Investitionsrechnung: Eine Einführung für Architekten und Bauingenieure
Von Dirk Noosten
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Investitionsrechnung - Dirk Noosten
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018
Dirk NoostenInvestitionsrechnunghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-18996-9_1
1. Einleitung
Dirk Noosten¹
(1)
LG Baumanagement und Baufinanzierung, Hochschule Ostwestfalen-Lippe, Detmold, Deutschland
Zusammenfassung
Mithilfe der Investitionsrechnung wird der Frage nachgegangen, ob ein Investitionsprojekt betriebswirtschaftlich vorteilhaft ist oder nicht. In diesem Kapitel werden zunächst die charakteristischen Merkmale von Investitionsprojekten vorgestellt. Außerdem wird erläutert, wie ein Investitionsprojekt mithilfe von Zahlungsreihen abgebildet wird.
Mithilfe der Investitionsrechnung soll die Vorteilhaftigkeit von Investitionsprojekten rechnerisch überprüft werden. Beispielsweise wird der Frage nachgegangen, ob der Bau einer Immobilie (Hotel, Shopping-Center, Wohngebäude), die nach der Fertigstellung vermietet werden soll, für einen Investor finanziell vorteilhaft ist oder nicht. Auch kann überprüft werden, ob die Errichtung eines Betonfertigteilwerkes zur Produktion von Fertigteilen für einen Unternehmer ökonomisch sinnvoll ist.
Investitionsprojekte binden Finanzmittel, die dem Unternehmen, nachdem sie investiert wurden, zumindest zeitweise nicht mehr zur Verfügung stehen. Aus der Sicht des Investors ist für Investitionsprojekte charakteristisch, dass zunächst eine Auszahlung – beispielsweise für die Baukosten einer Wohnimmobilie – erfolgen muss. Später folgen in der Regel Einzahlungen z. B. in Form von Mieteinnahmen. Hierbei spielt das zeitliche Auseinanderfallen zwischen den Aus- und Einzahlungen („zeitliche Divergenz") eine große Rolle.
Weiterhin ist eine Investition eng mit einer Finanzierung verbunden, denn letztlich müssen Investitionen „finanziert" werden, d. h. es müssen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden.
1.1 Investitionen
Unter einer Investition wird das Anlegen von Finanzmitteln („Mittelverwendung) verstanden. Typisch für Investitionen ist, dass sie einen „hohen
Finanzmittelbedarf und eine „langfristige" Finanzmittelbindung aufweisen.
Bei Investitionen wird zwischen Sach- und Finanzinvestitionen unterschieden. Sachinvestitionen können weiter in Neu- und Ersatzinvestitionen unterteilt werden. Bei einer Neuinvestition wird beispielsweise eine neue Maschine gekauft. Bei der Ersatzinvestition wird entweder eine alte Anlage ersetzt (Re-Investition) oder eine noch gebrauchsfähige durch eine neue, preiswertere oder leistungsfähigere Maschine ausgetauscht (Rationalisierungsinvestition).
Sachinvestition (Immobilien, Maschinen)
Neuinvestition
Ersatzinvestition
Finanzinvestition (Wertpapiere, Forderungen)
In der Investitionsrechnung werden Investitionen in der Regel als Zahlungsreihe (siehe Abschn. 1.3) dargestellt.
1.2 Finanzierung
Im Rahmen der Finanzierung werden die Finanzmittel für Investitionen zur Verfügung gestellt („Mittelherkunft"). Dabei werden unterschieden:
Eigenmittel (z. B. Bargeld, Sichtguthaben auf Bankkonten)
Fremdmittel (z. B. Kredit)
Häufig werden insbesondere größere Investitionen aus einer Kombination von Eigen- und Fremdmitteln finanziert. Zunächst sollen jedoch lediglich zwei Finanzierungsvarianten unterschieden werden: Zum einen kann die Finanzierung durch die Verwendung von Bargeld erfolgen (Eigenfinanzierung), zum anderen kann ein Kredit aufgenommen werden (Fremdfinanzierung).
Eigenfinanzierung
Werden für die Finanzierung Eigenmittel verwendet , entgehen dem Investor hierdurch zunächst Zinserträge, denn die Eigenmittel werden investiert und können somit nicht mehr zinsbringend angelegt werden. Allerdings können die ihm später zufließenden Einzahlungen verzinslich angelegt werden.
Fremdfinanzierung
Bei der Fremdfinanzierung wird für die Bezahlung der Investition ein Kredit aufgenommen. Der Kreditgeber hat Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung (Tilgung) des Kredites. Die dem Investor zufließenden Einzahlungen aus dem Projekt müssen zunächst für diese Zins- und Tilgungszahlungen verwendet werden. Darüberhinausgehende Beträge können verzinslich angelegt werden.
1.3 Zahlungsreihe
1.3.1 Modellannahmen für die Zahlungsreihe
Die mit Investitionen zusammenhängenden Aus- und Einzahlungen müssen in eine Zahlungsreihe überführt werden. Im Folgenden wird die Annahme getroffen, dass eine Periode einem Jahr entspricht und dass es sich um mehrjährige Zeiträume handelt. Die unten dargestellten Formeln der Investitionsrechnung lassen sich auch auf unterjährige Zeiträume (Monat, Quartal) übertragen. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass der zu berücksichtigende Zinssatz nicht der Jahreszins ist, sondern auf die verwendete Periode (Monat, Quartal) bezogen wird.
Typischerweise beginnt die Zahlungsreihe einer Investition mit einer Anschaffungsauszahlung, die auf den Zeitpunkt n = 0 bezogen wird. Der Zeitpunkt n = 0 ist der Beginn des ersten Jahres. Um die Zeitpunkte n deutlich von den Zeiträumen (Jahren, Perioden) zu unterscheiden, werden die Zeiträume mit einem Oberstrich versehen $\bar n.$ Das Ende des ersten Jahres 1 ist der Zeitpunkt n = 1. Der Zeitpunkt n = 1 ist zugleich der Beginn des zweiten Jahres 2. Die folgenden Jahresenden werden fortlaufend durchnummeriert. Das Ende des letzten Jahres wird N genannt:
n = 0, 1, 2, …, N.
${\bar{\text n}}$ bezeichnet die Periode
n bezeichnet das Ende der Periode ${\bar{\text n}}$
n−1 bezeichnet den Beginn der Periode ${\bar{\text n}}$
Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass Zahlungen grundsätzlich am Jahresanfang oder am Jahresende stattfinden. In der Realität gibt es aber häufig unterjährige Zahlungen. Beispielsweise werden Mieten für gewöhnlich monatlich bezahlt. Diesbezüglich werden zwei Annahmen getroffen, die die weiteren Ausführungen vereinfachen:
1.
Unterjährige Zahlungen werden summiert und dann als jährlicher Gesamtbetrag berücksichtigt.
2.
Der Gesamtbetrag der unterjährigen Zahlungen wird auf das Ende des Jahres bezogen.
Zahlungen , die am Ende einer Periode (Zeitpunkt n) geleistet werden, werden als „nachschüssig bezeichnet . Zahlungen, die am Anfang einer Periode (Zeitpunkt n–1) geleistet werden, werden „vorschüssig
genannt .
Außerdem wird unterstellt, dass sämtliche Zahlungen mit Sicherheit eintreten. In der Realität sind Zahlungen, die in der Zukunft liegen häufig mit Unsicherheiten behaftet. Diese Unsicherheiten werden zunächst ausgeblendet, d. h. es werden sog. „Entscheidungen unter Sicherheit" behandelt.
Zahlungsreihen, die individuelle Zahlungsströme aufweisen, werden als individuelle Zahlungsreihen bezeichnet. Zahlungsreihen deren Zahlungsströme hingegen identisch sind, werden als Rente bezeichnet.
Wenn im Folgenden lediglich Zahlungsreihen betrachtet werden, wird damit unterstellt, dass sich ein Investitionsprojekt mithilfe der damit verbundenen Zahlungen abbilden lässt. Dabei darf nicht übersehen werden, dass in der Realität noch viele weitere Aspekte zu berücksichtigen sind, die sich nicht in Zahlungsgrößen darstellen lassen. Beispielsweise kann eine Immobilie von einem Investor aufgrund seines architektonischen Entwurfs bevorzugt werden, obwohl die Baukosten höher sind. Auch kann von einem Bauunternehmen eine teurere Maschine bevorzugt werden, weil die damit verbundenen Emmissionen niedriger sind. Im Rahmen der Investitionsrechnung bleiben also zunächst ökologische, soziale, ästhetische und ähnliche Aspekte unberücksichtigt.
1.3.2 Darstellung der Zahlungsreihe
Die Zahlungsreihe kann tabellarisch oder mithilfe eines Zeitstrahls dargestellt werden. Auf dem Zeitstrahl wird die Anzahl der Jahre eingetragen, die eine Investition andauert. Die Anfangsauszahlung wird mit einem Minuszeichen gekennzeichnet. Für die Zahlungsbeträge wird der Buchstabe (z) verwendet. Um deutlich zu machen zu welchem Zeitpunkt (n) die Zahlung anfällt, wird der Buchstabe (z) mit dem Index n versehen: