Farben-Liebe - Vom Sehen und Mischen der Farben: Eine praktische Einführung in die Malerei
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Über dieses E-Book
Auf diese und weitere Fragen gibt dieses Buch verständlich, kompakt und fundiert Antwort. Denn Ihre eigene Kreativität können Sie viel leichter umsetzen, wenn Sie wissen wie sich das Farbmaterial verhält und wie wir Farben und Bildraum wahrnehmen. Anhand von Werken aus den internationalen Museen werden die Regeln der Bildgestaltung anschaulich erläutert. Giotto, Michelangelo, die Impressionisten oder die Lehrer und Schüler am Bauhaus kannten die Regeln. Die Erkenntnisse aus mehreren Jahrhunderten werden hier zusammengeführt, vermutlich zum ersten Mal.
Die Autorin ist Kunsthistorikerin und Malerin.
Mit 70 Abbildungen, davon 65 farbig
Marie-Christine von Liebe
Marie-Christine von Liebe ist Kunsthistorikerin, Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und der Freien Universität Berlin. In der Malerei lotet sie gerne die Grenzen des Materials aus, auch weil Farbe(n) und Umwelt stets in Beziehung zueinander stehen.
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Buchvorschau
Farben-Liebe - Vom Sehen und Mischen der Farben - Marie-Christine von Liebe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Vom Sehen der Farben
Farben sind Licht
Licht im Auge
Vom Mischen der Farben
Sichtbare Farben
Übersichtliches Farben-Modell
Malfarben mischen
Das Material der Farben
Farbgebende Pigmente
Bindemittel und Maltechnik
Acrylmalerei
Aquarellfarben
Tempera
Ölmalerei
Klassische Technik
Alla-Prima-Technik
Fett auf mager
Weitere Maltechniken
Jenseits der Farbe
Linie und Raum
Zeichnen nach dem Modell
Räumlichkeit durch Gestaltung
Hell und Dunkel
Ideale Proportionen
Farben und Kontraste
Simultan-Kontrast
Komplementär-Kontrast
Relative Farben
Sukzessiv-Kontrast
Bunt-Unbunt-Kontrast
Farbe-an-sich-Kontrast
Raum durch Farbe
Warme und kalte Farben
Nah-Fern-Kontrast
Bildgestaltung
Ein zugänglicher Bildraum
Quantitäts-Kontrast
Qualitäts-Kontrast
Keine Patentrezepte
Farben kaufen
Welche Qualität?
Welche Farbtöne?
Passender Malgrund
Atelier-Einrichtung
Farbtraditionen
Gelebte Farben-Liebe
Buchtipps
Danksagung
Über die Autorin
Einleitung
Wenn Sie die „Farben-Liebe" in der Hand halten, dann stehen die Chancen gut, dass Sie sich intensiver der Malerei widmen wollen. Das sind doch sehr schöne Aussichten. Dieses Buch will Sie dabei praktisch unterstützen. Es ist aus meinen eigenen Fragen und Recherchen im Laufe der Zeit entstanden.
Sie finden hier, möglichst kompakt, grundlegende Informationen zu den Farben als optisches Phänomen und als Material der Malerei im herkömmlichen Sinne. Dabei erläutere ich die Grundprinzipien hinter den Dingen, denn ich gehe davon aus, dass es sowohl schneller wie nachhaltiger ist, Systematiken zu verstehen und eventuell selbst auszuprobieren, als Vorgaben nur nachzuahmen und mühsam auswendigzulernen.
Den Einstieg bildet das menschliche Sehen von Farben. Dabei handelt es sich um nichts Anderes als die Interpretation verschiedener Wellenlängen des Lichts. Eine sehr persönliche Sache, bei der unser Gehirn und die gemachten Erfahrungen eine zentrale Rolle spielen.
Natürlich erfahren Sie auch wie wir Farben im Bild sehen, wie sich Kontraste und Nachbarfarben auswirken und welches überhaupt die Grundfarben sind, aus denen sich möglichst alle anderen Bunttöne mischen lassen. Das hat im Laufe der Jahrhunderte schon viele Künstler beschäftigt.
Vorab nur so viel: Je nach Medium unterscheiden wir hier zwischen den aktiven und additiven Lichtfarben am Bildschirm (Rot, Grün, Blau), dem Bunttrio am Drucker (Cyanblau, Magenta und Zitronengelb) und den subtraktiven, reflektierten Objektfarben (Gelb, Rot und Blau). Für die Malerei lassen sich die Beziehungen der Farbtöne zueinander gut am Farbkreis des Bauhauslehrers Johannes Itten nachvollziehen.
Um Ihnen exaktere Empfehlungen geben zu können, mit welchem Gelb, Rot und Blau sich in einem breiten Spektrum, sowohl bei Orange, Grün und Violett, ansprechende Mischtöne ergeben, liegen dieser Auflage etwas aufwändigere Versuchsreihen zugrunde. Ich freue mich, Ihnen nun in den Kapiteln „Farben kaufen und „Vom Mischen der Farben
exaktere Empfehlungen als bisher geben zu können, welche Farbpigmente ein gutes Grunfarbentrio ergeben.
Ich hoffe, Sie finden auf den folgenden Seiten viele Informationen, die Sie in Ihrem eigenen, individuellem Schaffensprozess schnell weiterbringen und wünsche Ihnen gutes, kreatives Gelingen und noch mehr Freude beim Ausleben Ihrer ganz persönlichen Farben-Liebe!
München, im September 2021
Marie-Christine von Liebe
Vom Sehen der Farben
Farben sind Licht
Unsere Welt ist wunderbar bunt. Doch woher kommt diese Farbigkeit? Diese Frage haben sich die Menschen bereits in früheren Generationen gestellt. Lange gab es alle erdenklichen Vorstellungen, bis hin zu der Idee eines Lichtstrahls aus dem Auge. Es war der britische Forscher Sir Isaac Newton (1643–1727), der mit seinem Experiment regelrecht Licht ins Dunkel brachte. Seinen Versuchsaufbau schickte er 1671 als Zeichnung an die Royal Society in London. Denn diese hatte sich dazu verpflichtet, die Wissenschaft durch wiederholbare Experimente zu einer objektiven Forschung anzuregen.
Isaac Newton, Farbspektrum im Licht, 1671
Bei seinem Versuch ließ Newton einen Lichtstrahl durch eine kleine Öffnung in eine dunkle Kammer fallen. Dann führte er das Licht über die Kanten eines geschliffenen Glasdreiecks, eines Prismas. Der Strahl wurde abgelenkt und damit sozusagen aufgebrochen. Das zunächst gebündelte, weiße Licht fächerte sich in einen farbigen Streifen auf, und das gesamte Spektrum der Regenbogenfarben wurde sichtbar. Diesen bunten Lichtstreifen führte Newton dann durch eine Linse, und so wurde das Licht erneut zu einem weißen Strahl gebündelt.
Mit diesem Experiment war der Beweis gelungen, dass die Farben im Licht nicht dadurch entstanden waren, dass das Prisma den Strahl eingefärbt, beschädigt oder irgendwie sonst dauerhaft verändert hätte. Seither weiß man: Die Farben des Regenbogens sind in einem weißen Lichtstrahl stets vorhanden, nur sozusagen von außen für uns nicht immer sichtbar. Oder genauer formuliert: Im normalen Tageslicht sind alle Farben, alle Wellenlängen des Lichts enthalten. Nehmen wir diese Wellen alle gleichzeitig wahr, dann sehen wir dies als Weiß. Sehen wir hingegen eine beschränkte, klar umgrenzte Wellenlänge erkennen wir eine bunte Farbe.
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) hat für seine berühmte Farbenlehre von 1810 Newtons Experiment nachgestellt. Da er ein anderes Ergebnis bekam, hielt er dessen Beobachtungen für falsch. Er hatte schlichtweg übersehen, dass Newton in einer dunklen Kammer experimentiert hatte, und seine Versuche in einem hellen Raum ausgeführt.
Farbige Lichtwellen
Was wir als eine bute Farbe sehen, ist also Licht einer bestimmten Wellenlänge. Die Unterschiede der jeweiligen Strahlung nehmen wir normalerweise durch die Farbigkeit wahr. Experimente mit Blinden haben gezeigt, dass ein roter Raum auch jenseits des Sehens anders empfunden wird als ein blauer.¹
Dass wir unsere Welt in bunten Farben sehen können, ist wunderschön. Aus Sicht von Biologie und Evolution ist das allerdings kein Luxus. Diese menschliche Fähigkeit ist eher ein Teil unseres Frühwarnsystems, zugegeben ein besonders schöner. Denn farbig heben sich Objekte besser von ihrem Hintergrund ab, und es lässt sich auch über weitere Entfernungen mehr erkennen.
Physiologisch ist das Sehen, insbesondere das Sehen von Farben, ein enormer Aufwand, bei dem viele Aspekte ineinander spielen müssen.
¹ Schon Niels Finsen (1860-1904), Nobelpreisträger für Medizin 1903, betrieb intensive Forschungen dazu wie Licht und Farben auf den menschlichen Körper wirken.
Licht im Auge
Voraussetzung für das Sehen von Farben ist, dass genug Licht ins Auge gelangt, denn sonst können wir lediglich Hell und Dunkel unterscheiden. Am Aufbau des Auges können wir die Vorgänge des Sehens gut nachvollziehen.
Den vorderen Abschluss des Augapfels bildet die Hornhaut oder Cornea. Sie ist wie ein Fenster nach außen. Ist sie gesund und transparent, sehen wir klar.
Direkt dahinter liegt der wichtige Bereich von Iris und Linse.
Der farbige Ring der Iris (Regenbogenhaut) trägt die Pigmente, die unsere Augenfarbe bestimmen. Er kann die Größe seiner Öffnung blitzschnell mit winzigen Muskeln verändern, um bei Bedarf das empfindliche Augeninnere vor zu viel Licht zu schützen. Ist es dämmrig, wird die Iris ganz schmal, um möglichst viel vom spärlichen Licht in das Innere des Augapfels einzulassen. Dann wirkt der schwarze Punkt der Pupille besonders groß. In Wahrheit hat sich nur der Ring der davorliegenden Iris zurückgezogen, und wir sehen mehr von dem ansonsten dunklen, weil fast geschlossenen Innenraum des Augapfels.
Auf den Linsen-Apparat folgt der Glaskörper des Augapfels. Seine runde Form bekommt er durch eine wässrig gefüllte Hülle aus drei Häuten. Auf der inneren Netzhaut (Retina) sind die Stäbchenzellen für die Unterscheidung von Hell und Dunkel recht breit verteilt. Bei schlechten Lichtverhältnissen sehen wir mit diesen Zellen immerhin schwarz-weiß. Vom Licht erreicht werden diese Zellen, wenn die Pupille geweitet ist, weil sich die Iris zu einem schmalen Ring zurückgezogen hat.
Bei wenig Licht können wir keine Farben sehen
Ist es hell genug, so wird der farbige Ring im Auge so breit, dass das Licht als gebündelter Strahl ins Auge fällt. Dieser ist dann kräftig genug, um bis zur hinteren Wand des Augapfels zu gelangen. Denn dort, wo die lange Nervenverbindung ins Gehirn abgeht, liegt das Areal des scharfen und farbigen Sehens. Dieser Bereich, der sogenannte „Gelbe Fleck" (Makula), beherbergt Millionen winziger Zellen. Er liegt genau in gerader Linie hinter der Linse.
Während der Ring der Iris reguliert, wieviel Licht ins Innere des Auges gelangt, bestimmt die Linse, was wir wie scharf sehen. Denn wenn wir fokussieren, stellen wir ihre Form auf die entsprechende Entfernung ein. Die Veränderung erfolgt durch winzige Muskeln. Je elastischer die Linse ist, desto besser können wir sowohl in der Nähe als auch in der Ferne sehen. Ist der Augapfel schön rund, trifft das „Dia" der Außenwelt, das Bild aus farbigen Lichtstrahlen, genau richtig auf die Makula, und wir können ein scharfes Bild sehen.
Nur bei Helligkeit klappt das Farbensehen
Zellen für das Farbensehen
Die Zellen für das Sehen von Farben haben die Form von Zapfen, und es gibt sie in drei Längen,