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Paozhi: Die Aufbereitung chinesischer Arzneimittel: Methoden und klinische Anwendung
Paozhi: Die Aufbereitung chinesischer Arzneimittel: Methoden und klinische Anwendung
Paozhi: Die Aufbereitung chinesischer Arzneimittel: Methoden und klinische Anwendung
eBook1.151 Seiten10 Stunden

Paozhi: Die Aufbereitung chinesischer Arzneimittel: Methoden und klinische Anwendung

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Über dieses E-Book

Das Buch beschreibt - erstmalig im deutschsprachigen Raum - umfassend die fachgerechte Aufbereitung chinesischer Arzneimittel und geht auf die Möglichkeiten ein, wie z.B. die Wirkung des Mittels modifiziert und verstärkt werden kann oder unerwünschte Nebenwirkungen reduziert werden. Strukturiert, übersichtlich und systematisch dargestellt findet der Leser umfangreiche Beschreibungen des fertigen Produktes hinsichtlich Qualität, Aussehen und Geschmack sowie Angaben zur Verwendung der Arzneimittel und ihrer wichtigsten Zubereitungsformen in den gängigsten Rezepturen.

Plus: Klinische Bewertungen, aktuelle Forschungsergebnisse und moderne analytische Untersuchungen. Zusätzlich sind definierte Prozessierungsmethoden aufgeführt und ermöglichen eine standardisierte Durchführung.

Ein Nachschlagewerk und idealer Begleiter für alle Pharmazeuten, Mediziner und Studenten, die sich für die Traditionelle Chinesische Medizin interessieren und ihr Wissen vertiefen möchten. 

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum10. Apr. 2018
ISBN9783662558461
Paozhi: Die Aufbereitung chinesischer Arzneimittel: Methoden und klinische Anwendung

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    Buchvorschau

    Paozhi - Changjiang Hu

    Grundlagen und Methoden des Paozhi

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland 2018

    Changjiang Hu, Rainer Nögel, Josef Hummelsberger und Ute Engelhardt (Hrsg.)Paozhi: Die Aufbereitung chinesischer Arzneimittelhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-55846-1_1

    1. Einführung

    U. Engelhardt¹  

    (1)

    Elisabethstraße 11, 80796 München, Deutschland

    U. Engelhardt

    Email: u.engelhardt@tcm.edu

    1.1 Zu den Anfängen von Paozhi

    1.2 Höhepunkt der Paozhi-Methoden in der Ming-Zeit

    1.3 Blick in die Moderne

    Literatur

    In China hat sich wertvolles traditionelles Wissen darüber erhalten, wie Arzneidrogen mit Hilfe von speziellen Aufbereitungsmethoden (paozhi 炮制) eine Vielfalt an Modifikationen verliehen werden kann. Diese Methoden dienen vorrangig dazu, Rohdrogen haltbar zu machen, zu entgiften und sie in ihrer therapeutischen Wirkrichtung zu verändern.

    Im Laufe der Geschichte lassen sich unterschiedliche Schwerpunkte und Entwicklungen aufzeigen. So gilt z. B. die Ming-Zeit (1368−1644) als eine Blütezeit der Aufbereitungsverfahren (paozhi), in der die technologischen Möglichkeiten immer ausgereifter wurden und immer mehr und unterschiedlichere Zusatzmittel zur Aufbereitung Anwendung fanden. In der heutigen Zeit hingegen wird in China deren Vielfalt aufgrund einer angestrebten Standardisierung und Technisierung eher reduziert (Fang 2004; Unschuld 1986).

    Betrachtet man den Begriff paozhi, so ist die Zeichenverbindung paozhi 炮制 die heute übliche Bezeichnung für Aufbereitungs- oder Prozessierungsmethoden von chinesischen Arzneimitteln. Pao 炮 steht für die Methode des «(trockenen) Röstens» und zhi 制 für Herstellen, Erzeugen oder Bearbeiten, und zwar in dem Sinn, dass die Eigenschaften der Rohdroge durch chemische Vorgänge verändert werden können (Xu 2000, S. 2).

    Bei den Grundverfahren dieser Arzneimittelaufbereitung unterscheidet man die Vorbehandlung (xiuzhi 修制) mit Reinigen und Schneiden von der Aufbereitung mit den traditionellen Methoden (paozhi 炮制) in engerem Sinn, bei denen Feuer und Wasser zur Anwendung kommen (s. Abschn. 3.​3). Beides wird unter dem Oberbegriff paozhi 炮制 zusammengefasst.

    1.1 Zu den Anfängen von Paozhi

    Bei der alten Bezeichnung und Schreibung des Begriffes paozhi 炮炙 fällt als Erstes auf, dass in beiden Zeichen das Radikal Feuer huo 火vorkommt.

    In dem aus dem Jahr 100 n. u. Z. stammenden etymologischen Wörterbuch Shuowen 说文 wird das erste Zeichen pao 炮 erklärt als «das Rösten (zhi 炙) von (Wild-)Fleisch, ohne die Haare (das Fell) zu entfernen» (Shuowen jiezi, Kap. 10, S. 482). Auch der Begriff zhi 炙 wird dort im Sinne von Rösten von Fleisch erklärt (Shuowen jiezi, Kap. 10, S. 491). Demnach scheint dieser Begriff ursprünglich auf die Zubereitung von Fleischspeisen zurückzuführen zu sein, worin sich auch die Nähe der frühen Arzneimittelaufbereitung zur Diätetik zeigt (Xu 2000, S. 1; Ye 2005, S. 96).

    Relativ detaillierte Angaben zur Aufbereitung bzw. Vorbehandlung von Arzneimitteln finden sich im frühesten erhaltenen Rezepturbuch der Chinesischen Medizin, den «Rezepten gegen 52 Erkrankungen» (Wushier bing fang 五十二病方). Dieses auf Seide geschriebene Manuskript (Abb. 1.1) gehört zu den Funden aus den Mawangdui-Gräbern, die 1973 in Changsha in Hunan entdeckt wurden. In den drei Gräbern der Familie des Marquis von Dai wurden in Grab Nr. 3 insgesamt 15 Schriften zur Chinesischen Medizin gefunden. Das Grab wird auf das Jahr 168 v. u. Z. datiert.

    A978-3-662-55846-1_1_Fig1_HTML.jpg

    Abb. 1.1

    Ein Ausschnitt aus dem Seidenmanuskript «Rezepte gegen 52 Erkrankungen» (Wushier bing fang) aus dem Mawangdui-Grab Nr. 3 (168 v. u. Z.)

    Die in den «Rezepten gegen 52 Erkrankungen» (Wushier bing fang 五十二病方) aufgeführten Krankheiten umfassen Hautleiden, Verletzungen (Schlangenbiss, Blutegelbiss, Messer- oder Schwertwunden etc.), Krämpfe, Enddarmleiden (vor allem Hämorrhoiden), Innere Leiden («Aconit-Vergiftung», «Schwierigkeiten beim Harnlassen», «öliger Harn»), Genitalleiden sowie unbestimmte Indikationen: «Kinderdämon», «Großes Band», «Unwohlsein» etc. mit magisch-religiösem Inhalt.

    Die therapeutischen Anweisungen decken ein breites Spektrum innerer und äußerer Behandlungsmethoden ab, wobei die äußeren Anwendungen mit fast 60% überwiegen, während die innerlichen Anwendungen (vor allem Dekokte) nur etwas über 30% ausmachen. Die Arzneitherapie steht eindeutig im Mittelpunkt dieses Textes, es werden aber auch Kauterisation, Steinnadelöffnungen, Räuchern, Baden, magische Beschwörungen, Massage und Schröpfen erwähnt (Harper 1982, 1998, S. 98−109).

    In den «Rezepten gegen 52 Erkrankungen» (Wushier bing fang 五十二病方) werden 254 (überwiegend pflanzliche) Arzneidrogen genannt, von denen allerdings bisher nur etwa 140 Mittel anhand von anderen späteren drogenkundlichen Werken identifiziert werden konnten (Ma 1992, S. 110). Das Manuskript enthält relativ genaue Anweisungen zur Verarbeitung bzw. Aufbereitung von Rohdrogen.

    So werden neben Waschen, Säubern und Auslese unterschiedliche Arten der Trocknung genannt, wie Trocknen im Schatten, in der Sonne oder über dem Feuer. Auch die Art der Zerkleinerung der Drogen wird differenziert und mit neun Termini technici beschrieben: Darunter kommt «zermörsern» (ye 冶) relativ oft vor; relativ häufig sind auch Angaben wie «zu zerstoßen», «zu zerkauen», «zu klopfen».

    Weiterhin werden die Arzneimittel vor ihrem Gebrauch mit Hilfsstoffen wie «Wein», Essig oder Gallensaft etc. versetzt, indem sie mit dem jeweiligen Hilfsstoff besprüht, begossen, darin eingeweicht oder gekocht werden. Zur äußeren Anwendung werden die Arzneimittel häufig mit Fett oder Öl versetzt (für die moderne Anwendung von Hilfsstoffen s. Kap. 4). Bei den zwölf genannten Methoden zum Erhitzen wird das Kochen bei unterschiedlicher Feuerstärke beschrieben. Außerdem werden Dämpfen, Braten, Backen, Rösten (zhi 炙) und Karbonisieren («Verbrennen») genannt, wobei das Karbonisieren häufig dem Pulverisieren vorangeht (für die modernen Methoden s. Kap. 3).

    Weiterhin finden sich im Text Angaben zur richtigen Aufbewahrung der prozessierten Drogen, wie dem Aufbewahren in Leder, Stoff oder Seide (Harper 1998, S. 107; Ma 1992, S. 128−33, Unschuld 1986, S. 238; Xu 2000, S. 2).

    In dem Seidentext gibt es allerdings keine theoretischen Erklärungen für die Arzneimittelaufbereitung oder deren besonderen Wirkung.

    Als weiteres Beispiel für die frühe Anwendung von Prozessierungsmethoden wird gerne ein Eintrag im «Inneren Klassiker des Gelben Fürsten» (Huangdi neijing) genannt. In Kapitel 71 des Lingshu 灵枢 («Angelpunkt der Struktivkraft», aus dem 1. Jahrhundert v. u. Z., im 11. Jahrhundert rekonstruiert) ist bei der Erläuterung einer Rezeptur von einer aufbereiteten Pinelliae rhizoma (Zhi banxia 治半夏) die Rede, wobei der Begriff zhi 治 hier im Sinne von «behandelt, reguliert, vorbehandelt» zu verstehen ist. Es fehlen in diesem Text allerdings genauere Angaben über die Art der Prozessierung, offensichtlich scheint sie damals üblich und verbreitet gewesen zu sein.

    In den Werken von Zhang Zhongjing 张仲景 (150−219) aus der Han-Zeit, «Wichtige Besonderheiten aus der Goldenen Schatulle» (Jingui yaolüe 金匮要略) und «Abhandlung über schädigende Kälte (algor laedens)» (Shanghan lun 伤寒论), werden acht Aufbereitungsmethoden aufgeführt: ao 熬 «aufkochen», xijiu 洗酒 «mit Wein spülen», quhan 去汗 «die (innere) Feuchtigkeit der Drogen entfernen», chuxian 出咸 «den Salzgeschmack entfernen», quxing 去腥/性 «den schlechten Geruch von Drogen entfernen», shuiji 水剂 «wässern», tangji 汤剂 «mit einer Aufkochung versetzen» und shao 烧 «verbrennen» (Hu 2008, S. 2; Unschuld 1973, S. 63).

    In «Shennongs Klassiker der Drogenkunde» [Shennong bencao jing 神农本草经, aus der späten Han-Zeit (25−220 n. u. Z.), z. T. verschollen und verändert, um 500 von Tao Hongjing 陶弘景 (456−536) kompiliert], dem frühesten erhaltenen drogenkundlichen Werk mit Einzelmittelbeschreibungen, gibt es einige Passagen, die auf eine gewisse Systematisierung der Aufbereitung von Arzneimitteln hinweisen. So heißt es im Vorwort: «(Es gibt Drogen), die im Schatten oder in der Sonne getrocknet werden. Beim Einsammeln und beim Aufbereiten (zhi 治) achte man auf den Zeitpunkt und den Monat, ob sie roh oder gegart verwendet werden, von welchem Ort sie stammen, ob sie verfälscht oder echt sind und ob sie abgelagert oder frisch sind. Für alles gibt es jeweils Gesetzmäßigkeiten und Methoden.» (Shennong bencao jing 神农本草经, Vorwort, S. 51).

    Es ist daher davon auszugehen, dass es bereits vor dem Aufkommen einer speziellen medizinischen und drogenkundlichen Literatur ein hoch entwickeltes System der Aufbereitung von Rohdrogen gab, das zunächst vornehmlich auf Erfahrungswerten basierte, aber später auch theoretische Untermauerung fand.

    1.1.1 Erstes eigenständiges Werk zu Paozhi

    Das früheste (wenigstens teilweise) erhaltene chinesische Werk, das sich explizit mit Aufbereitungsmethoden befasst, ist die «Abhandlung über Aufbereitungsverfahren des Leigong» (Leigong paozhi lun 雷公炮炙论, von Lei Xiao 雷敩 verfasst), das wahrscheinlich aus dem 5. Jahrhundert n. u. Z. stammt. Über den Autor Lei Xiao ist wenig bekannt (Abb. 1.2).

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    Abb. 1.2

    Idealtypisches Portrait von Lei Xiao 雷敩, dem Autor der «Abhandlung über Aufbereitungsverfahren des Leigong» (Leigong paozhi lun)

    Interessant ist der Umstand, dass der Titel des Buches sich auf Leigong 雷公 (Abb. 1.3), den «Herzog des Donners», einen legendären Zeitgenossen des Gelben Kaisers, bezieht, der als Patron der Aufbereitungsmethoden galt. Allerdings hat der Autor mit Familiennamen Lei nichts mit dieser legendären Person gemein, wie bereits Li Shizhen 李時珍 (1518−1593) in seinem Bencao gangmu 本草纲目 («Systematische Drogenkunde»; «Geordnete Drogenkunde») Ende des 16. Jahrhunderts bemerkte (Unschuld 1986).

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    Abb. 1.3

    Darstellung des «Herzogs des Donners» Leigong 雷公 (aus «Illustrierte Beseitigung der Unwissenheit in der Drogenkunde» [Tuxiang bencao mengquan 图象本草蒙筌], datiert 1628)

    Aufgrund der Bedeutung dieses frühen Textes haben die meisten späteren drogenkundlichen Werke große Teile dieser Schrift immer wieder übernommen und zitiert. Das Original ging jedoch verloren. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts hat der Gelehrte Zhang Ji 张骥 (aus der Provinz Sichuan) diesen grundlegenden Text aus Fragmenten rekonstruiert und herausgegeben.

    Die «Abhandlung über Aufbereitungsverfahren des Leigong» (Leigong paozhi lun 雷公炮炙论) enthält 17 verschiedene Aufbereitungsmethoden, die größtenteils heute noch klinisch eingesetzt werden, wie pao 炮 «(trocken) Rösten», zhi 炙 «(befeuchtet) Rösten», chao 炒 «unter Wenden Rösten» oder duan 煆 «Brennen» (Leigong paozhi lun, Shi 1981, S. 10; Xu 2000, S. 16).

    Weiterhin umfasst es an die 300 Arzneimittelmonographien, in denen Anbau, Ernte und vor allem die verschiedenen Aufbereitungsmethoden der einzelnen Drogen detailliert beschrieben werden (Unschuld 1973; Unschuld 1986).

    Zwei Beispiele sollen verdeutlichen, wie in diesem Werk die Aufbereitung beschrieben wird: «Paeoniae radix lactiflorae (Shaoyao 芍药): Gleich nach dem Sammeln lässt man (die Droge) in der Sonne trocknen. Mit einem Bambusmesser entfernt man die grobe Schale, vermischt (die Droge) mit Honigwasser und dämpft sie von 9 bis 15 Uhr. Danach trocknet man sie erneut in der Sonne und verwendet sie.» (Leigong paozhi lun tongjie, Dun 2001, S. 166).

    «Coptidis rhizoma (Huanglian 黄连): Zum Gebrauch sollte man zunächst die Haare und feinen Wurzeln auf der Oberfläche mit einem Tuch reibend entfernen und (die Wurzel anschließend) in aus fermentierter Hirse hergestellter dicker weißlicher Flüssigkeit (jiangshui 浆水) zwei Nächte einweichen und anschließend über einem schwachen Feuer aus Weidenholz (liumu 柳木) trocknen (beigan 焙干).» (Leigong paozhi lun tongjie, Dun 2001, S. 212; Shi 1985, S. 6).

    Bei den Ausführungen in diesem Werk ist bemerkenswert, dass die relativ aufwändigen Vorgänge des Prozessierens genau und konkret beschrieben werden, dass sich allerdings zugleich nur wenige Hinweise auf die klinischen Veränderungen der arzneilichen Wirkung der beschriebenen Drogen darin finden. Möglicherweise wurden diese aber auch in den späteren drogenkundlichen Werken bewusst weggelassen.

    1.2 Höhepunkt der Paozhi-Methoden in der Ming-Zeit

    Nach der «Abhandlung über Aufbereitungsverfahren des Leigong» (Leigong paozhi lun 雷公炮炙论) aus dem 5. Jahrhundert folgten eine Reihe weiterer, meistens kürzerer Werke zur Aufbereitung von Arzneimitteln, die jedoch nicht erhalten geblieben sind. Dies änderte sich in der Ming-Zeit (1368−1644), die gemeinhin als Blütezeit der Aufbereitungsverfahren (paozhi) gilt. Die technologischen Möglichkeiten wurden in dieser Zeit immer ausgereifter, und es wurden immer mehr und unterschiedlichere Zusatzmittel zur Aufbereitung verwendet. Zugleich wurde dieser Zweig der drogenkundlichen Literatur unter der Ming-Dynastie stark ausgebaut, und es entstanden umfangreiche Kompendien zu diesem Thema.

    Darunter gilt die Abhandlung «Zur Beseitigung der Unwissenheit in der Drogenkunde» (Bencao mengquan 本草蒙筌, um 1565) von Chen Jiamo 陈嘉谟 (1521−1603) als ein Schlüsseltext für die Aufbereitung (paozhi) von Arzneimitteln (Fang 2004; Xu 2000, S. 17). Sie wurde auch von Li Shizhen李時珍 (1518−1593), einem Zeitgenossen des Autors und Verfasser des umfangreichsten drogenkundlichen Werkes Bencao gangmu 本草纲目 («Systematische Drogenkunde»; «Geordnete Drogenkunde») Ende des 16. Jahrhunderts lobend erwähnt und teilweise zitiert. So heißt es in dem Werk «Zur Beseitigung der Unwissenheit in der Drogenkunde» (Bencao mengquan 本草蒙筌):

    «Bei der Bearbeitung von Arzneimitteln kommt es vor allem auf Ausgewogenheit an: Wird zu wenig (aufbereitet), ist nur schwer eine Wirkung zu erzielen; wird zu viel (aufbereitet), können sich Temperaturverhalten und Geschmacksrichtung umkehren oder (die Wirkung) ganz verloren gehen.

    Grundsätzlich gibt es bei Verwendung von Feuer vier verschiedene Bearbeitungsarten: ‹Brennen› (duan 煆), ‹Trocken Rösten› (pao 炮), ‹Angefeuchtet Rösten› (zhi 炙) und ‹unter Wenden Rösten› (chao 炒); es gibt drei verschiedene Bearbeitungsmethoden bei Verwendung von Wasser: ‹Durchfeuchten› (zi 渍), ‹Einweichen› (pao 泡) und ‹mit Wasser Waschen› (xi 洗) sowie zwei Arten der kombinierten Anwendung von Feuer und Wasser: ‹Dämpfen› (zheng 蒸) und ‹Kochen› (zhu 煮).

    Darüber hinaus gibt es noch viele andere Bearbeitungsmethoden, die jedoch alle durch die Verwendung von Wasser und/oder Feuer gekennzeichnet sind. Werden diese Aufbereitungsmethoden richtig angewendet, kann auf keine von ihnen verzichtet werden.» (Vorwort Bencao mengquan 本草蒙筌, Fang 2004).

    Weiter heißt es zur Veränderung der Wirkung durch die Verwendung unterschiedlicher Hilfsstoffe: «Mit Wein aufbereitet (wirkt das jeweilige Arzneimittel) emporhebend; mit Ingwer aufbereitet zerstreuend. In Salz eingelegt verbreitet es sich im Fk Niere (o. renalis, shen) und erweicht Verhärtungen. Wird Essig (zur Aufbereitung) verwendet, so dringt (das jeweilige Arzneimittel) in die Leitbahn des Fk Leber (o. hepaticus, gan) ein und dient zur Schmerzstillung.» (Vorwort Bencao mengquan 本草蒙筌, Fang 2004).

    Im Jahr 1628 wurden die Monographien des Werkes «Zur Beseitigung der Unwissenheit in der Drogenkunde» (Bencao mengquan 本草蒙筌) unter dem Titel «Illustrierte Beseitigung der Unwissenheit in der Drogenkunde» (Tuxiang bencao mengquan 图象本草蒙筌) durch Abbildungen erweitert und zum Teil mit Querschnitten der Wurzeldrogen etc. versehen (Abb. 1.4). Vor allem in seiner illustrierten Form vom Jahr 1628 gewann das für die Arzneimittelaufbereitung so wichtige Werk nochmals an Bedeutung und auch an Verbreitung. So sind heute noch vier Ming-zeitliche und eine Qing-zeitliche Ausgabe erhalten; auch in Japan war das Werk sehr bekannt (Unschuld 1986, S. 248).

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    Abb. 1.4

    Trichosanthes-Samen und Fruchtschale (Gualou) sowie Querschnitte der Wurzeldroge (aus «Illustrierte Beseitigung der Unwissenheit in der Drogenkunde» [Tuxiang bencao mengquan 图象本草蒙筌], datiert 1628)

    Ein anderes Werk aus der Ming-Dynastie sollte in diesem Zusammenhang noch genannt werden. Es trägt den Titel «Große Methoden des Aufbereitens» (Paozhi dafa 炮炙大法, 1622 von Miao Xiyong verfasst) und kann in zwei Teile geteilt werden: Im ersten werden 439 Arzneimittel, nach ihrer Herkunft geordnet, in sehr kurzen Monographien mit ihrer Herkunft, Zeit des Erntens, ihren unterschiedlichen Aufbereitungsmethoden, Hilfsstoffen, Aufbewahrung etc. dargestellt. Im zweiten, deutlich kürzeren Teil werden allgemeine Grundsätze zur Verwendung von Arzneimitteln wie Herstellung von Dekokten, Pulvern etc. sowie Verbote der Einnahmen auch in der Schwangerschaft und zahlreiche Aufbereitungsmethoden (basierend auf den 17 Methoden des Leigong) relativ detailliert dargestellt. Auch wenn dieses Werk zu seiner Zeit längst nicht solch eine große Verbreitung wie das oben genannte Buch «Zur Beseitigung der Unwissenheit in der Drogenkunde» (Bencao mengquan 本草蒙筌) erfahren hat, wird es bis heute auch in modernen Werken vielfach zitiert (Hu 2008, S. 17; Xu 2000, S. 4; Unschuld 1986, S. 249).

    Ein weiterer Beleg für die hohe Wertschätzung der Aufbereitungsverfahren unter der Ming-Dynastie liegt darin, dass unter den fünf offiziell am Kaiserhof zusammengestellten und aufwändig mit bunten Illustrationen versehenen medizinischen Handbüchern sich ein Werk über Aufbereitungsmethoden fand.

    Es heißt «Ergänzendes Handbuch zur Abhandlung über Aufbereitungsverfahren des Leigong» (Buyi Lei Gong paozhi bianlan 补遗雷公炮制便览) aus dem späten 16. Jahrhundert und wurde erst vor einigen Jahren in der Bibliothek der Akademie für TCM in Beijing von Prof. Huang Longxiang «wiederentdeckt». Eine Abbildung aus diesem Werk zur Aufbereitung von Morindae radix (Bajitian 巴戟天) soll hier zur Verdeutlichung dienen (Abb. 1.5).

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    Abb. 1.5

    Darstellung zur Aufbereitung von Morindae radix (Bajitian) (aus «Ergänzendes Handbuch zur Abhandlung über Aufbereitungsverfahren des Leigong» [Buyi Lei Gong paozhi bianlan 补遗雷公炮制便览], aus dem späten 16. Jahrhundert)

    1.3 Blick in die Moderne

    Aus der Neuzeit ist als erste offizielle Pharmakopöe Chinas das «Chinesische Arzneibuch» (Zhonghua yaodian 中华药典) aus dem Jahre 1930 überliefert, das mit der Vergangenheit bricht, indem es die überlieferten drogenkundlichen Schriften (bencao) als «Abfallpapier» bezeichnet und sich gänzlich an dem Vorbild westlicher Pharmakopöen orientiert (Unschuld 1986, S. 61 ff.). So stammen die meisten der 676 beschriebenen Drogen aus der europäischen Materia Medica.

    Im Vergleich dazu waren im ersten offiziellen Arzneibuch der VR China (Zhonghua renmin gongheguo yaodian 中华人民共和国药典) aus dem Jahre 1953 nur etwa 20 der insgesamt 581 Monographien Rohdrogen gewidmet, wie sie in der traditionellen drogenkundlichen Literatur beschrieben werden (z. B. Menthae herba, Zingiberis rhizoma, Rheum etc.). Sehr peripher wurden auch traditionelle Aufbereitungsmethoden zu diesen Mitteln angegeben.

    Wie oben bereits beschrieben, haben sich die traditionellen Aufbereitungsmethoden von chinesischen Arzneimitteln über die Zeit hinweg gewandelt. Auch regional gibt es bis heute in den verschiedenen Regionen Chinas erhebliche Unterschiede bei den unterschiedlichen Aufbereitungsverfahren und auch bei den dazu eingesetzten Hilfsstoffen, die durch klimatische Unterschiede, unterschiedliche Gewohnheiten und Traditionen der Arzneimittelverwendung bedingt sind. Nach der Kulturrevolution (1966−1976) setzten eine gewisse Wiederbelebung und zugleich eine Verwissenschaftlichung der Aufbereitungsmethoden (paozhi) im Sinne der westlichen Pharmakologie ein. So begannen die Gesundheitsbehörden in jeder Provinz die eigenen Erfahrungen bezüglich der Aufbereitungsmethoden zu sammeln und zu veröffentlichen.

    Diese Bemühungen mündeten in die Veröffentlichung des Buches «Nationale Standards für die Aufbereitung von chinesischen Arzneidrogen» (Quanguo zhongyao paozhi guifan 全国中药炮制规范) aus dem Jahre 1988, das noch heute als Standardwerk für die Aufbereitung chinesischer Arzneimittel gilt. Es umfasst 554 chinesische Arzneimittel und deren Weiterverarbeitung zu so genannten «Dekoktstücken» (yinpian 饮片, S. Kap 3.​1), die als Grundlage für Dekokte Verwendung finden. Allerdings ist heute wieder eine Tendenz zur Regionalisierung auszumachen, so dass die regionalen «Standards für die Aufbereitung von chinesischen Arzneidrogen» (Paozhi guifan) in den einzelnen Provinzen wieder an Bedeutung gewinnen (Guojia yaodian weiyuanhui 2015; Zhonghua renmin gongheguo yao zheng guanli ju 1988; Jiangxi sheng weisheng ting yao zheng guanli ju 1991).

    Auch die neueste Version des Pharmakopöe der VR China (Zhonghua renmin gongheguo yaodian 中华人民共和国药典) aus dem Jahr 2015 legt mehr Wert auf die Aufbereitungsmethoden als die Ausgaben zuvor. So werden z. B. im Anhang (von Band 4) 27 verschiedene Prozessierungsverfahren kurz beschrieben (Bd. 4 Anhang, S. 31−2).

    Die heutige Entwicklung der Aufbereitungsverfahren in China lässt sich nach den bisher gewonnenen Erkenntnissen auch kritisch beleuchten:

    Durch die zunehmende pharmazeutische Standardisierung von prozessierten Arzneimitteln auf nationaler Ebene werden die regionalen Besonderheiten der Aufbereitung von chinesischen Arzneidrogen eher in den Hintergrund gedrängt.

    Da der Vertrieb von «Dekoktstücken» (yinpian) immer stärker reglementiert wird und ihre Herstellung neuerdings ausschließlich einigen großen Arzneimittelfabriken vorbehalten ist, gibt es immer weniger Möglichkeiten zur individuellen Aufbereitung von chinesischen Arzneidrogen in geringem Umfang (z. B. in einzelnen traditionellen Apotheken oder in Ambulanzen für Altärzte). Dadurch wird unweigerlich die Vielfalt der anzuwendenden Verfahren nochmals eingeschränkt, und es wächst zugleich die Gefahr, dass wertvolles traditionelles Wissen über die Praxis der Aufbereitung verloren geht.

    Dies geht einher mit einer bedauerlichen Entwicklung an den TCM-Universitäten, wo in den Abteilungen für Arzneimittelkunde die Anzahl der Unterrichtsstunden für Aufbereitungsverfahren immer weiter zurückgeht. Immer weniger Studenten können demnach auf ein profundes Wissen sowohl in der klinischen Anwendung der Arzneimittel als auch in der Kenntnis der Drogen selbst, ihrer Qualität und ihren Aufbereitungsverfahren, zurückgreifen.

    Obwohl die chinesische Arzneitherapie in Deutschland (auch dank der frühen Arbeiten von Prof. Manfred Porkert) seit fast 40 Jahren verbreitet ist, sind die Paozhi-Methoden zur Aufbereitung von chinesischen Arzneimitteln mit Ausnahme einiger weniger westlicher Veröffentlichungen zu diesem Thema kaum bekannt (Stöger 2016; Sionneau 2000; Bensky et al. 2004; Körfers u. Sun 2009). Zudem finden sich in diesen westlichen Werken in der Regel nur jeweils Einzelaspekte zur Herstellung und Anwendung der prozessierten Arzneimittel.

    Vor diesem Hintergrund erscheint es als sinnvoll, dieses wertvolle und in der therapeutischen Anwendung sehr bedeutsame traditionelle Wissen aus China auch bei uns im Westen zu bewahren und die über einen sehr langen Zeitraum entstandene Vielfalt der Aufbereitungsmethoden (paozhi) sinologisch fundiert in ihrer heutigen pharmazeutischen und therapeutischen Bedeutung systematisch darzustellen.

    Literatur

    Bensky D, Clavey S, Stöger E (2004) Chinese Herbal Medicine − Materia Medica, 3rd ed. Eastland Press, Seattle

    Engelhardt U (2012) Prozessierungsmethoden von chinesischen Arzneimitteln (paozhi) in China – ihre historische Entwicklung bis in die Gegenwart. Chinesische Medizin 27:133−41Crossref

    Dun Baosheng 顿宝生 et al (2001) Erläuterungen zur Abhandlung über Aufbereitungsverfahren des Leigong (Leigong paozhi lun tongjie 雷公炮炙論通解). Drei-Qin-Verlag (San Qin chubanshe 三秦出版社), Xi’an

    Fang C, Engelhardt U (Übers.) (2004) Die verschiedenen Aufbereitungsmethoden (paozhi) chinesischer Arzneimittel und ihre klinische Anwendung. Chinesische Medizin 19:93−100

    Guojia yaodian weiyuanhui 国家药典委员会 (2015) Pharmakopöe der VR China, Bd. 1 (Zhonghua renmin gongheguo yaodian yibu 中华人民共和国药典一部). Chinesischer Verlag für Medizin, Pharmakologie, Wissenschaft und Technik (Zhongguo yiyao keji chubanshe 中国医药科技出版社), Beijing

    Guojia yaodian weiyuanhui 国家药典委员会 (2015) Pharmakopöe der VR China, Bd. 4 (Zhonghua renmin gongheguo yaodian sibu 中华人民共和国药典四部). Chinesischer Verlag für Medizin, Pharmakologie, Wissenschaft und Technik (Zhongguo yiyao keji chubanshe 中国医药科技出版社), Beijing

    Harper D (1982) The «Wu Shih Erh Ping Fang»: Translation and Prolegomena. Ann Arbor, Michigan, University Microfilms

    Harper D (1998) Early Chinese Medical Manuscripts: The Mawangdui Medical Manuscripts. Wellcome Asian Medical Monographs, Kegan Paul International, London

    Hu Changjiang 胡昌江 et al (2008) Klinische Aufbereitung chinesischer Arzneimittel (Linchuang zhongyao paozhixue 临床中药炮制学). Verlag für Volkshygiene (Renmin weisheng chubanshe 人民卫生出版社), Beijing

    Jiangxi sheng weisheng ting yao zheng guanli ju 江西省卫生厅药政管理局 (1991) Standards für die Aufbereitung von chinesischen Arzneimitteln der Provinz Jiangxi, Band 1991 (Jiangxi sheng zhongyao paozhi guifan 1991 nian ban 江西省中药炮制规范1991年版). Verlag für Wissenschaft und Technik Shanghai (Shanghai kexue jishu chubanshe 上海科学技术出版社), Shanghai

    Körfers A, Sun Y (2009) Traditionelle Chinesische Medizin Arzneidrogen und Therapie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart

    Ma Jixing 馬繼興 (1992) Untersuchungen zu den alten Medizintexten aus Mawangdui (Mawangdui guyishu kaoshi 馬王堆古醫書考釋. Wissenschaftlicher Verlag Hunan (Hunan kexue chubanshe 湖南科学出版社), Changsha

    Shi Zhongan 施仲安 et al (1985) Abhandlung über Aufbereitungsverfahren des Leigong (Leigong paozhi lun 雷公炮炙論). Verlag für Wissenschaft und Technik Jiangsu (Jiangsu kexue jishu chubanshe 江苏科学技术出版社), Nanjing

    Sionneau P (2000) Introduction to the Use of Processed Chinese Medicinals. Blue Poppy Press, Boulder

    Stöger E (2016) Arzneibuch der chinesischen Medizin (Loseblattwerk). Deutscher Apothekerverlag, Stuttgart

    Unschuld P U (1973) Die Praxis des traditionellen chinesischen Heilsystems – unter Einschluss der Pharmazie dargestellt an der heutigen Situation auf Taiwan; Münchner Ostasiatische Studien Band 8. Franz Steiner, Stuttgart, Wiesbaden

    Unschuld P U (1986) Medicine in China − A History of Pharmaceutics. University of California Press, Berkeley

    Xu Chujiang 徐楚江 et al (2000) Die Aufbereitung chinesischer Arzneimittel − Unterrichtsmaterial für höhere medizinische Institutionen und Schulen (Zhongyao paozhixue, Gaodeng yiyao yuanxiao jiaocai 中药炮制学, 高等医药院校教材) Verlag für Wissenschaft und Technik Shanghai (Shanghai kexue jishu chubanshe 上海科学技术出版社), Shanghai

    Ye Dingjiang 叶定江 et al (2005) Lexikon der Lehre der Aufbereitung chinesischer Arzneimittel (Zhongyao paozhixue cidian 中药炮制学辞典). Verlag für Wissenschaft und Technik Shanghai (Shanghai kexue jishu chubanshe 上海科学技术出版社), Shanghai

    Zhonghua renmin gongheguo yao zheng guanli ju 中华人民共和国药政管理局 (1988) Nationale Standards für die Aufbereitung von chinesischen Arzneimitteln (Quanguo zhongyao paozhi guifan 全国炮制规范). Verlag für Volkshygiene (Renmin weisheng chubanshe 人民卫生出版社), Beijing

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland 2018

    Changjiang Hu, Rainer Nögel, Josef Hummelsberger und Ute Engelhardt (Hrsg.)Paozhi: Die Aufbereitung chinesischer Arzneimittelhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-55846-1_2

    2. Paozhi: Grundlagen und Anwendung

    C. Hu¹  , R. Nögel²   und U. Engelhardt³  

    (1)

    Jin-niu-district, Chengdu University, 37, shi-er-qiao lu, 610075 Chengdu, China

    (2)

    Praxis Prof. Hempen, Franz-Joseph-Straße 38, 80801 München, Deutschland

    (3)

    Elisabethstraße 11, 80796 München, Deutschland

    C. Hu (Korrespondenzautor)

    Email: 1322758290@qq.com

    R. Nögel (Korrespondenzautor)

    Email: r.noegel@hempen.de

    U. Engelhardt (Korrespondenzautor)

    Email: u.engelhardt@tcm.edu

    2.1 Grundlagen

    2.2 Anwendung

    Literatur

    Nach Anamnese und Diagnose werden in der chinesischen Phytotherapie je nach Symptomkonfigurationen (bianzheng, 辨证) die Arzneimittel ausgewählt, die anschließend häufig zu komplexen Rezepturen zusammengestellt werden. Neben dem Paradigma der Geschmacksrichtungen (sapores, wei 味), dem Temperaturverhalten (natura, xing 性), den Funktionskreisbezügen etc. sowie den Kompatibilitäten und bewährten Kombinationen spielen dabei auch die Aufbereitungsmethoden bzw. die Prozessierung (paozhi 炮制) der Arzneimittel eine wichtige Rolle, die bei uns im Westen bisher wenig Beachtung fanden. Paozhi ist ein bedeutender und integraler Bestandteil der chinesischen Arzneitherapie und dient vorrangig dazu, Rohware in ihrer therapeutischen Richtung zu modifizieren, gegebenenfalls Toxizität zu reduzieren oder die Verabreichung zu vereinfachen. Deshalb kann die Wirksamkeit einer Rezeptur bzw. einer Therapie entscheidend davon abhängen, ob die eingesetzten chinesischen Arzneimittel richtig präpariert sind (Fang 2004).

    2.1 Grundlagen

    2.1.1 Rohes und Gegartes

    Bei der klinischen Anwendung von Arzneimitteln wird zunächst zwischen roh bzw. unpräpariert und gegart unterschieden.

    In der Ming-Zeit hat Fu Renyu in der «Kostbaren Schrift zur Augenheilkunde» (Shenshi yaohan, 1644 veröffentlicht) im Kapitel «Unterschiede beim Einsatz von rohen und gegarten Arzneimitteln» diese Besonderheit treffend zusammengefasst: «(Der Unterschied zwischen) gegarten und rohen Arzneimitteln liegt im Stützen (Suppletieren, bu) und Ausleiten (Dispulsieren, xie) sowie im Nutzen und Schaden. Was das Rohe betrifft, ist seine Wesensnatur ungestüm und seine Geschmacksrichtung (sapor, wei) schwer, seine Wirkweise ist heftig, seine Eigenschaft hart, und es eignet sich vor allem zum Ausleiten (Dispulsieren, xie). Was das Gegarte betrifft, so ist seine Wesensnatur einfach/rein und seine Geschmacksrichtung (sapor, wei) leicht, seine Wirkweise ist mild, seine Eigenschaft weich, und es eignet sich vor allem zum Stützen (Suppletieren, bu).»

    Mit den vielfältigen Aufbereitungsmethoden lassen sich aus «rohen» Arzneimitteln «gegarte» Mittel mit unterschiedlichsten Wirkrichtungen herstellen, um so die zahlreichen Wirkmöglichkeiten eines Einzelmittels den jeweiligen therapeutischen Erfordernissen bzw. der eingesetzten Rezeptur besser anpassen zu können.

    Generell gelten dabei folgende Richtlinien:

    Rohes leitet aus (dispulsiert, xie), Gegartes stützt (suppletiert, bu).

    Wenn man Arzneimittel roh verwendet, wirken sie eher ausleitend (dispulsierend, xie), wenn man sie gegart verwendet, eher stützend (suppletierend, bu).

    So vermag Glycyrrhizae radix (Gancao) in rohem Zustand «Hitze» (calor, re) zu kühlen und Toxisches herauszulösen, so dass sie entsprechend häufig bei Geschwüren, infizierten Wunden, Hals- und Rachenschmerzen verwendet wird. Nach Röstung in Honig kann sie das Qi mehren, und sie wird häufig eingesetzt bei energetischer Schwäche (depletio, xu) der Fk Milz und Magen (oo. lienalis et stomachi, pi wei) (s. Kap. 31, Monographie 26).

    Polygoni multiflori radix (Heshouwu) wirkt im rohen Zustand laxierend und diuretisch und löst Toxisches heraus. Im gegarten Zustand stützt (suppletiert, bu) sie die Fk Leber und Niere (oo. hepaticus et renalis, gan shen), mehrt das Struktivpotential jing und das Xue und fördert das Haarwachstum. Wenn Patienten mit energetischer Schwäche (depletio, xu) der Fk Leber und Niere (oo. hepaticus et renalis, gan shen) rohe Polygoni multiflori radix (Heshouwu) einnehmen, wird sich keine stützende (suppletierende, bu) Wirkung einstellen, sondern vielmehr eine laxierende und ausleitende, was bei dieser Erkrankung kontraindiziert ist (s. Kap. 48, Monographie 43).

    Rohes hat eine drastische Wirkung, Gegartes eine milde Wirkung

    Einige Arzneimittel haben als Rohdrogen eine heftige Wirkung, nachdem sie gegart sind, wirken sie harmonisierend.

    Rhei rhizoma (Dahuang), die dafür bekannt ist, dass sie die Fk Dick- und Dünndarm (oo. intestinorum, chang) durchgängig macht und abführend wirkt, hat nach der Aufbereitung eine deutlich reduzierte purgierende Wirkung, doch ihre Wirkungen wie das Kühlen von «Hitze» (calor, re), die Umwandlung von Stasen oder das Dynamisieren von Xue bleiben erhalten (s. Kap. 53, Monographie 48).

    Rohes ist toxisch, Gegartes hat eine geringere Toxizität

    Einige chinesische Arzneimittel weisen als Rohdrogen eine relativ hohe Toxizität auf, so dass ihr klinischer Einsatz nicht sicher ist. Durch Aufbereitung geht ihre Toxizität zurück, oder sie wird abgeschwächt. So kann die Toxizität von Aconiti radix prima (Wutou) (bei uns nur in präparierter Form erhältlich) oder von (den bei uns aus toxikologischen Gründen nicht verfügbaren Mitteln) Mylabris (Banmao), Huechys (Hongniangzi), Crotonis fructus (Badou) etc. nach der Aufbereitung deutlich gesenkt werden.

    Rohes bewegt, Gegartes hält zurück

    Einige chinesische Arzneimittel haben als Rohdrogen eine starke das Qi bewegende, Zusammenballungen zerstreuende, das Xue dynamisierende und Stasen umwandelnde Wirkung, während die Droge in aufbereiteter Form eher zusammenhaltend wirkt, das Xue zurückhält und Diarrhoe beendet. So hat z. B. Aucklandiae radix (Muxiang) unpräpariert eine eher starke das Qi bewegende und Schmerzen stillende Wirkung, nach einer Präparation in heißer Asche (wei 煨) schwächt sich diese Wirkung ab, dagegen verstärkt sich die Diarrhoe beendende Wirkung der Droge, und ihre Stärken liegen im Stabilisieren der Fk Dick- und Dünndarm (oo. intestinorum, chang) und Beenden der Diarrhoe (s. Kap. 16, Monographie 11). Typhae pollen (Puhuang) wirkt in der unpräparierten Form das Xue dynamisierend und Stasen umwandelnd; nach dem Rösten unter Wenden bis zum Karbonisieren (chaotan 炒炭) ist die Droge adstringierend, sie wirkt zusammenhaltend und das Xue zurückhaltend (s. Kap. 60, Monographie 55).

    Rohes hebt empor und Gegartes senkt ab, oder Rohes senkt ab und Gegartes hebt empor

    Es besteht ein gewisser Zusammenhang zwischen unpräparierten oder aufbereiteten chinesischen Arzneien und ihrer jeweiligen Wirktendenz. Methoden wie die Zugabe von Hilfsstoffen (s. Kap. 4) bei der Aufbereitung oder das Rösten unter Wenden (chao 炒) (s. Kap. 3) haben einen gewissen Einfluss darauf, ob die Arzneien emporhebend oder absenkend wirken.

    So führt üblicherweise das Rösten unter Wenden in «Wein» (jiuchao 酒炒) zu einem Emporheben, das Rösten unter Wenden in Ingwersaft (jiangzhichao 姜汁炒) zu einem Zerstreuen, das Rösten unter Wenden in Essig (cuchao 醋炒) zu einem Zusammenhalten, das Rösten unter Wenden in Salzwasser (yanshuichao 盐水炒) zu einem Bewegen nach unten etc. Raphani semen (Laifuzi) wirkt in der unpräparierten Form vor allem emporhebend, seine Stärke liegt im Induzieren von Brechreiz bei «Wind-Schleim» (pituita venti, fengtan); nach Rösten unter Wenden (chao 炒) senkt er vor allem ab und vermag nun, das Qi abzusenken, «Schleim» (pituita, tan) umzuwandeln, die Verdauung zu fördern und Spannungsgefühle zu beseitigen (s. Kap. 51, Monographie 46).

    Unpräparierter Phellodendri cortex (Huangbo) ist bitter, kalt, in der Tiefe wirkend und absenkend, er kann «Feuchtigkeit-Hitze» (calor humidus, shire) im unteren Wärmebereich (unteres Calorium, xiajiao) kühlen; nach einer Aufbereitung mit scharfem, heißem, emporhebendem und zerstreuendem «Wein» werden seine bitteren und kalten Eigenschaften abgeschwächt, mit Hilfe des «Weines» wird er nach oben bewegt, so dass er gut «Hitze» (calor, re) im oberen Wärmebereich (oberes Calorium, shangjiao), an Kopf und Gesicht kühlen kann (s. Kap. 44, Monographie 39) (Lü 1996, S. 16−17).

    Eine Gegenüberstellung des Begriffspaars sheng 生 – shu 熟 zeigt Tab. 2.1.

    Tab. 2.1

    Gegenüberstellung des Begriffspaars sheng 生 – shu 熟

    2.1.2 Der Einfluss von Aufbereitungsverfahren auf die Wirkparadigma der Arzneimittel

    Veränderung des Temperaturverhaltens (natura, xing) und der Geschmacksrichtungen (sapores, wei)

    Chinesische Arzneimittel werden durch die vier Temperaturverhalten (natura, xing 性 oder qi 气) kalt, heiß, warm und kühl sowie durch die fünf Geschmacksrichtungen (sapores, wei 味) scharf, süß, sauer, bitter und salzig qualitativ beschrieben. Diese Zuordnung ist Teil des Paradigmas der chinesischen Arzneimittel (Hempen u. Fischer 2007, S. 2 ff.) und ein wichtiges Werkzeug zur Erklärung ihrer Wirkung.

    Bei der Aufbereitung lässt sich z. B. durch Hitzezufuhr bewirken, dass rohe Arzneimittel gegart werden, und mit Hilfsstoffen kann man erreichen, dass sich die Temperaturverhalten (natura, xing) und Geschmacksrichtungen (sapores, wei) gegenseitig stützen oder zügeln und auf diese Weise die therapeutische Wirkung beeinflussen oder verändern.

    Zum Beispiel weist Rehmanniae radix (Sheng dihuang) eine süße und bittere Geschmacksrichtung (sapor, wei) sowie ein kaltes Temperaturverhalten (natura, xing) auf und hat die Wirkung, «Hitze» (calor, re) zu kühlen, das Xue zu klären, das Yin zu nähren und Säfte hervorzubringen. In dieser Weise wird sie eingesetzt z. B. im «Dekokt mit Bubali cornu und Rehmannia» (Xijiao dihuang tang) (s. Kap. 67, Rezepturenverzeichnis Nr. 278 oder im «Dekokt zur Kühlung der Bauenergie» (Qingying tang) (s. Kap. 67, Rezepturenverzeichnis Nr. 180).

    Wird sie zu Rehmanniae radix praeparata (Shu dihuang) aufbereitet, verändern sich Temperaturverhalten (natura, xing) und Geschmacksrichtung (sapor, wei) zu leicht warm und süß; sie wirkt nun das Yin rigierend und das Xue suppletierend, wie z. B. im «Dekokt der vier Bestandteile» (Siwu tang) (s. Kap. 52, Monographie 47).

    Coptidis rhizoma (Huanglian) ist sehr bitter und sehr kalt; wenn man sie mit dem scharfen und warmen Ingwersaft aufbereitet, können sowohl das Bittere als auch das Kalte reduziert werden. Dies nennt man «der Wirkung entgegengesetzte Aufbereitung». Wenn man Coptidis rhizoma (Huanglian) hingegen im bitteren Gallensaft aufbereitet, kann dadurch ihre bittere und kalte Eigenschaft verstärkt werden, man nennt dies «die Wirkung verstärkende Aufbereitung» (s. Kap. 22, Monographie 17).

    Unpräparierte Glycyrrhizae radix (Gancao) hat eine süße Geschmacksrichtung und ein kühles Temperaturverhalten, sie wirkt «Hitze» (calor, re) kühlend, Toxisches herauslösend, den Fk Lunge (o. pulmonalis, fei) kühlend und «Schleim» (pituita, tan) umwandelnd. Sie wird häufig bei Schwellungen und Schmerzen von Kehle und Rachen, Husten aufgrund «Schleim-Hitze» (calor pituitae, tanre) sowie entzündlichen Schwellungen eingesetzt. In dem in den «Wichtigen Besonderheiten aus der goldenen Schatulle» (Jingui yaolüe, von Zhang Zhongjing, 2. Jahrhundert) genannten «Dekokt mit Platycodi radix» (Jiegeng tang) wird unpräparierte Glycyrrhizae radix (Gancao) verwendet, wobei ihre «Glut» (ardor, huo) ausleitende und Toxisches herauslösende Wirkung zur Geltung kommt. Geröstete (zhi 炙) Glycyrrhizae radix (Gancao) hat eine süße Geschmacksrichtung und ein warmes Temperaturverhalten und vermag den Fk Milz (o. lienalis, pi) zu suppletieren, das Qi zu mehren, Spannungen zu beseitigen und Schmerzen zu stillen. Sie wird häufig in erwärmenden, suppletierenden Rezepturen eingesetzt wie im «Dekokt mit gerösteter Süßholzwurzel» (Zhi gancao tang) aus der «Abhandlung über schädigende Kälte (algor laedens)» (Shanghan lun, von Zhang Zhongjing, aus dem 2. Jahrhundert).

    Auf diese Weise lässt sich der Wirkbereich von Arzneimitteln vielfältig erweitern, und man kann erreichen, dass sie noch besser den Bedürfnissen der klinischen Anwendung gerecht werden (Hu 2008: 7, Xu 2000, S. 8; Lü 1996, S. 18; Gong 2007, S. 14).

    Veränderung der emporhebenden und absenkenden Wirkung

    Das Emporheben, Absenken, an der Oberfläche oder in der Tiefe Wirken verweisen auf die Wirkrichtung oder Wirktendenz der Arzneimittel im menschlichen Körper. Sie ergeben sich aus der differenzierten Beurteilung von Temperaturverhalten (natura, xing) und Geschmacksrichtung (sapor, wei) (Hempen u. Fischer 2007, S. 7) Allgemein gelten warme und scharfe Arzneimittel mit einem schwachen Qi [d. h. sie haben ein schwaches Temperaturverhalten (natura, xing)] als emporhebend; sie verhindern das Eindringen von schrägläufigen (heteropathischen, xie) Prozessen in die Tiefe und heben das körpereigene Qi nach oben und außen.

    Absenkende, nach unten führende Nahrungsmittel sind durch eine schwache Geschmacksrichtung (sapor, wei) gekennzeichnet, die von süß bis salzig reichen kann. Ihr Temperaturverhalten (natura, xing) ist in der Regel kühl oder neutral.

    Mithilfe der Aufbereitungsmethoden kann man die Wirkrichtung abändern und so die Arzneimittel noch besser an die Erfordernisse der klinischen Praxis anpassen. So kann Raphani semen (Laifuzi) roh verwendet werden, um anzuheben und zu zerstreuen sowie um «Schleim» (pituita, tan) auszuwerfen. Nach der Röstung wirkt das Mittel in der Tiefe, senkt Qi ab, beseitigt «Schleim» (pituita, tan), löst Nahrungsstagnationen auf und beseitigt Spannungen (s. Kap. 51, Monographie 46).

    Die kalte und bittere Phellodendri cortex (Huangbo) gehört zu den Mitteln, die «Feuchtigkeit-Hitze» (calor humidus, shire) im unteren Wärmebereich (unteres Calorium, xiajiao) klären und in der Tiefe wirken und absenken. Durch die Röstung mit «Wein» kann durch die süße, scharfe, warme und emporhebende Wirkung des «Weines» «Feuchtigkeit-Hitze» (calor humidus, shire) im oberen Wärmebereich (oberes Calorium, shangjiao) gekühlt werden (s. Kap. 44, Monographie 39).

    Durch eine Aufbereitung mit Salz wird die salzige und kalte Wesensnatur verstärkt, und man kann eine Stützung des Fk Niere (o. renalis, shen) erreichen und das Ausleiten des «ministeriellen Feuers» (ignis ministri, xianghuo) verstärken. So zubereitet wird die entsprechende Droge in Rezepturen wie z. B. der «Rehmannia-Pille mit Anemarrhenae rhizoma und Phellodendri cortex» (Zhibai dihuang wan) (s. Kap. 67, Rezepturenverzeichnis Nr. 323 oder der «Pille, die das Yin mächtig ergänzt» (Da buyin wan) (s. Kap. 67, Rezepturenverzeichnis Nr. 41) verwendet (Hu 2008, S. 7, Xu 2000, S. 8; Gong 2007, S. 15).

    Veränderung des Funktionskreis-/Leitbahnbezuges

    Der Funktionskreis- oder Leitbahnbezug gibt Aufschluss darüber, in welchem Funktionskreis bzw. in welcher Leitbahn das Arzneimittel seine Wirkung entfaltet.

    Durch unterschiedliche Arten von Wärmezufuhr und durch die Zugabe von verschiedenen Hilfsstoffen kann der Funktionskreis- oder Leitbahnbezug von chinesischen Arzneimitteln durch die Aufbereitung beeinflusst werden. Damit kann ein Arzneimittel direkt an den Ort der Erkrankung geführt werden und seine Wirkung in einem bestimmten Funktionskreis oder einer Leitbahn noch besser entfalten.

    Anemarrhenae rhizoma (Zhimu) wirkt roh verwendet «Hitze» (calor, re) kühlend und «Glut» (ardor, huo) ausleitend, und sie wirkt auf den Fk Lunge (o. pulmonalis, fei) und den Fk Magen (o. stomachi, wei). Durch das Rösten in Salz wird die Arzneimittelwirkung nach unten geleitet, das Mittel dringt in den Fk Niere (o. renalis, shen) ein, so dass die das Yin befeuchtende, «Glut» (ardor, huo) absenkende und «Hitze» aufgrund von energetischer Schwäche (calor depletionis, xure) zurückdrängende Wirkung verstärkt wird (s. Kap. 10, Monographie 5).

    Toosendan fructus (Chuanlianzi) hat ein kaltes Temperaturverhalten (natura, xing) und eine bittere Geschmacksrichtung (sapor, wei). Mit Essig präpariert wird die Qi regulierende, schmerzstillende und auf die Leber-Leitbahn (c. hepatica, gan jing) gerichtete Wirkung verstärkt. Hingegen führt die Röstung mit Salz die Arzneiwirkung nach unten, und sie entfaltet ihre Wirkung speziell im unteren Wärmebereich (unteres Calorium, xiajiao), wie z. B. im «Das Qi herausführenden Dekokt» (Daoqi tang) (s. Kap. 67, Rezepturenverzeichnis Nr. 60) (s. Kap. 58, Monographie 53) (Gong 2007, S. 15; Lü 1996, S. 19; Hu 2008: 7−8, Xu 2000, S. 9).

    Der Einfluss der Aufbereitung auf die Toxizität von Arzneimitteln

    Durch unterschiedliche Aufbereitung kann bei zahlreichen Arzneimitteln ihre z. T. starke Toxizität deutlich reduziert oder sogar völlig beseitigt werden. Die Senkung der Toxizität kann durch das Beseitigen toxischer Teile oder Reduzieren des Gehaltes toxischer Bestandteile durch unterschiedliche Methoden wie z. B. das Ausnutzen der Toxisches herauslösenden Wirkung von Hilfsstoffen oder durch Erhitzen und Zerstören toxischer Bestandteile geschehen.

    Damit wird die Sicherheit und Wirksamkeit der Arzneimittel für den klinischen Einsatz gewährleistet. So gehören z. B. Aconiti radix prima (Wutou), Aconiti radix lateralis praeparata (Fuzi) oder Pinelliae rhizoma (Banxia) zu den Mitteln, die in der klinischen Praxis nur aufbereitet eingesetzt werden dürfen (Gong 2007, S. 16; Lü 1996, S. 20; Hu 2008: 10−11).

    In den folgenden Kapiteln wird auf den Einfluss der Aufbereitungsverfahren auf die Toxizität von Arzneimitteln noch genauer eingegangen.

    Steigerung der Therapiewirkung von Arzneimitteln

    Durch die Aufbereitung von chinesischen Arzneimitteln können die Zellen, das Gewebe und die Inhaltsstoffe von Tieren und Pflanzen und die Zusammensetzung, die Fremdsubstanzen und die Kristallstruktur von Mineralien physikalisch und chemisch verändert werden, und diese Veränderungen können über mehrere Wege die Therapiewirkung der Arzneien verstärken.

    Durch den Prozess des Schneidens von chinesischen Arzneien in Dekoktstücke, bei dem ihre Zellen beschädigt und ihre Oberfläche vergrößert werden, kann erreicht werden, dass die arzneilich wirksamen Bestandteile einfacher herausgelöst werden können. Durch Wirkungen wie Besserung der Lösbarkeit und Desorption der bei der Aufbereitung verwendeten Hilfsmittel kann die Wasserlöslichkeit von in Wasser nur schwer löslichen Arzneien gesteigert werden; mit Hitze durchgeführte Behandlungen wie Rösten unter Wenden (chao 炒), Dämpfen (zheng 蒸), Abkochen (zhu 煮) und Brennen (duan 煅) können die Löserate bestimmter arzneilich wirksamer Bestandteile anheben. Was beispielsweise Samen betrifft, gehen die traditionellen Theorien zur Aufbereitung davon aus, dass «alle arzneilich verwendeten Samen stark unter Wenden geröstet (chao 炒) werden müssen, damit ihre Geschmacksrichtung/Wirkung in Rezepturen herausgelöst werden kann». Dies wird mit der Theorie zusammengefasst, dass vor dem Gebrauch «Samen unter Wenden geröstet werden müssen». Weil Arzneimittel aus Samen eine harte Schale haben und ihre arzneilich wirksamen Bestandteile sich nur schwer herauskochen lassen, werden sie durch Rösten unter Wenden (chao 炒) erhitzt, wodurch die Samenschale aufspringt und die Konsistenz locker wird, so dass die Bestandteile leichter herausgekocht werden können.

    Bei «Schleim» (pituita, tan) umwandelnden und Husten stillenden Arzneimitteln wie Farfarae flos (Kuandonghua) und Asteris radix (Ziwan) wird durch Rösten mit Honig (mizhi 蜜炙) ihre den Fk Lunge (o. pulmonalis, fei) befeuchtende und Husten stillende Wirkung erhöht; weil Mel praeparatum (Lianmi) eine den Fk Leber (o. hepaticus, gan) lösende, den Fk Milz (o. lienalis, pi) stützende, den Fk Lunge (o. pulmonalis, fei) befeuchtende und Husten stillende Wirkung hat, kann es als Hilfsstoff einen synergetischen Effekt haben und so die Therapiewirkung erhöhen. Das zeigt, dass durch die Aufbereitung von Arzneimitteln die Therapiewirkung auf mehreren Wegen gesteigert werden kann.

    2.2 Anwendung

    2.2.1 Der Einfluss von Aufbereitungsverfahren auf einzelne Arzneimittelgruppen

    Die Oberfläche (extima, biao) lösende Arzneimittel (mm. liberantia extimae,jiebiao yao 解表药)

    Die Arzneimittel dieser Kategorie sind häufig scharf, zerstreuend und haben eine in der Oberfläche (extima, biao) Schrägläufigkeiten (Heteropathien, xie) zerstreuende und Oberfläche-Symptomatiken (extima, biao) herauslösende und eliminierende Wirkung.

    Der Einfluss der Aufbereitung auf Oberfläche (extima, biao) lösende Arzneimittel:

    Diese Arzneimittel werden häufig durch Rösten unter Wenden (chao 炒) und Rösten mit Honig (mizhi 蜜炙) aufbereitet (s. Abschn. 3.​3). Da sie zumeist scharf und zerstreuend sind, kann durch Rösten unter Wenden (chao 炒) ihre scharfe und zerstreuende Eigenschaft abgeschwächt werden. Auf diese Weise kann ein zu starkes Zerstreuen, eine Schädigung des Yin und ein Verbrauch des Qi verhindert werden.

    Da der Fk Lunge (o. pulmonalis, fei) die Oberfläche (extima, biao) dominiert, können jegliche in die Oberfläche (extima, biao) eindringende «Wind-Kälte» (algor venti, fenghan) und «Wind-Hitze» (calor venti, fengre) zu Husten führen. Der Hilfsstoff Honig hat eine den Fk Lunge (o. pulmonalis, fei) befeuchtende und Husten stillende Wirkung, weshalb es sich empfiehlt, einige Arzneimittel mit Honig zu rösten (mizhi 蜜炙), um so ihre Husten stillende und Keuchen besänftigende Wirkung zu erhöhen.

    «Hitze» (calor, re) kühlende Arzneimittel (mm refrigerantia intimae, qingre yao 清热药)

    Die Arzneimittel dieser Kategorie sind kalt bzw. kühl und weisen eine innere «Hitze» (calor intimae, lire) kühlende und dispulsierende Wirkung auf und werden in verschiedene Untergruppen unterteilt.

    Der Einfluss der Aufbereitung auf «Hitze» (calor, re) kühlende Arzneimittel:

    Die kalten bzw. kühlen Arzneimittel dieser Kategorie schädigen leicht das Yang des Fk Milz (yang lienale, piyang), vor allem bei Defizienz des Yang-Qi oder bei energetischer Schwäche (depletio, xu) der Fk Milz und Magen (oo. lienalis et stomachi, pi wei), weshalb zumeist Aufbereitungsmethoden wie Rösten unter Wenden (chao 炒), Aufbereitung mit Wein (jiuzhi 酒制), Aufbereitung mit Ingwer (jiangzhi 姜制) und Honig bzw. Mel praeparatum (Lianmi) verwendet werden. Wein ist vor allem in hoher Potenz als klarer Branntwein («weißer Wein», baijiu) ein scharfes, süßes und sehr heißes Mittel. Ingwer ist scharf und heiß, und Honig bzw. Mel praeparatum (Lianmi) ist süß und warm. Durch die Aufbereitung mit den genannten Hilfsstoffen können bittere und kalte Eigenschaften dieser Arzneimittel abgeschwächt werden (s. Kap. 3 und 4).

    Purgierende und ausleitende Arzneimittel (mm. purgativa, xiexia yao 泻下药)

    Die Arzneimittel dieser Kategorie weisen eine Diarrhoe hervorrufende oder den Fk Dickdarm (o. intestini crassi, dachang) laxierende Wirkung auf. Sie werden hauptsächlich eingesetzt bei Obstipation aufgrund energetischen Überladungen (repletiones, shi) des Inneren (intima, li) wie Ansammlungen und Blockaden in den Fk Dick- und Dünndarm und Magen (oo. intestinorum et stomachi, chang wei), «Hitze» aufgrund energetischer Überladung (calor repletionis, shire), Obstipation aufgrund von Ansammlungen von «Kälte-Noxen» (leng) oder Stagnationen von «Wasser» und wässrigem «Schleim» (wässrige pituita, shuiyin/tanyin). Entsprechend ihrer arzneilichen Wirkung unterscheidet man stark abführende (mm. purgativa aggressiva, gongxia yao 攻下药), befeuchtend purgierende (mm. laxantia et humectantia, runxia yao 润下药) und austreibend abführende Arzneimittel (mm. purgativa drastica, zhuxia yao 逐下药 oder junxia yao 峻下药) (Hempen u. Fischer 2007).

    Stark abführende Arzneimittel (mm. purgativa aggressiva, gongxia yao) werden bei Krankheitsbildern mit energetischer Überladung (repletio, shi) des Inneren (intima, li) wie Obstipation bedingt durch «Hitze» aufgrund energetischer Überladung (calor repletionis, shire) oder Verdauungsblockaden eingesetzt.

    Befeuchtend purgierende Arzneimittel (mm. laxantia et humectantia, runxia yao) kommen bei Obstipation in der Regel bei älteren Menschen oder postpartal aufgrund von Versiegen der Säfte und «Trockenheit» (ariditas, zao) der Fk Dick- und Dünndarm (oo. intestinorum, chang) zur Anwendung.

    Austreibend abführende Arzneimittel (mm. purgativa drastica, zhuxia yao) werden bei Krankheitsbildern mit energetischer Überladung (repletio, shi) wie Ödeme, Ansammlungen von «Wasser» im Thorax und im Abdomen, Zusammenballungen und Ansammlungen von «Schleim» (pituita, tan) und wässrigem «Schleim» (wässrige pituita, shuiyin/tanyin), keuchender Atmung und Völlegefühlen eingesetzt; die Arzneimittel dieser Gruppe haben nicht nur eine drastische arzneiliche Wirkung, sondern sie sind auch toxisch.

    Der Einfluss der Aufbereitung auf purgierende und ausleitende Arzneimittel:

    Die Arzneimittel dieser Kategorie sind häufig bitter und kalt, sie haben eine starke purgierende Wirkung und schädigen leicht das geradläufige Qi (orthopathisches Qi, zhengqi). Sie werden häufig durch Dämpfen (zheng 蒸) oder Schmoren (dun 炖) aufbereitet, damit ein Teil der purgierenden und ausleitenden Bestandteile zerstört wird. Durch Rösten mit «Wein» wird ihre bittere und kalte Eigenschaft abgeschwächt; durch Kochen (zhu 煮) mit Rettich (Bailuobo 白萝卜) wird ihre salzige und kalte Eigenschaft abgeschwächt, so dass Schädigungen des Yin und der Geradläufigkeit (Orthopathie, zheng) verhindert werden können (s. Kap. 3).

    Die befeuchtend purgierenden Arzneimittel sind häufig Samen und Kerne. Es empfiehlt sich, sie den Rezepturen nach Rösten unter Wenden (chao 炒) oder nach Zerstoßen in einem Mörser (daolan 捣烂) zuzugeben. Denn so können die arzneilich wirksamen Bestandteile leichter herausgekocht werden, und gleichzeitig wird ihre Erbrechen hervorrufende Nebenwirkung eliminiert.

    Drastisch ausleitende Arzneimittel (mm. purgativa drastica, junxia yao) haben häufig eine drastische arzneiliche Wirkung und sind zudem teilweise toxisch. Sie werden häufig eingesetzt, nachdem sie mit Essig geröstet (cuzhi 醋炙, s. Abschn. 3.​3.​2) wurden oder aus ihnen ein «Reif-ähnliches Pulver hergestellt» (zhishuang 制霜, s. Abschn. 3.​3.​5) wurde, denn Essig hat eine adstringierende und Toxisches herauslösende Wirkung, und durch Herstellung eines Reif-ähnlichen Pulvers (zhishuang) kann ein Teil der drastisch purgierenden und toxischen Bestandteile beseitigt werden, so dass die Toxizität gesenkt und die drastisch purgierende Wirkung abgeschwächt werden können. Dadurch kann purgiert werden, ohne die Geradläufigkeit (Orthopathie, zheng) zu schädigen.

    «Wind» (ventus, feng) und «Feuchtigkeit» (humor, shi) beseitigende Arzneimittel (mm. expellentia venti et humoris, qufengshi yao 祛风湿药)

    Die Arzneimittel dieser Kategorie haben eine «Wind» (ventus, feng) und «Feuchtigkeit» (humor, shi) beseitigende, die Netzleitbahnen (reticulares, luomai) durchgängig machende und Schmerzen stillende Wirkung (Hempen u. Fischer 2007).

    Der Einfluss der Aufbereitung auf «Wind» (ventus, feng) und «Feuchtigkeit» (humor, shi) beseitigende Arzneimittel:

    Diese Arzneimittel werden zumeist durch Rösten mit «Wein» (jiuzhi 酒炙) aufbereitet. «Wein» und vor allem der weiße Branntwein («weißer Wein», baijiu) ist scharf, süß und sehr heiß; er ist in der Lage, die Bahnen des Xue durchgängig zu machen. Daher kann durch Rösten mit «Wein» (jiuzhi 酒炙) die das Xue dynamisierende, die Netzleitbahnen (reticulares, luomai) durchgängig machende und Schmerzen stillende Wirkung der Arzneimittel verstärkt werden, wodurch der «Wind» (ventus, feng) beseitigende und «Feuchtigkeit» (humor, shi) eliminierende Effekt erhöht wird (s. Kap. 4).

    «Feuchtigkeit» (humor, shi) umwandelnde Arzneimittel (mm. aromatica et transformatoria humoris, huashi yao 化湿药)

    «Feuchtigkeit» (humor, shi) umwandelnde Arzneimittel sind scharf, aromatisch, warm und trocknend; sie können den Qi-Mechanismus lösen und durchgängig machen, «Feuchtigkeit»-Trübes (humor-Trübes, shizhuo) zerstreuen und umwandeln, den Fk Milz (o. lienalis, pi) anregen und den Fk Magen (o. stomachi, wei) harmonisieren (Hempen u. Fischer 2007).

    Der Einfluss der Aufbereitung auf «Feuchtigkeit» (humor, shi) umwandelnde Arzneimittel:

    Die Arzneimittel dieser Kategorie wandeln zumeist durch ihre aromatische Geschmacksrichtung (sapor, wei) «Feuchtigkeit» (humor, shi) um und werden hauptsächlich unpräpariert verwendet. Einige Arzneien sind jedoch zu scharf, aromatisch, warm und trocknend; sie verbrauchen leicht das Qi und schädigen das Yin, so dass sie oft durch Rösten unter Wenden mit Weizenkleie (fuchao 麸炒, s. Abschn. 3.​3.​1) oder Rösten mit Salz(wasser) (yanzhi 盐炙) aufbereitet werden (s. Abschn. 3.​3.​2). Dadurch können scharfe, warme, bittere und trocknende Eigenschaften abgeschwächt und ein Verbrauch des Qi und eine Schädigung des Yin verhindert werden. Durch das Rösten mit Salz(wasser) (yanzhi 盐炙) kann zudem die Wirkung der Arzneimittel in den Fk Niere (o. renalis, shen) geleitet werden. Durch Rösten mit Ingwer(saft) (jiangzhi 姜炙) wird außerdem die Nebenwirkung einer «Reizung des Rachens» (ji renyan) beseitigt, bzw. es wird die die «Mitte» erwärmende, «Kälte» (algor, han) beseitigende und Schmerzen stillende Wirkung verstärkt.

    Das Innere (intima, li) erwärmende Arzneimittel (mm. tepefancientia intimae, wenli yao 温里药)

    Die Arzneimittel dieser Kategorie sind meistens scharf und heiß, sie erwärmen die «Mitte», zerstreuen «Kälte» (algor, han), lassen das Yang zurückkehren und wirken Gegenläufigkeiten (Kontravektionen, ni) entgegen (Hempen u. Fischer 2007).

    Der Einfluss der Aufbereitung auf das Innere (intima, li) erwärmende Arzneimittel:

    Die Arzneimittel dieser Kategorie sind scharf, heiß und trocknend, ein Teil ist zudem toxisch. Sie werden häufig durch Abkochen (zhu 煮) zusammen mit Hilfsstoffen oder durch Aufbereiten mit Sand (shapao 砂炮) behandelt, wodurch die toxischen Bestandteile hydrolysiert werden bzw. der Gehalt an toxischen Bestandteilen reduziert wird. Dadurch kann die Toxizität der Arzneimittel reduziert und die Sicherheit der klinisch eingesetzten Arzneimittel gewährleistet werden.

    Durch Rösten mit Salz(wasser) (yanzhi 盐炙) oder durch Rösten in Glycyrrhiza-Wasser (Gancaoshui zhi 甘草水炙) können scharfe und trocknende Eigenschaften von Arzneimitteln abgeschwächt werden, so dass eine Schädigung der Säfte (jinye) vermieden wird. Durch Rösten mit Ingwer(saft) (jiangzhi 姜炙) kann die die «Mitte» erwärmende und «Kälte» (algor, han) zerstreuende Wirkung verstärkt werden. Durch Rösten unter Wenden bis zum Karbonisieren (chaotan 炒炭) wird ihre die Leitbahnen erwärmende und Blutungen stillende Wirkung erhöht (s. Kap. 3 und 4).

    Das Qi regulierende Arzneimittel (mm. regulatoria qi, liqi yao 理气药)

    Die Arzneimittel dieser Kategorie wirken den Bereich des Qi regulierend, den Qi-Mechanismus lösend und durchgängig machend sowie Erkrankungen im Bereich des Qi therapierend (Hempen u. Fischer 2007).

    Der Einfluss der Aufbereitung auf das Qi regulierende Arzneimittel:

    Die Arzneimittel dieser Kategorie sind überwiegend scharf und trocknend, sie verbrauchen leicht das Qi und schädigen das Yin, so dass sie oft durch Rösten unter Wenden mit Weizenkleie (maifu chao 麦麸炒) aufbereitet werden. Auf diese Weise können die scharfen und trocknenden Eigenschaften abgeschwächt werden, so dass ein Verbrauch des Qi und eine Schädigung des Yin verhindert werden. Durch Rösten mit Salz(wasser) (yanzhi 盐炙) können die trocknenden Eigenschaften vermindert werden, die Wirkung der Arzneimittel wird in den unteren Wärmebereich (unteres Calorium, xiajiao) geleitet, so dass mit ihnen Symptome wie durch «Kälte-chordapsus» («algor-chordapsus», hanshan) und Qi-Blockaden bedingte Schmerzen behandelt werden können (s. Kap. 3 und 4).

    Verdauungsfördernde Arzneimittel (mm. concoquentia et digestiva, xiaodao yao 消导药)

    Die Arzneimittel dieser Kategorie haben eine verdauungsfördernde und Ansammlungen umwandelnde Wirkung. Ein Teil der Arzneien hat zusätzlich auch eine den Fk Milz (o. lienalis, pi) kräftigende und den Fk Magen (o. stomachi, wei) stützende Wirkung (Hempen u. Fischer 2007).

    Der Einfluss der Aufbereitung auf die verdauungsfördernden und (Blockaden) ausleitenden Arzneimittel:

    Diese Arzneimittel werden häufig durch Rösten unter Wenden (chao 炒) (Gelbrösten, chaohuang 炒黄 oder Rösten unter Wenden bis zum Verkohlen, chaojiao 炒焦) aufbereitet (s. Abschn. 3.​3); dadurch können die Arzneimittel die physiologischen Abläufe in den Fk Milz und Magen (oo. lienalis et stomachi, pi wei) noch besser fördern.

    Antiparasitische Arzneimittel (mm. antiparasitica, quchong yao 驱虫药)

    Die Arzneimittel dieser Kategorie haben eine Parasiten aus dem Körper beseitigende oder abtötende Wirkung.

    Der Einfluss der Aufbereitung auf die antiparasitischen Arzneimittel:

    Diese Arzneimittel sind häufig leicht toxisch. Sie werden zumeist durch Rösten unter Wenden (chao 炒) aufbereitet, denn dadurch wird der Parasiten abtötende Effekt erhöht, zudem wird die Toxizität der Arzneien abgeschwächt, so dass eine Schädigung des geradläufigen Qi (orthopathisches Qi, zhengqi) verhindert wird. Außerdem wird durch das Rösten ein aromatischer Geruch erzielt, womit wiederum die Fk Milz und Magen (oo. lienalis et stomachi, pi wei) besser geöffnet und der Appetit gesteigert werden können; dies spielt eine Rolle bei der Behandlung von «chronischen Verdauungsblockaden bei Kindern unter fünf Jahren» (ganji). Durch Rösten unter Wenden bis zum Verkohlen (chaojiao 炒焦) oder Rösten unter Wenden bis zum Karbonisieren (chaotan 炒炭) wird die Diarrhoe beendende oder Blutungen stillende Wirkung erhöht und so der Einsatzbereich der Arzneimittel deutlich erweitert (s. Kap. 3).

    Die konstellierende Kraft shen beruhigende Arzneimittel (mm. sedativa deprimentia pavoris et sustinentia mentis, anshen yao 安神药)

    Die Arzneimittel dieser Kategorie wirken die konstellierende Kraft shen beruhigend und den Willen festigend.

    Der Einfluss der Aufbereitung auf die konstellierende Kraft shen beruhigenden Arzneimittel:

    Die schweren, sedierenden, die konstellierende Kraft shen beruhigenden Arzneimittel sind zumeist Mineralien und tierische Fossilien mit einer harten Struktur, die sich nur schwer pulverisieren und auskochen lassen, weshalb sie häufig durch Brennen (duan 煅) oder Brennen mit anschließendem Abschrecken in einer Flüssigkeit (duancui 煅淬) aufbereitet werden. Dadurch können die ursprünglichen Eigenschaften und die Form der Arznei verändert werden, so dass sie brüchig und spröde wird, sie leichter pulverisiert und ausgekocht werden kann und dadurch die arzneiliche Wirkung erhöht wird (s. Kap. 3).

    Die den Fk Herz (o. cardialis, xin) nährenden, die konstellierende Kraft shen beruhigenden Arzneimittel sind häufig pflanzliche Arzneien bzw. Samen und Kerne. Sie werden häufig durch Rösten unter Wenden (chao 炒), Rösten mit einer Flüssigkeit (zhi 炙) oder «Herstellung eines Reif-ähnlichen Pulvers» (zhishuang 制霜) aufbereitet, um einen Teil der arzneilichen Wirkung zu verändern, Nebenwirkungen zu verringern und den Einsatzbereich der Arzneien zu erweitern (s. Kap. 3).

    Xue dynamisierende Arzneimittel (mm. animantia xue, huoxue yao 活血药)

    Die Arzneimittel dieser Kategorie haben eine die Bahnen des Xue durchgängig machende, die Bewegung des Xue antreibende und Xue-Stasen auflösende Wirkung. Je nach ihrer Wirkungsstärke wird zwischen das Xue dynamisierenden (huoxue 活血), Xue-Ansammlungen zerschlagenden (poxue 破血) und Schmerzen stillenden (zhitong 止痛) Arzneimitteln unterschieden. Die Stasen beseitigende Wirkung der das Xue dynamisierenden Arzneien ist schwächer als die der Xue-Ansammlungen zerschlagenden, und die Xue-Ansammlungen zerschlagenden Arzneimittel haben einen relativ starken Stasen beseitigenden Effekt.

    Die Arzneimittel dieser Kategorie sind bei Hypermenorrhoe und während Schwangerschaften kontraindiziert (Hempen u. Fischer 2007).

    Der Einfluss der Aufbereitung auf das Xue dynamisierende und Stasen beseitigende Arzneimittel:

    Diese Arzneien werden häufig durch Rösten mit «Wein» (jiuzhi 酒炙) oder durch Rösten mit Essig (cuzhi 醋炙) aufbereitet. Weil «Wein» vor allem in hoher Potenz als klarer Branntwein («weißer Wein», baijiu ) scharf, süß, sehr heiß und aromatisch ist, kann er emporheben, zerstreuen und die arzneiliche Wirkung entfalten und leiten. Überdies hat er eine das Xue dynamisierende und Netzleitbahnen (reticulares, luomai) durchgängig machende Wirkung. Durch Rösten mit «Wein» (jiuzhi 酒炙) kann die das Xue dynamisierende und Netzleitbahnen (reticulares, luomai) durchgängig machende Wirkung der Arzneimittel erhöht werden (s. Kap. 3 und 4).

    Qi-Blockaden und Xue-Stasen werden häufig von Schmerzen begleitet, weshalb auch das Rösten mit Essig (cuzhi 醋炙) eingesetzt wird. Denn Essig hat eine saure, bittere Geschmacksrichtung (sapor, wei) sowie ein leicht warmes Temperaturverhalten (natura, xing); er kann in die Leber-Leitbahn (c. hepatica, gan jing) und in den Bereich des Xue eindringen und hat eine Stasen zerstreuende und Schmerzen stillende Wirkung. Essig ist auch in der Lage, drastische Xue-Ansammlungen zerschlagende Eigenschaften von Arzneimitteln abzuschwächen, so dass sie Xue-Ansammlungen zerschlagen, ohne die Geradläufigkeit (Orthopathie, zheng) zu schädigen. Gleichzeitig stehen Qi und Xue miteinander in Verbindung, sehr oft führen Qi-Blockaden zu Xue-Stasen und Xue-Stasen zu Qi-Blockaden. «Wein» dringt in den Bereich des Qi ein und kann die zerstreuende Wirkung von Arzneimitteln erhöhen, während Essig in den Bereich des Xue eindringt und das Xue dynamisierende und Schmerzen stillende Wirkung von Arzneien erhöhen kann (zu den Hilfsstoffen s. Kap. 4).

    Das Xue haltende Arzneimittel (mm. continentia xue, zhixue yao 止血药)

    Alle Arzneimittel, deren Hauptwirkung es ist, Blutungen im Körper oder an seiner Außenseite zum Stillstand zu bringen, werden als das Xue zurückhaltende bzw. das Xue haltende Arzneimittel bezeichnet.

    Der Einfluss der Aufbereitung auf das Xue haltende Arzneimittel:

    Diese Arzneien werden häufig in karbonisierter (tan 炭) Form Rezepturen zugegeben; manche Arzneimittel entwickeln erst durch das Karbonisieren (tan 炭) eine Xue haltende Wirkung. Nach dem Karbonisieren (tan 炭) haben sie eine zusammenhaltende, konsolidierende und aufrauende Wirkung, wodurch der das Xue haltende Effekt der entsprechenden Arzneimittel deutlich erhöht werden kann (s. Kap. 3).

    Den Fk Leber (o. hepaticus, gan) besänftigende und «Wind» (ventus, feng) auslöschende Arzneimittel (mm. sedativa pacantia hepatici, pinggan xifeng yao 平肝息风药)

    Die Arzneimittel dieser Kategorie wirken den Fk Leber (o. hepaticus, gan) besänftigend, das Yang zum Untertauchen bringend, «Wind» (ventus, feng) auslöschend und krampflösend.

    Der Einfluss der Aufbereitung auf den Fk Leber (o. hepaticus, gan) besänftigende und «Wind» (ventus, feng) auslöschende Arzneimittel:

    Die harten Mineralien und tierischen Muschelschalen dieser Kategorie werden häufig durch Brennen (duan 煅) aufbereitet; durch diese Aufbereitung werden sie brüchig und spröde, so dass sie leicht pulverisiert und ausgekocht werden können. Zudem kann ihre arzneiliche Wirkung verändert werden, und sie können ihre arzneiliche Wirkung vollständig entfalten (zu den Methoden s. Kap. 3).

    Die Insekten und pflanzlichen Arzneien dieser Kategorie werden zumeist über schwachem Feuer getrocknet (bei 焙) oder unter Wenden geröstet (chao 炒), wodurch unangenehme Gerüche beseitigt werden, so dass sie bei der Einnahme angenehmer sind und zugleich ihre therapeutische Wirkung erhöht wird (s. Kap. 3).

    «Schleim» (pituita, tan) umwandelnde, Husten stillende und Keuchen besänftigende Arzneimittel (mm. transformatoria pituitae et tussostatica, huatan zhike pingchuan yao 化痰止咳平喘药)

    Die Arzneimittel dieser Kategorie wirken «Schleim» (pituita, tan) auflösend sowie Husten und Keuchen lindernd. Ihren Wirkungen entsprechend werden die Arzneien unterteilt in «Kälte-Schleim» (pituita algida, hantan) erwärmende und umwandelnde Arzneimittel (wenhua hantan yao 温化寒痰药), «Hitze-Schleim» (pituita calida, retan) kühlende und umwandelnde Arzneimittel (qinghua retan yao 清化热痰药) und Husten stillende und Keuchen besänftigende Arzneimittel (zhike pingchuan yao 止咳平喘药) (Hempen u. Fischer 2007).

    Der Einfluss der Aufbereitung auf «Schleim» (pituita, tan) umwandelnde, Husten stillende und Keuchen besänftigende Arzneimittel:

    «Kälte-Schleim» (pituita algida, hantan) erwärmende und umwandelnde Arzneimittel sind oft warm und trocknend, ein Teil hat zudem toxische Nebenwirkungen. Die toxischen Mittel werden häufig in Hilfsstoffen wie Zingiberis rhizoma recens (Shengjiang) oder Alumen (Baifan) eingeweicht und dann durch Abkochen (zhu煮) oder Dämpfen (zheng 蒸) aufbereitet, um ihre toxische Nebenwirkung zu beseitigen und durch den Hilfsstoff die therapeutische Wirkung des Arzneimittels zu erhöhen. Nichttoxische Mittel werden häufig mit Honig geröstet (mizhi 蜜炙), um ihre zu warmen und trocknenden Eigenschaften abzuschwächen (s. Kap. 3 und 4).

    «Hitze-Schleim» (pituita calida, retan) kühlende und umwandelnde Arzneimittel sowie Husten stillende und Keuchen besänftigende Arzneimittel werden ebenfalls häufig mit Honig geröstet (mizhi 蜜炙), denn Honig hat eine den Fk Lunge (o. pulmonalis, fei) rigierende, suppletierende und befeuchtende Wirkung. So kann durch die Synergie von Honig und Arzneimittel ihre den Fk Lunge (o. pulmonalis, fei) befeuchtende, Husten stillende und Keuchen besänftigende Wirkung erhöht werden, und gleichzeitig können auch der bittere, schlechte Geschmack einiger Arzneimittel korrigiert sowie Erbrechen als Nebenwirkung verhindert werden (s. Kap. 3).

    Samen, Kerne und Mineralien werden häufig durch Rösten unter Wenden (chao 炒), durch kurzes Kochen in siedendem Wasser (chan 燀, s. Abschn. 3.​3.​4) oder durch Brennen (duan 煅, s. Abschn. 3.​3.​3) aufbereitet, um ihre arzneilichen Eigenschaften zu harmonisieren und ihre arzneiliche Wirkung zu bewahren, was für das Hauptziel, das Herauskochen der wirksamen Bestandteile, von Vorteil ist.

    Suppletierende Arzneimittel (mm. supplentia, buyi yao 补益药)

    Die Arzneimittel dieser Kategorie haben eine rigierende, suppletierende, stärkende und insgesamt kräftigende Wirkung und werden bei Defizienzen von Qi, Xue, Yin und Yang eingesetzt. Entsprechend der Eigenschaften der Arzneimittel werden vier Untergruppen unterschieden: das Qi suppletierende (buqi yao 补气药), das Yang suppletierende (buyang yao 补阳药), das Xue suppletierende (buxue yao 补血药) und das Yin suppletierende (buyin yao 补阴药) Arzneien (Hempen u. Fischer 2007).

    Der Einfluss der Aufbereitung auf suppletierende Arzneimittel:

    Das Qi suppletierende Arzneimittel werden häufig durch Rösten mit Honig (mizhi 蜜炙) oder durch Rösten unter Wenden (chao 炒) aufbereitet. Durch das Rösten mit Honig (mizhi 蜜炙) kann die die «Mitte» suppletierende und das Qi mehrende Wirkung der Arzneien verstärkt werden. Durch das Rösten unter Wenden (chao 炒) entsteht häufig ein charakteristischer Geruch, wodurch die die Fk Milz und Magen (oo. lienalis et stomachi, pi wei) öffnende

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