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Kompendium der modernen Herzchirurgie beim Erwachsenen: Entscheidungsgrundlagen für den verantwortlichen Herzchirurgen
Kompendium der modernen Herzchirurgie beim Erwachsenen: Entscheidungsgrundlagen für den verantwortlichen Herzchirurgen
Kompendium der modernen Herzchirurgie beim Erwachsenen: Entscheidungsgrundlagen für den verantwortlichen Herzchirurgen
eBook1.236 Seiten10 Stunden

Kompendium der modernen Herzchirurgie beim Erwachsenen: Entscheidungsgrundlagen für den verantwortlichen Herzchirurgen

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Über dieses E-Book

Die Herzchirurgie zählt zu den modernsten chirurgischen Disziplinen. Operationen sind fester Teil der Behandlung bei komplexen Herzerkrankungen. Sie konkurrieren aber auch zunehmend mit interventionellen Verfahren. Das Buch bietet einen kompakten Überblick über die wichtigsten Eingriffe sowie über alternative Verfahren und neue Entwicklungen. Alle Bereiche des klinischen Managements werden abgedeckt. Leser profitieren von der langen Erfahrung der Autoren, die alle ausgewiesenen Experten aus herzchirurgischen Zentren im deutschsprachigen Raum sind.
SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum21. Feb. 2020
ISBN9783709104514
Kompendium der modernen Herzchirurgie beim Erwachsenen: Entscheidungsgrundlagen für den verantwortlichen Herzchirurgen

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    Buchvorschau

    Kompendium der modernen Herzchirurgie beim Erwachsenen - Olaf Stanger

    © Springer-Verlag GmbH Austria, ein Teil von Springer Nature 2020

    O. Stanger (Hrsg.)Kompendium der modernen Herzchirurgie beim Erwachsenenhttps://doi.org/10.1007/978-3-7091-0451-4_1

    1. Zugangswege in der Herzchirurgie

    Dominik Wiedemann¹  

    (1)

    Klinische Abteilung für Herzchirurgie, Allgemeines Krankenhaus (AKH), Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich

    Dominik Wiedemann

    Email: dominik.wiedemann@meduniwien.ac.at

    1.1 Die mediane Sternotomie

    1.1.1 Technik

    1.1.2 Mögliche Komplikationen

    1.2 Re-Sternotomie

    1.2.1 Technik der Re-Sternotomie

    1.2.2 Mögliche Komplikationen

    1.3 Sternumverschluss

    1.3.1 Mögliche Komplikationen und Verschlussmanöver

    1.4 Alternative Sternotomie-Zugänge

    1.4.1 Komplette Sternotomie über eine submammäre Inzision

    1.4.2 Limitierte Hautinzision bei konventioneller Sternotomie

    1.4.3 Untere Hemisternotomie

    1.4.4 Obere Hemisternotomie

    1.5 Minimal-invasive Zugangswege

    1.5.1 Anterolaterale Thorakotomie

    1.5.2 Laterale Thorakotomie

    1.5.3 Totalendoskopische Herzchirurgie – Roboterchirurgie

    1.5.4 Minimal-invasive Implantation von Ventricular Assist Devices (VAD)

    Literatur

    Der Zugang zum Herzen und zu den großen Gefäßen im Thorax ist durch den knöchernen Brustkorb erschwert. In der Herzchirurgie hat sich die mediane Sternotomie als primärer Zugangsweg fest etabliert; lediglich in speziellen Situationen werden andere Thorakotomien bevorzugt. Im Vergleich mit anderen chirurgischen Fachbereichen haben sich interventionelle und minimal-invasive Zugangswege in der Herzchirurgie erst relativ spät etablieren können, sodass nunmehr neben der medianen Sternotomie auch verschiedene Minithorakotomien und sogar total-endoskopische Zugangsoptionen zur Verfügung stehen.

    1.1 Die mediane Sternotomie

    1.1.1 Technik

    Zuerst werden die Incisura jugularis und der Processus xiphoideus ertastet. Der Hautschnitt erfolgt üblicherweise 1–2 Querfinger unterhalb des Jugulums und bis 2 Querfinger oberhalb des Xiphoids (◘ Abb. 1.1). Anschließend erfolgt die Präparation der Subkutis bzw. der Faszie des M. pectoralis major sowie ggf. die Durchtrennung einiger Muskelfasern bis auf das Sternum. Hierbei ist streng darauf zu achten, dass die exakte Mitte des Sternums gefunden wird. Zur besseren Orientierung kann die spätere Schnittführung auch mit dem Kauter (Elektrodiatermie) markiert werden.

    ../images/211338_1_De_1_Chapter/211338_1_De_1_Fig1_HTML.png

    Abb. 1.1

    Schnittführung bei medianer Sternotomie

    Vor der eigentlichen Sternotomie sollte die Beatmung kurzeitig abgestellt werden, um das Risiko einer akzidentellen Verletzung der Lunge zu minimieren.

    Für die Sternotomie sind pneumatische- und auch Akkusägen im Einsatz. Bei Neugeborenen und bei Säuglingen wird das Sternum nur mit dem Kauter oder mit kräftigen Scheren durchtrennt. Bei Re-Eingriffen wird immer eine oszillierende Säge verwendet, um Verletzungen bei zu erwartenden retrosternalen Vernarbungen und Dehiszenzen zu vermeiden.

    1.1.2 Mögliche Komplikationen

    Die „Off-midline"-Sternotomie

    Das Sternum muss in jedem Fall mittig eröffnet werden. Dabei kann es hilfreich sein, das Sternum mit Daumen und Zeigefinger im Bereich der Interkostalräume (ICR) zu ertasten und so die Mitte genau abzuschätzen, und ggf. auch zu markieren. Am einfachsten lässt sich die Mittellinie zumeist im Bereich des 2. bzw. 3. ICR feststellen; hier erleichtert die Prominenz der 2. Rippe das Palpieren der Sternalränder. Sollte dennoch Unsicherheit bestehen, kann der Sternalrand auch mit einer stumpfen Klemme identifiziert werden. Wenn die Sternotomie dennoch deutlich von der Mittellinie abweicht, kommt es beim Spreizen häufig zu Frakturen; bei noch weiterem Abweichen können sogar die Rippenköpfchen durchsägt werden. Dadurch wird der spätere Sternumverschluss erschwert und das Risiko einer Sternuminstabilität ist deutlich erhöht. In solchen Fällen kann der Sternumverschluss mit dem Manöver nach Robiscek (Robicsek et al. 1977; Tavilla et al. 1991) oder durch primäres Verplatten (Raman et al. 2012) durchgeführt werden (s. u.).

    Infektionen des Sternums

    Selbstverständlich gelten in der Herzchirurgie, wie auch in allen anderen chirurgischen Disziplinen, die Grundregeln der Sterilität und der antibiotischen Prophylaxe. Da bei vielen herzchirurgischen Patienten bereits aufgrund ihres besonderen Risikoprofils ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, sollte bei jeder Sternotomie auf ein Höchstmaß an Sterilität und Präzision geachtet werden. In der Literatur werden Wundheilungsstörungen des Sternums nach Herzoperationen mit 0,9 % bis 6,7 % angegeben (Heilmann et al. 2013; Ridderstolpe et al. 2001). Diese werden oftmals unterschätzt, müssen aber mit zunehmendem Alter der Patienten und Komorbiditäten in erhöhtem Ausmaß erwartet werden. Wundheilungsstörungen im Sternumbereich führen nicht nur zu einer Verlängerung des Krankenhausaufenthaltes, zu höheren Kosten und einer höheren Patientenunzufriedenheit, sondern erhöhen generell die Mortalität nach Herzoperationen (Heilmann et al. 2013; Ridderstolpe et al. 2001; Cotogni et al. 2015). Etablierte Risikofaktoren sind Alter, weibliches Geschlecht, Übergewicht, Diabetes, Rauchen, COPD, Nierendysfunktion, periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) sowie dringliche und Notfalleingriffe (Cotogni et al. 2015). Im Bestreben, sternale Wundheilungsstörungen zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren, verwenden einige Chirurgen gerade bei Risikopatienten (Diabetiker, beidseitiges Absetzen der A. mammaria) ein besonders gut knochengängiges Antibiotikum für die intraoperative Prophylaxe (z. B. Teicoplanin) und verzichten ggf. auf die Applikation von Knochenwachs . Die beste Prophylaxe stellt aber sicherlich die korrekte Eröffnung des Sternums wie auch dessen präziser Verschluss mit festsitzenden Drähten und mehrschichtigem Verschluss der Subkutis dar. In letzter Zeit findet in manchen Abteilungen ein autologer Fibrinkleber Verwendung, von dessen hämostatischer und antiseptischer Wirkung positive Effekte auf die postoperative Wundheilung erhofft werden (Wiedemann et al. 2011). Darüber hinaus gibt es Bestrebungen, durch lokale Applikation eines Antibiotikums (z. B. Vancomycin) die Sternuminfektionsrate zu senken. Kritische Stimmen hierzu befürchten eine erhöhte Bildung von resistenten Keimen bei vermehrter antibiotischer Lokaltherapie. Klinische randomisierte Studien zu dieser Therapie fehlen noch, um diese Fragestellung eindeutig zu beantworten.

    Blutungskomplikationen

    Bei der medianen Sternotomie kann es im Bereich des Jugulums zur Verletzung quer verlaufender Venen kommen. Diese Venen können individuell sehr ausgeprägt sein und bei Verletzung zu starken und schwer zu stillenden Blutungen führen. Sie sollten daher vor der Sternumeröffnung mit Kauter, Metall-Clips oder Ligatur versorgt werden. Wenn das nicht ausreicht, wird das Jugulum zunächst mit Tüchern abtamponiert und dann die Sternotomie durchgeführt. Anschließend ist die Blutungskontrolle bei deutlich besserer Übersicht meist leicht möglich.

    Größere und sogar lebensbedrohliche Blutungen können durch Verletzungen des Myokards (meist des rechten Ventrikels) während der Sternotomie vorkommen. Wenn eine rasche Nahtversorgung nicht sicher durchführbar ist, sollte die Verletzung zunächst mit Kompressen tamponiert werden. Danach wird Heparin verabreicht und so rasch wie möglich kanüliert, um an die Herz-Lungen Maschine (HLM) zu gehen. Die weitere Versorgung erfolgt dann nach den Grundsätzen der traumatischen Herzverletzung unter Bedingungen der extrakorporalen Zirkulation (EKZ) . Gerade in solchen Situationen zeigt sich dann auch, wie sehr das Team miteinander vertraut ist und mit einer solchen Komplikation umzugehen versteht. Weil bei jeder Sternotomie grundsätzlich mit der Möglichkeit einer akuten und bedrohlichen Blutungskomplikation gerechnet werden muss, ganz besonders bei Re-Eingriffen, sollte die Beherrschung dieser Situation regelmäßig im Team trainiert und – zumindest gedanklich – durchgespielt werden.

    Eröffnung des Peritoneums

    Wenn bei der Sternotomie das Peritoneum versehentlich eröffnet wird, sollte die Öffnung gleich mit Nähten verschlossen werden, um den Übertritt von Blut oder Spüllösung in den Bauchraum zu verhindern. Zum einen wären Flüssigkeitsansammlungen unklarer Herkunft im Peritoneum postoperativ nicht von neu aufgetretenen Blutungen zu differenzieren, zum anderen würde übergetretenes Blut die Entstehung von Verwachsungen und eines postoperativen Ileus begünstigen. Außerdem besteht die Gefahr einer Hernienbildung. Die unbeabsichtigte Eröffnung des Peritoneums ist jedoch zumeist vermeidbar, wenn die Schnittführung nicht über das Xiphoid hinausgeht.

    Eröffnung der Pleura

    Um die Eröffnung der Pleura zu vermeiden, wird die Beatmung meist während der Sternotomie durch den Anästhesisten kurz unterbrochen. Sollte die Pleura dennoch eröffnet worden sein, muss auch die Lunge (spätestens bei Operationsende) auf zu versorgende Verletzungen kontrolliert werden, um einen Pneumothorax oder Hämatothorax zu verhindern. Eine relevante Verletzung würde aber meist schon während der Operation aufgrund der Gasleckage vermutet werden. In jedem Falle wird die im Pleuraraum befindliche Flüssigkeit vor dem Sternumverschluss sorgfältig abgesaugt und drainiert.

    Verwendung von Knochenwachs

    Viele Operateure verwenden Knochenwachs zum Vermindern des Blutverlustes aus der Spongiosa des Sternums. Das nicht resorbierbare Knochenwachs (Bienenwachs) steht jedoch im Verdacht, eine chronische Entzündungsreaktion zu begünstigen und damit die Knochenheilung zu beeinträchtigen (Sudmann et al. 2006). Leider führte auch die Verwendung eines wasserlöslichen Polymerwachses (Ostene®) diesbezüglich zu keiner Verbesserung, sodass Knochenwachs gegenwärtig weiterhin alternativlos ist (Vestergaard et al. 2014). Wir empfehlen den mäßigen Gebrauch und haben es uns zur Gewohnheit gemacht, vor dem Sternumverschluss unnötiges Wachs wieder zu entfernen.

    Verletzungen der Vena anonyma

    Verletzungsgefahr der V. anonyma besteht vor allem bei Re-Operationen durch den Narbenzug vorhandener Verwachsungen. Aber auch bei Primäreingriffen ist bei der Perikarderöffnung und auch bei der Thymuspräparation auf die Schonung der V. anonyma besonders zu achten. Sollte dieses Gefäß dennoch verletzt werden, so ist meist die Blutstillung durch Übernähung möglich. Im Extremfall ist jedoch die Sicht durch die relativ starke Blutung beeinträchtigt und die Blutungskontrolle durch Übernähung unsicher. In einer solchen Situation ist es besser, die Vene zu durchtrennen und zunächst das rechtsseitige Ende mittels Ligatur zu verschließen. Der linke Stumpf bleibt während der HLM-Phase offen, sodass das Blutvolumen während dieser Phase in den Maschinensauger abgesaugt und re-infundiert werden kann. Vor dem Beenden der HLM wird dieser Stumpf dann ligiert. Für den Patienten kann dadurch in der frühen postoperativen Phase ein venöses Abflusshindernis am rechten Arm bestehen. Die begleitenden Ödeme bilden sich üblicherweise durch Kollaterale im Laufe der Zeit zurück.

    Läsionen des Plexus brachialis

    Bei der medianen Sternotomie kann auch der Plexus brachialis verletzt werden (Healey et al. 2013). Dazu kommt es meist beim Spreizen des Sternums durch Einklemmen von Plexusanteilen zwischen Clavicula und der ersten Rippe. Insbesondere bei simultaner Abduktion eines oder beider Arme (z. B. bei Entnahme der A. radialis) ist an eine potentielle Plexusgefährdung zu denken. Plexusläsionen können auch mit dem Einschwemmen von Swan-Ganz-Kathetern in Zusammenhang stehen; jedoch selten durch das Einführen des Katheters selbst, sondern eher durch die Nervenkompression durch ein mit der Punktion assoziiertes Hämatom. I. d. R. sind diese Läsionen temporär und reversibel, können aber auch bestehen bleiben. Die dramatischste Form der Plexusschädigung kann durch Fraktur der 1. Rippe entstehen. Zur Vermeidung solcher Läsionen empfehlen wir, den Sternumspreizer immer symmetrisch und möglichst im kaudalen Drittel des Sternums einzusetzen. Außerdem sollte das Sternum nur schrittweise, fraktioniert und vorsichtig, jedenfalls nicht weiter als notwendig gespreizt werden.

    1.2 Re-Sternotomie

    Prinzipiell sollten Re-Sternotomien sorgfältig geplant werden und hierzu gehört unbedingt eine exakte präoperative Bildgebung mit Computertomographie (CT) des Thorax (Imran Hamid et al. 2015). Damit lässt sich bereits abschätzen, ob wichtige Strukturen (v. a. die Aorta ascendens, der rechte Ventrikel oder Bypassgefäße) gefährlich nah am Sternum liegen und verletzt werden könnten. Häufig besteht das Bestreben, möglichst lange ohne Gabe von Heparin zu präparieren, um diffuse Blutungen zu verhindern und die EKZ-Zeit möglichst kurz zu halten. Dennoch gibt es bei Re-Eingriffen immer wieder lebensbedrohliche Komplikationen, denen man am besten mit einer Kanülierung der Leistengefäße und dem Angehen an die HLM noch vor der Sternotomie begegnen kann (Luciani et al. 2008). Obwohl diesbezüglich keine Guidelines existieren, halten wir daher die genaue Planung des Re-Eingriffes mit präoperativer Bildgebung (CT) für absolut notwendig. Wenn hier das Risiko als gering eingestuft werden kann, ist eine direkte Re-Sternotomie ohne zusätzliche Maßnahmen vertretbar. Beim geringsten Risiko empfehlen wir, als Minimalvariante Nähte über die V. und A. femoralis vorzulegen, um in einer Notfallsituation so rasch als möglich kanülieren zu können. Ist aber in der CT die Gefährdung vitaler Strukturen erkennbar, sollte entweder femoro-femoral oder venös-femoral und arteriell über die A. subclavia kanüliert und erst dann die Sternotomie durchgeführt werden.

    Diese Vorsichtsmaßnahme mag manchen übertrieben erscheinen, sie ist allerdings die einzige Möglichkeit, katastrophalen Blutungen vorzubeugen, wie sie bei Re-Sternotomien prinzipiell vorkommen können.

    Im Bemühen um mehr Sicherheit, ist es in manchen Zentren auch üblich, den Patienten noch vor der Thoraxeröffnung auf 20 °C abzukühlen. Davon raten wir aber eher ab, weil es beim kälteinduzierten Kammerflimmern zu einer Distension des linken Ventrikels kommen kann und das rasche Einbringen eines Vent-Katheters mitunter schwierig ist. Selten gibt es aber Situationen (z. B. Redo-Situation mit großem Aszendens-Aneurysma direkt mit den Drahtcerclagen bzw. dem Sternum verwachsen), in denen diese Strategie die einzige Option ist. Im Bedarfsfall empfiehlt sich zum Verhindern eines Myokardschadens das rasche Einbringen eines Vent-Katheters über die Ventrikelspitze, wenn das Herz zu flimmern beginnt. Es gibt sogar Fallberichte, wo dies über eine separate linksseitige Minithorakotomie geschieht (Cohn 2010).

    1.2.1 Technik der Re-Sternotomie

    Zunächst wird die Haut längs eröffnet, wir exzidieren dafür die alte Narbe vollständig und knapp an deren Rändern. Dann wird mittig über dem Sternum das subkutane Gewebe direkt bis auf die Sternumdrähte abpräpariert. Diese werden dann angehoben, mit der Zange durchtrennt und vorsichtig entfernt. Die eigentliche Sternotomie wird dann mit der oszillierenden Säge vorgenommen. Auf mögliche Verletzungen retrosternaler Strukturen und deren Beherrschung muss das ganze Team vorbereitet sein. Wir beginnen grundsätzlich kaudal am Xiphoid mit der Durchtrennung des anterioren Lamina compacta des knöchernen Sternums über die ganze Länge und anschließend erst – unter größter Vorsicht – mit der Durchtrennung der tiefen (hinteren) Lamelle. Sobald das Sternum vollständig durchtrennt ist, klaffen meist die Knochenränder auseinander und es kann mit dem Kauter weitergearbeitet werden.

    Bei Re-Sternotomien empfiehlt sich im Allgemeinen die Verwendung von Knochenwachs.

    Der Sternumrand wird von der Assistenz mit scharfen Haken vorsichtig angehoben und das retrosternale Narbengewebe unter stets ausreichender Sicht mit dem Kauter oder der Schere vorsichtig nach lateral (etwa 2 cm) gelöst. Es ist unbedingt darauf zu achten, immer unmittelbar am Sternum zu bleiben und nicht (unbeabsichtigt) in die Tiefe zu präparieren. Besonders ist auch auf die A.-mammaria-Bypässe zu achten, deren räumliche Lage von der präoperativen CT her bekannt sein sollte. Nun setzen wir i. d. R. zunächst einen kleinen Spreizer ein, und zwar immer zuerst kaudal. Im kranialen Bereich kann das Spreizen beim noch nicht gänzlich freigelegten Situs durch narbige Zugkräfte zu schweren Gefäßverletzungen (V. anonyma) führen. Erst dann wird der große Sternumspreizer eingesetzt und das Herz zum Kanülieren weiter freipräpariert. Da wir gewohnheitsgemäß schon vor der Sternotomie die Leistengefäße zumindest freigelegt bzw. auch schon kanüliert haben, exponieren wir zuerst den rechten Vorhof und anschließend die Aorta ascendens. Dafür sollte zunächst nicht weiter präpariert werden als für eine (evtl. rasche) Kanülierung notwendig ist. Alle weiteren Arbeitsschritte sind an der HLM und ggf. am kardioplegierten Herzen sicherer durchführbar.

    1.2.2 Mögliche Komplikationen

    Verletzung des rechten Ventrikels

    Das direkte Eröffnen des rechten Ventrikels bzw. Vorhofes durch die oszillierende Säge ist eine besonders schwere und gefürchtete Verletzung. Zu diesem Zeitpunkt ist meist die Möglichkeit zur Nahtversorgung stark eingeschränkt bis unmöglich. Weiteres forciertes Spreizen würde ggf. auch den Schnitt bzw. Einriss massiv erweitern. Auch kräftiges stumpfes digitales Eingehen unterhalb des Xiphoids und zu frühes Einsetzen des Spreizers kann jeweils schwere Perforationsblutungen verursachen. Kleinere Verletzungen können meist mit vorsichtigen Umstechungen versorgt werden, dafür verwenden wir freizügig auch Filz-gesicherte Nähte. Noch einmal sei auf die Bedeutung der präoperativen Bildgebung hingewiesen. Der HLM-Beginn noch vor der Sternotomie entlastet den Ventrikel, führt daher zu dessen Kollaps und vermindert das Verletzungsrisiko enorm.

    Verletzung der Aorta ascendens

    Sollte im Rahmen der Re-Sternotomie die Aorta ascendens eröffnet werden, ist dies eine akut lebensbedrohliche Situation, insbesondere wenn der Patient zu diesem Zeitpunkt noch nicht an der HLM ist. In diesem Fall werden die Sternalränder sofort mit Tuchklemmen reapproximiert, um die Blutung zu tamponieren. Evtl. muss auch die Assistenz manuell die Blutungsquelle komprimieren bzw. tamponieren, während gleichzeitig schnellstmöglich die Leistengefäße kanüliert werden und die EKZ begonnen wird. Auch sollte in diesem Falle zunächst der Patient sofort auf 18–20 °C abgekühlt und dann die Aortenverletzung versorgt werden.

    Verletzung der Vena anonyma

    Die Verletzung der V. anonyma wurde bereits bei der konventionellen Sternotomie angesprochen. Es handelt sich meist um ein relativ großkalibriges Gefäß, und das Risiko des Einrisses bei Re-Eingriffen ist vor allem durch Narbenzüge und zu harsches Aufspreizen wesentlich erhöht. Das Operationsgebiet kann durch die heftige Blutung rasch vollkommen unübersichtlich werden, und neben der Situationsbeherrschung kann der Volumenverlust zum Problem werden.

    Defibrillation

    Sowohl der gerade angesprochene Volumenverlust als auch eine Abkühlung und die mechanische Manipulation (am möglicherweise zusätzlich vorgeschädigten Herzen), können jederzeit zum Kammerflimmern und zu hämodynamischer Instabilität führen. Daher ist unbedingt darauf zu achten, dass schon vor dem Eingriff externe Defibrillations-Pads angebracht worden sind (Checkliste!).

    1.3 Sternumverschluss

    Üblicherweise wird das Sternum mit Drahtcerclagen (im Kindesalter mit stärkeren Nähten) verschlossen. Dabei sollten üblicherweise 8–10 Drähte verwendet werden. Sie werden entweder als Einzeldrähte verwendet oder als Schleifen in Form einer „8" eingesetzt. Mit zunehmender Anzahl der Drähte werden offenbar die Zugkräfte besser verteilt (Kamiya et al. 2012) und möglicherweise auch bei der 8er-Schleife (Krejca et al. 2003) durch asymmetrische Zugverteilung (Bruhin et al. 2005). Nach dem horizontalen Ausstich werden die durchtrennten Drahtenden mit der Zange verdreht und zum Sternum hin umgebogen. Die Drähte können prinzipiell sowohl transsternal wie auch – etwa im Falle eines sehr dünnen Sternums – parasternal gestochen werden. Die Knochendicke und -dichte sind auf Höhe der knorpeligen Rippenansätze deutlich höher als im ICR, weshalb dort auch eine um mehr als 20 % geringere Stressbelastung durch die Drähte gemessen wurde (Casha et al. 2012). Wegen dieser größeren Festigkeit und geringeren Belastung sollten die Drähte möglichst am Rippenansatz durch den Knochen gestochen werden. Im Bereich des Manubriums ist immer transsternal zu stechen, aber dabei auch auf eine mögliche Verletzung der A. bzw. V. subclavia zu achten. Nach Anlage der Drahtcerlagen (besonders parasternal) müssen immer alle Stichkanäle unterhalb des Sternums kontrolliert werden, um mögliche Blutungen durch Verletzung der A. mammaria interna bzw. deren Äste zu versorgen.

    1.3.1 Mögliche Komplikationen und Verschlussmanöver

    Lockere Drähte

    Die Drähte müssen immer fest angezogen und verdreht worden sein, eng am Knochen anliegen und die Sternumflächen fest aneinander fixieren. Lockere Drähte mit Spiel müssen vermieden werden, denn durch die Kräfte der Atemmechanik und der Thoraxbewegungen kann es zum Durchschneiden der Sternumdrähte durch den Knochen kommen (◘ Abb. 1.2) (Casha et al. 2014). Meistens geben die Patienten atemabhängige Schmerzen an, haben subfebrile Temperaturen, oftmals sind Wundinfekte assoziiert und die Revisionseingriffe können aufwändig und langwierig sein (Cotogni et al. 2015; Singh et al. 2011).

    ../images/211338_1_De_1_Chapter/211338_1_De_1_Fig2_HTML.jpg

    Abb. 1.2

    Durchgerissene bzw. lockere Drähte mit Sternumdehiszenz

    Robicsek-Manöver

    Insbesondere beim osteoporotischen Sternum oder auch nach Off-midline-Sternotomien stellt die Modifikation des Sternumverschlusses nach Robicsek eine gute Verschlussmöglichkeit dar (Robicsek et al. 1977; Robicsek et al. 1998). Hierbei werden sowohl die rechte wie auch die linke Sternumhälfte jeweils mit einem Längsdraht von unten nach oben und von oben nach unten versorgt (◘ Abb. 1.3). Dieser Draht dient als Widerlager und soll die Stabilität des Verschlusses erhöhen.

    ../images/211338_1_De_1_Chapter/211338_1_De_1_Fig3_HTML.jpg

    Abb. 1.3

    Sternumverschluss nach Robicsek

    Sternuminfektionen

    Je nach Zentrum liegt die Häufigkeit tiefer Sternuminfektionen zwischen 1 % und ca. 6 % (Heilmann et al. 2013; Ridderstolpe et al. 2001; Cotogni et al. 2015; Singh et al. 2011). Diese Komplikationen erhöhen sowohl die Morbidität und Mortalität wie auch die Kosten und die Patientenunzufriedenheit. Daher sind jegliche Anstrengungen zu unternehmen, um Sternuminfekte zu vermeiden. Neben der obligat antibiotischen Begleittherapie muss die Wunde rechtzeitig revidiert werden. Oftmals ist der direkte Re-Verschluss nicht (mehr) möglich und macht die Anlage sowie konsequente Behandlung mit Vacuum-Assisted Closure System en (VAC) notwendig (Tarzia et al. 2014). Allerdings ist diese Therapie auch sehr effektiv und hat die sekundäre Wundversorgung des septischen Sternums bedeutend verbessert. Nachdem die Wundabstriche negative Befunde ergeben haben, kommen für den sekundären Wundverschluss neben der konventionellen Re-Cerclage auch Verplattungs-Systeme und Muskelflaps (s. u.) in Frage (Zeitani et al. 2013; Voss et al. 2008).

    Verplattungs-Systeme

    Neben den genannten Verschlussstrategien gibt es vor allem bei Patienten mit postoperativer Instabilität des Brustbeines die Möglichkeit zur Verplattung des Sternums (Voss et al. 2008). Dies ist eine starre Verbindung der Sternumhälften im Sinne einer echten Osteosynthese (◘ Abb. 1.4). Allerdings ist hierbei auch zu bedenken, dass dem Patienten eine große Fremdmaterialfläche eingesetzt wird (Infektionsrisiko) und auch ein Teil der Thoraxbeweglichkeit verlorengeht. Daher hat sich die Verplattung als Technik zum primären Sternumverschluss nicht durchgesetzt, sie ist aber oftmals eine letzte Option zur definitiven Versorgung des instabilen Sternums.

    ../images/211338_1_De_1_Chapter/211338_1_De_1_Fig4_HTML.png

    Abb. 1.4

    Verplattungssystem für das Sternum

    Muskellappen

    Hierbei werden gestielte oder ungestielte Muskellappen präpariert und zur Deckung der Sternumwunde verwendet. Am häufigsten kommt hier der M.-pectoralis-Flap zum Einsatz (Klesius et al. 2004), der von den darunterliegenden Rippen abpräpariert, mobilisiert und über die Mittellinie gezogen wird. Abgesehen davon kommen auch Flaps des M. rectus abdominis in Frage (Davison et al. 2007). Bei der Verwendung von Rectus-Flaps ist auf jeden Fall darauf zu achten, ob die A. thoracica interna der entsprechenden Seite bereits verwendet wurde. In diesem Fall darf der Rectus-Muskel nämlich nicht verwendet werden, weil die A. epigastrica sup. die Fortsetzung der A. thoracica interna darstellt.

    1.4 Alternative Sternotomie-Zugänge

    1.4.1 Komplette Sternotomie über eine submammäre Inzision

    Dieser Zugang ist heute eine nur noch sehr selten gewählte Option. Er kann bei Mädchen und jungen Frauen angewendet werden, bei denen größere herzchirurgische Eingriffe durchgeführt werden müssen (Brutel de la Rivière et al. 1981).

    Technik

    Etwa 0.5–1 cm unterhalb der Brustkontur wird eine Querinzision parallel zur submammären Falte gesetzt. Diese verläuft quer über dem Übergang zwischen Corpus sterni und Xiphoid. Die Haut wird dann mitsamt der Subkutis im Sinne eines Flaps vom M. pectoralis abpräpariert und mithilfe von Nähten aufgespannt. Nun ist eine Sternotomie in üblicher Technik möglich.

    Mögliche Komplikationen

    Es ist mit äußerster Präzision darauf zu achten, nicht in das Brustgewebe zu präparieren. Nachteil dieses Zugangs ist außerdem die große subkutane Wundfläche mit Gefährdung der Gewebsdurchblutung. Es sollte auch sehr darauf geachtet werden, die Wundränder nicht durch Zug der Nähte zu schädigen. Schließlich kann auch der Wundverschluss besonders herausfordernd sein, denn es muss unbedingt die natürliche bzw. ursprüngliche Form der Brust wiederhergestellt werden. Wir empfehlen diesen Zugang nur in absoluten Ausnahmefällen. Einzig die Lokalisation der Hautnarbe stellt eventuell einen kosmetischen Vorteil dar. Das Gewebstrauma ist insgesamt wesentlich größer als bei einem konventionellen Zugang. Postoperativ können neben hypertrophen Narben auch Missempfindungen und Sensibilitätsstörungen im Brust- und Mamillenbereich auftreten (Deutinger und Domanig 1992).

    1.4.2 Limitierte Hautinzision bei konventioneller Sternotomie

    Aus kosmetischen Gründen kann bei der medianen Sternotomie die Hautinzision relativ klein gehalten werden, sodass der Hautschnitt knapp oberhalb des Übergangs zwischen Manubrium und Corpus Sterni beginnt, sowie bereits etwa 2 Querfinger vor dem Xiphoid endet. Unter Zuhilfenahme von runden Haken ist auch so eine „normale" Sternotomie durchaus möglich. Allerdings kann die Haut sowohl beim Sägen als auch beim Spreizen des Sternums durch Zug leicht verletzt werden.

    In der Praxis empfehlen wir diesen Zugang nicht, denn eine mediane Sternotomienarbe ist – auch wenn sie einige Zentimeter kürzer ist – nach wie vor eine große Narbe und kein minimal-invasiver Zugang. Wenn eine Sternotomie als Zugang gewählt wird, sollte der Vorteil der hervorragenden Exposition nicht durch eine Zugangsbeschränkung und mögliche Gewebeverletzung aufgehoben werden. Denn erfahrungsgemäß wird besonders bei Expositionsproblemen doch (zu) weit aufgespreizt, sodass die Haut erheblichem Zug ausgesetzt ist. Dieser begünstigt Wundheilungsstörungen und gefährdet das erhoffte kosmetische Ergebnis einer etwas kürzeren Narbe.

    1.4.3 Untere Hemisternotomie

    Die untere Ministernotomie stellt eine weniger invasive Zugangsmöglichkeit für einige Operationen dar, und ist für Verschlüsse von Atrium-Septum-Defekt (ASD) und Ventrikel-Septum-Defekt (VSD) beschrieben worden (Nishigaki et al. 2005). Einige wenige Zentren verwenden diesen Zugang auch für Eingriffe an der Mitral- und Aortenklappe (Doty et al. 2000). Neben dem Zugang ändert sich auch der technische Ablauf (Kanülierungstechniken etc.), sodass die Durchführung von Operationen über die partielle untere Sternotomie auch eher Zentren mit ausreichender Übung und Erfahrung mit diesem Zugang vorbehalten sein sollte.

    Technik

    Die Mittellinieninzision beginnt etwa auf Mamillenhöhe und reicht bis zum Processus xiphoideus. Die Sternotomie wird von unten beginnend bis auf Höhe der Mamillen durchgeführt und mittels oszillierender Säge oder Knochenschere nach rechts interkostal ausgeleitet. Über diesen Zugang kann durchaus eine direkte Kanülierung der Aorta durchgeführt werden. Allerdings können bei diesem Zugang sowohl die Kanülierung der unteren Hohlvene als auch die Aortenklemmung schwierig sein. Bei Operationen angeborener Herzfehler ist eine persistierende linke obere Hohlvene präoperativ oder intraoperativ mittels TEE auszuschließen, da diese über diesen Zugang nicht kanüliert werden kann.

    1.4.4 Obere Hemisternotomie

    Obwohl diese Technik schon seit langem bekannt ist, wird sie gerade in den letzten Jahren regelrecht wiederentdeckt. Mit der zunehmenden Forderung nach minimal-invasiven Zugangswegen in der Herzchirurgie hat sich die obere Hemisternotomie inzwischen neben der anterolateralen Minithorakotomie als idealer Zugang zur Aortenklappe etabliert (Luciani und Lucchese 2013). Auch Eingriffe an der Aorta sind über diesem Zugang möglich (Perrotta und Lentini 2009).

    Technik

    Die Hautinzision beginnt im Bereich der Incisura jugularis und endet, je nach Patient bzw. durchzuführender Operation, im 3. oder 4. ICR. Die Sternotomie wird von oben nach unten durchgeführt und mittels oszillierender Säge in den 3. oder 4. ICR rechts- oder linksseitig ausgeleitet. Für die Kanülierung bei diesem Zugang empfehlen wir die obere Hohlvene mit einer gewinkelten Kanüle zu versorgen und diese nach unten in den Vorhof zu schieben. Aus Platzgründen wird der Aortenbogen am besten in Seldinger-Technik mit einer ECMO -Kanüle und unter TEE-Kontrolle kanüliert. Alternativ könnten aber auch die Leistengefäße kanüliert werden. Ein Vent-Katheter kann bei dieser Technik ebenso platziert werden; wir empfehlen hierfür primär die linke obere Lungenvene. Sollte diese nicht einstellbar sein, ist ein Pulmonalarterien-Vent die Alternative. Auch ein retrograder Kardioplegie-Katheter kann unter TEE-Kontrolle eingeführt werden, allerdings ist das auch von der Sonographie-Erfahrung des Anästhesisten abhängig.

    1.5 Minimal-invasive Zugangswege

    1.5.1 Anterolaterale Thorakotomie

    Die wohl geringst-invasive Variante des chirurgischen Aortenklappenersatzes stellt der Zugangsweg über die anterolaterale Thorakotomie dar (Wang et al. 1999; Soltesz und Cohn 2007). Auch Eingriffe an der Mitralklappe (Modi et al. 2008) und an der Aorta (Kawahito et al. 2005), sowie ASD- und VSD-Verschlüsse (Palma et al. 2009) können über diesen Zugang durchgeführt werden.

    Technik

    Üblicherweise genügt eine etwa 6–8 cm lange Hautinzision über der 3. Rippe rechts unmittelbar parasternal. Darauf folgt die subkutane Präparation und Durchtrennung der Muskulatur im 2. ICR. Es soll darauf geachtet werden, nicht (wie sonst bei Thorakotomien) am Oberrand der unteren Rippe in den Thorax einzugehen, sondern genau in der Mitte zwischen der 2. und 3. Rippe. Das ist deshalb sinnvoll, weil bei diesem Zugang die A. mammaria dext. durchtrennt und mit Clips versorgt wird. Sollte nämlich ein Teil der A. mammaria relativ kurz sein und sich nach der Durchtrennung retrahieren, kann die Versorgung schwierig werden. Für eine adäquate Exposition der Klappe ist in den meisten Fällen eine Durchtrennung der 3. Rippe, in selteneren Fällen der 2. Rippe oder auch beider Rippen nötig. Unter Verwendung eines Soft-Tissue-Retractors und eines Thoraxspreizers wird der Zugang dann erweitert und es stellt sich eine gute Sicht dar (◘ Abb. 1.5). Nun wird das Perikard ca. 1–2 cm vor dem N. phrenicus längs eröffnet und mit Nähten fixiert, woraufhin die Aorta wie auch der rechte Vorhof und Teile des rechten Ventrikels sehr gut exponiert und zugänglich sind. Bei diesem Verfahren erfolgt die Kanülierung zumeist in der Leiste über die A. und V. femoralis. In den letzten Jahren konnte diese Technik weiterentwickelt werden. Derzeit erfolgt bereits in einzelnen Zentren sowohl die arterielle wie auch die venöse Kanülierung direkt über die Minithorakotomie, unter Verzicht auf den Leistenzugang und Vermeidung damit verbundener Komplikationen. Die Aortenkanülierung geschieht dabei mit einer ECMO-Kanüle (je nach Bedarf 17–21F) in Seldinger-Technik und unter TEE-Kontrolle. Als venöse Kanüle wird eine gewinkelte 36F-Kanüle verwendet, die perkutan im 4. ICR (Medioclavicularlinie) durch die Thoraxwand tunneliert wird. Die Durchtrittsstelle kann später für die Thoraxdrainage verwendet werden, sodass keine Zusatzinzision entsteht. Diese Kanülierungstechnik hat außerdem den Vorteil, dass die Aortenwurzel durch Zug an der venösen Kanüle exponiert werden kann und so eine bessere Sicht auf die Aortenklappe erzielt wird.

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    Abb. 1.5

    Anterolaterale Thorakotomie

    1.5.2 Laterale Thorakotomie

    Die laterale Thorakotomie ist ein minimal-invasiver Zugang zur Mitral- und Trikuspidalklappe, und auch geeignet zur Korrektur eines persistierenden Foramen ovale (PFO) oder eines ASD. Die Kanülierung erfolgt üblicherweise über die A. und V. femoralis. Bei allen Eingriffen mit Eröffnung des rechten Vorhofs (Trikuspidalklappe, PFO, ASD) wird zusätzlich eine venöse Kanüle über die V. jugularis in die obere Hohlvene eingebracht. Für Eingriffe an der Mitralklappe empfiehlt sich die Verwendung einer 2-Stufen-Kanüle. Die Thorakotomie ist 5–6 cm lang und wird bei Männern direkt über dem 4. ICR, bei Frauen in der Submammärfalte (5. ICR) geführt. Nach Durchtrennung der Subkutis muss die Brust nach oben geschoben werden, um einen ICR höher in den Thorax einzugehen. Dazu wird der M. pectoralis major durchtrennt. Kurz vor dem Eröffnen der Pleurahöhle wird die Beatmung kurzzeitig angehalten, um eine Lungenverletzung zu vermeiden. Gleich anschließend, also nach Eröffnung der Pleura, wird die Beatmung fortgesetzt. Nun werden die Ports gesetzt: die Chitwood-Klemme wird im 3. ICR der vorderen Axillarlinie eingebracht, und der Linksvent wird mit einer Moskitoklemme unter direkter Sicht eingeführt. Der Kameraport wird 5 mm zwischen der vorderen Axillar- und der mittleren Clavicularlinie gesetzt. Anschließend wird die CO2-Insufflation angeschlossen. Der Kardioplegieport wird im Bereich der mittleren Clavicularlinie gelegt. Bei Single-Shot-Kardioplegie (Bretschneider) kann auf den Kardioplegieport verzichtet werden. Der Vorhof-Retractor wird über den 4. ICR unmittelbar lateral der A. mammaria eingebracht. Danach folgt die systemische Heparinisierung und das Einbringen des Soft Tissue Retractors sowie das Einsetzen des Valve Gate Minithorakotomie-Retraktor s. Nach dem EKZ-Beginn wird das Beatmungsgerät diskonnektiert. Das Perikard wird etwa 2 cm vor dem N. phrenicus eröffnet und vom Zwerchfell bis auf Höhe der Aorta ascendens oberhalb der rechten Pulmonalarterie gespalten. Die Perikardduplikatur zwischen der rechten unteren Lungenvene und der unteren Hohlvene wird stumpf eröffnet. Dieser Schritt ist notwendig, um bei Eröffnung des rechten Vorhofs die untere Hohlvene klemmen zu können, und auch zur sicheren Vorhoferöffnung. An der Aorta ascendens wird knapp unterhalb des Unterrandes der rechten A. pulmonalis eine filzarmierte 3-0-Naht vorgelegt, mit dem Tourniquet gesichert und eine lange Kardioplegiekanüle eingestochen. Im Anschluss daran erfolgt die Freilegung des interatrialen Übergangs und das Setzen einer Haltenaht am interatrialen Septum. Sobald diese Vorbereitungen erfolgt sind, kann die Chitwood-Klemme gesetzt, und nach Verabreichung der Kardioplegielösung der Eingriff durchgeführt werden.

    Tipps und Tricks

    Wenn die Thorakotomie zu hoch oder zu tief angesetzt wurde, dann ist es (idealerweise vor der Heparinisierung) notwendig, den Zugang nochmals um diesen einen ICR zu korrigieren. Wenn das Diaphragma stark nach oben gedrückt wird (Adipositas), kann eine 2-0-Polypropylen-Naht mit 1:2 cm Teflonfilzpatch ins Centrum tendineum gestochen und unter Zug ausgeleitet werden. Damit wird das Zwerchfell nach unten gezogen; es besteht aber auch das Risiko einer Leberverletzung. Alternativ kann ein rechtwinklig gebogener Organspatel am unteren Blatt des Valve-Gate-Minithorakotomie-Retraktors angebracht werden und so die Leber etwas abdrängen.

    1.5.3 Totalendoskopische Herzchirurgie – Roboterchirurgie

    Während des letzten Jahrzehnts wurde es in einigen wenigen spezialisierten Zentren möglich, ausgewählte Eingriffe bei einem selektierten Patientengut mit Unterstützung des Da-Vinci-Telemanipulator-System s totalendoskopisch durchzuführen (Bonatti et al. 2012; Bonaros et al. 2013; Nifong et al. 2012; Tatooles et al. 2004; Ishikawa und Watanabe 2015). Dabei werden die Eingriffe ohne Thorakotomie ausschließlich über Ports durchgeführt. Damit sind totalendoskopische Bypass-Operationen (TECAB) möglich (◘ Abb. 1.6), aber auch Eingriffe an der Mitralklappe und Korrekturen von angeborenen Fehlbildungen (ASD- und PFO-Verschlüsse), oder die endoskopische Entfernung von Fremdkörpern (z. B. dislozierte Amplatzer-Implantate). Dieses Verfahren sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Nur einige wenige Zentren bieten diese Technik an, denn sie erfordert u. a. eine intensive Lernkurve und ein eingespieltes Team. Schon wegen des beträchtlichen Aufwandes und der eingeschränkten Indikationsstellung ist nicht zu erwarten, dass Roboter-assistierte Herzchirurgie in absehbarer Zukunft zum Standard-Repertoire jeder Abteilung gehören wird.

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    Abb. 1.6

    a-c Roboter-assistierte Herzchirurgie

    1.5.4 Minimal-invasive Implantation von Ventricular Assist Devices (VAD)

    Durch die zunehmende Miniaturisierung der Systeme zum mechanischen Herzersatz wurde auch der minimal-invasive Zugangsweg für deren Implantation möglich (Wiedemann et al. 2014). Tatsächlich können die derzeit weltweit am meisten implantierten Systeme, das HeartMate II™ (Fa. Thoratec, St. Jude Medical) und HeartWare HVAD™ (Fa. HeartWare) auch ohne Sternotomie implantiert werden.

    Beim dem etwas kleineren HVAD-System wird die Pumpe über eine linksseitige Minithorakotomie im 5. ICR implantiert (Haberl et al. 2014) (◘ Abb. 1.7).

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    Abb. 1.7

    a Left ventricular apex exposed via a left lateral minithoracotomy. The Heartware® HVAD sewing ring has been sutured to the left ventricular apex. b Ascending aorta exposed via a right minithoracotomy in the second intercostal space. The outflow graft has been anastomosed to the ascending aorta in an end-to-side fashion

    Zur Positionierung des Outflow-Grafts gibt es 2 Möglichkeiten: der klassische Anschluss an die Aorta ascendens oder die Anastomosierung an die A. subclavia sinistra (sin.). Im Falle der Aortenanastomosierung wird bei der minimal-invasiven Implantation eine zweite Minithorakotomie (analog dem minimal-invasiven Zugang für die Aortenklappe) im 2. ICR gesetzt, der Graft von der linksseitigen in die rechtsseitige Thorakotomie gezogen und nach tangentialer Ausklemmung der Aorta eine End-zu-Seit-Anastomose mit dem Outflow-Graft durchgeführt. Alternativ kann der Graft auch an die A. subclavia sin. anastomosiert werden. Hierfür wird, ähnlich der Präparation einer Schrittmachertasche, die A. sublcavia sin. freipräpariert, der Outflow-Graft durch die Thoraxwand im Bereich des 2. ICR tunneliert und von unten End-zu-Seit an die A. subclavia sin. anastomosiert. Diese Eingriffe können sogar ohne HLM, nur mit ECMO-Unterstützung oder auch völlig off-pump durchgeführt werden (Riebandt et al. 2014).

    Das HeartMate II-LVAD kann wegen seiner Größe nicht über eine linksseitige Minithorakotomie implantiert werden. Allerdings ist hier ein linksseitiger subkostaler präperitonealer Zugang möglich, und somit kann auch beim HeartMate II auf eine Sternotomie verzichtet werden (◘ Abb. 1.8).

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    Abb. 1.8

    Patient nach minimal-invasiver Implantation des HeartMate-II-Systems

    Der Anschluss des Outflow-Grafts kann analog wie beim HVAD über eine rechtsseitige Minithorakotomie mit Zugang an die Aorta ascendens gemacht werden. Sollte man sich aber dafür entschließen, die Aorta ascendens nicht als Anschluss zu wählen, kann in diesem Fall die rechte A. subclavia anastomosiert werden. Wobei hier eine analoge Technik verwendet wird wie bei der HVAD-Implantation. Der Vorteil der minimal-invasiven Implantationstechniken ist die leichtere (Re-)Sternotomie beim erneuten Zugang im Rahmen der Herztransplantation bei „bridge-to-transplant"-Patienten. Außerdem ist das Rechtsherzversagen eines der größten Probleme der VAD-Implantation und es erscheint logisch, dass der Verzicht auf eine komplette Sternum- und Perikarderöffnung Vorteile für die Rechtsherzfunktion hat. Außerdem stellen Blutungen aus dem sternalen Knochenmark gerade unter kontinuierlichem Pumpenfluss einen häufigen Revisionsgrund dar bzw. führen zu langen Blutstillungszeiten und erhöhtem Bedarf an Blutprodukten und Gerinnungsfaktoren.

    Literatur

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    © Springer-Verlag GmbH Austria, ein Teil von Springer Nature 2020

    O. Stanger (Hrsg.)Kompendium der modernen Herzchirurgie beim Erwachsenenhttps://doi.org/10.1007/978-3-7091-0451-4_2

    2. Der extrakorporale Kreislauf (Herz-Lungen-Maschine)

    Erich Gygax¹   und Olaf Stanger²  

    (1)

    Fumedica, EBCP, Muri, Schweiz

    (2)

    Helios Klinikum München West, Klinik für Gefäßchirurgie Aortenzentrum Süd, München, Deutschland

    Erich Gygax (Korrespondenzautor)

    Email: gygax@fumedica.ch

    Olaf Stanger

    Email: oh.stanger@gmail.com

    2.1 Ein kurzer Rückblick

    2.2 Komponenten und Funktionsweisen

    2.2.1 Grundprinzip

    2.2.2 Reservoir und venöse Drainage

    2.2.3 Blutpumpen

    2.2.4 Oxygenatoren und Wärmetauscher

    2.2.5 Luftblasendetektor und dynamische Blasenfalle, arterielle Filter

    2.2.6 Schläuche und Kunststoffe

    2.2.7 Kanülen und Kanülierung

    2.2.8 Priming und Hämodilution

    2.2.9 Überwachung

    2.3 Pathophysiologie der extrakorporalen Zirkulation

    2.3.1 Gerinnungsaktivierung

    2.3.2 Komplementaktivierung

    2.3.3 Hämolyse

    2.3.4 Vasoaktive Substanzen

    2.3.5 Akkumulation von freiem Wasser

    2.4 Extrakorporale Kreislaufsysteme

    2.4.1 Extra Corporeal Life Support (ECLS)

    2.4.2 Minimized Extracorporeal Circulation (MECC)

    2.4.3 Konventionelle extrakorporale Zirkulation

    2.4.4 Perfusionsphysiologische Unterschiede

    2.5 Die MECC-Technologie

    2.5.1 Zentrifugalpumpen

    2.5.2 Oxygenatoren

    2.5.3 Saugsysteme

    2.5.4 Besonderheiten der geschlossenen, minimalen Zentrifugalpumpentechnik

    Literatur

    Erst die Anwendbarkeit der Herz-Lungen-Maschine (HLM) hat die routinemäßige und sichere Durchführung von Operationen am Herzen ermöglicht. Während der Operation übernimmt die HLM die Funktionen von Herz und Lunge (cardiopulmonary bypass, CPB). Dabei zirkuliert das Blut außerhalb des Körpers in einem geschlossenen künstlichen Kreislauf (extrakorporale Zirkulation, EKZ bzw. extracorporeal circulation, ECC). Die HLM ist gegenwärtig, trotz Off-Pump-Techniken und der Zunahme interventioneller Verfahren, als unverzichtbares Standardverfahren aus den herzchirurgischen Operationssälen nicht wegzudenken. Der sichere Einsatz erfordert eine gute Vorbereitung, ausreichende technische Kenntnisse und die sachgerechte Anwendung. Für den eigentlichen Betrieb und die intraoperative Überwachung der HLM ist primär der Kardiotechniker verantwortlich, aber auch der Chirurg muss über fundierte Kenntnisse der HLM-Funktion und ihre technischen Komponenten verfügen, um etwa Fehler und Probleme rasch bemerken und korrigieren zu können. Dabei sind eine reibungslose Kommunikation und ein unmissverständliches Zusammenspiel zwischen dem Chirurgen, dem Kardiotechniker und dem Anästhesisten unerlässlich. Zwischenfälle sind beinahe immer durch mangelnde Vorbereitung, Unachtsamkeit, Verwechslungen oder andere Missverständnisse verursacht.

    2.1 Ein kurzer Rückblick

    Nach frühen Versuchen, Blut mit Luft durch Schaumbildung für eine Infusion zu „arterialisieren" (Von Schroder 1882), wurde schon 1885 erstmals eine experimentelle Maschine vorgestellt, bei der das Blut während der Zirkulation als dünner Film an der Innenseite eines rotierenden Zylinders mit Sauerstoff oxygeniert wurde (Von Frey und Gruber 1885). Dieser „Respirationsapparat" hatte verblüffende Ähnlichkeit mit der später vom US-Amerikaner John Gibbon (1903–1973) entwickelten HLM (Zimmer 2003). Andere verwendeten die Lungen von Hunden, Schweinen und Kälbern als „natürliche" Oxygenatoren (Jacobj 1895). Zu diesem Zeitpunkt existierten also konzeptuell schon der Bubble- und Film-Oxygenator sowie die biologische Oxygenierung mit einer Fremdlunge. Sergei Brukhonenko (1890–1960) gelang 1926 am Tiermodell die Ganzkörperperfusion unter Ausschluss des Herzens, wobei er die bereits 1855 patentierte Rollerpumpe verwendete, sowie zuerst Spenderlungen und später dann auch einen Bubble-Oxygenator (Konstantinov et al. 2000). Die weiteren Arbeiten vieler Entwickler beschäftigten sich vorwiegend mit Problemen der Luftembolie und der Fremdkörperreaktionen, besonders aber mit der Verminderung der Hämolyse.

    John Gibbon hat sicherlich den größten Beitrag zur klinischen Etablierung der HLM geleistet und gilt daher als deren „Vater". Sein Name ist untrennbar mit einer der spannendsten Entwicklungen der Medizin verbunden (Romaine-Davis 1991). Ausgehend von einem desperaten Versuch, eine Patientin mit massiver Pulmonalembolie zu retten, beschäftigte er sich seit den 30er-Jahren mit der Entwicklung einer Maschine zum temporären Funktionsersatz von Herz und Lunge. Bereits 1936 konnte er über 30–40 Minuten eine konstante Perfusion mit Gasaustausch in Tierversuchen herstellen, weiterhin war aber die Hämolyse das Hauptproblem. Dieses konnte dann später (teilweise) durch das nunmehr in ausreichenden Mengen verfügbare Heparin gelöst werden (Marcum 2000). Nach dem Krieg entwickelte er zusammen mit dem Technologieunternehmen International Business Machines Corporation (IBM) eine verbesserte HLM, konnte damit bei Hunden einen kompletten Bypass fahren und zunehmend auch die Gefahr der Gasembolien und der Hämolyse deutlich senken. Sämtliche Anstrengungen gipfelten in der ersten erfolgreichen Herzoperation mit HLM, einem direkten Verschluss eines Atriumseptumdefekts (ASD) am 6. Mai 1953 (mit 26 Minuten Aortenklemmzeit) (Hill und Gibbon 1982). Trotz einer Reihe unerwarteter technischer Probleme (Kurusz 2012) überlebte die Patientin den Eingriff gut, und somit markiert dieses Datum den Beginn des klinischen Einsatzes der HLM in der Herzchirurgie. Für einen vollständigen Überblick dieser spannenden (Erfolgs-)Geschichte müssten die Namen vieler anderer mit wichtigen Arbeiten Beteiligter zumindest genannt werden, darunter etwa Clarence Dennis (1909–2005), Viking Björk (1918–2009), Walton Lillehei (1918–1999), Charles Drew (1916–1987), Morley Cohen (1923–2005), Richard DeWall (1921–2016), Dennis Melrose (1921–2007), Vincent Gott (1927-), Floyd Lewis (1916–1993), Richard Varco (1912–2004), Willem Kolff (1911–2009) und John Kirklin (1917–2004). Seither haben sich zwar die technischen Komponenten deutlich weiterentwickelt, die grundlegenden Prinzipien sind jedoch weitgehend unverändert geblieben.

    2.2 Komponenten und Funktionsweisen

    2.2.1 Grundprinzip

    Die venöse Kanülierung erfolgt meist über den rechten Vorhof mit einer Zweistufenkanüle oder auch getrennt über beide Hohlvenen (bicaval). Das hierdurch drainierte Blut wird dem venösen Reservoir zugeführt. Ein oder mehrere (Koronar-)Sauger wie auch die Sauger für den Blutrückfluss aus den Pulmonalvenen und für die Entlastung des Ventrikels (Vent) sind über separate kleine (Roller-)Pumpen ebenfalls mit dem (Kardiotomie-)Reservoir (mit Mikrofilter) verbunden. Über die Rollerpumpe gelangt das venöse Blut in den (Membran-)Oxygenator, wo der Gasaustausch stattfindet. Ein Diffusionsvorgang sorgt für die Elimination von CO2 und die Anreicherung des venösen Blutes mit O2 über mikroporöse Membranen. Dem Oxygenator ist ein Luftblasendetektor nachgeschaltet und zuletzt noch ein arterieller Filter mit einer Porengröße von (20-)40 μm, um den Transport von Mikroembolien und Mikroluftblasen sicher zu verhindern. Eine dynamische Blasenfalle wird meist nur bei einem geschlossenen System ohne Reservoir (Minimized Extracorporeal Circulation, MECC) eingesetzt. Das gefilterte und oxygenierte Blut wird dem Patienten schließlich über die arterielle Kanüle (meist Aorta ascendens) wieder zugeführt (◘ Abb. 2.1).

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    Abb. 2.1

    Schema der Herz-Lungen-Maschine (HLM)

    2.2.2 Reservoir und venöse Drainage

    Das drainierte venöse Blut gelangt passiv aufgrund des Höhenunterschiedes von ca. 50–80 cm (zwischen dem Patienten und dem Reservoir, entsprechend einem hydrostatischen Druckgefälle von ca. 15–25 mmHg), also durch die reine Schwerkraft, in das (Hartschalen-) Reservoir (offenes EKZ-System) bzw. in ein flexibles Reservoir (geschlossenes, luftfreies EKZ-System). Zuvor hat es, ebenso wie das mit dem Kardiotomiesauger aus dem Operationsgebiet abgesaugte Blut, einen Filter passiert (meist kombinierter Netz- und Tiefenfilter). Dieser hat eine Porengröße von 20–40 μm, und verhindert das Reinfundieren von korpuskulären Mikroembolien, etwa von Thromben, Fett, Silikonabriebe, denaturiertem Eiweiß, Fibrinaggregate, sowie von Kalk- und Gewebepartikeln. Der Filter besitzt zusätzlich einen Entschäumer, um das Blut von Luftblasen freizuhalten. Das Kardiotomiereservoir ist oftmals bereits im venösen Reservoir des Oxygenatorsystems integriert. Der Kardiotomiesauger ist die hauptsächliche Hämolysequelle während der EKZ (Skrabal et al. 2006). Dabei spielt der Blut-Luft-Kontakt eine Rolle und ebenso die Stärke des durch die Rollerpumpe erzeugten Soges.

    Der venöse Rückfluss ist hauptsächlich vom zentralvenösen Druck (ZVD) und vom Widerstand der Kanüle(n) abhängig. Mittels sog. Flow-Charts kann das jeweilige Durchflussvermögen und somit die richtige Kanülengröße bestimmt werden. Die Wahl einer zu kleinen Kanüle limitiert das Pumpenminutenvolumen (PMV), und erfordert ggf. eine Um- oder zusätzliche Kanülierung, um einen entsprechenden Perfusions-Flow sicherzustellen. Wenn notwendig, kann über optimierte venöse Kanülen (Zweistufen- oder Smart®-Kanüle [mit mehreren Auslasskörben und Verteilung des Flows]) zusätzlich vakuum-assistiert drainiert werden. Das kann besonders bei minimal-invasiven Eingriffen an der Mitralklappe mit relativ kleinen Kanülen oder bei Operationen in Seitenlage an der Aorta descendens erforderlich sein. Ein Sog von 20 mmHg entspricht etwa einem zusätzlichen PMV von 300–500 ml Blut. Bei moderater oder tiefer Hypothermie kann der Pumpenfluss entsprechend dem geringeren Sauerstoffbedarf (Van’t-Hoff-Gesetz) reduziert werden. Für den venösen Rückfluss ist ein ZVD von 0 mmHg ideal. Bei Volumenmangel (Vasodilatation, Exsikkose, Blutung, Ödem) ist das Reservoir bald leer und es muss rasch Volumen bzw. Blut zugeführt oder zusätzlich das zentrale Volumen durch eine medikamentöse Vasokonstriktion vergrößert werden, um einen entsprechenden Flow aufrechterhalten zu können.

    Treten bei ausreichendem bzw. hohem ZVD Probleme mit dem venösen Rückfluss auf, muss überprüft werden, ob die Kanülen und Schläuche anliegen oder geknickt sind.

    Zu Beginn der EKZ fällt fast immer eine noch nicht entfernte Schlauchklemme auf, die sofort geöffnet werden muss. Fehllagen oder anliegende Kanülen, besonders bei Luxation des Herzens, sind ebenfalls sofort zu korrigieren. Manchmal ist auch der Wechsel auf größere Kanülen hilfreich bzw. erforderlich. Bei fehlendem hydrostatischen Gefälle kann der Operationstisch erhöht werden oder es muss zusätzlich vakuum-assistiert drainiert werden.

    2.2.3 Blutpumpen

    Blutpumpen für die EKZ lassen sich in Verdrängungspumpen (Rotations- und Austauschpumpen) sowie in Radial- bzw. Zentrifugalpumpen einteilen. Sie müssen zuverlässig ein ausreichendes und bei niedriger Flussgeschwindigkeit auch ein exakt steuerbares PMV bewegen können.

    In der Herzchirurgie wird am häufigsten die Rollerpumpe (DeBakey) verwendet (Cooley 1987) (◘ Abb. 2.2).

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    Abb. 2.2

    Rollerpumpe (DeBakey)

    Bei der Verdrängungspumpe drückt ein rotierender Pumpenarm mit zylindrischen Rollen den Inhalt (Blut) des Pumpenschlauches gegen die Gehäusewand. Das Blut wird so durch peristaltische, tangentiale Verdrängung vorwärtsbewegt. Das Flussmuster ist nicht pulsatil, sondern ergibt eine Mitteldruckkurve. Die Förderleistung der Rollerpumpe wird durch den Schlauchinhalt, die Umdrehungszahl und den Grad der Okklusion bestimmt. Mit einer zentralen Stellschraube wird diese durch die Rollenspreizung am Pumpenkopf so eingestellt, dass der Schlauch (durch die Rollen) gerade nicht vollständig zugedrückt wird. Der technische Aufbau der Rollerpumpe ist einfach und die Hämolyse gering. Aus dem Schlauchdurchmesser und der verwendeten Rollerpumpeneinstellung ergibt sich rechnerisch die Pumpenkonstante bzw. die Fördermenge in ml/Pumpenumdrehung (ml/U).

    Eine weitere Rotationspumpe ist die Archimedische (axiale) Spindelpumpe . Ein von einem Elektromotor angetriebener rotierender Teil mit schraubenförmigen Kopf dreht sich in einem elastischen Gehäuse bzw. einem flexiblen Schlauch oder einer Kanüle. Das Gewinde weist eine Steigung von doppelter Höhe auf. Die Spindelpumpe ist leicht steuerbar, verursacht aber häufig eine relevante Hämolyse.

    Die Zentrifugalpumpe überträgt kinetische Energie durch Rotation direkt auf das Blut. Der Pumpenkopf (Rotor) wird durch einen elektromechanischen Antrieb gesteuert. Der Perfusionsdruck steht in Abhängigkeit von Adhäsion und Blutviskosität. Bei einer Impellerpumpe (Kreiselprinzip mit zentrifugaler Strömungsrichtung) wird das Blut mittels eines mit hoher Geschwindigkeit rotierenden Impellerrades nicht-okklusiv zentrifugal gefördert, wobei im Bereich positiven Druckes (an den Impellerenden) und im Bereich negativen Druckes (zwischen Impellern) turbulente Strömungen auftreten. Impellerpumpen werden als Herzunterstützungssysteme eingesetzt (Bsp.: Jarvik 2000, Impella® [Fa. AbioMed]). Die Biopumpe arbeitet nach dem Viskositäts-Kreiselprinzip ohne Impeller mit zentrifugaler Strömungsrichtung. Bei der BioMedicus®-Zentrifugalpumpe strömt das Blut axial ein und tangential aus. Sie wurde ursprünglich für die HLM entwickelt, aber sie kann für mehrere Tage auch zur Kreislaufunterstützung verwendet werden. Die spiralförmige Beschleunigung erfolgt durch rotierende Koni mit hoher Drehzahl und mit laminarer Strömung; die Hämolyse ist relativ gering.

    2.2.4 Oxygenatoren und Wärmetauscher

    Die früheren Film- und Bubble-Oxygenatoren haben nurmehr historische Bedeutung. Am häufigsten wird der Membran-Oxygenator mit einer plasmadichten (Hohlfaser-)Membran eingesetzt (◘ Abb. 2.3), dessen Entwicklung auf Willem Kolff zurückgeht (Kolff et al. 1956). Die früheren Modelle mit Silikonanteil hatten eine relativ große Oberfläche und daher auch ein großes Füllvolumen und der Gasaustausch war schlecht zu steuern. Dagegen haben die nun gebräuchlichen Hohlfaser-Oxygenatoren eine sehr hohe Oxygenierungsleistung mit kleinerer Oberfläche (1,3–2,0 m²) sowie geringerem Füllvolumen und sind daher auch insgesamt relativ klein und kompakt gebaut.

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    Abb. 2.3

    Membran-Oxygenator, (Hohlfaser-)Membran mit integriertem Wärmetauscher

    Der Gasaustausch erfolgt über eine semipermeable Membran, es kommt zwischen dem Blut und der Gasphase zu keinem direkten Kontakt. In Abhängigkeit von den steuerbaren Partialdruckgradienten diffundieren Sauerstoff (O2) und Kohlendioxid (CO2) durch diese mikroporöse Membran aus hydrophobem Kunststoff. Sie ist meist aus Polypropylen oder Polyethylen gefertigt.

    Eine weitere Aufgabe des Oxygenators ist die der Temperaturregelung, um etwa das unbeabsichtigte Abkühlen des extrakorporalen Blutes auf die Umgebungstemperatur zu verhindern. Dafür muss der Wärmeverlust stets durch einen integrierten Wärmetauscher ausgeglichen werden, der nach dem Gegenstromprinzip über eine Wasserzirkulation für die Temperaturregelung des Blutes sorgt. Von der Oxygenator-/Wärmetauscher-Einheit getrennt wird am Hypothermiegerät die Wassertemperatur für die Heizschlangen am Wärmetauscher eingestellt und geregelt. Die Aufwärmgeschwindigkeit hängt auch vom Verlauf und der Länge bzw. Oberfläche der zuführenden Schlauchsysteme ab. Wir beginnen bei einer üblichen intraoperativen Temperatur von ca. 34,0 °C ca. 15–20 Minuten vor EKZ-Ende mit der Aufwärmung auf 36,5–37,0 °C.

    2.2.5 Luftblasendetektor und dynamische Blasenfalle, arterielle Filter

    Das Eindringen von Luft in das Schlauchsystem mit systemischer arterieller Luftembolisation hätte für den Patienten gravierende Folgen und muss unbedingt verhindert werden. Daher ist dem Oxygenator ein Luftblasendetektor nachgeschaltet, der mittels Ultraschallmessung Luftblasen entdeckt (etwa bei Konnektorundichte oder Haarrissen) und die Pumpe ggf. sofort selbständig stoppt. Zusätzlich ist noch ein arterieller Filter im Oxygenator integriert, um auch Mikroembolien sicher zu verhindern. Das Material ist ein Netz aus gewebten Polyesterfäden mit geringer Adhäsionskraft und mit einer Porengröße von 40 μm (◘ Abb. 2.4).

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    Abb. 2.4

    Arterieller Filter mit hydrophober Entlüftungscharakteristik

    Bei einem Füllvolumen von etwa 180 ml beträgt die Filteroberfläche bis zu 1000 cm². Wenn alle Poren des Netzfilters belegt sind, muss dieser gewechselt werden. V. a. beim Kardiotomiereservoir (► Abschn. 2.2) werden auch Tiefenfilter mit wollartigen Kunststofffasern eingesetzt. Dabei bleiben größere Partikel außen hängen, kleinere Partikel werden im Inneren des Filters durch Adsorption gebunden. Auch beim Tiefenfilter kann die Filterkapazität nach einer bestimmten Menge gefilterten Materials erschöpft sein und erfordert dann den Wechsel. Das nun gefilterte und oxygenierte Blut wird dem Patienten über die arterielle Kanüle (meist Aorta ascendens) wieder zugeführt. Bei geschlossenen Systemen ohne Reservoir (z. B. MECC) kommt eine dynamische Blasenfalle zum Einsatz. Im Prinzip wird dabei das Blut spiralförmig in eine Helix geführt, wo sich kleine Bläschen aufgrund der Fliehkraft dann bevorzugt im Zentrum sammeln. Dort können sie durch ein Sammelröhrchen abgezogen und wieder dem Reservoir zugeführt werden.

    Obwohl insgesamt sehr selten, gibt es eine Reihe von Ursachen der arteriellen Luftembolie (► Box 2.1).

    Der Chirurg muss stets sorgfältig kanülieren und Ventventile korrekt einsetzen.

    Zusätzlich sollten auch während der Operation die Schläuche immer wieder kontrolliert werden, um ggf. bei erkennbaren Lufteinschlüssen sofort geklemmt werden, um das ursächliche Problem lösen zu können.

    Box 2.1 Ursachen der arteriellen Luftembolie

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