Camille´s Tagebuch: Das Kreuz auf der Brust
Von Jörg Trummer
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Über dieses E-Book
Der Autor spart hierbei nicht mit Kritik bezüglich der gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse in der westlichen Hemisphäre.
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Buchvorschau
Camille´s Tagebuch - Jörg Trummer
J. - H. Trummer
Camille´s Tagebuch
Roman
Impressum:
Erstausgabe
©: 2020 J. H. Trummer
Knoevenagelweg 10, 30165 Hannover
Illustration: Francesco Bertram
Lektorat: J. H. Trummer
Druck: J. H. Trummer, Hannover
ISBN: e-Book: 978-3-XXXX-XXXX-X
Alle Rechte sind vorbehalten
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig.
Genau wie die Handlung sind auch die meisten Personennamen frei erfunden und Bezüge zu realen und aktuellen Vorkommnissen rein fiktiv
Kapitelübersicht
I. Mit dem Kreuz auf der Brust
II. William Giffrey
III. Ein neues Zeitalter
IV. Das erste Tagebuch
V. Die Letzte im Stammbaum
VI. Jacob, Julie und das geheime Buch
VII. Die Flucht aus Paris
VIII. Ausflug in den Harz
IX. Das geheime Grab
X. Kein Ende rechter Gewalt
XI. Benjamin Silberstein
XII. Das nächste Attentat
XIII. Die besondere Uhr
XIV. Erneute Bedrohung
XV. Video des Grauens
XVI. Benjamin for President
XVII. Das zweite Glück
XVIII. Amtsenthebung
XIX. Die wilde Flucht
XX. Agent Decker
XXI. Der Kurztrip nach Vancouver
XXII. Der Verrat
XXIII. Finale
XXIV. Coda
I. Mit dem Kreuz auf der Brust
1314 Schottland, nach der Schlacht von Bannockburn. „De Bruce ist uns weit vorausgeeilt. Es kann sein, dass wir ihn heute nicht mehr einholen. Johan de Giffrey rammte sein Schwert am Ufer des Bannocks in den Boden und füllte seinen Helm mit Wasser. „Immerhin haben wir die Engländer über den Fluss getrieben und einen großen Sieg davongetragen
, erwiderte Alphonse de Martin. „Es wäre an der Zeit, nach Frankreich zurückzukehren. „Damit es uns so ergeht wie Jaques de Molay? Ich werde nach Edinburgh gehen und eine Familie gründen. Einzig Schottland kann uns in diesen für Templer unsicheren Zeiten den nötigen Schutz bieten. Ich werde Dich nicht aufhalten, aber sei gewiss Bruder, dass uns, solange wir dieses Kreuz auf der Brust tragen, König Philipp und Edward von England jagen werden. In den Augen dieser Könige sind wir Freiwild. Ich werde Rüstung und Gewand ablegen.
Giffrey nahm einen großen Schluck aus seinem Helm und setzte sich auf einen Uferstein. „Du hast Recht, Frankreich ist keine Option, aber vielleicht kommt ein neuer Kreuzzug, und wir werden erneut gebraucht. „Du bist ein Narr Johan. Niemand braucht uns heute noch. Außerdem sind wir für den Krieg inzwischen zu alt. Tue es mir gleich und begleite mich nach Edinburgh.
Während die Schotten auf dem Schlachtfeld die Verletzten versorgten und die Toten zählten, bestiegen Johan und Alphonse ihre Pferde und ritten gen Osten. Als die beiden Tempelritter vor den geschleiften Mauern von Edinburgh Castle standen, kam De Giffrey eine Idee. „Wir könnten Randolph helfen, das Schloss wieder aufzubauen. Es ist harte Arbeit, aber wenn wir von den Maurermeistern lernen, könnte das sehr lukrativ für uns werden. Was hältst Du davon? „Immerhin besser, als auf dem Schlachtfeld zu sterben
, antwortete De Martin. „Jetzt brauchen wir zunächst eine Unterkunft für heute Nacht. Wir befassen uns mit Deinem Vorschlag morgen in der Frühe. Am nächsten Morgen wachten die beiden Ritter neben dem Pferdestall auf. Die Luft war feucht und auf den Straßen roch es nach Fäkalien. Als eine Bedienstete aus dem ersten Stockwerk einen Eimer mit Abfällen auf die Gasse kippte, verfehlte sie De Martin nur knapp. Als dieser fluchend sein Schwert in die Höhe reckte, ließ die Frau eine zweite Ladung folgen. „Komm, wir sollten uns jetzt nicht mit dem gemeinen Volk anlegen, sondern schnellstens den Earl of Moray aufsuchen
, riet ihm sein Freund. Nur etwa zehn Minuten später standen die Templer vor dem Thronsaal des Edinburgh Castles und baten um Einlass. „Wie ist Euer Name und welches Anliegen habt Ihr vorzubringen?, fragte einer der beiden Wachsoldaten. „Wir haben ein Begehren, das wir alleine dem Earl unterbreiten können, und so bitten wir Euch uns vorzulassen.
Einer der Wachen bat Giffrey und Martin kurz zu warten und verschwand daraufhin im Thronsaal. Kurze Zeit später kehrte er zurück und erlaubte den Rittern einzutreten.
Thomas Randolph saß auf seinem Thron und verspeiste eine Gänsekeule, als die Templer sich vor ihm aufstellten. Zwei Hellebardenträger flankierten seinen eichenen Thronsessel. Als sie vor dem Neffen des Königs standen, ließen sie sich auf die Knie fallen und legten die Schwerter ab. „Ah, meine Lieblingsritter, die mir in der Schlacht so vorbildlich gedient haben. Bitte verratet mir Euer Anliegen. Ich werde alles daran setzen Eure Wünsche zu erfüllen. Giffrey trat vor und begann zu reden. „Sire, wir sind froh bei Bannockburn unsere Pflicht erfüllt zu haben, wollen nun aber den Militärdienst quittieren. Immer noch werden unsere Ordensbrüder überall auf dem Kontinent, besonders in Frankreich, verfolgt und mit dem Tode bestraft. Wir haben beide vor dem Eintritt in den Templerorden ein Handwerk erlernt und mein Freund sogar den Meistergrad als Steinmetz erworben. Lasst uns vorerst beim Wiederaufbau Eurer Burg helfen. Wir erwarten als Lohn nur eine Unterkunft und regelmäßige Mahlzeiten.
Der Earl of Moray erhob sich, sodass er noch größer wirkte und antwortete ohne Umschweife: „Da ich tief in Eurer Schuld stehe, besonders bei Euch Johan de Giffrey – ohne Euch wäre ich nicht mehr am Leben - entspreche ich Eurem Wunsch. Wenn ihr mit der Kelle und dem Spitzmeißel genauso gut umgehen könnt wie mit dem Schwert und der Lanze, werdet Ihr für den Wiederaufbau der Burg sicherlich eine große Hilfe sein. Nachdem die Tempelritter den Thronsaal verlassen hatten, rief Thomas Randolph seinen obersten Zunftmeister herbei, um ihn zu bitten Johan und Alphonse unter seine Fittiche zu nehmen. Währenddessen besuchten die Ritter einen Pub und beschlossen, das Ale bis in die Morgenstunden in vollen Zügen fließen zu lassen. Johan fiel eine Bedienung mit knabenhafter Figur, blassem Teint und kleinen festen Brüsten auf, die alle Männer mied und dennoch ständig von ihnen begrabscht wurde. Als einer der betrunkenen Schotten sie zu sich auf den Schoss zog und ihr an die Brüste fasste, schritt Johan ein und zog sein Schwert. „Lasst die Lady in Ruhe, sonst lernt ihr meinen Stahl kennen. Er hat schon hunderte von Eurer Sorte niedergemäht.
Der Schotte schüttete daraufhin Johan ein Glas Bier ins Gesicht, griff nach seinem Messer und erwiderte: „Vor Euch Franzosen haben wir keine Angst. Wenn Ihr Streit wollt, so könnt Ihr diesen haben. Alphonse bat seinen Freund Ruhe zu bewahren, doch dieser holte mit seiner Faust aus und brach dem Prahlhans die Nase. Daraufhin erhoben sich fast alle Schotten von ihren Plätzen und zogen ihre Waffen. Johan und Alphonse griffen sich zwei Stühle und wehrten damit die erste Attacke ab, doch angelockt von dem Lärm traten immer mehr Besucher in den Pub ein und beteiligten sich an der Schlägerei. Am Ende kämpfte jeder gegen jeden und die beiden Templer befanden sich inmitten des Getümmels. Die hübsche Bedienung sah, dass die beiden sich in einer mehr als brenzligen Situation befanden und wies ihnen den Ausgang durch die Küche. Sie nahm Johan an der Hand und führte ihn zusammen mit seinem Freund auf die Gasse. „Ihr habt Euch ja gleich Freunde gemacht
, sagte die junge Frau, danach führte sie beide Ritter in ein Fachwerkaus mit schiefem Giebel. „Ich kann Euch hier unterbringen, eine Kammer ist nicht belegt, ich selbst wohne gleich hier unten im Erdgeschoss." Im Schein der Fackel fiel Johan erst jetzt auf, von welch anmutender Schönhaut seine Retterin war. Doch da er galant war, zeigte er ihr in keiner Weise seine Begierde.
Alphonse dagegen schien mit anderen Gedanken beschäftigt zu sein. Er freute sich auf ein warmes Zimmer und eine kleine Mahlzeit. Als sie ihre Unterkunft erreicht hatten, verabschiedete sich die Frau. „Wenn Ihr noch etwas essen wollt, dann gebt mir jetzt Bescheid. Ich heiße übrigens Agnes, meine Schwester ist Köchin und kann Euch noch eine Kleinigkeit zubereiten. Am nächsten Morgen klopfte Agnes an ihre Tür und bot ihnen Speck und Brot an. „Der Zunftmeister wartet vor dem Haus und möchte Euch sprechen.
Johan erhob sich von seiner Bettstatt, schob die Strohschütte beiseite und stand halbnackt vor der hübschen Frau. Er maß über einen Meter Achtzig und war fast eineinhalb Köpfe größer als sein gegenüber. „Die Rüstung und die Waffen legt Ihr wohl besser ab, angesichts dessen, was gestern passiert ist. Sonst droht Euch vermutlich weiteres Ungemach. Höflich verabschiedete sich Agnes, woraufhin Alphonse und Johan vor das Haus traten. Dort erwartete sie schon der Meister zusammen mit zwei Maurergesellen. Die Luft roch frisch und am wolkenlosen Himmel kreiste ein Schwarm Krähen „Einen schönen Morgen wünsche ich Euch. Der Earl of Moray hat mich gebeten Euch unter meine Fittiche zu nehmen. Dazu müsste ich aber zuerst wissen, welche Fähigkeiten Ihr mitbringt. Die Arbeit ist hart und gefährlich, wird allerdings auch gut bezahlt. Da Ihr von gutem Körperbau seid und kräftige Hände habt, scheint Ihr mir für die nötigen Arbeiten gut geeignet.
Alphonse trat vor und protestierte vorsichtig. „Ich bin ebenfalls ein Meister, habe schon als junger Mensch Gesellen ausgebildet und bei der Planung von Kirchen und Kathedralen mitgewirkt. Weshalb sollte ich nun solche profane Frondienste ableisten. Der Zunftmeister schien wenig beeindruckt und erwiderte: „Meister haben wir zur Genüge, aber Leute die richtig anpacken können fehlen uns, da viele der Arbeiter im Krieg gegen England getötet wurden. Also, wollt Ihr mir dienen, so schlagt ein. Ist das nicht der Fall, solltet Ihr aus Edinburgh schleunigst verschwinden. Nach der gestrigen Wirtshausschlägerei sind eine Menge Bürger über Euch aufgebracht. Zudem ist, da Ihr Templer seid, eine Belohnung auf Eure Köpfe ausgesetzt. Ich rate Euch also mein Angebot anzunehmen.
Alphonse nahm Johan zur Seite und flüsterte ihm ins Ohr: „Ich bin dafür, das Angebot anzunehmen. In London wären wir unerwünscht und nach Frankreich können wir auch nicht zurückkehren. Wenn wir dem Meister beweisen wie tüchtig wir sind, werden wir vielleicht bald schon zu höheren Aufgaben berufen. Johan schaute noch etwas skeptisch, gab dann aber nach und reichte Meister Ralph die Hand. „Wann sollen wir beginnen?
„Am besten heute noch. König Edward von England wird die Schmach von der Niederlage bei Bannockburn nicht so schnell verdaut haben und auf Rache sinnen. So ist die Gefahr groß, dass die Engländer vorhaben, die Burg ein weiteres Mal zu schleifen. Bei meinem Stellvertreter erhaltet Ihr Eure Werkzeuge. "
Sechs Jahre später, wir schreiben das Jahr 1320 verweilten Alphons und Johan immer noch in Edinburgh. Johan hatte inzwischen Agnes geheiratet und Alphonse das Burgfräulein Rebecca. Agnes hatte Johan inzwischen zwei Töchter und zwei Söhne geschenkt. Die Söhne nannten sich Thomas und William. Thomas war drei Jahre alt und hatte feuerrotes Haar, während der zweijährige William das strohblonde Haar seiner Mutter geerbt hatte. Die Töchter hießen Marie und Louise und waren ein, beziehungsweise zwei Jahre alt. Alfons Meistergrad war inzwischen anerkannt, und er hatte sich um den Wiederaufbau des Edinburgh Castle genauso wie um die Restaurierung der Abtei Melrose Abbey verdient gemacht. Johan dagegen verdingte sich weiter als Tagelöhner und 1317 trat er ein letztes Mal in den Militärdienst ein und half Thomas Randolph bei der Rückeroberung der Isle of Man. Allerdings wurde er dabei schwer verwundet und konnte seiner Arbeit als Maurer anschließend nicht mehr nachkommen. Agnes war ab jetzt alleine für den Lebensunterhalt und die Erziehung ihrer Kinder verantwortlich. Als Alphonse, der sich inzwischen Alfons nannte, vom Schicksal seines ehemaligen Kampfgefährten hörte, bat er Agnes ihre Kinder seiner und Magaretes Obhut zu überlassen. Das hatte unter anderem den Grund, dass Alfons unfruchtbar war, und Rebecca deswegen keine Kinder zeugen konnte. Agnes zögerte nur kurz, um dann in die Adoption ihrer Kinder einzuwilligen. Von nun an lebten Louise, Marie, Thomas und William in einem feudalen Haus in der Nähe der Burg, während Agnes sich um ihren inzwischen schwerkranken Mann kümmern konnte. 1324 starb Johan völlig verarmt nach langer Krankheit. Bei seiner Beerdigung waren neben Alfons und Rebecca auch ihre adoptierten Kinder zugegen, nur Agnes fehlte. Wie sich später noch herausstellen sollte, war sie inzwischen mit einem stadtbekannten Säufer nach London durchgebrannt.
II. William Giffrey
Thomas und William wuchsen in einem gut behüteten Umfeld auf. Während Thomas den Mut und die Unbekümmertheit seines Vaters geerbt hatte, war William eher von sensiblem und zurückhaltendem Charakter. Doch trotz ihrer Unterschiede verstanden sie sich gut, und sollte William von anderen Kindern angefeindet werden, so sprang Thomas dazwischen und stand seinem schmächtigen Bruder bei. Mit dem siebten Lebensjahr wurde Thomas als Page an den königlichen Hof berufen, während William sich hauptsächlich mit Büchern beschäftigte. Alfons verstand seinen Adoptivsohn nicht und versuchte ihn immer wieder zu beeinflussen. „Du willst ein Gelehrter werden, dann lerne zunächst Deinen Mann zu stehen. Orientiere Dich an Thomas, er hat im Gegensatz zu Dir den richtigen Weg eingeschlagen." Thomas wurde mit vierzehn Jahren zum Knappen ausgebildet. William dagegen ließ sich nicht umstimmen. Ihn interessierten Themen wie die Astronomie, die Medizin und die Architektur. Zumindest bei diesem Handwerk kam er den Interessen seines Vaters nahe, und so sagte Alfons zu seinem Adoptivsohn: „Wenn Du nicht die Kampfkunst erlernen möchtest, dann werde Kathedralen Bauer. Das hat noch Zukunft. William, der glaubte alles werden zu können, gab schließlich dem Wunsch seines Vaters nach und beschäftigte sich ab jetzt mit der Geometrie und dem Zeichnen. Er begann seinem Adoptivvater sogar bei dessen Arbeit zur Hand zu gehen. Unterdessen hatte die Regentschaft in Schottland wiederholt gewechselt. Der Earl of Moray war im Jahr 1332 gestorben und Eward Balliol strebte die Königswürde in Schottland an. Viele Schotten unterstützten allerdings den rechtmäßigen minderjährigen Thronerben David II., den Sohn vom inzwischen verstorbenen Robert Bruce. Für Alfons und seine Familie änderte sich dadurch allerdings nichts. Die Jahre vergingen und die Brüder wuchsen zu jungen Männern heran.
Thomas erhielt wegen seiner treuen Dienste und seiner Tapferkeit, obgleich er nicht von Adel war, schon mit zweiundzwanzig Jahren den Ritterschlag, und der ein Jahr jüngere William wurde in den Stand eines Zunftmeisters erhoben. Obwohl beide so verschieden waren, ähnelten sie sich in den Punkten Ausdauer und Pflichterfüllung. Während Thomas auf Turnieren seine Kampfkünste bewies, interessierte sich der kreative William inzwischen auch für die Medizin. Das ging so weit, dass er aufgrund seines Wissens von Ärzten herangezogen wurde, um seine Meinung bezüglich der Diagnosen und der Behandlung von Patienten beizusteuern. Ein Jahr später im Jahr 1340, inzwischen war der hundertjährige Krieg zwischen England und Frankreich ausgebrochen, folgte Thomas weiter loyal seinem jungen König David II. 1346 kam es zur Schlacht von Neville´s Cross, wo die Schotten eine schwere Niederlage hinnehmen mussten. Thomas geriet genauso wie sein König in Gefangenschaft, konnte ein Jahr später aus London fliehen und kehrte nach Edinburgh zurück. Zwei Jahre später brach auf dem britischen Festland die Pest aus. Besonders in Großstädten wie London, wurde fast die Hälfte der Bevölkerung von der Seuche dahingerafft. Und die tödliche Krankheit machte auch vor Schottland nicht halt. Ärzte hatten Angst sich zu infizieren, doch William sah in der Seuche eine Herausforderung. Er wollte sein medizinisches Wissen einsetzen, um die Pest aufzuhalten. Er sah Aderlass, Einläufe und Brechmittel als die falschen Behandlungsmethoden an und suchte verzweifelt nach alternativen Heilmitteln. Doch musste er schnell feststellen, dass Naturheilmittel keine Lösung gegen die Ausbreitung der Epidemie darstellten. So kam er auf die Idee, nicht die Symptome, sondern die Auslöser zu bekämpfen. Die meisten seiner Kollegen gingen davon aus, dass die Pest durch faulige Dämpfe oder ungünstige Sternenkonstellationen hervorgerufen wurde.
William dagegen war ein guter Beobachter und war der Überzeugung, dass es einen Zusammenhang zwischen dem vermehrten Auftreten von Ratten und der Krankheit geben musste. Als er den anderen Medizinern von seiner Beobachtung berichtete und seine Vermutungen zur Ausbreitung der Krankheit darlegte, wurde er für verrückt gehalten und von der Gilde der Mediziner ausgeschlossen. Einzig zwei Meister des Handwerks vertrauten seinen Schlussfolgerungen, rieten ihm aber sich wieder dem Kathedralen-Bau zu widmen, da sie befürchteten, dass seine Karriere als Arzt in Schottland wohl beendet war. In seinem Stolz wehrte sich William lange gegen seine Verleumder, musste aber angesichts des massiven Drucks von außen dem Protest der Ärzteschaft nachgeben. Thomas erkannte schnell die Probleme seines Bruders und beschloss ihm in jeder Form zu helfen. Ihre Eltern waren zudem an der unheilvollen Seuche erkrankt und so war es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch sie sterben sollten. „Unsere Eltern werden bald das Zeitliche segnen, wir sind dann ohne Familie und uns hält ab da nichts mehr in Schottland. Ich würde Dir sogar an das Ende der Welt folgen lieber Bruder. William war gerührt von der Ansprache seines Bruders, gleichzeitig aber unentschlossen in Bezug auf die Option Schottland zu verlassen. „Was ist mit Marie und Louise, meinst Du, sie würden unsere Entscheidung mittragen und uns folgen?
„Wir reden beide mit ihnen und dann werden wir sehen, ob sie unsere Idee unterstützen. „Wohin willst Du überhaupt auswandern?
, fragt darauf William, „die Pest gibt es überall. Thomas überlegte kurz. „Wie wäre es, wenn wir in die Heimat von Johan und Alfons aufbrechen würden, also nach Frankreich. Wir sind keine Templer wie Johan einer gewesen ist, ergo werden wir dort nicht steckbrieflich gesucht. Ich denke, die Franzosen hätten für uns beide Verwendung. Als Schotten und als Feinde von England gebe es vielleicht sogar die Chance am Hofe von Philipp VI. angenommen zu werden. Du als Arzt und ich als Ritter.
William erbat sich Bedenkzeit bis zum nächsten Morgen, dann würde er eine Entscheidung treffen. Am folgenden Tag trafen sich die Brüder mit ihren beiden Schwestern und erklärten Ihnen ihren Plan. „Wir werden in Schottland bleiben, sagte Marie. „Ich habe eine gute Stellung am Hofe und Louise wird bald heiraten.
Nach der Verabschiedung von ihren Schwestern standen Thomas und William zwei Stunden später am Hafenufer von Leith und suchten eine Möglichkeit, um nach Frankreich überzusetzen. Als sie gegenüber einem Kapitän ihren Wunsch äußerten, erfuhren sie, dass Calais erst vor kurzem von den Engländern erobert wurde. Die ganze Nordküste von Frankreich sei inzwischen gefährlich. Es gebe nur eine Möglichkeit und die