Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Was lebt?: Die Grundfrage der Biologie
Was lebt?: Die Grundfrage der Biologie
Was lebt?: Die Grundfrage der Biologie
eBook165 Seiten2 Stunden

Was lebt?: Die Grundfrage der Biologie

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Bei allen Arbeiten zu der Entstehung des Lebens steht zunächst die Frage, wie Leben an sich überhaupt betrachtet oder definiert werden soll. Das Buch widmet sich allein dieser Fragestellung und zeigt auf, welche Probleme und Herausforderungen es gibt, wenn versucht wird, das Leben einheitlich und wissenschaftlich zu beschreiben. 

Die Allgemeinheit geht davon aus, dass eine Beschreibung des Lebens in der Biologie recht einfach ist und dass es darüber keine großen Meinungsunterschiede gibt. Tatsächlich gibt es in der heutigen Forschung keine allgemein gültige Definition des Lebens. Der Leser wird hier Schritt für Schritt und mit verständlichen Worten an die Tatsache herangeführt, dass es eher theoretische Physiker und Informationswissenschaftler sind, die die heutigen Definitionen vorantreiben, und nicht die klassischen Biologen. Der Leser wird im Buch immer wieder konsequent angesprochen und dazu aufgefordert, eigene Gedankengänge mit einzubringen und sich dadurch selbst in gedankliche Widersprüche zu verwickeln. 

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum5. Jan. 2021
ISBN9783662623732
Was lebt?: Die Grundfrage der Biologie

Ähnlich wie Was lebt?

Ähnliche E-Books

Astronomie & Weltraumwissenschaften für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Was lebt?

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Was lebt? - Aleksandar Janjic

    © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE , ein Teil von Springer Nature 2021

    A. JanjicWas lebt?https://doi.org/10.1007/978-3-662-62373-2_1

    1. Das Streben nach Vereinheitlichungen in der Naturwissenschaft – physikalische Vorbilder für die Beschreibung des Lebens

    Aleksandar Janjic¹  

    (1)

    Technische Universität München, Freising, Deutschland

    Aleksandar Janjic

    Email: aleksandar.janjic@tum.de

    „Alles ist Eins". Bestimmt haben Sie diesen oder einen ähnlichen Ausdruck schon mehrmals in irgendwelchen Liedern vorgesungen bekommen oder in verschiedensten Lebensratgebern lesen müssen. Tatsächlich liebäugelt man auch in der modernen Naturwissenschaft damit, der Bedeutung dieser einfach klingenden Floskel nachzugehen, wenngleich Wissenschaftler in der Regel um einen präziseren und nicht allzu mystischen Wortgebrauch bemüht sind. Ein Ziel von vielen Naturwissenschaftlern – insbesondere von einigen theoretischen Physikern – ist es nämlich, eine sogenannte Vereinheitlichung auf die Beine zu stellen. Wie Sie dem Vorwort entnehmen konnten, soll auch in diesem Buch letztlich der Versuch unternommen werden, das Phänomen des Lebens mit anderen chemisch-physikalischen Systemen der Erde vereinheitlicht zu beschreiben. Doch was ist mit einer Vereinheitlichung überhaupt gemeint? Und was hat dies mit der Frage nach dem Wesen des Lebens zu tun?

    Um Ihnen im Anschluss diese Fragestellungen und Überlegungen Schritt für Schritt näherbringen zu können, werden wir im ersten Schritt kurz einige simple und grundlegende Begriffe und Vorgehensweisen der Physik und der allgemeinen Naturwissenschaft behandeln, die sich auch bei der Beschreibung des Lebens bewährt haben.

    1.1 Erkenntnisgewinn durch Theorie und Falsifikation von Hypothesen

    Als Wissenschaftler beobachten Sie in der Regel einen beliebigen Ausschnitt bzw. Augenblick dieser Welt, für den Sie sich interessieren. Diese Momentaufnahmen der Welt können alle möglichen Formen annehmen und Gegenstand verschiedenster Disziplinen sein – seien es krabbelnde Ameisen am Boden, Kleinkinder beim Raufen, Mumien in Sarkophagen, Blubberblasen im Kochtopf, Leichen am Tatort, Atome in einem Kristall, Fruchtfliegen bei der Paarung, oder Planetenbewegungen am Nachthimmel. Sie versuchen aus diesen Beobachtungen und/oder mit der Durchführung von Experimenten nach einiger Zeit eine oder mehrere Theorien herzuleiten, welche das untersuchte System und die vorhandenen Interaktionen möglichst widerspruchsfrei beschreiben und bestenfalls überprüfbare Voraussagen treffen. Das ist natürlich auch dann der Fall, wenn man als Naturwissenschaftler das Phänomen des Lebens und dessen Entstehung auf der Erde erklären möchte.

    Bitte beachten Sie hierbei aber zunächst, dass der Begriff „Theorie in der empirischen Naturwissenschaft eine andere Bedeutung trägt, als in der alltäglichen Sprache, und grundverschieden verwendet wird. Eine Theorie entspricht in den Naturwissenschaften einer Beschreibung eines Sachverhalts, der durch Experimente, empirische Beobachtungen und/oder mathematische Herleitung bestenfalls mehrmals und unabhängig untersucht und zuverlässig bestätigt wurde. Bestätigung heißt hierbei in der Regel, dass man aus der Beschreibung heraus verlässliche Vorhersagen für den jeweiligen Tatbestand herleiten konnte und anschließend ein gutes Verständnis des Systems annehmen kann, wenn diese Prognosen tatsächlich mehrmals korrekt eingetroffen sind. Eine Theorie ist hier also keine bloße und intuitive Gedankenspielerei, wie wir es in der Alltagssprache oft ausdrücken, wenn wir zum Beispiel sagen, dass etwas „nur bloße Theorie sei. Theorien sind vielmehr eine Wahrsagerei, bei der die Glaskugel durch Mathematik und Logik ausgetauscht wurde und die Prognosen tatsächlich wie beschrieben mehrmals und unabhängig voneinander eingetroffen sind. Eine reine Gedankenakrobatik wird in den Naturwissenschaften hingegen als Hypothese bezeichnet. Hypothesen sind also auf Annahmen basierende Vermutungen, die Ihnen aus vorherigen Experimenten und Untersuchungen als Vermutungen mehr oder weniger intuitiv logisch erscheinen, um ein Phänomen verlässlich erklären zu können. Jede Hypothese entspricht somit schlicht und ergreifend einer formulierten Idee über die Natur. Und jeder kann eine solche Vermutung über die Welt aussprechen. Eine solche Naturidee muss einer Überprüfung durch Experimente und Beobachtungen jedoch noch standhalten und kann dementsprechend irgendwann völlig ins Leere laufen oder als bestätigte Theorie reiche Früchte tragen. Erst wenn die Vorhersagen einer Hypothese tatsächlich mehrmals und unabhängig voneinander eintreffen, kann der Schritt unternommen werden, eine oder mehrere Naturideen zu einer empirischen Theorie auszubauen. Die Schwierigkeit dieser Theoriebildung hängt sodann natürlich von der zugrunde liegenden Fragestellung ab, da man als Naturwissenschaftler mitunter multidimensionale Systeme mit hoher Anzahl an Faktoren und Interaktionen untersucht. Das Leben ist ein solches hochkomplexes Phänomen.

    Im Zuge der Hypothesenüberprüfung und Theoriebildung ist ein Umstand jedoch immer zu beachten, unabhängig davon, wie einfach oder kompliziert die entsprechende Fragestellung ist: Eine Hypothese über die Natur zu verifizieren, also einen endgültigen Beweis für ihre Gültigkeit zu liefern, ist mit Experimenten und auch mit mathematischen Beweisführungen so gut wie ausgeschlossen. Das heißt: Egal, was für eine Idee über die Natur Sie (oder die renommiertesten Forscher der Welt) haben, Sie werden ihre Richtigkeit demnach niemals endgültig beweisen können. Vor allem Karl Popper bemühte sich um diese Ansicht in den empirischen Naturwissenschaften, der auch wir in unserer Arbeitsgruppe und in unserem Hause folgen. Streng genommen wird in den empirischen Naturwissenschaften demnach gar nicht versucht, etwas zu verifizieren, also einen Sachverhalt endgültig und ein für alle Mal zu beweisen. Das mag für viele Laien zunächst erstaunlich klingen, nicht zuletzt, weil in allerlei Medien immer wieder suggeriert wird, dass Wissenschaftler Personen sind, die nun mal vor allem eins tun sollen: Beweise suchen! Genau der umgekehrte Fall ist jedoch eines der wesentlichen Grundprinzipien des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns. Es geht in den Naturwissenschaften im Gegenteil nämlich vielmehr darum, so viel wie möglich falsifizieren zu können, also möglichst viele falsche Hypothesen zu identifizieren und sie auszuschließen, um mit den verbleibenden Hypothesen eine gute Theorie für einen Sachverhalt herleiten zu können. Ein Naturwissenschaftler bemüht sich nach Popper in der Regel also nicht darum, Beweise für etwas zu finden, sondern darum, Hinweise gegen etwas zu sammeln, bis am Ende ein Gerüst aus Erklärungen übrig bleibt, das einen Sachverhalt präzise vorhersagt. Dessen müssen wir uns sodann auch bewusst sein, wenn wir eine widerspruchsfreie Beschreibung des Lebens herleiten möchten – wir müssen Aussagen treffen, die man widerlegen und verwerfen kann, um unser Verständnis des Lebens mit Vergehen der Zeit konkreter ausdrücken zu können. Doch warum wird in der Naturwissenschaft so vorgegangen?

    Ein gutes Beispiel für die Verdeutlichung dieses Sachverhalts ist die Gravitation, die gemeinhin auch etwas salopp als Schwerkraft bezeichnet wird (keine Sorge, wir werden das Wesen der Gravitation in diesem kleinen Buch zu Ihrer und meiner Freude nicht näher behandeln). Die Gravitation ist unserem heutigen Kenntnisstand nach eine der fundamentalen Wechselwirkungen der Natur. Sie sorgt nicht nur dafür, dass wir und andere Körper nicht von der Erde in den Weltraum fallen, sondern ermöglicht auch, dass allerlei Massen im Universum miteinander agieren und sich somit fortwährend Strukturen mit astronomischen Ausmaßen bilden können. Vor allem Sir Isaac Newton bemühte sich bekanntermaßen schon im 17. Jahrhundert um eine wissenschaftliche Beschreibung dieses Phänomens, nachdem er der Legende nach einen Apfel beobachtete, der vom Baum fiel (die Schul-Anekdote, dass der Apfel auf den Kopf des Forschers fiel, ist vermutlich eine sympathische Legende). Newton stellte sich anfangs die völlig simple Frage, wieso der Apfel bei Windstille überhaupt nach unten und nicht schief nach rechts oder links oder gar einfach nach oben in den Himmel fällt. Diese Frage mag sich auf den ersten Blick total banal, ja fast schon lächerlich anhören – aber gerade die Einfachheit und Naivität dieser Frage führte zu völlig neuen Einsichten über die Natur, weil etwas hinterfragt würde, das andere für selbstverständlich und nicht weiter erwähnenswert hielten. Nach vielen Überlegungen und Hypothesen über fallende Objekte und entsprechende experimentelle Überprüfungen entstand dann schließlich das mathematische Gebilde, welches wir heute als „Newton‘sche Gravitationstheorie" bezeichnen. Aber Moment mal – wieso denn Theorie? Wir sehen und merken doch eindeutig, dass wir und unsere Häuser nicht von der Erdoberfläche in den Weltraum fallen oder dass ein Stein sehr wohl mit bestimmter Beschleunigung auf den Boden fällt, wenn wir ihn fallen lassen. Das Wirken der Gravitation ist doch eine unumstößliche Tatsache, oder etwa nicht?

    Genau hier setzt die Herausforderung der Theoriebildung ein, derer man sich auch bewusst sein muss, wenn wie in diesem Buch darauf abgezielt wird, eine widerspruchsfreie Definition des Lebenden vorzuschlagen. Konnte Newton mit seinen Experimenten wirklich empirisch nachweisen, dass alles auf den Boden fällt, wenn es fallen gelassen wird? Konnte er jeden einzelnen Gegenstand der Erde, jede einzelne Substanz, ja gar jedes einzelne Molekül und Atom experimentell überprüfen? Und das am besten noch an jedem denkbaren Ort und Zeitpunkt im Universum? Natürlich konnte er das nicht – und genauso wenig können wir das heute oder in der Zukunft. Newton bemühte sich wie viele heutige Naturwissenschaftler stattdessen um eine möglichst widerspruchsfreie mathematische Beweisführung, die aus seinen Beobachtungen im Alltag und Experimenten hervorging. Um eine in sich stimmige und formal beschriebene Theorie, die den uns zugänglichen Ausschnitt der Wirklichkeit nach Überprüfung verschiedenster Hypothesen bestmöglich beschreibt. Die Experimente sind hierbei Vorhersagen aus dieser Theorie, die durch Beobachtung überprüft und bestätigt werden können. Und siehe da: Newtons mathematisches Werk war damals und ist auch heute bestens geeignet, um Vorhersagen über uns bekannte fallende und fliegende Objekte zu treffen und davon ausgehend funktionierende Geräte und Maschinen zu bauen. Viele technische Geräte in unserem Alltag sind also Paradebeispiele dafür, dass eine Theorie sehr wohl insofern richtig sein kann, als dass eine Aufgabe wie vorhergesagt durchgeführt wird – sei es nun das Abheben eines Flugzeugs oder einer Rakete vom Erdboden oder die Funktionstüchtigkeit Ihres Toasters. Entscheidend ist hierbei aber: Newtons Werk ist als Theorie so formuliert, dass sie per se falsifizierbar wäre, wenn man tatsächlich ein Objekt auf der Erde oder im Weltraum fände, das plötzlich nicht mehr den Gesetzen von Newtons Gravitationstheorie folgt. Und solche astronomischen Objekte fanden sich mit besseren Teleskopen, präziseren Detektoren und moderner Analysesoftware im Laufe der folgenden drei Jahrhunderte zuhauf. Viele beobachtbare Prozesse im Universum werden von Newtons Theorie also falsch oder überhaupt nicht vorausgesagt, unabhängig davon, dass dieselbe Beschreibung für einen fallenden Apfel, eine fliegende Patrone oder einen Flugzeugstart auf der Erde richtig erscheint. Das bedeutet also: Newtons Werk ist so formuliert, dass man die Theorie bei entsprechenden Funden und mit darauf aufbauenden Experimenten ohne größere Probleme widerlegen kann und dies auch schon mehrmals getan hat. Zum Glück!

    Wie jede andere Theorie ist also auch die Newton'sche Gravitationstheorie nur so lange eine gute Theorie, bis sich Widersprüche auftun und große Fragezeichen in den Köpfen von Forschern hinterlassen. Das gilt ebenso für jede vorgeschlagene Beschreibung des Lebens. Man könnte nun denken, dass ein Wissenschaftler am glücklichsten ist, wenn seine Theorie und die Vorhersagen bestätigt werden und alles einwandfrei funktioniert. Das mag für viele Forscher so gelten, aber ich denke sehr naiv, dass es ein noch glücklicherer Umstand ist, wenn eine Vorhersage einer guten Theorie überraschenderweise nicht mehr eintrifft und das Universum uns so ein neues Rätsel beschert, an dem wir uns ausprobieren und austoben können. Im zweiten Kapitel werden Sie erfahren,

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1