Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Fliegenfüße, Sonnencreme, Pfefferminz und Kerzenschein | Mit Bio und Chemie durchs Jahr
Fliegenfüße, Sonnencreme, Pfefferminz und Kerzenschein | Mit Bio und Chemie durchs Jahr
Fliegenfüße, Sonnencreme, Pfefferminz und Kerzenschein | Mit Bio und Chemie durchs Jahr
eBook453 Seiten4 Stunden

Fliegenfüße, Sonnencreme, Pfefferminz und Kerzenschein | Mit Bio und Chemie durchs Jahr

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Woher wissen Bäume, dass es Frühling ist? Wie wirkt Tageslicht auf der Haut? Was macht Frost mit Trauben? Was hat die Photosynthese mit Quantenphysik zu tun? Sind Ingwer und Kurkuma wirklich so gesund? Monat für Monat streifen Leserinnen und Leser mit diesem Buch durch die Jahreszeiten. Die Kapitel greifen interessante Phänomene aus der Natur auf und erklären ihre chemischen und biologischen Hintergründe.

Am Jahresanfang lernen wir etwas über die Wirkung von Streusalz und  wie Sonnenlicht gegen den Winterblues hilft, im Frühling begegnen uns im Moor sprießende Moose und klebrige Pflanzen, im Sommer erklärt die Autorin, wieso wir schwitzen und was man dagegen machen kann. Im Herbst werden Gewürzvorräte angelegt und die Weinernte beginnt – im Winter erleuchten uns Kerzenschein und Kometenschweife.

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum2. Okt. 2019
ISBN9783662592649
Fliegenfüße, Sonnencreme, Pfefferminz und Kerzenschein | Mit Bio und Chemie durchs Jahr

Ähnlich wie Fliegenfüße, Sonnencreme, Pfefferminz und Kerzenschein | Mit Bio und Chemie durchs Jahr

Ähnliche E-Books

Chemie für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Fliegenfüße, Sonnencreme, Pfefferminz und Kerzenschein | Mit Bio und Chemie durchs Jahr

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Fliegenfüße, Sonnencreme, Pfefferminz und Kerzenschein | Mit Bio und Chemie durchs Jahr - Sylvia Feil

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019

    S. FeilFliegenfüße, Sonnencreme, Pfefferminz und Kerzenschein | Mit Bio und Chemie durchs Jahrhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-59264-9_1

    1. Januar – Kristalle aus Eis und Salz

    Sylvia Feil¹  

    (1)

    Burgdorf, Deutschland

    Sylvia Feil

    Email: kontakt@sylvia-feil.de

    ../images/442854_1_De_1_Chapter/442854_1_De_1_Figa_HTML.png

    Wenn es schneit, schweben weiße Flocken durch die Luft und scheinen alle Geräusche zu dämpfen. Sobald das wenige Licht des Winters von Schneeflächen reflektiert wird, hellt sich manches Gemüt auf. Andere verspüren vorahnend ein Ziehen in der Schulter: Schneefegen steht an!

    Flüssiges Wasser gefriert mal als kompaktes Eis und mal als fluffiger Schnee . Wie kommt es dazu? Dahinter stecken Kristalle und ihre Ordnung – doch wann kristallisiert Wasser in welcher Form? Und welche anderen Kristalle spielen im Winter eine Rolle? Manche denken jetzt zu Recht an Streusalz. Und viele Leute begrüßen das Jahr mit einem Funkenregen aus glühenden Salzen. Was leuchtet da beim Silvesterfeuerwerk?

    Schnee und Eis – Wasser bildet Kristalle

    Schneeflocken sind einfach faszinierend – sechsstrahlig, fein verästelt, transparent, einzeln sehr zart und in Massen durchaus hart, wie schon ein Schneeball demonstrieren kann. Chemiker kennen mehr als ein Dutzend Arten, wie sich die Bausteine gefrierenden Wassers vor dem Festwerden aneinanderlagern können.

    Ein Molekül Wasser besteht aus einem Sauerstoffatom und zwei Wasserstoffatomen. Die Wassermoleküle positionieren sich untereinander so, dass der Sauerstoff in die Nähe des Wasserstoffs vom Nachbarmolekül gelangt. Die Eisnadeln wachsen daher von der Mitte ausgehend mit nur zwei möglichen Winkeln zueinander: entweder wären 60 oder 120 Grad möglich. Die entstehenden Plättchen und Flocken haben eine hexagonale Symmetrie. In der Schneeflocke sind es 60-Grad-Winkel und so ist entstehende Flocke flach und hochsymmetrisch. Die Anzahl der sechs Strahlen ergibt sich mathematisch korrekt, denn die Kristallnadeln teilen einen gedachten Kreis (360 Winkelgrad) in sechs Segmente mit einem Winkel von 60 Grad.

    Bevor es schneit, kondensiert Luftfeuchtigkeit zu Wolken, die in der Luft einzeln schwebenden Wassermoleküle lagern sich also bei den kalten Temperaturen zusammen. Meist bietet ein Staubkorn die Oberfläche, an der sich die Moleküle zu einem Eiskeim zu sammeln beginnen. Für einen Eiskristall von einem Millimeter Durchmesser verbinden sich rund 100 Trillionen Wassermoleküle. Bei den Schneeflocken, die sich daraus bilden, staunen Betrachter zu Recht, welch hohen Organisationsgrad das Wasser da einnimmt.

    Die Temperatur in den Wolken muss schon sehr gering sein, denn das Wasser ist bis zu −12 ℃ noch flüssig – der Begriff unterkühltes Wasser erklärt sich hier wohl von selbst. Ohne Staubkörner als Kristallisationskeime kann Wasser noch bei Temperaturen unter −40 ℃ flüssig sein. Sind aber erste Kristallisationskeime vorhanden, lagern sich weitere Wassermoleküle an. Bei −20 ℃ bestehen Wolken noch zu zehn Prozent aus unterkühltem Wasser. Zunächst entstehen relativ kompakte Eiskeime (Abb. 1.1). Sie können als sechseckige Plättchen vorliegen oder zu Säulen anwachsen. Lagert sich flüssiges Wasser an, entsteht Graupel . Stoßen jedoch zwei Eiskeime aneinander, zerspringen sie in kleine Kristalle, die Dendriten. Diese bleiben bei Zusammenstößen aneinander haften und frieren zu Schneeflocken zusammen. Dadurch entsteht die große Formenvielfalt (Abb. 1.2). Nicht nur Wissenschaftler fasziniert immer wieder, wie dabei die energetisch günstigen Stellen für das Kristallwachstum zu strahlenförmigen Armen auswachsen und filigrane, meist sehr symmetrische und geordnete Strukturen entstehen. Die vielen Flächen reflektieren das Sonnenlicht und absorbieren es kaum. Daher erscheint Schnee weiß.

    ../images/442854_1_De_1_Chapter/442854_1_De_1_Fig1_HTML.png

    Abb. 1.1

    Schneeflocke oder Eiskristall – die Bedingungen sind entscheidend

    ../images/442854_1_De_1_Chapter/442854_1_De_1_Fig2_HTML.png

    Abb. 1.2

    Historische Aufnahmen von Schneeflocken: Keine gleicht der anderen.

    (© NOAA/Science Photo Library)

    Wenn der Schnee sich am Boden zur Schicht ansammelt, verändert er sich. Die fallenden Schneeflocken wiegen zunächst wenig, aber dicke Schneeschichten verdichten sich unter dem eigenen Gewicht. Pulverschnee wiegt pro Kubikmeter etwa 30–50 kg, feuchter Schnee kommt auf bis zu 200 kg. Trotz der geringen Temperatur können sich die Bindungen im Eiskristall umlagern. Dabei werden die feinen Verästelungen abgebaut, und der Schnee setzt sich. So steigt das Gewicht pro Kubikmeter bis an die 500 kg – wenig überraschend, dass Hallendächern schon mal vom Schnee geräumt werden. Die Schneelast zu berechnen, ist eine wichtige Aufgabe für Statiker: Luft wiegt pro Kubikmeter etwa 1,3 kg, flüssiges Wasser gleicher Menge 999 kg (natürlich rein hypothetisch – das Wasser würde abfließen und nicht einen Meter hoch auf dem Dach stehen).

    Beim Setzen werden einige Moleküle wieder gasförmig und entweichen; andere, benachbarte Strahlen verwachsen und der Schnee „verbackt". Schon Kinder lernen schnell, dass sich feuchter Schnee besser für Schneebälle und -männer eignet. Beim Vereisen bilden sich neue Bindungen unter den nun runderen Schneekristallen.

    Steigt die Temperatur, steht mehr Energie für die Umlagerung der Bindungen und damit die Umgestaltung des Kristalls bereit. Beim Schmelzen wird die Anziehung zwischen den einzelnen Molekülen geringer, und die Moleküle bewegen sich mehr. Im Schulunterricht ist Schnee, der trotz Kälte „verschwindet" ein Beispiel für die Sublimation . Dabei lösen sich einzelne Moleküle ganz aus dem Kristallverband und schweben als gasförmiges Wasser davon.

    Dichte, Reibung und Wintersport

    Zu wissen, unter welchen Bedingungen gut haftender Schnee entsteht, ist besonders in Wintersportgebieten wichtig. Täglich werden in alpinen Skigebieten die Pisten präpariert, um für einen guten Grip zu sorgen. Bei zu wenig Schnee wird zusätzlich Kunstschnee auf den Pisten verteilt. Die Saison für den Kunstschnee beginnt schon recht früh – sobald es kalt genug ist, wird Wasser auf den Hängen versprüht, um eine ausreichend dicke Schneedecke für die Saison aufzubauen.

    Schnee ist also nicht gleich Schnee. Es ist eine Besonderheit von Wasser, dass nicht der feste Zustand, die geordnete Kristallstruktur , die dichteste Packung von Wassermolekülen (H2O) aufweist, sondern dass sich die Teilchen im flüssigen Zustand noch mehr annähern. Ausgedrückt wird das physikalisch über die Dichte , die ihren Maximalwert für Wasser bei rund 4 ℃ aufweist. Aus diesem Grund warnen in modernen Autos die Displays bereits bei dieser Temperatur vor Glättegefahr, und Flaschen mit wässrigem Inhalt platzen im Gefrierfach, wenn sie vergessen werden, weil sich das gefrierende Wasser wieder ausdehnt. Um verstehen zu können, weshalb Schnee feucht und trocken sein kann, lohnt ein Blick in diesen Übergangsbereich und die Struktur der Eiskristalle.

    Bei 0 ℃ wiegt gefrorenes Wasser 917 kg pro Kubikmeter. Der Unterschied zu flüssigem Wasser bei 20 ℃ mag gering erscheinen, dann sind es 998 kg pro Kubikmeter. Bei den besagten 4 ℃ sammeln sich je Kubikmeter 999 g Wasser an. Bei einem Liter (einem Dezimeter) Wasser beträgt der Unterschied 82 g – weshalb das Eis auf dem kalten Wasser schwimmt. Chemiker nennen häufig die Bedingungen, unter denen sie physikalische Werte eines Stoffes bestimmen. Darunter verstehen sie Druck und Temperatur. Die physikalischen Werte werden bei 20 ℃ und dem bei dieser Temperatur herrschenden Luftdruck von 1013 mbar (Millibar) gemessen, was in Tabellen auch kurz als „Standardbedingungen" bezeichnet wird. Doch Achtung: Die Definitionen von Standardbedingungen variieren je nach Zusammenhang (und Land) durchaus (Glossar)!

    Zurück zum Eis, das acht Prozent leichter als flüssiges Wasser ist. Wer will, kann berechnen, wie weit es aus dem Wasser ragt. Wieso nimmt hier die Ordnung, also der Kristall, mehr Platz ein als die Unordnung – die Flüssigkeit, in der die Moleküle doch leichter ihre Position wechseln können, weil sie nicht durch Bindungen am Platz gehalten werden? Im Wasser ist jedes Sauerstoffatom (O) mit zwei Wasserstoffatomen (H) verbunden. Dabei hat der Sauerstoff in seiner Elektronenstruktur noch zwei Paare ungebundener Elektronen, die zu zwei weiteren Wasserstoffatomen Kontakt suchen. Die Wasserstoffatome ihrerseits gehen unter normalen Bedingungen nur eine Bindung ein. Daher ist der Kontakt zu weiteren elektronenreichen Atomen ein loser, eine sogenannte Wasserstoffbrücke entsteht. Im Vergleich zu anderen Wechselwirkungen zwischen Atomen oder Molekülen ist diese Art der Wechselwirkung relativ stabil und wirkt sich daher auch stark auf die Eigenschaft der Stoffe aus.

    Im Eis ist jedes Wassermolekül über Wasserstoffbrücken mit vier Nachbarmolekülen verbunden: zwei, die sein „O zu „Hs von anderen Molekülen aufbaut, und zwei, die „Os aus benachbarten Molekülen zu seinen „Hs aufbauen. Daraus ergibt sich die Raumstruktur. Wer ein Faible für räumliches Denken hat, mag sich damit ausführlich beschäftigen – an dieser Stelle genügt der Hinweis, dass sich die Sauerstoffatome so anordnen, dass sie gewellte Waben ergeben. Von diesen Sechsringen ragt ein Sauerstoffatom nach oben und eines auf der gegenüberliegenden Seite nach unten. Zwischen den Sauerstoffatomen befinden sich die Wasserstoffatome; sie vernetzen auch die Ebenen untereinander. Da die Wasserstoffatome aber nicht alle durch feste Bindungen verankert sind, ist der Abstand teilweise relativ groß. Dies bedingt die geringere Dichte.

    Noch zwei weitere Eigenschaften werden verständlich. Zum einen bedeutet ein Absenken der Temperatur, dass die Moleküle weitere Energie an die Umgebung abgeben. Wie kann ein Eiswürfel Energie abgeben? Beim Gefrieren lagern sich die Wassermoleküle nicht im idealen Gitter an. Es gibt gestörte Zonen, an denen zu viele oder zu wenige Bindungspartner vorhanden sind. Hier können sich die Wasserstoffbrücken immer wieder neu anordnen. Die dafür nötige Energie ist bei 0 ℃ noch vorhanden. Wird es kälter, entzieht die Umgebung den Molekülen weitere Energie – die Elektronen und Atomrümpfe schwingen weniger hin und her, sie werden langsamer und andere Anordnungen können die Folge sein. So kann durch andere Temperaturen eine andere Anordnung im Kristall die Folge sein. Insgesamt sind siebzehn Kristallstrukturen von Wasser bekannt.

    Etwas weniger theoretisch ist der andere Effekt: Es ging bereits darum, warum Schnee feucht oder trocken ist. Schnee entsteht im Übergangsbereich von flüssigem Wasser zu kompaktem Eis. Es handelt sich um winzige Eiskristalle. Sind Luftfeuchtigkeit und Temperatur relativ hoch, bilden sich in der Wolke Kristallisationskeime. Einzelne Flocken verhaken sich, frieren aneinander fest und bilden große Flocken, die zudem noch flüssige Wassermoleküle mit sich reißen. Das flüssige Wasser verklebt einzelne Kristalle zu bauschigen Flocken. Dieser Schnee eignet sich hervorragend für Schneeballschlachten und Schneemänner. Durch etwas Druck wird die Verzahnung noch erhöht.

    Vom Pulverschnee zur Lawinengefahr

    Je kälter es wird, desto schneller gefriert das Wasser – die entstehenden Kristalle sind kleiner und schweben fein verteilt durch die Luft: Pulverschnee , dessen Eissterne zum Sinnbild für den Winter wurden. Neben zu wenig Schnee bereitet auch zu trockener Schnee den Menschen in den Bergen immer wieder Sorgen. Denn mit dem trockenen Schnee steigt die Lawinengefahr – so wie zum Beispiel im Februar 2014, als Lawinen Ortschaften in Tirol und Kärnten von der Außenwelt abschnitten. Die Lawinengefahr steigt vor allem, wenn verschiedene Schneelagen aufeinander geschichtet sind, die sich relativ leicht gegeneinander verschieben lassen. Was beim Gletscher ein langsames Fließen ist, wird bei Lawinen durch Auslöser wie eine punktuelle Belastung durch Skifahrer zum rasanten Abgang.

    Lockerschneelawinen durch trockenen Schnee ereignen sich meist nur lokal. Von Schneebrettern ist die Rede, wenn an Hängen große zusammenhängende Schneetafeln ins Rutschen kommen. Besonders tückisch wird es, wenn auf Sonnenhängen die Schneedecke erweicht und nachts verharscht. Darauf fallender Neuschnee haftet schlecht. Wenn nun viel Schnee fällt und sich nicht mit der Schicht darunter verbindet, reißt die Schneeschicht, und ein Schneebrett rutscht den Hang hinab. Die Geschwindigkeit steigert sich zunehmend, wobei trockene Schneebrettlawinen etwa mit 50–100 km/h den Hang hinabrutschen. Wenn sich die Schicht durch die Zugspannungen und Erschütterungen in eine Staublawine auflöst, steigt die Geschwindigkeit auf 200–300 km/h.

    Allerdings können solche Schichtungen auch zunächst unbemerkt bleiben. Dann reicht schon das Gewicht von Wintersportlern, um lokal für einen Abriss der aufliegenden Schneeschicht zu sorgen. Neben Indikatoren wie Hangneigung und Schneemenge werden Windgeschwindigkeit, Sonneneinstrahlung und Schneealter herangezogen, um die Lawinengefahr einschätzen zu können.

    Reibung und Druck sind wichtige Parameter nicht nur für die Eisbildung, sondern auch für den Wintersport. Aus Schulbüchern gut bekannt ist das Prinzip des Schlittschuhlaufens: Die Kufen üben so viel Druck aus, dass die Moleküle der obersten Eisschicht aus dem Kristall gelöst werden – ein Flüssigkeitsfilm lässt die Kufen gleiten. Für diesen Schmelzvorgang löst sich etwa ein Viertel der Wasserstoffbrücken. Bei den Temperaturen unterm Nullpunkt umgeben sich die Wassermoleküle dann sogar im Schnitt mit vier bis fünf anderen Molekülen, die Wasserstoffbrücken wechseln schnell zwischen den Partnern. Bei steigender Temperatur sind es nur noch drei oder weniger Moleküle. Hier bewegen sich die Atome innerhalb des Moleküls mehr, sodass eine hoch geordnete, nahe Verknüpfung zu kleinen Clustern nicht mehr möglich ist. Dieser Effekt verstärkt sich noch beim Übergang zum Gas: Einzelne Wassermoleküle verlassen dann den Molekülverbund des flüssigen Wassers.

    Statt schmaler Kufen, die das gesamte Körpergewicht konzentrieren und so den Druck auf eine kleine Fläche bringen, werden beim Skilaufen vergleichsweise breite Bretter untergeschnallt. Wieviel Sachkunde das Wachsen selbiger erfordert, verdeutlichen Fernsehübertragungen von Skilanglaufrennen. Ganze Teams unterstützen die Sportlerinnen und Sportler: Physiotherapeuten kümmern sich um die Menschen, Techniker um das Gerät, und vor allem das richtige Wachs wird oft erwähnt.

    Aus dem Jahr 1673 gibt es erste Aufzeichnungen darüber, wie die damaligen Skier aus Holz mit Gleitstoffen zu behandeln seien, darunter Fette und andere Stoffe, die wasserabweisend, also hydrophob , machen. Die Liste enthält Harz, Teer, Talk, Pech und Öle. Aber auch moderne Skier aus Verbundstoffen werden gewachst – mit Hartwachs und Klister für Anstiege beim Langlauf oder Wachse für besseres Gleiten auf der Grundlage von Hydrocarbon- oder Fluorcarbonwachsen. Mehr zu diesen Stoffen in Kap. 4 (April).

    Eis als Klimaarchiv

    An den Polen liegen unter mehreren Metern Schnee nochmals Kilometer von Eis. In der kanadischen Arktis sind die Eisschichten in 25 m Tiefe etwa 42 Jahre alt. Verdichtet sich der Schnee im ewigen Eis oder auf hohen Bergen wie den Alpen, entstehen über lange Zeiträume daraus Gletscher . Die Vernetzung nimmt zu, und es bildet sich ein geordnetes Kristallgitter. Wenn durch den Klimawandel die Gletscher schmelzen, geben sie ihre Geheimnisse wieder preis.

    Berühmt wurde die Mumie eines Mannes aus den Ötztaler Alpen, für die sich der Name „Ötzi" durchsetzte. In Bozen widmet sich eine Ausstellung der Erkundung der Lebensumstände dieses Mannes, der möglicherweise ein Bote war. Anhand seiner Kleidung, seines Jagdbogens und seiner Messer wird rekonstruiert, was sein Ziel in den schon zu seiner Zeit verschneiten Bergen gewesen sein mag. Kräuter und Mineralien, die er bei sich trug, zeigen, wie kundig er auch in der Heilkunst war. Andere Gruppen jagten in den Bergen. Erst viel später kamen der Abbau von Gesteinen und Erzen sowie wiederum lange Zeit später der Aufenthalt zur Erholung dazu.

    Wie die Gletscher der Alpen bergen auch die der Eismeere Einschlüsse von Fremdkörpern oder Luft. So werden in der Arktis mit Hohlbohrern lange Bohrkerne aus dem Eis gewonnen und gut gekühlt zu Forschungseinrichtungen wie dem Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven verschifft. Sie sind wie ein Klimaarchiv – Forscher analysieren die Reste von Gasen aus der Umgebungsluft, die seit Jahrhunderten eingeschlossen sind. Schwermetalle und Aschereste geben Auskunft über vergangene Klimaperioden und Ereignisse. So schleudern Vulkanausbrüche nicht nur viel Schwefelwasserstoff (H2S) in die Atmosphäre, die Asche enthält auch alles, was an Elementen tief unter der Erdoberfläche vorhanden ist, darunter Schwermetalle wie Quecksilber. Junge Eisschichten enthalten alles, was der Schneefall aus der Luft mitnimmt: Pestizide, Stickoxide und durch menschlichen Einfluss in die Umwelt gelangte Schwermetalle – zusätzlich zu jenen aus natürlichen Quellen. Was in die Luft gerät, bleibt dort etwa ein bis zwei Wochen, bevor zumindest die schwereren Stoffe absinken. Winde sorgen für eine schnelle weltweite Verteilung.

    Zur Analyse werden die Bohrkerne zunächst von außen abgeschabt, denn der Hohlbohrer kontaminiert die äußere Schicht, da durch den Abrieb Stoffe ins Eis gelangen. Bis hierher wird der Bohrkern mindestens auf −12 ℃ gekühlt. Wichtig sind diese Proben vor allem deshalb, weil sie nicht durch lokale Quellen beeinflusst werden – sie geben nur wieder, was sich zur Zeit ihrer Entstehung in der Luft befand.

    Die letzte Kaltklimaphase hatte vor 12.500 Jahren ihren Höhepunkt. Das Wachstum von Pflanzen war gehemmt, und der Wind konnte die Böden leichter davontragen. Mehr Staub wurde transportiert und in den Schnee eingelagert. Dies zeigt sich zum Beispiel anhand des hohen Antimon-Gehalts dieser alten Eisschichten. Die Siedlungsgeschichte und der technische Fortschritt spiegeln sich im Vorkommen charakteristischer Stoffe wider. Beim Abbau und Verarbeiten von Bleierzen wurden große Mengen von Arsen, Bismut und Antimon frei. Ihr Gehalt stieg erstmals vor 3000 Jahren durch die Aktivität der Griechen und Phönizier an und dann abermals vor 2000 Jahren durch die Römer.

    Die Industrialisierung setzte vor rund 170 Jahren ein. Damit einher ging die Eisen- und Kupferverhüttung, aber auch die Kokserzeugung. Entsprechend vielfältig ist das Spektrum der Schwermetalle, die von nun an in die Atmosphäre und damit ins Eis gelangten. Neben Einbrüchen durch Wirtschaftskrisen ist dokumentiert, wann eine Reinigung der Abgase einsetzte – seit den 1960er-Jahren verminderten sich die Gehalte von eingetragenen Spurenelementen. Einschneidend war das Verbot von Bleisalzen im Benzin, das nun schon seit Jahrzehnten gilt. Gleichwohl gelangt weiterhin viel Blei in die Luft, da es noch Länder in Afrika und Asien gibt, die den Einsatz erlauben.

    Interessant ist der Anstieg von Antimon (Sb), ein Element, dass allgemein nicht so viel diskutiert wird. Es ist als Antimonoxid (Sb2O3) in Flammschutzmitteln enthalten, Katalysator für die Herstellung von Polymeren und somit Zeuge des Kunststoffzeitalters einerseits und der Müllverbrennung andererseits.

    Streusalz – Salzgewinnung und Einsatz auf Straßen

    Gefrorenes Wasser bildet also die herrschenden Umweltbedingungen gut ab. Im Winter allerdings interessiert uns mehr, dass Schnee und Eis die Mobilität einschränken. Lange war es üblich, Asche oder feinen Sand auf die glatten Flächen zu streuen. Die feinen Körner setzen sich in Mulden und machen die Oberfläche stumpf. Zugleich wird weniger Licht reflektiert: Das absorbierte Licht wird in Wärme gewandelt und unterstützt so bei steigenden Temperaturen den Tauvorgang. Allerdings ergibt das Ganze einen ziemlichen Matsch, und bei Asche ist nie so ganz klar, was zuvor verbrannt worden ist. Als Abstumpfungsmittel verwenden wir daher nun neben dem Sand oft Splitt, also kleine Steine. Da jedoch die Steinchen auch mit Fahrradreifen und Schuhsohlen transportiert und die Gehwege mitunter erst spät nach der Schneeschmelze wieder gefegt werden, wandert der Splitt nicht nur in Busse und Bahnen, sondern auch in Geschäfte, Büros und Wohnungen. Trotz des eigentlich geringen Gewichts des Schnees ist Schneeschippen eher unbeliebt, denn es kostet Zeit und ist anstrengend.

    Nicht nur auf den Gehwegen, auch auf den Straßen muss der Schnee weg, und immer wieder ist hier das Streuen von Salz (und die Frage, ob die Salzvorräte für den Winter ausreichen) Gesprächsthema. Dabei wird neben Salz auch eine Sole versprüht. Diese wässrige Salzlösung verteilt sich einerseits besser, andererseits fließt sie durch die Straßenneigung schneller ab.

    Nun soll möglichst wenig Salz gestreut werden, da es mit dem Schmelzwasser in die Böden und Flüsse geschwemmt wird. Die wenigsten Pflanzen vertragen hohe Salzkonzentrationen. Zugleich reagiert Beton mit Salzwasser, was zu Schädigungen der inneren Struktur des Baustoffs führen kann. Ein Dilemma: Einerseits sind Betonplatten bei Autobahnen ein viel verwendeter Baustoff, andererseits müssen gerade die großen Straßen frei von Schnee und Eis gehalten werden, damit der Verkehr rollt.

    Salz wirkt physikalisch-chemisch. Das Salz löst sich im Regen, der auf den kalten Straßenbelag fällt. Der Effekt besteht darin, dass das Salz die Schmelztemperatur des Wassers senkt; es stört die Ausbildung von Kristallen, und das Wasser ist länger flüssig. Eine Studie aus dem Jahr 2016 stellte fest, dass eine Konzentration von 2 g Salz pro Quadratmeter ausreicht, um die Eisbildung bei 0 ℃ zu vermeiden.

    Übrigens gefriert Salzwasser nicht zu „Salzeis" – beim Erstarren verdrängen Wassermoleküle die Salze weitestgehend. Daher ist das Wasser der Meere salzig und nicht trinkbar, Meereis jedoch kann geschmolzen und dann als Wasser getrunken werden.

    Wer dem Tipp folgen will, Schnee mit heißem Wasser abzuschmelzen, der ahnt, wie viel Energie nötig ist. Mit 1 l Wasser, das auf 80 ℃ erwärmt wurde, kann bei Standardbedingungen gerade einmal 1 kg Schnee geschmolzen werden – was dann bei 0 ℃ entsprechend 2 l Wasser ergibt. Daher ist Salz immer noch das Mittel der Wahl, um Straßen zu enteisen.

    Da die Autoreifen einen Teil des Salzes mitnehmen, sinkt die Konzentrationen auf viel befahrenden Straßen. Daher wird zunächst in höherer Konzentration abgestreut, abhängig davon, ob die Straßen nass oder trocken sind. Auf trockenen Straßen bleibt die Konzentration länger erhalten. Allerdings haftet trockenes Salz nicht gut auf der Fahrbahn. Präventiv wird mitunter mit feuchtem Salz gestreut oder mit einer Lösung von Calciumchlorid . Letzteres zieht Wasser stärker an als das günstigere Natriumchlorid. Die Fahrbahn ist zwar feucht, gefriert jedoch nicht. Allerdings reagiert Calciumchlorid auch stärker mit dem häufig verwendeten Beton.

    Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass „Salze" Verbindungen aus Kationen mit Anionen sind. Kationen sind die positiv geladenen Atome etwa von Metallen oder anorganischen Resten wie Ammonium (NH4+), die negativ geladenen Salzanionen können sich von Elementen wie Chlor (Cl−) oder Sauerstoff (O²−) ableiten oder ebenfalls aus mehreren Atomen zusammengesetzt sein, wie etwa beim Sulfat (SO4²−). Die Ionen ziehen sich aufgrund der entgegengesetzten elektrischen Ladung an und bilden ionische Bindungen aus. Als Feststoff ordnen sie sich in charakteristische Kristalle. Säuren (Glossar) wie Salzsäure (HCl) oder Schwefelsäure (H2SO4) geben leicht Protonen (H+) ab, und die entstehenden Säurereste, etwa Sulfate (SO4²−), bilden dann mit den Metallkationen Salze.

    Milde Winter sind also in mehrfacher Hinsicht erfreulich für Straßenmeistereien. Wird weniger gestreut, werden die Straßenbeläge geschont. Zugleich vergrößert Eis nicht bereits vorhanden Risse. Denn Wasser sickert in diese ein, dehnt sich beim Gefrieren aus und sprengt dabei die Kanten weiter auf. In der Natur entspricht dem die Verwitterung von Gestein. Bei Straßen werden aus kleinen Schäden bald Schlaglöcher, da die Erschütterungen durch fahrende Autos und vor allem LKWs beständig mitwirken.

    Vom Streusalz zum Speisesalz

    Das in natürlichen Salzen vorhandene Calciumchlorid erschwerte jahrhundertelang die Gewinnung von Speisesalz (Natriumchlorid , NaCl). Daneben ist im Meerwasser Magnesiumchlorid (MgCl2) vorhanden, und natürliche Solen, also stark salzhaltige Lösungen als Bodeneinschluss, enthalten Gips (Calciumsulfat , CaSO4). Eine Sole entsteht, wenn Grundwasser auf einen Salzstock trifft und Teile des Steinsalzes auslaugt. Dabei ist Steinsalz nicht farblos wie das Speisesalz Natriumchlorid, sondern meist verfärbt – Farben wie rosa und hellblau kommen vor. Eine Sole enthält mehr als 14 % gelöstes Steinsalz; sie kann durch Kanäle abfließen, sich sammeln oder wie eine Quelle zur Erdoberfläche aufsteigen.

    Oberirdische Steinsalzfunde wurden bereits zur Eisen- und Bronzezeit verwendet, Solequellen und gebohrte Brunnen lösten diese um Christi Geburt ab. In Küstenregionen wurde Meerwasser gesiedet – das Wasser verdunstet und Salz bleibt zurück. Allerdings war im Falle der Salzsole viel Brennholz nötig, um im ersten Schritt die Salze zu gewinnen und diese erneut zu lösen, um dann die unerwünschten Salzbestandteile abzutrennen.

    Salz war aufgrund der Brennstoffe teuer, außerdem war die Nachfrage höher als das Angebot – weil immer mehr Menschen zu ernähren waren und vor allem, weil gewerbliche Prozesse Salz benötigten. Dazu zählen das Gerben von Leder wie auch die Erfindung der Salzglasur bei der Keramikherstellung sowie der Einsatz als Trennmittel beim Aufschmelzen von Metallen, insbesondere Silber und Gold. Das Betreiben eigener Salinen war für Landesfürsten nahezu zwingend notwendig, und sie erhoben hohe Ausfuhrzölle.

    Der nächste große Anstieg im Salzverbrauch setzte mit der Chlorgewinnung zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein. Auch die Produktion der Grundchemikalie Soda (Natriumcarbonat , Na2CO3) bedurfte weiteren Salzes sowie schließlich die Erfindung der Elektrolyse gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Die Bedeutung von Soda als Zusatz zu Glasschmelzen ist groß; in der Seifenherstellung reicht seine Verwendung bis ins Altertum zurück – dies würde aber den Rahmen unseres winterlichen Kapitels sprengen. Um den steigenden Salzbedarf zu decken, wurde der bergmännische Abbau von Steinsalz wieder im großen Stil aufgenommen.

    Andere Salze aus der Sole: Gewinnung von Lithium

    Interessant sind für uns auch Lithiumsalze . Das in Akkumulatoren, kurz Akkus, eingesetzte Lithium kommt nicht gediegen vor, was so viel heißt, dass das zu den Alkalimetallen zählende Lithium in der Natur nicht als reines Metall existiert. Genau wie Natrium reagiert es dafür viel zu leicht.

    Folglich

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1