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Der Pakt mit dem Feuerteufel
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eBook186 Seiten2 Stunden

Der Pakt mit dem Feuerteufel

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Über dieses E-Book

Als Außenseiter und Opfer der Bosheiten seiner Mitschüler hätte der Sechstklässler Ade sein Schicksal schon fast in die Hände des Feuerteufels gelegt. Doch wendet sich sein Leben schlagartig zum Besseren, als er sich mit einem neuen Mitschüler, dem dicken Paul, anfreundet.
Gemeinsam machen die beiden eines Nachts eine schaurige Entdeckung: Auf einem verwahrlosten Friedhof mitten auf dem Schulgelände beobachten sie, wie der grässlich entstellte Geist eines verschollenen Mädchens in sein Grab fährt.
In Ades Kopf summt es: Was hat es mit dem Mädchen auf sich? Und wieso kennt niemand diesen Friedhof? Oder will ihn niemand kennen? Und was um alles in der Welt ist in seinen stillen Klassenkameraden Ludwig gefahren, der die kleine Stadt plötzlich mit allerhand bösen Streichen auf den Kopf stellt?
Seinem sonst so gewitzten und lebensfrohen Freund Paul macht die Entdeckung allerdings zu schaffen. Als er schließlich erkrankt, sieht sich Ade erneut aller wohlbekannten Tristesse ausgesetzt – und der Feuerteufel erwacht zum Leben.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum12. Juni 2016
ISBN9783741821912
Der Pakt mit dem Feuerteufel
Autor

Lukas Wolfgang Börner

Am 30. Mai 1987 wurde Lukas Wolfgang Börner in Leipzig geboren, um bald darauf, noch vor dem Mauerfall, mit seiner Familie ins Allgäu zu gelangen. In der Ganghofer-Stadt Kaufbeuren vis-à-vis des Familienhauses Enzensberger verbrachte er seine Jugend mit Naturexkursionen, Gedichten und allerhand Bubenstreichen, die seine Geschichten, insbesondere die Endzeitjugend-Romane, fortan prägen sollten. Nach seinem Wehrdienst als Gebirgsjäger studierte er Germanistik, Geographie und Europäische Ethnologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Börner ist Übersetzer/Nachdichter diverser internationaler Gedichtklassiker („Tomten“, „Befana“) sowie des toskanischen Volksmärchens „Fantaghirò Persona Bella“, das durch die Märchen-Filmreihe „Prinzessin Fantaghirò“ Berühmtheit erlangte. Inhalt seiner Geschichten und Dichtungen sind Freiheits- und Sinnsuche, Liebe, Lust und die volle Palette menschlicher Abgründe, wobei der Humor ebenso allgegenwärtig ist wie die Umwertung aller Werte à la Nietzsche. Das Selbstverlegen sieht Börner als willkommenes Mittel, „auch heute noch literarisch anspruchsvolle Kunst zu schaffen, ohne auf die kurzen Aufmerksamkeitsspannen des Mainstreams oder die Befindlichkeiten der Dauerempörten Rücksicht zu nehmen.“

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    Buchvorschau

    Der Pakt mit dem Feuerteufel - Lukas Wolfgang Börner

    Ade

    Es waren die Hörner, die den Feuerteufel verrieten. Ohne die hätte man ihn fast für einen Menschen mit starkem Sonnenbrand halten können. Sofern man die Tatsache ignoriert hätte, dass normale Menschen gewöhnlich größer sind als fünf Zentimeter.

    Er hockte auf dem Zündholz und lächelte Ade aufmunternd zu. Sein Anzug und die Krawatte waren blau, seine Hände und der Kopf waren rot-orange. 

    „Was bietest du an?", fragte Ade, der glaubte, sich verhört zu haben.

    „Ich biete eine kostenlose Sitzung an. Man könnte es als Schnupperkurs bezeichnen", antwortete der Teufel. 

    Er blickte freundlich drein. Er hatte kein gemeines Grinsen auf den Lippen und rieb sich auch nicht die Hände, wie man es von einem Teufel gewohnt war. In der Tat war er höflich und zuvorkommend. Doch war er offensichtlich der Teufel. Ade störte es, diesen so sympathisch vor sich auf dem Zündholz hocken zu sehen. 

    Es konnte niemals gutgehen, wenn er sich mit ihm einließ, das wusste er. Schnupperkurs hin oder her. Andererseits war das nun auch schon egal. Eigentlich war eh alles egal.

    „Und was sollte mir diese Sitzung bringen?"

    „Ganz einfach, antwortete der Teufel in seiner sauberen hochdeutschen Aussprache. „Sie bringt dir Respekt!

    Ein Schauer durchfuhr Ades Körper. Respekt. 

    Ach, komm, scheiß drauf, dachte der Bub bei sich und willigte ein.

    „Sehr gut, antwortete der Teufel und zog seine Krawatte zu Recht. Er war sichtlich zufrieden mit sich. „Du wirst dich jetzt mit mir deiner Vergangenheit stellen und dir Respekt verschaffen. Ich hoffe, du hast heute genug gegessen.

    „Ja, hab ich", antwortete Ade. Die Bleistiftspäne aus den Spitzern mehrerer Mitschüler hatte er erst nach dem Mittagessen in seinem Ranzen gefunden. Die ganze Klasse hatte ihn ausgelacht. Wäre dies vor dem Essengehen in die Mensa passiert, hätte er garantiert keinen Bissen mehr runtergekriegt. 

    „Wunderbar. Dann lass uns noch ein Stück weiter in den Wald hineingehen. Ich führe dich."

    Der Teufel zeigte in die Richtung, die weiter aus der Stadt hinausführte. Ade war nicht besonders tief in den Wald gegangen. Gerade so weit, dass er keiner Menschenseele mehr begegnen würde. Mit dunklen Augenringen musterte er den Weg, den der Feuerteufel ihm vorgab. Dann nahm er seinen Schulranzen wieder auf und folgte dem ausgestreckten, sauber manikürten Zeigefinger des Teufels. 

    Bei einem Ameisenhügel gebot ihm der Teufel, stehen zu bleiben. 

    „Und nun, sagte er „greife mal in deine rechte Jackentasche.

    Ade gehorchte und griff in die Tasche seiner leichten Sommerjacke. Seine Finger berührten die kühle, glatte Oberfläche eines eckigen Gefäßes. Er zog es aus der Tasche und las die Aufschrift: Feuerzeugbenzin. Auf der Oberseite der Dose war ein kleiner Drehverschluss.

    Ades Herz begann zu klopfen. Rings um ihn her war das Gezwitscher der Waldvögel zu hören. Die späte Nachmittagssonne fiel durch die Baumwipfel und gab dem Wald ein freundliches Aussehen. Es war dieselbe Freundlichkeit, die auch der Teufel ausstrahlte. Menschen sah Ade hier keine. Auch keine Wege mehr. 

    „Schließe nun die Augen", sagte der Teufel mit behutsamer Stimme, nachdem Ade sich vor dem Ameisenhügel positioniert hatte. Er hockte immer noch auf dem Zündholz und lächelte. Ade gehorchte. 

    „Gehe nun zum ersten Augenblick von Schmerz oder Leid zurück, an den du dich erinnern kannst", sagte der Teufel. 

    Ade gehorchte wieder und überlegte. Er dachte an die Schule. Sein Kopf war so vollgestopft von den Scheißerlebnissen in diesem Schuljahr, dass er gar nicht weiter zurückdenken konnte. 

    Es waren nur mehr wenige Tage bis zu den Sommerferien. Nächstes Schuljahr würde er in die sechste Klasse kommen. Ade freute sich nicht im Geringsten darauf. Denn die Klassenkonstellation würde die gleiche bleiben, das hatten ihm die Tutoren bestätigt. Die Schüler würden erst ab der siebten Klasse wieder neu durchgemischt werden. Das hieß, dass er ein weiteres Jahr mit Justin, Mo und Franz würde ertragen müssen. Und Gott weiß, ob er in diesem darauffolgenden Jahr von ihnen getrennt würde. 

    „Was siehst du?", fragte der Teufel, der die Beine übereinandergeschlagen und sich zurückgelehnt hatte. 

    „Justin", antwortete Ade, ohne recht zu wissen, wieso und warum.

    „Was sagt Justin?", fragte der Teufel.

    „Ich soll das kleinste Kuchenstück nehmen. Das passt am besten zu mir."

    „Wo bist du?"

    „Bei ihm. Auf seinem Geburtstag."

    „Wer ist noch da?"

    „Alle. Alle sind sie da. Justin hat die ganze Klasse eingeladen."

    „Was hörst du?"

    „Alle lachen. Sie lachen über mich."

    „Was spürst du?"

    „Wut."

    „Das machst du sehr gut. Fahre jetzt bitte fort."

    „Ich habe Justin ein Wii-Spiel mitgebracht. Das war bestimmt das teuerste Geschenk von allen!"

    „Und er macht sich trotzdem über deine Größe lustig?"

    „Ja. Ich kapier das nicht. Ich hasse sowas! Ich hasse ihn!"

    „Öffne nun die Augen und schaue in den Ameisenhaufen."

    Ade öffnete die Augen und blickte vor sich auf den großen braunen Hügel. Doch er konnte nicht glauben, was er da sah.

    Eine Bande von Ameisen saß um einen Tisch herum und lachte über die kleinste Ameise, die sich zitternd das kleinste Kuchenstück abholte und sich dabei auch noch bedankte. In der Mitte konnte Ade den Ameisen-Justin sehen, der grinsend zwischen seinen beiden besten Freunden, dem Ameisen-Mo und dem Ameisen-Franz stand. 

    Der Teufel deutete auf das Feuerzeugbenzin. Aber Ade hatte den Deckel der Dose schon längt aufgedreht. Ohne zu zögern schüttete er einen Schluck davon über die Ameisenbande und genoss es zuzusehen, wie seine Klassenkameraden sich darüber ins Mark erschreckten. Dann hielt er das Zündholz so nah an sie heran, dass der Feuerteufel von diesem springen und auf der Meute landen konnte. 

    Sowie sie in Flammen standen, schrien seine Mitschüler Zeter und Mordio. Sie wuselten durcheinander und versuchten, dem Feuer zu entkommen, doch es gelang ihnen nicht. Am lautesten schrie Justin. Er krabbelte mit seinen sechs Ameisenbeinchen über die anderen drüber. Er war immer der Anführer gewesen und hatte stets die besten Kuchenstücke im Leben für sich selbst organisiert. Doch nun brannte er genau wie seine Klassenkameraden. Er krabbelte über den Ameisen-Franz, der sich bereits tief gebräunt am Boden wälzte. 

    Während Ade Justin so betrachtete, grinste er und fühlte sich irgendwie großartig. Seinetwegen hätte das Spektakel noch viel länger dauern, seine Mitschüler sich noch viel mehr quälen können. Doch mit der Zeit verstummten die Schreie und auch Justin, der seinem Tod nicht entrinnen konnte, kroch bereits nur noch auf drei Beinchen vorwärts. Als er schließlich liegenblieb, presste er die Arme gegen den Bauch und war kurz drauf nur noch ein mickriger schwarzer Klumpen.

    Der Teufel sprang von den zweiunddreißig toten Ameisen zurück auf Ades Zündholz und blickte dem Buben tief in die Augen. Während Ade mit bebender Brust zurückschaute, runzelte der Teufel die Stirn.

    „Das war es noch nicht", sagte er endlich, lehnte sich wieder zurück und begann, die Sitzung weiterzuführen.

    „Suche einen früheren Augenblick von Schmerz oder Leid und gehe dorthin, wenn du ihn gefunden hast." 

    Er bedeutete Ade mit geduldiger Miene, wieder die Augen zu schließen.

    „Was siehst du?", fragte er, nachdem er dem Buben Zeit zum Nachdenken gegeben hatte.

    „Die Lehrer", entgegnete Ade schließlich.

    „Welche Lehrer?"

    „Alle."

    „Was machen sie?"

    „Sie grinsen!"

    „Warum gri...", begann der Teufel, doch Ade unterbrach ihn, wobei seine Stimme lauter, hysterischer wurde.

    „Weil sie gerade das erste Mal die Namensliste durchgehen. Und dann lesen sie das erste Mal meinen ausgeschriebenen Vornamen!"

    „Und wie lautet der?"

    „Adolf! Ich heiße Adolf! So wie mein Vater! Und immer, wenn das jemand spannt, grinst er blöd! Ich hasse das!"

    „Wer ist noch da?", fragte der Teufel, doch Ade beachtete ihn nicht. Er hatte bereits wieder die Augen geöffnet und starrte auf das Ameisen-Lehrerzimmer vor ihm. Alle Lehrer, die ihn seit der ersten Klasse unterrichtet hatten, saßen dort und grinsten vor sich hin. Keiner machte einen Witz über seinen Namen, aber das dumme Grinsen war nicht weniger kränkend!

    Der Teufel machte große Augen. Vermutlich verwunderte ihn insgeheim die schnelle Selbstzündung seiner Sitzung. Noch bevor er irgendetwas sagen konnte, hatte Ade schon das Benzin über dem Lehrerzimmer verteilt und das Zündholz darangehalten. Der Teufel sprang hinab und wieder erfüllte ein lautes qualvolles Geschrei den Wald. Es war das Geschrei des Todes. Ade saß vor dem Hügel und grinste nun seinerseits. In seinen Augen spiegelte sich der tanzende Teufel.

    Als das Schreckensszenario beendet war und nur mehr kalter Rauch von den Leichen aufstieg, glaubte Ade, ein Déjà-vu zu haben. Er fühlte sich einerseits leer, andererseits besser, aber der Teufel schaute ihm wieder so stirnrunzelnd in die Augen. Und abermals äußerte er seine Bedenken, dass sie wohl noch nicht beim Kern der Sache angekommen waren. Ade wusste nicht recht, worauf der Teufel hinauswollte. Doch er gehorchte brav, als er gebeten wurde, noch einmal in seiner Vergangenheit zu wühlen. In einer noch früheren Vergangenheit. Diesmal verstrichen viele Minuten, in denen der Teufel sein Gegenüber scharf beobachtete. Im Hintergrund piepsten die Waldvögel. Im Moos, nicht weit von ihnen, raschelten die Mäuse.

    „Du beschissenes Weichei!", drang es plötzlich aus Ades Kehle.

    „Äh, wie bitte?", fragte der Teufel und fiel für einen Moment aus seiner Auditorenrolle.

    „Hör auf zu heulen! Sonst kriegst du so eine Schelle, dass dir Hören und Sehen vergeht!" 

    „Wer ... wer spricht da?", fragte der Feuerteufel, der sich allmählich wieder fing.

    „Du beschissenes Weichei!", wiederholte Ade. 

    Er rang mit sich. Er wollte etwas sagen, wollte auf die Frage des Teufels antworten, doch stattdessen öffnete er die Augen. Und dann sah er sie.

    Zwischen den beiden qualmenden Brandflecken im Ameisenhaufen saß eine große Ameise vor einer ganz kleinen. Die Ameisenmutter stand hinter dem Vater, doch sie konnte nicht an ihr Kind heran. Der Vater hatte es fest am Arm gepackt. Das Ameisenkind verzog das Gesicht vor Schmerz, während ihm die Tränen aus den Augen rannen. 

    Es war eine Situation, die über vier Jahre zurückliegen musste. Ades Mama hatte sich von seinem Vater kurz danach scheiden lassen. Ihre Freundinnen hatten sie dabei tatkräftig unterstützt. Aus eigener Kraft hätte sie das nie geschafft. Dazu war sie zu ängstlich. Aber als sie zum bereits zweiten Mal mit einer blau verfärbten Backe in die Arbeit gekommen war, hatten ihre Kolleginnen die Polizei alarmiert.

    Es war so warm, dass Ade seine Sommerjacke gar nicht benötigt hätte. In Wirklichkeit trug er sie nur zum Schutz. Sie war wie eine zusätzliche Haut, mit der man andere Schüler auf Abstand halten konnte. Jetzt aber fror Ade. Selbst unter der Jacke fror er. Er betrachtete den Vater, der dem Sohn wieder Prügel androhte, weil er ihm zu weich und hilflos war. Ade hatte seinem Vater nie etwas rechtmachen können. Er hatte immer viel zu sehr an seiner Mama geklammert und ihre Charaktereigenschaften nach und nach übernommen. Und wenn der Vater besoffen war, hatte er immer wieder gesagt, dass Ade nicht sein Sohn, sondern ein Schlappschwanz oder ein Muttersöhnchen sei. 

    Der Teufel blickte verdattert zwischen Ade und den Ameisen hin und her, während der Bub das Feuerzeugbenzin ergriff. Er zitterte dabei so, dass ihm die Dose um ein Haar aus der Hand gefallen wäre. Als sie über den drei Ameisen schwebte, rannten die Ameisen-Mama und der Ameisen-Ade davon und ließen die große, hässliche Ameise allein. Ade wartete, bis die beiden außer Reichweite waren, dann kippte er den gesamten Inhalt der Dose über den Vater. Über dieses Scheusal seiner Kindheit und den ganzen beschissenen Hügel ringsherum.

    Während Ade mit zuckenden Augen und Mundwinkeln das Zündholz senkte, summte er eine Melodie.

    Als er seinen Vater vor Schmerz schreien, nein, brüllen hörte und den gesamten Ameisenhaufen lichterloh brennen sah, lachte Ade so laut auf, dass die Vögel in den Wipfeln um ihn her verstummten. Doch das genügte Ade nicht. Wie er den Feuerteufel so lustig auf all dem, was ihn sein Leben bisher zur Hölle gemacht hatte, tanzen sah, packte ihn ebenfalls die Tanzlust. Er sprang um das Feuer und lachte und lachte. Wäre in diesem Augenblick ein Pilzesammler des Weges gekommen, er hätte wohl geglaubt, das Rumpelstilzchen in Person entdeckt zu haben. Doch für Pilze war es ohnehin noch zu früh.

    Als der Spuk vorbei, der Ameisenhaufen schwarz und ausgestorben war, sprang der Teufel zurück auf das Zündholz.

    „Ausgelöscht", sagte er zufrieden und tauschte einen Blick mit Ade, der keuchte, aber stolz aussah. Das Auslöschen hatte ihm Befriedigung bereitet. Dann schnipste der Teufel mit den Fingern und Ade hatte mit einem Mal das Gefühl, wieder in der Gegenwart zu sein, ja, die Vergangenheit abgeschüttelt zu haben.

    Ade saß noch lange mit verstrubbeltem Haar neben dem qualmenden Ameisenhaufen. Als er sich beim ersten Abendrot von dem Teufel verabschiedete, fühlte er sich befreit. Und als beim Rückweg zwei Rehe vor ihm flohen, lachte er laut auf. Ja, sie hatten Respekt vor ihm. Ein tolles Gefühl!

    Im Stillen dankte er dem Teufel für das Gefühl, das ihm dieser so unentgeltlich verschafft hatte. 

    Das war der Moment, an dem sich der Feuerteufel Ade gefügig gemacht hatte. Aber ganz ehrlich: Das war vom Teufel auch nicht anders zu erwarten gewesen.

    *

    Am ersten Schultag nach den Sommerferien setzte sich Ade auf denselben Platz, den er voriges Jahr eingesessen hatte. Alles war wie immer. Den einzigen Unterschied bildete das Klassenzimmer, das zwar in allem mit dem letzten identisch war, sich jedoch nicht im ersten, sondern im dritten Stock befand. Auch hatte es im alten Zimmer keine Fenster gegeben, weshalb man selbst bei Sonnenschein immer Licht machen musste. Hier aber gab es zwei große Fenster, die einen Blick auf den aschgrauen Himmel und das rötliche Kastanienlaub darunter freigaben. Ade hatte gehofft, dass sich Justin und Mo dieses Jahr weiter von ihm wegsetzen würden, doch auch sie nahmen ihre Plätze wieder an dem Tisch direkt hinter seinem ein. Das war unangenehm, denn so würden sie weiterhin das tun können, was sie am liebsten taten. Papierböller auf Klassenkameraden schmeißen und dann auf Ade deuten, als

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