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Medienkonzepte zur chancengerechten Schulentwicklung: Fallstudien an Schulen mit besonders herausfordernden Schüler*innenkompositionen
Medienkonzepte zur chancengerechten Schulentwicklung: Fallstudien an Schulen mit besonders herausfordernden Schüler*innenkompositionen
Medienkonzepte zur chancengerechten Schulentwicklung: Fallstudien an Schulen mit besonders herausfordernden Schüler*innenkompositionen
eBook730 Seiten7 Stunden

Medienkonzepte zur chancengerechten Schulentwicklung: Fallstudien an Schulen mit besonders herausfordernden Schüler*innenkompositionen

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Über dieses E-Book

Johanna Schulze untersucht in ihrer Arbeit mithilfe längsschnittlich angelegter Fallstudien und eines Mixed-Methods-Ansatzes die forschungsleitende Fragestellung, inwiefern und unter welchen Bedingungen schulische Medienkonzepte ihr Potenzial als Instrumente der Schulentwicklung an Schulen der Sekundarstufe I mit besonders herausfordernden Schüler*innenkompositionen im Bundesland Nordrhein-Westfalen entfalten können. Mit den Ergebnissen werden hemmende und förderliche Bedingungsfaktoren für den Implementierungsprozess schulischer Medienkonzepte auf den unterschiedlichen Ebenen von Schule offengelegt und auf einen inhaltlichen Entwicklungsbedarf dieser verwiesen.

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer VS
Erscheinungsdatum19. Juli 2021
ISBN9783658344160
Medienkonzepte zur chancengerechten Schulentwicklung: Fallstudien an Schulen mit besonders herausfordernden Schüler*innenkompositionen

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    Buchvorschau

    Medienkonzepte zur chancengerechten Schulentwicklung - Johanna Schulze

    © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021

    J. SchulzeMedienkonzepte zur chancengerechten Schulentwicklunghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-34416-0_1

    1. Einleitung und Überblick

    Johanna Schulze¹  

    (1)

    Fakultät für Kulturwissenschaften, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Paderborn, Paderborn, Deutschland

    Johanna Schulze

    Email: johanna.schulze@uni-paderborn.de

    Die Thematik der fortschreitenden Digitalisierung aller Lebensbereiche ist derzeit omnipräsent, sodass nicht nur für den nationalen, sondern auch den internationalen Raum Konsens darüber besteht, dass ein kompetenter Umgang mit digitalen Medien als zunehmend bedeutsam für eine Teilhabe am gesellschaftlichen, beruflichen oder alltäglichen Leben gilt (unter anderem (u. a.) Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020; Eickelmann et al., 2019a; Europäische Kommission, 2018; European Commission, 2020; Ottestad & Gudmundsdottir, 2018). Der Institution Schule wird in diesem Zusammenhang eine äußerst relevante Rolle bei der Vermittlung der notwendigen Kompetenzen zugeschrieben; die Frage nach einer systematischen Umsetzung der Forderungen kann somit als ein, wenn nicht das beträchtlichste, Thema in bildungspolitischen und -praktischen Diskussionen verzeichnet werden. Der Diskurs impliziert dabei auch die Ermöglichung der Partizipation und des selbstbestimmten Handelns unter dem Aspekt der Bildungsgerechtigkeit (Eickelmann, 2015; Eickelmann & Drossel, 2019).

    Als Folge fanden diese Potenziale und Erwartungen an den Bildungsbereich bereits in unterschiedlichen Ländern als Forderungen konzeptionelle Berücksichtigung. In Deutschland wurde dies spätestens mithilfe der im Jahr 2016 verabschiedeten Strategie ‚Bildung in der digitalisierten Welt‘ der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK, 2016) und der daraus resultierenden Verpflichtung aller Bundesländer einen Schwerpunkt auf diese Arbeit zu legen, verdeutlicht. Zusätzlich wurde die Dringlichkeit der curricular-verankerten und flächendeckenden Vermittlung der notwendigen Kompetenzen insbesondere durch die Ergebnisse der beiden Zyklen der ‚International Computer and Information Literacy Study‘ (ICILS) der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) 2013 (Bos et al., 2014a) und 2018 (Eickelmann et al., 2019a) betont, welche die digitalisierungsbezogenen Voraussetzungen und Prozesse in den Schulen für Deutschland und 2018 im Spezifischen für das Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) im internationalen Vergleich (Eickelmann et al., 2020; Eickelmann, Massek & Labusch, 2019) offengelegt haben. Entgegen der Annahme, dass Heranwachsende als ‚Digital Natives‘ bezeichnet werden können, zeigen die Erkenntnisse, dass ein großer Anteil der Schüler*innen der achten Jahrgangsstufe dieser generationalen Zuschreibung nicht entspricht und etwa ein Drittel der Schüler*innen nur über rudimentäre Kompetenzen im Umgang mit Computern und Informationen verfügt (Bos et al., 2014a; Eickelmann et al., 2019a). Diese Fähigkeiten reichen nach Einschätzung von Expert*innen nicht aus, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Zudem weisen die Feststellungen der Studien auf einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem kulturellen sowie dem sozioökonomischen Kapital der Schüler*innenfamilien und den digitalisierungsbezogenen Kompetenzen der Schüler*innen hin (Eickelmann, 2015; Senkbeil et al., 2019; Vennemann et al., 2019). Dieser wurde bereits im Hinblick auf verschiedenste Kompetenzen durch andere Untersuchungen eruiert (unter anderem (u. a.) im Rahmen von international vergleichenden Studien, wie dem ‚Programme for International Student Assessment‘ (PISA) (Reiss et al., 2018), der ‚Trends in International Mathematics and Science Study‘ (TIMSS) (Wendt et al., 2016) oder der ‚Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung‘ (IGLU) (Hußmann et al., 2017)) und gilt als einer der konstantesten Befunde der empirischen Bildungsforschung.

    Die derzeitig bestehende Dynamik der Entwicklungen auf der einen Seite und die dazu vorliegende empirische Evidenz auf der anderen Seite betonen die Dringlichkeit auf Veränderungen und erfordern gleichermaßen die Sicherstellung der Nachhaltigkeit digitalisierungsbezogener Schulentwicklungsprozesse, sodass an den Bildungsbereich insgesamt hohe Erwartungen postuliert werden (Herzig, 2017).

    Einzelschulen wird im Zuge der Erweiterung der Gestaltungsautonomie die Verantwortung zugewiesen, die Integration digitaler Medien als einen Entwicklungsprozess zu sehen, bei welchem kontextbedingte Gegebenheiten, wie die sozio-regionalen Ausgangslagen, berücksichtigt werden. In Nordrhein-Westfalen wird schulischen Medienkonzepten in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle eingeräumt, die bereits seit 2001 besteht (Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen (MSWF NRW), 2001). Schulische Medienkonzepte können maßgeblich dazu beisteuern, „das[s] Lernen und Leben mit digitalen Medien zur Selbstverständlichkeit im Unterricht aller Fächer werden kann und alle Fächer ihren spezifischen Beitrag zur Entwicklung der geforderten Kompetenzen beitragen" (Ministeriums für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen (MSB NRW), 2018, o. S.). Weiter lässt sich ihre bedeutsame Rolle für digitalisierungsbezogene Schulentwicklungsprozesse in unterschiedlichen NRW-spezifischen und bundesweiten Papieren sowohl explizit (u. a. Eickelmann, 2020a) als auch implizit (u. a. in den Standards für die Bildungswissenschaften der KMK, 2019) ableiten. Schulische Medienkonzepte gelten als Steuerungs- und Entwicklungsinstrumente auf der Prozessebene einer Einzelschule, welche alle Dimensionen der Schulentwicklung gleichermaßen berücksichtigen (Breiter, 2007; Eickelmann, 2017a).

    Inwiefern und unter welchen Bedingungen schulische Medienkonzepte dieser Funktionszuschreibung in Nordrhein-Westfalen, insbesondere an Schulen, die besonders herausfordernde Schüler*innenkompositionen aufweisen, nachkommen, gilt bisher jedoch als annährend ungeklärt. Vielmehr sind fast ausschließlich quantitativ angelegte Studien zu verzeichnen, die schulische Medienkonzepte mehr oder weniger als Nebenaspekt untersuchen (u. a. hinsichtlich ihrer Verbreitung oder der Zuständigkeiten).

    1.1 Forschungsinteresse und Ziele der Arbeit

    Schulische Medienkonzepte siedeln sich auf der Prozessebene von Schule an (u. a. Eickelmann & Drossel, 2019; Lorenz & Bos, 2017) und stellen selbst einen Bedingungsfaktor für die Sicherstellung einer hohen Schulqualität im Zuge digitalisierungsbezogener Schulreformen dar. Entgegen dieser vertrauten Verortung sollen schulische Medienkonzepte in der vorliegenden Arbeit als Ergebnis schulischer Entwicklungsprozesse im Zuge der Digitalisierung betrachtet werden. Vor dem Hintergrund, dass die inhaltliche Qualität der Instrumente maßgeblich für die Ableitung von Schulentwicklungsmaßnahmen scheint, erfolgt eine Bestandsaufnahme schulischer Medienkonzepte. Es soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern die schulischen Medienkonzepte von ausgewählten Schulen der Sekundarstufe I in Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf Form, Struktur sowie Inhalt ein Schulentwicklungspotenzial zur systematischen Medienkompetenzvermittlung¹ bieten, indem die von der Bildungspolitik und -administration vorgegebenen Kriterien integriert und für den individuellen Kontext passend adaptiert wurden. Ferner liegt das Forschungsinteresse dieser Arbeit in der Bestimmung von Bedingungsfaktoren, die hemmend oder förderlich auf den Implementierungsprozess schulischer Medienkonzepte wirken. Dabei sollen insbesondere die eruierten Erkenntnisse zu vorliegenden Disparitäten in diesem Bereich berücksichtigt werden, um den sozio-regionalen Bedingungsfaktoren auf der Kontextebene hinsichtlich der Schüler*innenschaft einen besonderen Stellenwert im Rahmen der empirischen Untersuchung einzuräumen. Explizit liegen folgende forschungsleitenden Fragestellungen zugrunde, welche im Verlauf der Arbeit spezifiziert werden:

    1)

    Inwiefern eignen sich schulische Medienkonzepte hinsichtlich ihrer Organisation, Form und der Inhalte als Schulentwicklungsinstrumente und welchen Stellenwert nehmen sie bei den Schulentwicklungsprozessen einer Einzelschule mit besonders herausfordernden Schüler*innenkompositionen ein?

    2)

    Welche förderlichen und hemmenden Bedingungsfaktoren für die Implementierung von schulischen Medienkonzepten lassen sich auf der Kontext-, der Input- und der Prozessebene an Schulen mit besonders herausfordernden Schüler*innenkompositionen identifizieren?

    Die Relevanz der vorliegenden Arbeit wurde bereits angedeutet und lässt in mehrfacher Hinsicht konstatieren:

    Die Bedeutung für die Bildungspraxis adressiert insbesondere die schulischen Akteur*innen in Form von Lehrpersonen im Allgemeinen sowie die Schulleitung als leitende Instanz für die Gestaltung digitalisierungsbezogener Schulentwicklungsprozesse an Schulen der Sekundarstufe I im Besonderen, um an ihrer Einzelschule eine bestmögliche Schulqualität zu erreichen und allen Schüler*innen zu einem grundlegenden Medienkompetenzniveau zu verhelfen. Ihnen wird mit dem Herausstellen von Bedingungsfaktoren für die Implementierung schulischer Medienkonzepte die Information über mögliche ‚Stolpersteine‘ in ihrer schulischen Praxis geliefert. Weiter wird für Schulen mit besonders herausfordernden Schüler*innenkompositionen durch den theoretischen Teil der Arbeit die Notwendigkeit zum Umgang mit individuellen Kontextfaktoren auf Einzelschulebene nahegelegt. Zudem ist die Ableitung von expliziten Rückschlüssen für die schulische Medienkonzeptarbeit aufgrund des spezifischen Samplings möglich.

    Für die Medienberater*innen der Kompetenzteams der Medienberatung NRW in den unterschiedlichen Bezirksregierungen – und somit den Akteur*innen der Bildungsadministration – ergibt sich weiter die Chance, die erlangten Informationen hinsichtlich der Beratungs-, Fort- und Weiterbildungsangebote und ihrer eigenen Rolle zu reflektieren. Ferner zeigen sich Anknüpfungspunkte für die Arbeit weiterer Institutionen der Bildungsadministration, wie der Qualitäts- und UnterstützungsAgentur NRW – Landesinstitut für Schule Nordrhein-Westfalen (QUA-LiS NRW). Für die Mitarbeiter*innen des Landesinstitut ist der Nutzen der Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit vorwiegend in der Bereitstellung wichtiger Informationen zur Überprüfung bundeslandspezifischer Bezugsdokumente sowie der Anpassung des Unterstützungsangebots (beispielsweise zu dem Referenzrahmen Schulqualität NRW (MSB NRW, 2020)) festzumachen.

    Dass die chancengerechte Bildung im Zuge der Digitalisierung fortlaufend als bedeutsamer Schwerpunkt Berücksichtigung in flächendeckenden Schulentwicklungsprozessen finden sollte, zeigen nicht nur empirische Studienergebnisse, sondern auch die unterschiedlichen Forderungen, die im Hinblick auf diese an die Bildungspolitik formuliert werden. Für die beteiligten Akteur*innen in der Bildungspolitik ergibt sich die Relevanz aus diesem Grund sowohl in der bundesweiten als auch in der regionalen Eindämmung von möglichen Benachteiligungen von Schulen mit besonders herausfordernden Schüler*innenkompositionen im Zuge von digitalisierungsbezogenen Schulentwicklungsprozessen. Das Herausstellen von Bedingungsfaktoren, die die Implementierung schulischer Medienkonzepte hemmen, kann somit zur Maßnahmen- und Strategieentwicklung verwendet werden, um bestehende Disparitäten zu mindern. Neben bundesweiten Initiativen zur Eindämmung der Benachteiligung bestimmter Schüler*innengruppen, zeigen sich Anknüpfungen zu bildungspolitischen Diskussionen hinsichtlich der bedeutsamen Relevanz schulischer Medienkonzepte im Allgemeinen. Ferner besteht auf regionaler Ebene die Chance für die Schulträger*innen, eine gerechte Medienentwicklungsplanung (MEP) individuell einzurichten, die die förderlichen Bedingungsfaktoren der vorliegenden Arbeit berücksichtigt und die Akteur*innen der Schulen selbst entlastet.

    Für die Bildungsforschung werden mit dem angewandten Forschungsdesign der Arbeit zudem qualitativ-generierte und explorative Erkenntnisse zur Untersuchung von Inhalten und der Qualität schulischer Medienkonzepte bereitgestellt, die die Kompetenzausrichtung aktueller Bezugsdokumente berücksichtigen und die es in nachfolgenden Forschungen zu überprüfen gilt. Zusätzlich wird mit dem Herausstellen von Bedingungsfaktoren für den Implementierungsprozess schulischer Medienkonzepte für eine systematische Medienkompetenzvermittlung ein fundierter Beitrag zu aktuellen Diskussionen bereitgestellt.

    Die aufgezeigte Relevanz der Arbeit für die unterschiedlichen Ebenen hat sich bereits in dem Verlauf des eigenen Forschungsprozesses gezeigt und immer wieder bestätigt. Weiter war das Forschungsfeld seit Beginn der Promotion in 2017 selbst fortlaufend durch eine stetige Dynamik geprägt; insbesondere die dargelegten Studienergebnisse der ICILS-Studie 2018 sowie weitere internationale (u. a. Europäische Kommission, 2018; European Commission, 2020) und nationale und NRW-spezifische Dispositionen (u. a. Bezirksregierung Düsseldorf, 2020; von Hattburg & Schäfer, 2020) haben verstärkt auf die Relevanz von systematischer Medienkompetenzvermittlung auf Einzelschulebene unter verschiedenen Bedingungsfaktoren hingewiesen, zu der schulische Medienkonzepte durch ihren Steuerungs- und Entwicklungscharakter maßgeblich beitragen können. Das angestrebte Ziel der vorliegenden Arbeit wurde somit in dem Forschungsprozess selbst bestärkt, da durch die Erkenntnisse an unterschiedlichen Stellen fortlaufend auf die Relevanz der Forschungsfragen hingewiesen wurde. So galt es als Ziel der Arbeit – entgegen des forschungslogischen Ablaufs – diese Dynamik in den Forschungsprozess miteinzubeziehen, indem aktuelle empirische und theoretische Erkenntnisse in den Prozess integriert und für den Kontext der Arbeit reflektiert wurden. Demgemäß liegt dem Forschungsvorgehen ein längschnittliches Fallstudiendesign zugrunde, welches es ermöglichte die Erkenntnisse kontinuierlich in den Forschungsprozess aufzunehmen und die eingesetzten Erhebungsmethoden anzupassen. Insgesamt wurden in den Jahren 2017, 2018 und 2019 mithilfe eines Mixed-Methods-Ansatzes (in Form von Dokumentenanalysen schulischer Medienkonzepte, leitfadengestützten Interviews mit Schulleitungen, Medienbeauftragte*n sowie Medienberater*innen der Kompetenzteams der Medienberatung NRW und schriftlichen Befragungen von Lehrpersonen) Daten aus vier Fallschulen erhoben.

    1.2 Aufbau der Arbeit

    Der Aufbau der vorliegenden Arbeit gliedert sich in acht inhaltliche Kapitel, welche dem forschungslogischen Ablauf entsprechen und sich in einen theoretischen und einen empirischen Teil unterteilen.

    Neben der in diesem Kapitel angeführten Darstellungen der Relevanz, der Zielsetzung und des Vorgehens der Arbeit, wird in Kapitel 2 die Bedeutung der schulischen Medienkonzepte im Zuge der Digitalisierung als erweiterte Aufgabe von Schule beleuchtet. Es stellt ein zentrales Kapitel dar, da an dieser Stelle die Grundlagen für den empirischen Teil der Arbeit gelegt werden. In Abschnitt 2.1 werden hierfür die zentralen Begrifflichkeiten der Schulentwicklung (Abschnitt 2.1.1), der digitalisierungsbezogenen Schulentwicklung (Abschnitt 2.1.2) sowie der zentralen Instrumente der Arbeit, die schulischen Medienkonzepte (Abschnitt 2.1.3) theoretisch erläutert.

    Dass die zentralen Begrifflichkeiten in vielfacher Verbindung zueinanderstehen und in bildungspolitischen Diskussionen mehr denn je fokussiert werden, wird mithilfe des zweiten Unterkapitels thematisiert (Abschnitt 2.2). Dazu werden zuerst die administrativen Kontextbedingungen im Hinblick auf aktuelle bundesweite Steuerungsinitiativen in den deutschsprachigen Ländern Österreich, Schweiz und Deutschland vorgestellt (Abschnitt 2.2.1), um schließlich auf für das Bundesland Nordrhein-Westfalen spezifische Vorgaben und Initiativen zum Vorantreiben einer flächendeckenden Medienkompetenzvermittlung im schulischen Kontext eingehen zu können (Abschnitt 2.2.3). Weiter soll die stetig steigende Bedeutung der schulischen Medienkonzepte bei der Schulentwicklungsarbeit im Zuge der Digitalisierung verdeutlicht werden. Mit den anschließenden Abschnitten werden dazu die Funktionen (Abschnitt 2.2.4) sowie die dazu notwendigen inhaltlichen Bestandteile (Abschnitt 2.2.5) schulischer Medienkonzepte theoretisch und im Anschluss unter Hinzunahme empirischer Erkenntnisse zu der praktischen Umsetzung hinsichtlich der Verbreitung, der Relevanz sowie der Zuständigkeiten (Abschnitt 2.2.6) betrachtet.

    Durch die vorwiegend theoretische Sichtweise auf schulische Medienkonzepte als Schulentwicklungsinstrumente in Kapitel 1 und Kapitel 2 kann angenommen werden, dass schulische Innovationsprozesse, wie die Implementierung schulischer Medienkonzepte, neben bestehenden administrativen Vorgaben durch weitere Bedingungsfaktoren gefördert und/oder gehemmt werden. Im Hinblick auf das Bestreben der Arbeit wird aus diesem Grund in Kapitel 3 das Ziel verfolgt, aus ausgewählten empirischen Erkenntnissen zu schulischen Entwicklungsprozessen, die sich ähnlich wie die Implementierung schulischer Medienkonzepte gestalten, Bedingungsfaktoren unter Berücksichtigung des veränderten Bildungsauftrags für Einzelschulen abzuleiten. Zuerst wird dazu eine theoretische Verankerung schulischer Medienkonzepte als bedeutsame Schulqualitäts- und Schuleffektivitätsmerkmale vorgenommen (Abschnitt 3.1). Anschließend erfolgt entlang anerkannter Schulqualitäts- und Schuleffektivitätsmodelle die Betrachtung von Bedingungsfaktoren, die im Kontext von empirischen Erkenntnissen zu Schulentwicklungsprozessen (Abschnitt 3.2), digitalisierungsbezogenen Schulentwicklungsprozessen (Abschnitt 3.3) sowie der Implementierung und Umsetzung schulinterner Steuerungsinstrumente der Schulentwicklung, die in ihrer Funktion den schulischen Medienkonzepten ähneln (Abschnitt 3.4), eruiert wurden. In Abschnitt 3.5 erfolgt abschließend eine zusammenfassende Betrachtung der zuvor beleuchteten Kapitelinhalte.

    Im Rahmen des vierten Kapitels werden die Erkenntnisse durch den bedeutsamen Bedingungsfaktor der besonders herausfordernden Schüler*innenkompositionen einer Einzelschule auf der Kontextebene ergänzt. Neben einer theoretischen Begriffsannäherung an die Terminologie der ‚Schulen mit besonders herausfordernden Schüler*innenkompositionen‘ (Abschnitt 4.1) werden zudem die Bedeutsamkeit der Berücksichtigung dieser bei Schulentwicklungsprozessen und -vergleichen herausgestellt, um bestehende kulturelle und sozioökonomische Diskrepanzen berücksichtigen zu können (Abschnitt 4.2 und 4.2.1). Die bestehenden Diskrepanzen werden mithilfe empirischer Feststellungen des Forschungsstrangs der ‚Digital-Divide Forschung‘ in Abschnitt 4.2.2 verdeutlicht. Weiter wird im Spezifischen das Standorttypenkonzept des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen (Isaac, 2011) vorgestellt, welches Schüler*innenkompositionen im Hinblick auf die Ergebnisse der Lernstandserhebungen in der Jahrgangsstufe acht berücksichtigt und als Konsequenz für die Fallauswahl der vorliegenden Arbeit herangezogen wird (Abschnitt 4.2.3 und 4.3).

    In Kapitel 5 erfolgt eine zusammenfassende Betrachtung des Theorieteils mithilfe eines Gesamtfazits, welches in einem Analysemodell festgehalten wird und zum Herausstellen des zugrundeliegenden Forschungsdesideratums und einer Darstellung der zentralen Forschungsfragen überleitet.

    Der empirische Teil der vorliegenden Arbeit wird mithilfe der methodischen Rahmung der Untersuchung in Kapitel 6 eingeleitet. Neben generellen Überlegungen und der Begründung zu dem gewählten Design der Fallstudien (Abschnitt 6.1) wird die Fallauswahl sowie die Beschreibung der Fälle für die einzelnen Teilstudien (Abschnitt 6.2) dargelegt. In den darauffolgenden Abschnitten erfolgt die Vorstellung der eingesetzten Untersuchungsinstrumente mit deren Strategien der Datenanalyse. Zu der Dokumentenanalyse (Abschnitt 6.3) werden die in zwei Teilstudien angewendeten, leitfadengestützten Interviewstudien mit schulischen sowie außerschulischen Akteur*innen erläutert (Abschnitt 6.4). Dazu wird die Umsetzung, die Aufbereitung der Daten für die Interviewanalysen sowie die Durchführung der Datenanalyse mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Schreier (2014) dargestellt. Als drittes methodisches Vorgehen soll in Abschnitt 6.5 die schriftliche Befragung von knapp 50 Lehrpersonen an den Fallschulen konkretisiert werden, wobei auf die Konstruktion des verwendeten Fragebogens und die Datenaufbereitung sowie Auswertungsstrategien eingegangen wird.

    Die Präsentation der Ergebnisse in Kapitel 7 erfolgt zuerst durch die Erstellung von Fallberichten der ausgewählten Schulen (Abschnitt 7.1), sodass diese die Grundlage für die fallübergreifende Betrachtung der Ergebnisse zur Beantwortung der forschungsleitenden Fragestellungen in Abschnitt 7.2 darstellen. Hierzu wird zuerst eine zusammenfassende Betrachtung des Stellenwerts, der Qualität sowie der Schwerpunktsetzung der schulischen Medienkonzepte vorgenommen, indem sowohl die allgemeinen Stärken, als auch die Schwächen und Handlungsbedarfe spezifiziert werden. Weiter werden die eruiertenBedingungsfaktoren abgewogen und in einem eigenen Modell als Art Handlungsempfehlung für eine gelingende Implementierung von schulischen Medienkonzepten an Schulen mit besonders herausfordernden Schüler*innenkompositionen zusammengefasst.

    Abschließend erfolgt in Kapitel 8 die Diskussion der Ergebnisse mit Rückbezug auf die theoretischen und empirischen Perspektiven aus dem Theorieteil der Arbeit, sodass neben Grenzen der Arbeit ebenso die Implikationen für die Praxis und weiterer Forschungsarbeiten angeführt werden.

    Fußnoten

    1

    Hinsichtlich des kompetenten Umgangs mit digitalen Medien lassen sich in der Theorie verschiedene Kompetenzbegriffe ausmachen. In der vorliegenden Arbeit wird der Terminus der ‚Medienkompetenzen‘ bzw. des ‚kompetenten Umganges mit digitalen Medien‘ in Anknüpfung an länderspezifische Vorgaben und Bezugsdokumente Nordrhein-Westfalens verwendet. Für die Darstellung von Forschungsergebnissen oder einer wörtlichen Zitation werden die jeweiligen Begrifflichkeiten übernommen, sodass an diesen Stellen eine Abweichung von der Regelung stattfindet.

    © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021

    J. SchulzeMedienkonzepte zur chancengerechten Schulentwicklunghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-34416-0_2

    2. Die Bedeutung schulischer Medienkonzepte in der digitalen Welt als erweiterte Aufgabe der Schulentwicklung

    Johanna Schulze¹  

    (1)

    Fakultät für Kulturwissenschaften, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Paderborn, Paderborn, Deutschland

    Johanna Schulze

    Email: johanna.schulze@uni-paderborn.de

    Unzweifelhaft kann festgehalten werden, dass sämtliche gesellschaftliche Teilbereiche von Medien und dessen Einflüssen geprägt sind und Kinder und Jugendliche heute in einer durch Medien beeinflussten Gesellschaft aufwachsen. Für den Kontext dieser Arbeit stellt diese These die zentrale Ausgangslage dar. Mit der Begrifflichkeit ‚Mediatisierung‘ (oder auch ‚Medialisierung‘ vgl. dazu Süss, Lampert & Trültzsch-Wijnen, 2018), welche das Bild der Welt der Heranwachsenden verdeutlicht, hat sich eine Terminologie durchgesetzt, die diese Erweiterung der Analog-Medien durch die digitalen verdeutlicht. Gleichzeitig lässt diese nicht automatisch auf einen ‚kompetenten‘ Umgang mit digitalen Medien bei den Kindern und Jugendlichen unserer Zeit schließen.¹ Vielmehr wird unter der Begrifflichkeit „die Ausrichtung politischen Handelns oder des Handelns anderer gesellschaftlicher Akteur*innen an den Gesetzmäßigkeiten und Aufmerksamkeitslogiken des Mediensystems" (am angebenen Ort (a. a. O.), S. 2) verstanden. Herzig (2012) sieht diese Prozesse als entscheidende Merkmale der Informations- und Wissensgesellschaft an. Weiter geht mit dem Prozess der Mediatisierung ein Wandel von Sozialpraktiken, Kommunikation und sozialen, institutionellen, gesellschaftlichen sowie kulturellen Verbindungen einher (vgl. Herzig, 2017 nach Krotz, 2012). Neben diesem Terminus findet in der öffentlichen Diskussion die Begrifflichkeit der ‚Digitalisierung‘ prominentes Ansehen und soll in dieser Arbeit ebenso Verwendung finden. Nach Herzig kann die Digitalisierung als ein „Phänomen (a. a. O., S. 26) der Mediatisierung verstanden werden. Er begreift die Digitalisierung dabei im engeren Sinne als „den technischen Prozess der Wandlung von analogen in digitale Signale mit dem Zweck der Speicherung und (Weiter-)Verarbeitung (a. a. O., S. 25 f.). Zudem führt er an, dass diese in einem weiteren Verständnis als „Sammelbegriff für weitreichende Veränderungen insbesondere in Gesellschaft und Wirtschaft verwendet [wird], etwa im Zusammenhang mit mobilen Technologien, sozialen Medien, Analytics und Big Data, Cloud-Computing-Technologien, dem Internet of Things oder der Industrie 4.0" (a. a. O., S. 26). Eine Trennung der Begrifflichkeiten scheint für diese Arbeit aus diesem Grund unabdinglich und soll somit konsequent durchgeführt werden.

    Die zunehmende Mediatisierung weist vor diesem Hintergrund auf Konsequenzen für die Diskussion über das Lernen und die Arbeit mit digitalen Medien in der Schule hin. So stellt die Schule „kein[en] von Alltagshandeln losgelöste[n] Lern- und Bildungsraum" (Schiefner-Rohs, 2018, S. 639) mehr dar, was zur Folge hat, dass diese in der Verantwortung steht, den Anforderungen und Bedingungen der Gesellschaft und somit dem erweiterten Erziehungs- Bildungsauftrag gerecht zu werden (KMK, 2016). Die historische Trennung von Schule und dem Lebensalltag der Heranwachsenden wird auf diese Weise verbunden. Einzelschulen sind also dazu angewiesen, sich den Gegebenheiten anzupassen und unter der Perspektive der Schulentwicklung die Gestaltung von Lern- und Lehrformen sowie die generellen Regeln neu zu verhandeln, was sowohl didaktische, pragmatische als auch medien-ethische Überlegungen impliziert (Schiefner-Rohs, 2018). Damit geht das Verständnis einher, dass von einem Transformationsprozess gesprochen werden kann, welcher in radikaler Weise Veränderungen der bestehenden schulischen Praxis sowie das bildungspolitische und gesellschaftliche Verhältnis zu den Aufgaben von Schule umfasst (Eickelmann & Drossel, 2019). Die Digitalisierung als solche wird heute somit als wesentlicher Bestandteil von Schul- und Unterrichtsentwicklung erachtet. Gleichermaßen muss darauf hingewiesen werden, dass der gesamte schulische Bereich in Deutschland den mediatisierten gesellschaftlichen Prozessen hinterherhinkt (Herzig, 2017), was sich sowohl hinsichtlich der regelmäßigen Ver- und Anwendung digitaler Medien als auch in der Ausstattungssituation der Schulen in Deutschland zeigt (u. a. Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020; Eickelmann et al., 2019c).

    Aufgrund der rasanten Entwicklungen im beruflichen und gesellschaftlichen Leben wird das Selbstverständnis der Aufgaben von Schule grundsätzlich hinterfragt und mithilfe weiterführender und – notwendiger Zielsetzungen – erweitert (Herzig, 2017). Für das Bestreben des Lehrens und Lernens mit digitalen Medien im schulischen Kontext lassen sich konkretisiert vier übergeordnete Zielsetzungen oder -perspektiven herausstellen, die aus dem nationalen sowie internationalen Forschungsstand der letzten Jahre hinsichtlich der Integration neuer Technologien in der Schule als erweiterte Aufgabe von Schule resultieren (Eickelmann, 2017b; Gerick, Eickelmann & Bos, 2017; Eickelmann & Gerick, 2020):

    1)

    Die Vermittlung von Fertigkeiten im Umgang mit digitalen Medien (‚Learn to use ICTʽ),

    2)

    die Nutzung digitaler Medien zur Verbesserung des fachlichen Lernens (‚Use ICT to learnʽ),

    3)

    die Entwicklung und Umsetzung neuer Formen des Unterrichtens mit digitalen Medien sowie

    4)

    die Förderung des Medienkompetenzerwerbs und des Erwerbs ‚digitaler‘ Kompetenzen als fächerübergreifende Querschnittskompetenz.

    Die Zielsetzungen beziehungsweise (bzw.) -perspektiven nehmen für Einzelschulen eine hohe Relevanz ein und sind gleichrangig zu betrachten. Während die erste und die letzte Zielsetzung bzw. -perspektive dem Ertrag also dem Output von Schule zuzuordnen sind (vgl. Abschnitt 3.1), tangieren die beiden weiteren die Lernprozesse selbst (Eickelmann & Gerick, 2020). In den Diskussionen der letzten Jahre ist jedoch eine Prioritätenverschiebung zu erkennen, die zuletzt insbesondere den vierten Bereich ‚die Förderung des Medienkompetenzerwerbs und des Erwerbs ‚digitaler‘ Kompetenzen als fächerübergreifende Querschnittskompetenz‘ in den Fokus der aktuellen nationalen sowie internationalen bildungspolitischen und schulischen Entwicklungen rückte und diese stark beeinflusste. Dabei zeigen die Zielsetzungen die Möglichkeit zur Verschmelzung formeller und informeller Lernbereiche² auf (Schiefner-Rohs, 2018). Einerseits ist dies mit der Verabschiedung des Kompetenzrahmens der Kultusministerkonferenz im Jahr 2016 (vgl. Abschnitt 2.2.1) zu begründen, andererseits verweisen die vorgestellten Ergebnisse internationaler sowie nationaler Studien zu den Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schüler*innen der Sekundarstufe I auf eine dringliche Notwendigkeit der Förderung dieser Kompetenzen (u. a. Eickelmann et al., 2019a; Europäische Kommission, 2019a; Lorenz et al., 2017). Verdeutlicht wird ein veränderter Bildungsauftrag für Schulsysteme, die nun in der Verantwortung stehen, diesen wahrzunehmen und – insbesondere vor dem Hintergrund repräsentativer Forschungserkenntnisse – allen Schüler*innen zu einem grundlegenden Kompetenzspektrum zu verhelfen, um eine Partizipation eines jeden an beruflichen sowie auch privaten Lebensbereichen im Zuge der Mediatisierung zu ermöglichen. Dies erfordert sowohl finanzielle als auch konzeptionelle Bemühungen auf Bundes- und Länderebene, die unter unterschiedlichen Ausgangslagen und Bedarfen ausgeführt werden und die Einzelschulen vor die Herausforderungen stellen, diese systematisch zu verwirklichen.

    Schulische Medienkonzepte nehmen in diesem Bereich eine bedeutsame Position ein, indem sie Schulentwicklungsprozesse mit digitalen Medien steuern und es jener Einzelschule unter Berücksichtigung ihrer Ausgangslage ermöglichen, die festgestellten Zielbereiche hinsichtlich der Medienkompetenzvermittlung von Kindern und Jugendlichen systematisch zu verankern und umzusetzen. Sie knüpfen im Idealfall an die Ausgangslagen und Bedingungen der Einzelschulen an und lenken die nötige Kompetenzvermittlung, sodass sie als das relevanteste Steuerungsinstrument auf Einzelschulebene und darüber hinaus für eine systematische Medienkompetenzvermittlung angesehen werden können.

    Um die nötigen Schulentwicklungsprozesse für die Implementierung schulischer Medienkonzepte erläutern zu können, wird aus diesem Grund innerhalb dieses Kapitels zuerst auf zentrale Begrifflichkeiten dieser Arbeit eingegangen (Abschnitt 2.1). Anschließend wird die Medienkonzeptarbeit als neues Aufgabenfeld für Einzelschulen im Zuge der Prozesse der Mediatisierung bzw. Digitalisierung betrachtet (Abschnitt 2.2). Dazu werden sowohl die bundesweiten (Abschnitt 2.2.1) und länderspezifischen (Abschnitt 2.2.2) Steuerungsinitiativen für diesen Entwicklungsbereich, als auch die Funktionen (Abschnitt 2.2.3) und Inhaltsfelder (Abschnitt 2.2.4) schulischer Medienkonzepte sowie empirische Befunde zu diesen Schulentwicklungsinstrumenten (Abschnitt 2.2.5) vorgestellt. Abschließend erfolgt eine zusammenfassende Betrachtung der Inhalte des Kapitels (Abschnitt 2.3).

    2.1 Zentrale Begrifflichkeiten

    Im Folgenden werden zentrale Begrifflichkeiten für die vorliegende Arbeit definiert. Zunächst erfolgt eine Erläuterung des Schulentwicklungsbegriffs (Abschnitt 2.1.1), um anschließend auf die erweiterte Perspektive der digitalisierungsbezogenen Schulentwicklung einzugehen (Abschnitt 2.1.2). Welche Besonderheiten das Instrument des schulischen Medienkonzepts charakterisiert, soll abschließend in Abschnitt 2.1.3 beleuchtet werden. Ein klares Begriffsverständnis dieser Konstrukte ist für den einheitlichen Gebrauch im Verlauf der Arbeit unabdinglich und schafft die Grundlage für das Verstehen des Implementierungsprozesses von schulischen Medienkonzepten auf Einzelschulebene.

    2.1.1 Zum Schulentwicklungsbegriff

    Schulen und deren Systeme sind fortlaufenden Veränderungen unterzogen (u. a. Creemers & Kyriakides, 2008; Feldhoff, 2011). Die Terminologie der ‚Schulentwicklung‘ fand erst in der jüngeren Vergangenheit einen fachsprachlichen Eingang in die Pädagogik und weist in der Schulreform eine zentrale Bedeutung auf. Darüber hinaus ist die Verwendung von einer großen Heterogenität geprägt (Abs & Klein, 2019). Durch historische Entwicklungen sowie unterschiedliche Strukturreformen stand und steht das gesamte Bildungssystem vor verschiedenen Entwicklungsbemühungen, die teilweise in Verbindung gesehen werden können und andererseits in bestimmten Kontexten unabhängig voneinander betrachtet werden sollten. Neben dem Versuch der flächendeckenden und nachhaltigen Vermittlung von Medienkompetenzen in Unterrichtsprozessen stehen in den letzten Jahren insbesondere Thematiken wie die Inklusion von Schüler*innen mit Förderbedarfen oder die Integration von Schüler*innen mit Fluchthintergrund im Fokus bildungspolitischer Bemühungen.

    Durch die Rezeption der ‚school-effectiveness-Forschung‘ (u. a. Büeler, 2005), der ‚Implementationsforschung‘ (u. a. Altrichter, 2005; Pressmann & Wildavsky, 1973) sowie der Forschung zur Schulqualität (u. a. Fend, 1986; Miles, 1998) in den 1980er und 1990er Jahren ist ein bedeutsamer Wandel in der Schulforschung zu verzeichnen, der erstmals die Konzentration auf die Qualität der Einzelschule legte. Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts konnte demnach eine Erweiterung der Terminologie in der schulpädagogischen Diskussion vernommen werden. So lässt sich heute eine gründliche Etablierung feststellen (Fend, 2008).

    An diesen neuen Ansatz lehnt die vorliegende Arbeit an, indem ein Verständnis zugrunde gelegt wird, dass Schulentwicklung sowohl episodische (durch systematische Schulentwicklungs-programme) als auch kontinuierliche Entwicklungen (durch langfristig angelegte Verbesserungsprozesse) beinhaltet. Diese sind im Kontext von übergeordneten schulpolitischen sowie verwaltungstechnischen Reformen im Sinne von staatlich verfügten Veränderungen des Schulwesens anzusiedeln (u. a. Altrichter 2006; Paseka, 2017; Röhrich, 2013). Insgesamt stellen schulische Entwicklungsprozesse somit Handlungen dar, die über die Entscheidungen von Einzelschulen hinausgehen und verschiedene Ebenen tangieren, sodass insbesondere in der Teildisziplin der ‚Governance-Forschung‘ von ‚Mehrebenensystemen‘ oder ‚Mehrebenenmodellen‘ gesprochen wird. Altrichter, Brüsemeister und Wissinger (2007) führen dazu drei Ebenen auf: Neben der ‚Mikroebene‘, die die Einzelschule mit dessen Unterrichtspraxis und die Einstellungen und Kompetenzen der schulischen Akteur*innen fokussiert, bestehen die ‚Meso- sowie die ‚Makroebene‘, in denen die Einzelschule mit ihren Entscheidungen eingebettet ist und unter anderem durch ‚Top-down-Initiativen‘ (u. a. Huber, 2009) gelenkt wird. Die ‚Mesoebene‘ umfasst demnach die Schulregion oder auch den Kontext der Schule, wohingegen auf der obersten Ebene, der ‚Makroebene‘, bildungspolitische sowie administrative Kontexte verortet werden (Tillmann, 2011).

    Im Hinblick auf die Zielsetzung der Arbeit ist in besonderer Weise herauszustellen, dass Einzelschulen als ‚pädagogische Handlungseinheiten‘ zu verstehen sind (Fend, 1986; Rolff, 1999), die mehr oder weniger bewusst systematische Entwicklungsprozesse auf der Mikroebene umsetzen. Das Ziel der Einzelschulentwicklung ist es demnach – in Anlehnung an das Verständnis von Dalin, Rolff und Buchen – eine systematische Weiterentwicklung anzustreben, die darauf abzielt, eine lernende Einheit zu schaffen, die sich selbst organisiert, reflektiert und steuert (u. a. Dalin, Rolff & Buchen, 1996). Die Begründung dieser Perspektive ist in der Überzeugung zu sehen, dass Schulentwicklung besonders ertragreich sein kann, wenn sie den Vorstellungen, Fertigkeiten und Einstellungen der schulischen Akteur*innen entspricht (West, 2005).

    Neben der Definition von Hans-Günther Rolff und seinen Kollegen, welche die Entwicklung der schulentwicklerischen Praxis und Forschung im deutschen Raum maßgeblich geprägt hat (Altrichter & Helm, 2011), bestehen weitere Definitionsansätze (u. a. Seitz & Capaul, 2007; Maag Merki, 2008; Rahm, 2005); alle weisen auf die gemeinsamen Aspekte der Intentionalität sowie die Systematik der Einzelschule hin.

    In Bezug auf die Schulentwicklungsarbeit auf Grundlage eines Konzeptes (z. B. schulische Medienkonzepte oder auch Schulprogramme), wie sie in dieser Arbeit im Hinblick auf die schulische Medienkonzeptarbeit anvisiert wird, soll eine weitere Definition neben der von Dalin, Rolff und Buchen (1996) angeführt werden. Demnach versteht Wiater Schulentwicklung als einen Prozess „bei de[m] Lehrerkollegien (einschließlich der Schulleitung) oder Lehrerteams initiativ werden und die Unterrichts-, Bildungs-, Erziehungs- und Organisationsarbeit der eigenen Schule so verändern, dass sie zum einen spezifische Gegebenheiten vor Ort besser entspricht und zum anderen besondere pädagogische und didaktische Akzente enthält" (Wiater, 2016, S. 188). Verbindlich sowie transparent werden diese Aktivitäten durch das Festhalten der Schulentwicklungsziele in einem gemeinsam vereinbarten Leitbild, welches sich in dem Schulprogramm der Einzelschule wiederfindet oder zumindest dessen Inhalte aufnimmt und diese für die digitalisierungsbezogene Schulentwicklung spezifiziert. Dieses integriert schließlich auch das schulische Medienkonzept, welches in dieser Arbeit im Fokus steht und Schulentwicklungsziele für den Bereich der nachhaltigen Medienkompetenzvermittlung systematisch verankert. Die Inhalte zu den einzelnen Schulentwicklungsthemen umfassen dabei unterschiedliche Gesichtspunkte der gesamten Schule (vgl. Abschnitt 2.2.4). Weiter werden die Strukturierung und die Verbindlichkeit durch ein pädagogisches Konzept sowie unterschiedliche Gestaltungsstrategien der Schulentwicklung auf Einzelschule angestrebt, wobei innere und äußere Prozesse wie folgt ineinandergreifen:

    Die ‚äußere (oder auch organisatorische) Schulentwicklung‘ lässt sich als ein „offenes, planmäßiges, zielorientiertes und längerfristiges Berücksichtigen der Veränderungsabsichten" (Wiater, 2016, S. 190) verstehen. Die Akteur*innen der Schule entwickeln sich demnach weiter, sodass sich die Organisation selbst erneuert (Rolff, 1999) und als ‚lernende Organisation‘ (Korinek, 2000) erachtet werden kann. Mit der ‚inneren Schulentwicklung‘ wird dahingegen ein Schulerneuerungskonzept verstanden, welches eine Reform des Unterrichts anstrebt. Bastian definiert dieses als „Selbstbildungsprozess der Institutionsmitglieder, in dem der Zusammenhang von gutem Unterricht, einer an Mündigkeit orientierten Subjektentwicklung und den dafür angemessenen institutionellen Bedingungen bearbeitet wird" (Bastian, 1998, S. 34). Dabei werden diese Prozesse und die Selbstorganisation von zentral vorgegebenen Qualitätsanforderungen sowie einer Steuerung des Gesamtzusammenhangs geleitet, damit die individuellen Entwicklungen mit denen des gesamten Schulsystems gekoppelt werden können. Rolff (2016) bezeichnet diese Entwicklungsebene als ‚komplexe Schulentwicklung‘, womit erneut der Ansatz des Mehrebenensystems Betonung findet.

    Durch das gegenseitige Beeinflussen der beiden Prozesse entstehen drei Handlungsfelder (Trias) der Einzelschulentwicklung: die Organisations-, die Personal- sowie die Unterrichtsentwicklung. Sie verdeutlichen erneut den Systemzusammenhang und bilden nach Rolff (1998) das ‚Drei-Wege-Modell der Schulentwicklung‘, welches die Schulentwicklung der Einzelschule als eine Synthese von den Trias im Kontext ihres Umfeldes darstellt. Er erweitert mit dieser Ansicht das zu dieser Zeit bereits publizierte Modell von Fullan und Kolleg*innen (u. a. in Fullan, Bennett & Rolheiser-Bennett, 1990), indem er den innerschulischen Zusammenhang durch einen außerschulischen ergänzt. Zum Umfeld zählt er unter anderem die Eltern, Abnehmer*innen wie Universitäten oder Betriebe, die Presse, den Stadtteil, den Schulträger oder die Schulaufsicht (Rolff, 2007). Das System Schule gestaltet sich dabei geschlossen und offen zugleich (ebenda (ebd.)), sodass der Unterricht sowie die Erziehung im operativen Bereich geschlossen durchgeführt und entwickelt werden können, während andere Themenfelder in operativen Bereichen maßgeblich von Schulträgern oder -aufsichten geprägt werden (u. a. die Organisationsform der Schule).

    Werden Schulentwicklungsprozesse auf Einzelschulebene angestrebt, sollten dabei im innerschulischen Bereich alle drei Handlungsfelder (die Organisations-, die Personal- sowie die Unterrichtsentwicklung) in einen Zusammenhang gebracht werden. So stehen beispielsweise Entwicklungsbemühungen auf der Ebene der Unterrichtsentwicklung nach Ansicht Rolffs in enger Verknüpfung mit anderen Aktivitäten der Einzelschule (z. B. erfordert die Integration des Teamteachings in den einzelnen Unterrichtsfächern eine grundlegende Planung auf der Organisationsebene sowie mögliche Fort-/Weiterbildungsmaßnahmen der Lehrpersonen für die Umsetzung). Personalentwicklung im Kontext von Personalbewirtschaftung, -fortbildung, -führung und -förderung wird im Rahmen eines Gesamtkonzepts fortlaufend notwendig (Rolff, 1998). Als wichtigstes Ziel und Grundsatz gilt dabei „die Professionalisierung der Lernumgebung für die Bildungsprozesse der Schülerinnen und Schüler" (Maag Merki, 2008, S. 25). Weiter bedingen Umgestaltungen auf der Unterrichtsebene nicht nur Neuorientierungen eines Faches oder einer Lehrperson, was die Notwendigkeit aufzeigt, dass Prozesse der Schulentwicklung immer zu organisatorischen Veränderungen sowie institutionellen Anpassungen führen sollten (Rolff, 1998).

    Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass „Schule (als System und als Einzelschule) […] sich immer in einem Spannungsfeld zwischen staatlichen und gesellschaftlichen Vorgaben und Freiräumen mit Gestaltungsmöglichkeiten" (Pfeiffer, 2008, S. 18) befindet und ihr die Verpflichtung zugewiesen wird, als Motor der eigenen Schulentwicklung auf unterschiedlichen Ebenen mithilfe ihrer Akteur*innen zu agieren, um sich stetigen Wandel anzupassen. Dabei ist die Entwicklung von Intentionalität und stetiger Dynamik geprägt sowie an unterschiedlichem Bestreben orientiert. Mit dem Vorsatz der Implementierung schulischer Medienkonzepte zur Verwirklichung der Zielsetzungen des schulischen Lehrens und Lernens mit digitalen Medien wird die Verankerung dieses Prozesses auf allen Ebenen der Schulentwicklung angesprochen (u. a. Eickelmann, Bos & Gerick, 2015; Gerick, Eickelmann & Rolff, 2017). Für die Umsetzung ist eine erweiterte Betrachtung der Schulentwicklung notwendig, einer solchen, die sich mit den Prozessen der Schulentwicklung mit digitalen Medien befasst und das bereits beschriebene Verständnis spezifiziert.

    2.1.2 Digitalisierungsbezogene Schulentwicklung

    Wie die Betrachtung des Schulentwicklungsbegriffs mit seiner Entfaltung im vorherigen Kapitel gezeigt hat, ist die Einzelschule als pädagogische Handlungseinheit zu verstehen, welche auf unterschiedliche Veränderungen reagiert. Für Nordrhein-Westfalen legt unter anderem der Referenzrahmen Schulqualität (MSB NRW, 2020) fest, dass die Schul- und Unterrichtsentwicklung als systematischer Prozess anzusehen ist, der als Einheit von Unterrichts-, Organisations- und Personalentwicklung umgesetzt wird und somit die Trias der Schulentwicklung nach Rolff (1998) aufgreift. Für die Erreichung der Zielsetzung, der Kompetenzvermittlung zum Lernen und Leben mit digitalen Medien im 21. Jahrhundert für alle Schüler*innen reicht diese Betrachtung nach unterschiedlichen Autor*innen nicht aus. So denken sie in ihren Ansätzen die Schulentwicklung auf Einzelschulebene dezidiert im Zusammenhang mit der Digitalisierung bzw. Mediatisierung. Schulentwicklung erfordert demnach neue organisatorische Regelungen und Praktiken in verschiedenen Dimensionen, was über die Bereitstellung von Infrastruktur und expliziten Fortbildungsmöglichkeiten für die schulischen Akteur*innen hinausgeht (Endberg et al., 2020; Kerres & Waffner, 2019).

    Werden diese Ansätze explizit auf die Thematik der vorliegenden Arbeit übertragen, lässt sich die erweiterte Betrachtungsweise wie folgt begründen: Die Implementierung eines schulischen Medienkonzepts, welche als eine bedeutsame Komponente für eine systematische und nachhaltige Kompetenzvermittlung anzusehen ist (Eickelmann, 2010), verlangt eine explizite Berücksichtigung von weiteren Entwicklungsdimensionen. Aus diesem Grund wurde bereits 2001 von Schulz-Zander mit dem Zweig der Schulentwicklungsforschung, der sich mit der Implementierung digitaler Medien befasst, eine Erweiterung der ursprünglichen Trias vorgenommen (Schulz-Zander, 2001; vgl. auch Eickelmann, Bos & Gerick, 2015; Eickelmann & Gerick, 2017). Herausgestellt wurden fünf zentrale Dimensionen, die bei der Erreichung der Zielsetzung nachhaltiger Implementierung von digitalen Medien auf Einzelschulebene als unabdingbar zu beachten sind. Die Trias der Schulentwicklung auf Einzelschule nach Rolff (1998) werden dabei durch die Bereiche der Technologie- und der Kooperationsentwicklung ergänzt (vgl. Abbildung 2.1).

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    Abbildung 2.1

    Modell zur Förderung digitaler und fachlicher Kompetenzen auf allen Ebenen der Einzelschule (Eickelmann & Gerick, 2017, S. 70)

    Während bei der nachhaltigen Verankerung digitaler Medien im Rahmen der Organisationsentwicklung besonders ein zielführendes Gesamtkonzept, welches alle Akteur*innen der Schule erreicht, von Bedeutung ist, sollte in der Personalentwicklungsdimension auf die Kompetenzen der Lehrpersonen für die Umsetzung der Zielsetzungen geachtet werden (ebd.). Die Unterrichtsentwicklung ist durch die tragende Relevanz geprägt, dass digitale Medien in schulischen Lehr- und Lernprozessen nicht als ‚Add-On‘ verstanden, sondern als integraler Bestandteil genutzt werden sollten (Döbeli Honegger, 2016). Ein bedachter Einsatz digitaler Medien verhilft dazu, die Individualität der Schüler*innenschaft im Sinne einer Subjektorientierung bei Lernprozessen zu berücksichtigen. Digitale Medien im Bereich der Unterrichtsentwicklung ermöglichen es, den Herausforderungen in der heutigen Zeit gerecht zu werden, sodass der Dimension eine hohe Relevanz für den digitalisierungsbezogenen Schulentwicklungsprozess auf Einzelschulebene zuzuschreiben ist (Bezirksregierung Münster, 2019a). Um diesen Prozess zielgerichtet voranzutreiben, ist die Auseinandersetzung mit pädagogischen Zielsetzungen für das Lehren und Lernen im Zuge der Mediatisierung notwendig. Damit sowohl die überfachlichen als auch die fachlichen Kompetenzen gleichermaßen gefördert werden können, ist die Kooperation zwischen unterschiedlichen Akteur*innen gefordert, sodass eine Verbreitung des didaktischen Wissens in jeder Einzelschule erreicht werden kann. Bei der Kooperationsentwicklung zeigt sich die Essenz der Nutzung von innerschulischen aber auch außerschulischen Wissensressourcen, die zur Steigerung von Selbstwirksamkeitserfahrungen führen kann (Drossel et al., 2016; Eickelmann, 2010). Die Dimension der Technologieentwicklung schließt sich im besten Fall an den Leitgedanken des Gesamtkonzepts an und ist geprägt von der Annahme, dass die Pädagogik den Vorrang vor der Technik einnimmt (Eickelmann, 2017a; Fugmann, 2018). In Folge dessen wird das Ausstattungskonzept der Schule an die konkreten Zielsetzungen zur Erreichung der nachhaltigen Vermittlung der Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien angepasst.

    Ein Ansatz, welcher die Ausführungen von Eickelmann und Gerick (2017) bzw. Schulz-Zander (2001) teilweise aufnimmt und gleichzeitig kritisiert, stellt das ‚Vier-Wege-Modell‘ nach Zylka (2018) dar. Der Autor unterstützt die einflussreiche Stellung der Digitalisierung nicht, sondern räumt ein, dass seiner Auffassung nach „[…] Digitalisierung nicht als zentrale Aufgabe von Schulen zu verstehen, sondern als notwendiges Element von Schulentwicklung im 21. Jahrhundert [anzusehen sei]" (Zylka, 2018, S. 41).

    Er lehnt die Annahmen in seinem Modell stark an Rolffs (1998) Trias der Schulentwicklung an, indem er den Lernprozess der Schüler*innen allgemein in den Fokus rückt und den inneren und äußeren Systemzusammenhang betonend hervorhebt. Die Digitalisierung betrachtet er als einen gleichrangigen Bereich neben den Trias der Unterrichts-, Organisations- und Personalentwicklung.

    Neben den beiden erwähnten Definitionsansätzen ist ein weiterer zu verzeichnen, welcher bei der Betrachtung ebenso auf Rolffs Ansatz (1998) zurückgreift und ihn für die digitalisierungsbezogene Schulentwicklung erweitert.

    Endberg et al. (2020) führen demnach vier Entwicklungsdimensionen in der Annahme an, dass die ‚Technikentwicklung‘ als eine weitere zu den ursprünglichen Trias hinzugefügt werden sollte, um nachhaltige und systematisch angelegte Schulentwicklungsprozesse vornehmen zu können. Sie schließen sich dabei unter anderem den Annahmen von Heinen und Kerres (2017) an, indem sie davon ausgehen, dass die einzelnen Dimensionen Schnittstellen aufweisen, die in den vorher aufgeführten Modellen durch Wechselbeziehungen verdeutlicht wurden. Die Aspekte der ‚Kommunikation und Zusammenarbeit‘ werden als übergreifende Bereiche angeführt (Endberg et al., 2020). Entgegen der Modelle von Eickelmann und Gerick (2017) bzw. Schulz-Zander (2001) und Zylka (2018) bildet die ‚Medienintegration als Schulentwicklungsprozess‘ (ebd.) den Mittelpunkt und somit die zentrale Zielsetzung digitalisierungsbezogener Schulentwicklungsprozesse in dem Ansatz.

    Insgesamt orientiert sich der Rahmen der vorliegenden Arbeit an den Ansätzen von Schulz-Zander (2001) bzw. Eickelmann und Gerick (2017). Sie stellen den erweiterten Bildungsauftrag in den Fokus und betonen explizit, dass Schulentwicklung im Zeitalter der Digitalisierung eine erweiterte Betrachtung der einzelnen Schulentwicklungsbereiche benötigt und nicht die separate Ausmachung der Digitalisierung als einen Bereich selbst, wie es bei Zylka (2018) zu finden ist. Auch wenn das Modell von Endberg et al. (2020) mit den vier Bereichen ebenso nachvollziehbar ist und vor allem die übergeordnete Zielsetzung dem Prozess der Implementierung des schulischen Medienkonzepts noch deutlicher betont (vgl. Abschnitt 2.1.3), wie das von Schulz-Zander (2001) bzw. Eickelmann und Gerick (2017) soll in dieser Arbeit eine Fokussierung auf fünf Dimensionen der Schulentwicklung vorgenommen werden, um die Inhalte der schulischen Medienkonzepte in diesem Schema einordnen zu können, ohne die Schulentwicklungsdimension der ‚Kooperationsentwicklung‘ einer anderen Entwicklungsdimension unterordnen zu müssen. Weiter greifen unterschiedliche Bezirksregierungen Nordrhein-Westfalens auf dieses Modell im Rahmen der Arbeit im schulischen Kontext bereits zu, sodass es in Bezugsdokumenten für die Bildungspraxis des Bundeslandes wiederzufinden ist (u. a. Bezirksregierung Münster, 2019a).

    Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Schulentwicklung im Zuge der Digitalisierung als Herausforderung für das Mehrebenensystem Schule nach wie vor und auch zukünftig angesehen werden kann (u. a. Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020; Kampylis, Law & Punie, 2013; Law, Kampylis & Punie, 2015). Schulentwicklungsprozesse sollten somit auf allen Ebenen der Einzelschule vollzogen werden, um das Lehren und Lernen mit digitalen Medien nachhaltig und systematisch umsetzen zu können (Eickelmann & Gerick, 2017). Einigkeit besteht

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