, sondern nahm den Schlüssel und steckte ihn ins Schlüsselloch, und zack! war die Tür offen.

    Dort drinnen sah es freilich seltsam aus; denn da waren nur leere Wände und Späne auf dem Fußboden. Mitten im Raum aber stand ein großer Bottich. Der Junge überlegte lange, ob er es wagen solle, hinzugehen und in den Bottich zu schauen; dann aber gab er der Versuchung nach. Da war da ein Deckel auf dem Bottich. Der Junge überlegte, ob er es wagen sollte, den Deckel vom Bottich abzunehmen, aber dann tat er auch das. Da stand da ein Sarg im Bottich. Der Junge überlegte nun, ob er es wagen sollte, den Deckel von Sarg zu nehmen, aber dann tat er auch das. Da war da eine kleine Dose im Sarg. Der Junge überlegte wieder gründlich, ob er es wagen sollte, den Deckel von der Dose zu nehmen, aber wie es so ging, tat er das auch noch. Da kamen drei kleine Fliegen aus der Dose heraus.

    „Was befiehlt unser gnädiger Herr?", fragten die Fliegen und surrten ihm um den Kopf.

    Der Junge bekam es mit der Angst und wusste kaum, was er sagen sollte; aber dann sagte er: „Ich befehle, dass ihr wieder in die Dose kriecht."

    Sogleich krochen die Fliegen wieder hinein, und dann setzte der Junge den Deckel auf die Dose und dann auf den Sarg und dann auf den Bottich, und schließlich verließ er die Tischlerwerkstatt.

    Aber wie er so ging, konnte er an nichts anderes denken als an die Fliegen. Das waren ja merkwürdige Fliegen, die sprechen konnten – dann konnten sie wohl noch mehr. So dachte er, und gegen Abend ging er zurück zur Tischlerwerkstatt und holte die Dose hervor.

    „Was befiehlt unser gnädiger Herr?", fragten die Fliegen, sobald er den Deckel anhob, und surrten ihm um den Kopf.

    Nun dachte der Junge sich aber etwas richtig Feines aus.

    „Nun, sagte er, „ich befehle euch, heute Nacht die älteste Königstochter zu nehmen und zu mir zu bringen und sie nachher wieder zurückzubringen, ohne dass weder sie selbst noch jemand anders sagen könnte, wo sie gewesen ist.

    Während der Nacht, als der Junge lag und an die Fliegen dachte, surrte es wieder, und herein kamen die drei Fliegen und trugen die älteste Königstochter und legten sie neben den Jungen. Und in der Frühe kamen sie zurück und brachten sie zum Königsschloss, ohne dass weder sie selbst noch jemand anders hätte sagen können, wo sie gewesen war.

    Aber am Morgen, als sie mit dem König zusammentraf, da sagte sie: „Vater, ich kann gar nicht begreifen, wie das war heute Nacht, denn mir ist, als hätte ich bei einem Jungen geschlafen."

    „Ach, du hast doch nicht bei einem Jungen geschlafen, sagte der König; „denn ich habe ums ganze Schloss herum Wachen stehen, so dass keiner hinaus- oder hereinkommt.

    Aber die Königstochter, die sagte dennoch, es sei so, wie sie sage.

    Da ließ der König die Wachen ums Schloss verdoppeln.

    Am nächsten Tag ging es fast ebenso.

    Der Junge ging in die Tischlerwerkstatt und holte die Dose hervor.

    „Was befiehlt unser gnädiger Herr?", sagten die Fliegen und surrten ihm um den Kopf.

    „Nun, sagte er, „ich befehle euch, heute Nacht die älteste Königstochter zu nehmen und zu mir zu bringen und sie nachher wieder zurückzubringen, ohne dass weder sie selbst noch jemand anders sagen könnte, wo sie gewesen ist.

    Und bei Nacht, da taten die Fliegen dies und trugen die Königstochter hin und wieder zurück, ohne dass weder sie selbst noch jemand anders hätte sagen können, wo sie gewesen war.

    Aber am Morgen, da beklagte die Prinzessin sich beim König: „Vater, sagte sie, „ich kann gar nicht begreifen, wie das war heute Nacht, denn mir scheint tatsächlich, dass ich bei einem Jungen geschlafen habe.

    „Ach, du hast doch nicht bei einem Jungen geschlafen, sagte der König; „denn ich habe ums ganze Schloss herum Wachen stehen, so dass keiner hinaus- oder hereinkommt.

    Aber die Königstochter, die sagte dennoch, es sei so, wie sie sage.

    Da begann der König, sich zu fragen, wie das angehen könne, denn er konnte nicht glauben, dass seine Tochter lüge, ganz und gar nicht. Da schickte er nach einer Hexe, und zwar einer von der schlimmsten Sorte, und fragte die um Rat.

    Und die Hexe war nicht am Ende mit ihrem Latein, die wusste recht gut, was sie tun musste. So ließ sie einen Beutel mit Erbsen füllen und machte ein kleines Loch in den Boden, und am Abend band sie den an der Königstochter fest.

    Der Junge aber ging nun wieder in die Tischlerwerkstatt hinunter und holte die Dose hervor.

    „Was befiehlt unser gnädiger Herr?", sagten die Fliegen und surrten ihm um den Kopf.

    „Nun, sagte er, „ich befehle euch, heute Nacht die älteste Königstochter zu nehmen und zu mir zu bringen und sie nachher wieder zurückzubringen, ohne dass weder sie selbst noch jemand anders sagen könnte, wo sie gewesen ist.

    Und die Fliegen trugen die Königstochter hin und zurück.

    Aber konnte auch niemand sagen, wo die Königstochter gewesen war, so konnten doch alle sehen und sagen, wo der Beutel gewesen war; denn da war eine breite Spur aus Erbsen zwischen dem Königsschloss und dem Haus, wo der Junge wohnte. Und der König wurde fuchsteufelswild und ließ eine Wache aufziehen bei dem Jungen, denn er gedachte, ihm das Leben zu nehmen.

    Bevor dann der Junge zum Richtblock geführt werden sollte, da hieß der König seinen Geistlichen hingehen und sich ein wenig mit ihm unterhalten. Als aber der Geistliche an die Tür des Jungen klopfte, da kam niemand anders als der König selbst heraus und empfing ihn.

    „O, mein Gott!", rief der Geistliche und hätte beinahe seine Agende¹ fallen gelassen.

    „Ja, mein Gott!, stöhnte der König, „der Bengel ist schlimmer als wir alle zusammen; der macht uns rein unglücklich.

    Der Junge hatte nämlich den Fliegen befohlen, den König an seine Stelle zu setzen.

    Da begannen der König und der Geistliche zu beratschlagen, was sie tun sollten, um alles wieder in Ordnung zu bringen.

    „Mir scheint, es ist das Beste, wenn der König den Jungen zu seinem Schwiegersohn macht; denn der ist nicht dumm", sagte der Geistliche zuletzt.

    Ja, das meinte der König auch, nachdem er eine Weile über die Sache nachgedacht hatte, und da ließ er den Jungen zu sich rufen und gab ein Hochzeitsfest für ihn und die Tochter; denn der Junge hatte natürlich nichts dagegen, der Schwiegersohn des Königs zu werden. Und da durfte der Junge aufs Schloss ziehen, und die Dose mit den drei Fliegen nahm er mit und stellte sie in einen großen Schrank.

    Nun kam der Kerl wieder nach Hause und freute sich natürlich nicht übermäßig, als er sah, wie der Junge ihn angeführt hatte. Aber er war nicht so ein Narr, der den Kopf verliert, wenn ihm etwas gegen den Strich geht, sondern er dachte durchaus darüber nach, wie er den Jungen wieder anführen könnte.

    Als dann der Junge eines Tages auf der Jagd war, ergriff der Kerl die Gelegenheit und ging hinauf aufs Schloss zur Königstochter.

    „Hört einmal, sagte er, „Euer Mann und ich sind mit unseren Dosen durcheinandergeraten, und nun möchte ich bitten, dass ich meine wiederbekomme.

    Und dann zog er eine Dose hervor, die genau der glich, in der die drei Fliegen sich befanden.

    Die Königstochter argwöhnte keine List dahinter, sondern sie ging an den Schrank nach der Dose mit den Fliegen und gab sie dem Kerl und bekam dafür die andere.

    Aber sobald der Kerl seine Dose wiederhatte, lachte er sich tüchtig ins Fäustchen, und er war kaum aus dem Schloss heraus, da nahm er den Deckel ab.

    „Was befiehlt unser gnädiger Herr?", sagten die Fliegen und surrten ihm um den Kopf.

    „Nun, sagte der Kerl, „ich befehle euch, den Jungen zu nehmen und ihn auf eine Insel fünfzig Meilen draußen im Meer zu bringen.

    Und sogleich nahmen die Fliegen den Jungen und brachten ihn auf eine Insel fünfzig Meilen draußen im Meer.

    Nun war der Junge betrübt, denn er dachte an seine Frau, und dem Kerl, dem traute er nichts Gutes mehr zu. Aber wie er so über die Insel ging, erblickte er ein altes Weib, das auf einem Stein saß. Sie war krumm wie ein Flitzebogen und grau wie Erlenrinde; aber sie war deswegen nicht verdrießlich, sondern sie strickte an einem Strumpf und trällerte vor sich hin.

    „Guten Tag, liebes Mütterchen!", sagte der Junge.

    „Vielen Dank, sagte die Alte, „wo bist du her?

    Da erzählte der Junge, woher er war und wie er auf die Insel gekommen war, und dann bat er die Alte um Hilfe.

    „Nein, helfen kann ich dir nicht", sagte die Alte, „aber wo du so ein netter Junge warst und mich so schön gegrüßt hast, da werde ich dich zu meiner Schwester schicken. Sie wohnt fünfzig Meilen weiter draußen im Meer, und die wird dir wohl helfen können.

    Dann rief sie nach ihrem Knecht, und da kam da eine große Ratte zum Vorschein. Der befahl sie, den Jungen zu der Schwester zu bringen, die fünfzig Meilen weiter draußen im Meer wohne.

    Der Junge fand zwar, das sei ein schlechter Knecht, doch er sagte nichts, sondern dankte der Alten. Und dann ging es los, die Ratte voraus und er hinterher.

    Unten am Wasser, da lag ein Boot. Und da hieß die Ratte den Jungen einsteigen, und dann stieß sie das Boot vom Land ab und setzte sich selbst an die Riemen. Und der Knecht der Alten war doch gar nicht so schlecht, wie der Junge geglaubt hatte; denn es ging ab, dass das Wasser hinter dem Boot spritzte, und es dauerte nicht lange, bis sie bei der anderen Insel waren.

    Da ging der Junge an Land und bedankte sich bei der Ratte. Oben am Strand aber saß ein ganz, ganz altes Weib. Ihr Haar war weiß wie Neuschnee, und sie war schrumpelig wie eine welke Kartoffel. Aber sie war leichten Sinnes, denn sie flickte einen Handschuh und sang.

    „Guten Tag, liebes Mütterchen!", sagte der Junge.

    „Vielen Dank, sagte die Alte, „wo bist du her?

    Da erzählte der Junge, woher er war und wie er auf die Insel gekommen war, und dann überbrachte er Grüße von der Schwester der Alten und bat um Hilfe.

    „Du bist nicht freundlich gewesen zu deinem Dienstherrn, gar nicht, sagte die Alte; „aber nachdem du so ein netter Junge bist und mich so schön gegrüßt hast, und wenn dann meine Schwester dich geschickt hat, muss ich es wohl versuchen.

    Dann rief sie nach ihrer Magd, und da kam eine kleine Maus zum Vorschein.

    „Hör mal, sagte die Alte zur Maus, „nun musst du ihm hier nach Hause zur Königsstadt helfen und die Dienste tun, um die er dich bittet!

    „Ja", sagte die Maus, und dann ging sie voraus und er hinterher; aber zuerst bedankte er sich bei der Alten, und das war wohl nicht zu viel verlangt. Aber er fand schon, das sei eine komische Magd, die die Alte hatte.

    Dann kamen sie zu einem Boot am Wasser. Und die Maus machte sich ans Rudern, und da war sie so etwas von einer Magd, die Maus. Sie ruderte, dass es in der Luft pfiff und das Wasser unter dem Boot kreischte. Und bevor der Junge es recht merkte, waren sie in der Königsstadt.

    Aber dort war es gar nicht so lustig. Die erste, die der Junge zu sehen bekam, war die Königstochter, seine Frau; die ging und hütete Vieh am Strand, und hatte nur Lumpen am Körper. Und der Kerl mit den drei Fliegen hatte den König umgebracht und sich selbst zum König gekrönt, und dann hatte er das ganze Reich auf den Kopf gestellt.

    Da nahm der Junge die Maus mit hinauf in die Stadt und bat sie, sich ins Schloss zu schleichen nach der Dose mit den drei Fliegen. Und die Maus tat, worum der Junge sie bat; und obgleich der Kerl die Dose ganz hinten in einem großen Schrank verwahrt hatte, war sie doch imstande, sie ausfindig zu machen. Da bedankte der Junge sich bei der Maus, und sie fuhr zur Insel zurück.

    Sieh da, da war es ein Klacks. Der Junge nahm sogleich den Deckel von der Dose.

    „Was befiehlt unser gnädiger Herr?", sagten die Fliegen und surrten ihm um den Kopf.

    „Nun, sagte der Junge, „ich befehle euch, den Kerl zu nehmen und ihn auf eine unbewohnte Insel tausend Meilen draußen im Meer zu bringen.

    Und so wurde der Kerl von Krone und Land getrennt. Der Junge aber, der wurde König, und die Königstochter, die brauchte kein Vieh mehr zu hüten. Ja, das war doch ganz einfach!


    ¹ Buch, in dem Riten, Gebete und anderes für den Gottesdienst und gottesdienstliche Handlungen aufgezeichnet sind.

    2. Der Hütejunge und der Riese

    Halland

    Es war einmal ein Hütejunge, der hütete Schafe. Dann war da ein Riese in dem Berg, wo der Junge sich tagsüber aufzuhalten pflegte, und der kam stets und ständig hervor und schlich herum. Zu Anfang hatte der Junge ein wenig Angst vor dem Berggeist, aber zuletzt hatte er es satt, ihn so oft zu sehen, und da überlegte er, wie er ihn auf pfiffige Weise verscheuchen könnte. Dann eines Abends, als der Hütejunge nach Hause kam, war die Hausfrau damit beschäftigt, einen Käse dickzulegen.

    Da sagte der Junge: „Liebe Mutter, gib mir doch den Käse, dann will ich morgen nichts anderes zu essen mithaben!"

    Ja, das, fand die Hausfrau, sei eine billige Sache.

    Dann bat der Junge, den Käse über Nacht in der Molke liegen zu lassen. Und das wurde ihm auch nicht abgeschlagen.

    Am Morgen nahm der Junge dann seinen Käse und trieb die Schafe hinaus zum Berg. Dann wälzte er den Käse ausgiebig im Sand. Und sobald er nun den Riesen angewetzt kommen sah, da nahm er den Käse mit beiden Händen und lief geradewegs auf den Berggeist zu.

    „Wenn Ihr nicht weggeht, dann quetsche ich das Blut aus Euch heraus wie jetzt aus diesem Feldstein", sagte der Junge, und dann quetschte er den Käse, dass die Molke herauslief.

    Da bekam der Riese es doch mit der Angst, und er verschwand sogleich im Berg. Und dort sagte er zu seinem Weib: „Hier draußen am Berg ist so ein starker Hütejunge. Er nimmt einen Feldstein und quetscht ihn, dass der Saft weit umherspritzt. Das kann ich ihm nicht nachmachen, denn das weiß ich, wie sehr ich mich auch anstrengen würde, so kriege ich doch keinen Tropfen heraus. Der Bursche wäre sehr gut als Knecht zu haben."

    Ja, das fand das Weib natürlich auch.

    Da ging der Riese hinaus zum Hütejungen und wollte ihn einstellen. Und der Junge, der nahm das Angebot an und ging mit dem Riesen nach Hause.

    Das Erste, was sie nun tun sollten, das war zu dreschen.

    Da sagte der Junge: „Was benutzt ihr für Dreschflegel?"

    Nun, der Alte holte ein paar Eisenflegel hervor, so groß und so schwer, dass der Junge nicht imstande gewesen wäre nur einen davon zu heben, und wenn er dafür blankes Gold bekommen hätte.

    „Das ist ja nur Spielkram, sagte er dennoch. „Kriege ich keinen großen Buchenstamm als Dreschflegel, mag ich auch nicht dreschen, meinte er.

    „Ja, ja, dann kannst du es ja lassen", sagte der Riese, denn er traute sich nicht, dem Jungen zu widersprechen.

    Dann sollten sie in den Wald und Bäume fällen. Und der Riese, der kam an mit zwei Äxten und wollte dem Jungen die eine geben. Aber die war so groß, dass der Junge sie kaum hätte vom Boden aufheben können.

    „Pfui Teufel, soll das eine Axt sein?, meinte der Junge gleichwohl. „Kriege ich keine, die mindestens dreimal so groß ist, tue ich keinen einzigen Hieb.

    So eine große Axt hatte der Riese nicht.

    „Dann muss ich eben alleine hauen", meinte er, denn er traute sich nicht, dem Jungen zu widersprechen.

    Als sie nun in den Wald kamen, da fällte der Riese eine große Buche. Dann fragte er, ob der Junge am großen oder am kleinen Ende tragen wolle.

    „Ich trage am großen Ende, sagte der Junge und ging zur Krone, denn die war ja schließlich am größten, bevor der Baum abgeästet wurde. „Aber, meinte er, „schaut Ihr Euch um, seid Ihr des Todes."

    Ja, der Riese traute sich nicht, dem Jungen zu widersprechen, sondern tat, wie ihm befohlen wurde. Und da hob er das Wurzelende auf seine Schulter und schleppte sich heimwärts, und er quälte sich ab, dass er ganz krumm ging.

    Der Junge aber kletterte auf einen Ast und saß dort rittlings, und singen tat er, dass es durch den Wald schallte.

    Als sie dann nach Hause auf den Hof kamen mit ihrer Buche, da setzte der Riese sich hin um auszuruhen, und er rang nach Luft und schwitzte wie ein Schlag Butter zur Mittsommerzeit.

    Der Junge aber sprang hoch in die Luft und sang wie vorher und war so trocken im Gesicht wie die Rinde einer Birke. Und dann lachte er und meinte, das sei ein schlechter Riese, der damit überfordert sei, das kleine Ende einer Buche zu tragen.

    Dann ging der Junge hin und beschaute die Buche.

    „Hört mal!, sagte er zum Riesen. „Dieser Baum hält bestimmt nicht. Ihr müsst mir wohl einen ebenso großen Eisenflegel besorgen.

    Nun geriet der Alte rein außer sich. Und da ging er hinein zum Weib und sprach davon, wie riskant der Junge sei, und meinte, den könne er nicht länger am Hals haben. Da meinte die Alte, sie werde ihn in ihrer Arbeit auf die Probe stellen und sehen, ob das nicht besser gehe. Und da rief sie den Burschen herein und hieß ihn Wasser holen. Damit zeigte sie auf einen Wasserzuber, der so groß war, dass der Junge ihn kaum hätte bewegen können, wenn er leer war.

    Aber der Junge hatte keine Angst, dass es ihm schlecht ergehen könnte. Er sagte nur: „Kriege ich kein größeres Gefäß zum Wasserholen, dann trage ich eben den Brunnen auf die Diele."

    Da wurde das Weib ebenso betroffen wie der Alte.

    Dann am Abend, als der Junge aus dem Weg war, beratschlagten sie, wie sie ihn loswerden könnten; denn wenn man ihn gewähren ließe, dann vernichtete er sie wohl zuletzt. Und da wurden sie sich einig, ihm zur Nacht den Kopf abzuhauen; auf die Art würden sie ihn dann wohl loswerden.

    Aber der Junge stand in der Diele auf der Lauer und hörte jedes Wort, das sie sagten.

    Als es dann Schlafenszeit wurde, nahmen sie den Jungen mit hinaus in die Herberge und zeigten ihm, wo er liegen sollte.

    Aber sobald der Riese und sein Weib aus der Tür waren, stand der Junge leise wieder auf und sah sich unter dem ganzen Plunder um. Und da fiel ihm ein Butterfass in die Hände, das halb voll Rahm war; das legte er ins Bett, selbst aber kroch er unter das Bett.

    In der Nacht kamen dann der Riese und das Weib hereingeschlichen und wollten den Jungen um die Ecke bringen. Und der Alte hieb auf das Bett mit einer großen Axt, dass das Butterfass „Kracks" machte, und der Rahm spritzte umher auf alles, was da war. Darauf taten sie sich sie sich am Christenblut gütlich, und die Alte fand es ganz unbegreiflich, wie süß und gut dieses Blut schmeckte.

    Aber am Morgen kam der Junge auf die Beine und schleuderte das Butterfass beiseite, und dann trat er in die Stube und fragte, was er an dem Tag tun solle.

    Dem Alten und dem Weib blieb rein die Luft weg, als sie den Jungen springlebendig vor sich sahen, obwohl sie doch wussten, dass sie sein Blut geleckt hatten.

    Aber zuletzt schaffte es die Alte doch immerhin zu sagen: „Bist du hier?"

    „Ja, gewiss, meinte der Junge. „Wo sollte ich wohl sonst sein?

    „Hast du heute Nacht nichts gemerkt?", flüsterte der Alte und bebte am ganzen Leib.

    „Nein, wieso?, sagte der Junge. „Doch, das ist auch wahr, wenn ich das nicht nur geträumt habe, dann fühlte ich während der Nacht so etwas wie einen Flohstich am einen Ohr.

    Nun verloren der Riese und sein Weib rein allen Mut gegenüber einem solchen Jungen. Und da fragten sie ihn schließlich, was er haben müsse, um seiner Wege zu gehen.

    „Nun, sagte der Junge, „wenn ich so viel Geld bekomme, wie ich tragen kann, dann gehe ich.

    „Bewahre, so viel lässt sich nicht beschaffen, meinte der Alte. „Aber, sagte er, „wenn du mit dem zufrieden bist, was ich tragen kann, werden wir uns einig."

    „Ach ja, meinte der Junge, „dann muss ich es dabei belassen.

    Nun bekam der Alte es eilig, und er schüttete einen tüchtigen Sack prallvoll mit Geld. Dann nahm er ihn auf den Rücken, und er trug ihn, dass es im Rückgrat knackte, bis dorthin, wo der Junge zu Hause war. Darauf sauste er nach Hause, so schnell er nur konnte, nur weg von dem Geldsack und dem Jungen.

    Dieser Junge, der hielt sich einmal gut!

    3. Der Junge, der freien sollte

    Västergötland

    Es war einmal ein bettelarmes Weib, das hatte so einen dummen Jungen. Aber die Alte, die war wohl um so klüger. So wollte sie ihn hinschicken auf einen Hof, wo er freien sollte, und da rüstete sie ihn so aus, versteht sich, dass er wohlhabend aussah, und gab ihm gute Ratschläge. Zunächst befestigte sie eine Gänsefeder auf seinem Kopf; das sollte zeigen, dass der Junge nachts behaglich lag. Dann gab sie ihm einen Reichstaler mit und machte je ein Loch in seine beiden Hosentaschen, und dann sollte er ihn in den einen Zipfel einstecken und aus dem anderen wieder herausholen, so oft er konnte, um zu zeigen,

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