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Der Computer erscheint im Holozän: Die sieben Weltwunder der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft
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Der Computer erscheint im Holozän: Die sieben Weltwunder der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft
eBook224 Seiten1 Stunde

Der Computer erscheint im Holozän: Die sieben Weltwunder der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft

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Über dieses E-Book

Die sieben Weltwunder wurden bereits in der Antike beschrieben, etwa zur selben Zeit wie die mechanische Rechenhilfe Abacus, ein Zählrahmen mit Holz- oder Glasperlen. Dieses Buch beschreibt und diskutiert die sieben Weltwunder der IT, ohne die unsere digitale Wirtschaft und Gesellschaft kaum überlebensfähig scheint: Computermaus, Datenbanken, Kryptografie, Graphgrammatiken, Internet, Blockchain und Soft Computing. 
Jedes Weltwunder der IT wird kurz charakterisiert, bevor Anwendungsoptionen für Wirtschaft und Gesellschaft exemplarisch aufgezeigt und gewürdigt werden. 
Das Werk richtet sich an alle, die sich mit der digitalen Transformation auseinandersetzen. Es soll helfen, digitale Entwicklungen im eigenen Unternehmen, in der Verwaltung oder im öffentlichen wie im privaten Leben zu positionieren und zu reflektieren.


SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Vieweg
Erscheinungsdatum17. Feb. 2021
ISBN9783658323301
Der Computer erscheint im Holozän: Die sieben Weltwunder der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft

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    Buchvorschau

    Der Computer erscheint im Holozän - Andreas Meier

    © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021

    A. Meier, F. TschudiDer Computer erscheint im HolozänDie blaue Stunde der Informatikhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-32330-1_1

    1. Computermaus – Zeigen auf und Steuern von Objekten

    Andreas Meier¹   und Fabrice Tschudi²

    (1)

    mdw, mechanische denkwerkstatt, Uettligen, Schweiz

    (2)

    mdw, mechanische denkwerkstatt, Uettligen, Schweiz

    Zusammenfassung

    Bei der sozialen Kooperation unter Primaten kommt der Gestik – dem Zeigen auf bestimmte Objekte – eine zentrale Bedeutung zu. Einige Anthropologen erkennen darin gar die Urform aller menschlichen Sprache und Kommunikation. Ohne Computermaus hätte sich das Personal Computing samt Mensch-Maschine-Kommunikation und Benutzergestaltung nicht im Eiltempo durchgesetzt. Zeilenorientierte Editoren wurden durch Full-Screen-Editoren ersetzt und die Manipulation von Objekten auf dem Bildschirm erfolgt mit Positionsanzeigern, Rollkugeln oder Geräten der Lasertechnik. Von Hand geführte Computermäuse, teilweise ergänzt um Funktionstasten, übertragen Bewegungsabläufe und Instruktionen von der Arbeitsfläche zum Rechner. Als Anschauungsbeispiel dient ein elektronischer Baukasten zur Konstruktion von 3D-Objekten, der seinerzeit an der ETH Zürich auf Lilith-Rechnern mit Computermaus für Unterrichtszwecke in Computergrafik und Computergeometrie genutzt wurde. Die Disziplin des Informationsdesigns basiert ebenfalls auf dem Zeigen auf und dem Manipulieren von Artefakten. Auch der Homo ludens, der spielende Mensch, bedient sich der Computermaus und erweitert mit Video- und Computerspielen seinen Horizont.

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    Bei der sozialen Kooperation unter Primaten kommt der Gestik – dem Zeigen auf bestimmte Objekte – eine zentrale Bedeutung zu. Einige Anthropologen erkennen darin gar die Urform aller menschlichen Sprache und Kommunikation. Ohne Computermaus hätte sich das Personal Computing samt Mensch-Maschine-Kommunikation und Benutzergestaltung nicht im Eiltempo durchgesetzt. Zeilenorientierte Editoren wurden durch Full-Screen-Editoren ersetzt und die Manipulation von Objekten auf dem Bildschirm erfolgt mit Positionsanzeigern, Rollkugeln oder Geräten der Lasertechnik. Von Hand geführte Computermäuse, teilweise ergänzt um Funktionstasten, übertragen Bewegungsabläufe und Instruktionen von der Arbeitsfläche zum Rechner. Als Anschauungsbeispiel dient ein elektronischer Baukasten zur Konstruktion von 3D-Objekten, der seinerzeit an der ETH Zürich auf Lilith-Rechnern mit Computermaus für Unterrichtszwecke in Computergrafik und Computergeometrie genutzt wurde. Die Disziplin des Informationsdesigns basiert ebenfalls auf dem Zeigen auf und dem Manipulieren von Artefakten. Auch der Homo ludens, der spielende Mensch, bedient sich der Computermaus und erweitert mit Video- und Computerspielen seinen Horizont.

    „In den Monaten um ihren ersten Geburtstag herum, noch bevor sie ernsthaft mit dem Spracherwerb beginnen, fangen die meisten Kleinkinder … an, Zeigegesten zu verwenden, wobei es einige Belege dafür gibt, dass es sich hier um ein über die Kulturgrenzen hinweg verbreitetes, wenn nicht gar universales Muster handelt" (Tomasello 2009, S. 123). Der Anthropologe und Verhaltensforscher Michael Tomasello entwarf aufgrund empirischer Primaten- und Säuglingsforschung ein Modell zur Sprachentwicklung der Menschen aus individual- sowie artgeschichtlicher Perspektive. Er vermutet, dass der gesprochenen Sprache eine lange Phase der Evolution gestischer Verständigungen vorausgegangen ist. Ikonische Gesten wurden beim Menschen im Laufe der Entwicklung durch Sprache ersetzt, Zeigegesten werden nach wie vor verwendet.

    Michael Tomasello ist der Überzeugung, dass die gestische Kommunikation ein Verstehen des Gegenübers voraussetzt. Schimpansen zum Beispiel können Intentionen von Artgenossen oder Menschen erfassen und sie gestisch zu Handlungen auffordern (intentionale Kommunikation). Menschen hingegen kommunizieren untereinander in geteilter Intentionalität, denn nur sie können Absichten und Ziele untereinander diskutieren (kooperative Kommunikation) und sich gemeinsam für Aktivitäten entscheiden (kooperatives Schlussfolgern und Handeln).

    Mit dem Aufkommen von Computern respektive Universalrechnern¹ stellt sich die Frage, wie die Mensch-Maschine-Schnittstelle gestaltet werden soll.

    In den Anfängen der Computertechnologie instruierte man den Rechner mit zeilenorientierten Editoren. Die Befehle zur Steuerung der Rechner waren Befehlstexte auf einzelnen Zeilen oder Zeilenfolgen aus Dateien (Lochkarten). Im Gegensatz zu den heutigen visuell basierten Bildschirmeditoren lieferte der Rechner bei den zeilenorientierten Editoren keine Rückmeldung der Eingabe inklusive Fehlermeldungen und Erklärungen. Stattdessen erhielt das Bedienungspersonal das Ergebnis erst nach Abschluss der gesamten Befehlskette.

    Douglas Engelbart reichte 1967 ein US-Patent für einen X-Y-Positionsindikator ein, der über zwei rechtwinklig ausgerichtete Rädchen die Bewegungen auf einer Unterlage auf den Bildschirm übertrug. Im gleichen Zeitraum schlug der Elektroingenieur Rainer Mallebrein eine Rollkugel als Computermaus vor, um Bewegungsabläufe auf den Bildschirm zu übertragen. In den siebziger Jahren wurden Computermäuse für den Arbeitsrechner Xerox Alto am Palo Alto Research Center von Xerox verwendet, die nach dem Prinzip der kugelbasierten Computermäuse funktionierten. Apple Inc. verhalf mit dem Arbeitsplatzrechner Lisa und der Macintosh-Familie dem Personal Computer samt Computermaus zum Durchbruch.

    Full-Screen-Editoren erlauben dem Benutzer, interaktiv mit dem Rechner zu arbeiten und die gesamte Bildschirmfläche zu nutzen. Anstelle der Eingabe von textorientierten Befehlszeilen werden einzelne Befehle zum Beispiel mithilfe von Piktogrammen per Computermaus angeklickt und ausgeführt oder mittels Maustasten ausgelöst. Der Computermaus kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da sie den Benutzer samt dessen Ausführungsoptionen über eine Mensch-Maschine-Schnittstelle auf einfache Art und Weise mit der digitalen Computertechnik koppelt.

    Die Computermaus hat die Benutzung grafischer Benutzeroberflächen revolutioniert. Alternativen dazu sind Trackball, Tastatur, Touchscreen oder Grafiktablett. Die Bewegung der Maus, ausgeführt von Hand auf einer Unterlage, wird durch einen Sensor der Maus aufgenommen, digitalisiert und über eine Schnittstelle auf den Bildschirm übertragen. Die zweidimensionale Bewegung der Maus wird in eine gleichartige Bewegung eines Pointers oder Cursors auf dem Bildschirm transformiert. Durch Betätigung von Maustasten oder durch zusätzliche Befehlsoptionen kann der Anwender verschiedene Aktionen durchführen. Damit helfen Computermäuse der Benutzerfreundlichkeit und der Gestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstelle.

    Die Fachgebiete Human Computer Interaction und Visual Computing versuchen, eine Brücke zwischen Benutzer und Rechner zu schlagen (siehe Software Engineering mit Storyboards in Abschn. 5.​4). Ziel dabei ist es, dass der Anwender auf einfache und intuitive Weise mit visuellen Optionen (Piktogrammen, Befehlsvorräten etc.) den Rechner steuern und kontrollieren kann, ohne über technische Fähigkeiten oder fundierte Programmierkenntnisse verfügen zu müssen.

    Die Kluft zwischen Mensch und Maschine erscheint in vielen Fällen unüberwindbar. Doch es gibt Innovationen, die diese Kluft zu überwinden helfen. Die Computermaus, technisch einfach zu realisieren mit einer Rollkugel und einem Pointer oder Cursor auf dem Bildschirm, gilt als solche bahnbrechende Innovation, indem sie dem Personal Computing zum Durchbruch verhalf. Natürlich basierte der Erfolg des Personal Computing auch auf der Tatsache, dass sich der Preiszerfall für Rechnerkapazität und Speicher gemäß Moore’s Law entwickelt: Dieses Gesetz besagt, dass sich die Komplexität integrierter Schaltungen etwa alle 18 Monate bei gleichbleibenden Preisen verdoppelt.

    1.1 X-Y Position Indicator for a Display System

    Am 21. Juni 1967 beantragte Douglas Engelbart vom Stanford Research Institute das US-Patent Nr. 3.541.541 mit dem Titel X-Y Position Indicator for a Display System, das am 17. November 1970 bewilligt wurde (Engelbart 1967). Dieser Positionsindikator (Nr. 16 in Abb. 1.1) kann mit einem Zeiger (Pointer) oder Cursor (Nr. 20) auf Objekte (Textelement, Grafikausschnitt, Bildteil etc.) hinweisen und mithilfe von Tasten solche Objektteile auf dem Bildschirm (Nr. 12) identifizieren und bearbeiten.

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    Abb. 1.1

    Auszug aus dem US Patent Nr. 3.541.541

    Engelbart stellte seinen Positionszeiger 1968 an der AFIPS-Tagung (American Federation of Information Processing) der Öffentlichkeit vor. Die Resonanz war allerdings bescheiden, da die meisten Anwender von Computern noch nicht mit grafischen Benutzeroberflächen vertraut waren und Befehle mit der Tastatur eingaben. Aufgrund des ursprünglich benutzten Kabels (Nr. 18) wurde der Positionsanzeiger später Computermaus genannt und ging als solche in die Geschichte der Computertechnik ein.

    Der von Engelbart erfundene Positionsanzeiger für Computersysteme beruht auf zwei rechtwinklig zueinanderstehenden Rädern (Nr. 42 und 46 in Abb. 1.1 rechts), die je mit einem Potenziometer (Nr. 38 respektive 40) für die X- und Y-Positionen verwendet wurden. Ein Potenziometer ist ein elektrisches Widerstandsmessgerät, dessen Widerstandswerte durch mechanisches Verschieben der Computermaus veränderbar sind. Die Messwerte wurden auf den Bildschirm übertragen, um Objekte anzeigen und bearbeiten zu können.

    Der deutsche Elektroingenieur Rainer Mallebrein entwickelte zwischen 1965 und 1968 eine Rollkugel als Computermaus, die Bewegungsabläufe codiert auf den Bildschirm übertrug. Zusammen mit seinen Rechnern vermarktete das Unternehmen Telefunken die charakteristische Kugel, die in den ersten Generationen von Computermäusen zur Steuerung verbaut wurde.

    Die modernere Zweitastenmaus wurde von Jean-Daniel Nicoud an der EPFL (École Polytechnique Fédérale de Lausanne) im Jahr 1974 entwickelt. Douglas Engelbart schickte die Konzeptzeichnungen seiner Maus an seinen Kollegen Nicoud, der die erste optoelektronische Computermaus realisierte und in Kleinserien von einer Uhrenfabrik produzieren ließ. Eine Spin-Off-Firma der EPFL wurde unter dem Namen Logitech von ehemaligen Forschern der EPFL gegründet und bietet auch heute noch kommerziell Computermäuse und Beratungsdienstleistungen an.

    Anfang der siebziger Jahre verließ der Computerspezialist William English das Stanford Research Institute und wechselte ins Palo Alto Research Center von Xerox (Xerox Parc). Dort entwickelte er eine Kugelmaus à la Rollkugel nach Mallebreins Vorbild. Diese wurde 1973 zum ersten Mal beim Arbeitsplatzrechner Xerox Alto verwendet. Xerox Alto war der erste Arbeitsplatzrechner mit grafischer Benutzeroberfläche und Computermaus. Niklaus Wirth von der ETH Zürich, der Sprachpionier für Algol, Pascal und Modula-2, übernahm die Ideen von Xerox Parc für seine Workstation Lilith mit Bildschirmgrafik und Computermaus.

    Apple Inc. brachte 1983 den Arbeitsplatzrechner Lisa mitsamt Computermaus auf den Markt. Die danach erfolgreiche Macintosh-Serie basierte ebenfalls auf der Computermaus, ohne die der Personal Computer kaum bedienbar war. Vor allem kam mit Macintosh und Nachfolgern der Durchbruch der Dialogführung mit Computermaus für Arbeitsplatzrechner, und es wurde das Bewusstsein dafür gestärkt, dass Grafik und Benutzerbedienung zur Gestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstelle unabdingbar sind.

    Seit den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts gibt es Computermäuse mit Lasertechnik auf dem Markt. An der Unterseite dieser Mäuse befindet sich eine Laserdiode, die den Mauszeiger durch Abtasten der Schreibunterlage auf den Bildschirm überträgt. Richtig durchgesetzt haben sich Computermäuse mit Lasertechnik ab 2004 mit dem Logitech MX 1000 Laser.

    1.2 Konstruktion ebenbegrenzter Objekte mit Baukasten POLY und Computermaus

    Die Bedeutung der Computermaus bei der Gestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstelle sowie bei der Dialogführung soll anhand eines technischen Anwendungsbeispiels aufgezeigt werden. Es stammt aus der Gründerzeit des Fachgebiets Computer-Aided Design and Manufacturing. Darunter versteht man das rechnergestützte Konstruieren und Herstellen von Objekten wie Flugzeugen, Autos, Werkzeugen, Staubsaugern, Bauwerken, Kleidern etc. Im Zentrum des Konstruktionsprozesses steht ein geometrisches Modell, welches das Objekt mithilfe einer Grammatik beschreibt, um Simulationen durchführen, Belastungseigenschaften berechnen oder Abläufe für die Fertigung ableiten zu können.

    Das Unterrichtssystem POLY ist ein geometrisches Modelliersystem und umfasst Beschreiben, Darstellen, Speichern und Bearbeiten von ebenbegrenzten Objekten (Meier 1987; Meier und Loacker 1987). Primitivkörper wie Würfel, Zylinder, Kugeln und andere können aus einem Vorrat an 3D-Primitiven per Mausklick im Dialogfenster ausgewählt und für die Konstruktion von ebenbegrenzten Objekten verwendet werden. Die Grammatik (siehe auch Kap. 4 über Graphgrammatiken) für die Konstruktion von zusammengesetzten Objekten lautet gemäß Meier (1986) wie folgt:

    Diese Grammatik für ebenbegrenzte Objekte (Notation Backus-Nauer) sagt aus, dass ein Objekt entweder ein Primitivkörper oder (durch „|" ausgedrückt) ein transformiertes Objekt oder ein zusammengesetztes

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