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1415 und die Freiheit: Reichsfreiheit, Unabhängigkeit und Souveränität am Beispiel Glarus
1415 und die Freiheit: Reichsfreiheit, Unabhängigkeit und Souveränität am Beispiel Glarus
1415 und die Freiheit: Reichsfreiheit, Unabhängigkeit und Souveränität am Beispiel Glarus
eBook181 Seiten1 Stunde

1415 und die Freiheit: Reichsfreiheit, Unabhängigkeit und Souveränität am Beispiel Glarus

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Über dieses E-Book

Das Jahr 1352 gilt gemeinhin als Beitrittsjahr von Glarus zur Eidgenossenschaft.
Die Glarner schlossen damals jedoch unter Druck lediglich einen einseitigen
Bund mit Zürich und seinen Verbündeten. Erst mit der Reichsfreiheit 1415 erhielt
Glarus seine eigentliche Souveränität und blieb aus verschiedenen Gründen bis
1798 ein souveräner Ort.
Im Band wird dieser kaum bekannte Prozess ins Zentrum gestellt. Am Beispiel
von Glarus diskutieren prominente Autoren die Entwicklung von Reichsfreiheit,
Unabhängigkeit und Souveränität in der Eidgenossenschaft vom Mittelalter bis
in die Neuzeit. Das regionale Beispiel liefert wichtige Erkenntnisse zur Geschichte
der Eidgenossenschaft.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum17. Apr. 2017
ISBN9783039199259
1415 und die Freiheit: Reichsfreiheit, Unabhängigkeit und Souveränität am Beispiel Glarus

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    Buchvorschau

    1415 und die Freiheit - Rolf Kamm

    1415 und die Freiheit – Reichsfreiheit, Unabhängigkeit und Souveränität am Beispiel Glarus – Rolf Kamm, Susanne Peter-Kubli (Hg.) – HIER UND JETZT

    Inhalt

    Vorwort

    König Sigismunds Freiheitsbrief von 1415

    Mit Anmerkungen von Rolf Kamm

    Kirchenspaltung und Reichsfreiheit – Das Konstanzer Konzil und seine Bedeutung für die Schweizer und Glarner Geschichte

    Peter Niederhäuser

    1352, 1388, 1415, Glarner Schicksalsjahre?

    Rolf Kamm

    Glarus, die Eidgenossenschaft und das Reich bei Aegidius Tschudi

    Christian Sieber

    Wann wurde Glarus souverän? – Der reichs- und völkerrechtliche Rahmen in Spätmittelalter und Früher Neuzeit

    Thomas Maissen

    Glarus in der alten Eidgenossenschaft – Betrachtungen und Einsichten aus Sicht der Verflechtungsgeschichte

    André Holenstein

    Souveränität, Landesrecht, Völkerrecht

    Daniel Thürer

    Autoren

    Literaturverzeichnis

    Vorwort

    Rolf Kamm

    1415?

    Viele meinen, im Schweizer Jubiläumsjahr 2015 hätte man weniger über Morgarten (1315) oder Marignano (1515) und mehr über die Eroberung des Aargaus (1415) oder den Wiener Kongress (1815) reden sollen. Je nachdem, ob einen die «Befreiung», die «Neutralität», der Aargau oder die Grenzen der heutigen Schweiz mehr interessieren, fallen die Präferenzen für die eine oder andere Jahreszahl ganz unterschiedlich aus. Unterschiedlich sind auch der Bekanntheitsgrad und die Tradition dieser wichtigen Ereignisse: Die beiden Schlachten kennt heute noch fast jeder, «1415» ist dagegen ausserhalb des Aargaus kaum ein Begriff, und der Wiener Kongress wird nicht primär mit der Schweizer Geschichte in Verbindung gebracht.

    Dieses Buch hat «1415» zum Thema, das meistunterschätzte der genannten Jahre. Die Eidgenossen eroberten den Aargau im Auftrag oder mit Erlaubnis des damaligen Oberhauptes des Heiligen Römischen Reichs: König Sigismund belohnte die eidgenössischen Orte dafür mit einer Vielzahl von Privilegien und Rechten. Das wichtigste davon ist die Reichsfreiheit, die er allen Orten erneut oder in einigen Fällen auch erstmals verlieh, so zum Beispiel dem Land Glarus. Nicht nur eidgenössische Orte, auch zahlreiche Kleinstädte oder adlige Herrschaften kamen 1415 in den Genuss der Reichsfreiheit, darunter Schaffhausen, Rheinfelden, Diessenhofen, Stein am Rhein, Rapperswil oder Winterthur. Von den genannten Städten blieb bekanntlich nur Schaffhausen dauerhaft reichsfrei und wurde 1501 einer der 13 eidgenössischen Orte.¹

    Freiheit?

    Das Wort «Reichsfreiheit» enthält den Begriff der «Freiheit». Mit Freiheit ist im spätmittelalterlichen Kontext «die Freiheit, etwas zu tun», gemeint und weniger «die Freiheit von etwas». Wer reichsfrei wird, ist 1415 nicht frei vom Reich, sondern erhält vom Reich das Recht, etwas zu tun; zum Beispiel selbst Todesurteile zu fällen. Wenn einem diese Freiheit etwas bedeutet, wird man sich also nicht vom Reich distanzieren, sondern wird sich im Gegenteil, wenn immer nötig, auf das Reich berufen, das einem ja diese Freiheit verliehen hat. Reich und Kaiser werden so zu Garanten der eigenen Freiheiten.

    Die Reichsfreiheit hat mit den Freiheiten des Einzelnen nichts zu tun: Reichsfrei sind im Falle von Glarus oder der anderen genannten Orte und Städte nicht die Individuen innerhalb dieser Gebiete, sondern das Kollektiv: in unserem Beispiel das Land Glarus. Glarus wird 1415 reichsfrei, nicht seine Einwohner. Da ein «Land», eine «Stadt» oder ein «Ort» etwas Abstraktes ist, werden die Freiheiten dieser Gebilde von Personen wahrgenommen, die dazu auf irgendeine Art und Weise berufen sind: die Obrigkeit. Die Kriterien, wer warum zu dieser Obrigkeit gehörte, und die Art, wie sich diese legitimierte, änderten sich im Laufe der Zeit: An die Spitze des Gemeinwesens konnte man zum Beispiel wegen seiner Herkunft, eines Losentscheides, einer Wahl oder auch dank ökonomischer Macht gelangen.

    Auch die Reichsfreiheit selbst war einem Wandel unterworfen: Sie hatte im 15. Jahrhundert eine andere Bedeutung als im 16. oder 17. Jahrhundert. In den Köpfen überstand sie den Westfälischen Frieden von 1648, und in gewissen Traditionen rettete sich die «Reichsidee» über das Ende des Heiligen Römischen Reichs 1806 hinaus sogar ins 19. Jahrhundert.

    In gewissem Masse bedeutet die Reichsfreiheit von 1415 dennoch eine «Freiheit von etwas», nämlich die «Befreiung» von den Institutionen des Reichs, den Hofgerichten zum Beispiel. Deshalb spricht man anstatt von der Reichsfreiheit mitunter auch von der Reichsunmittelbarkeit oder Reichsunabhängigkeit. Beides betont, dass sich zwischen dem reichsfreien Kollektiv und dem König oder Kaiser keine Hierarchiestufe mehr befindet, kein Reichsvogt und kein Reichstag: Das Land Glarus untersteht einzig und direkt dem Reichsoberhaupt. So ist die Reichsfreiheit ein Teil dessen, was wir ganz allgemein als staatliche Unabhängigkeit, Selbstbestimmung oder – vor allem in der Schweiz – als Souveränität bezeichnen. Während aber die Reichsfreiheit nach 1415 langsam an Bedeutung verlor, blieb die Frage der staatlichen Unabhängigkeit oder der Souveränität bestehen oder gewann sogar an Bedeutung.

    Glarus?

    Die Auswirkungen von «1415» auf die verschiedenen Orte, Städte und Herrschaften sind unterschiedlich: Der Aargau wurde wegen der Eroberung durch die Eidgenossen ein Teil der heutigen Schweiz, während die «Freie Reichsstadt Winterthur» eine Episode blieb. Die Entwicklung in Glarus verlief dagegen in vielen Bereichen, wie in der Gesamteidgenossenschaft, typisch schweizerisch: Das Glarnerland liegt geografisch peripher, doch die Walenseeroute und Zürich sind nicht weit. Es war zuerst eine habsburgisch dominierte Reichsvogtei, wurde 1415 erstmals reichsfrei und blieb es auch. Glarus war eine eher unbedeutende Macht in der heutigen Ostschweiz, wurde aber einer der acht alten Orte. Nach der Reformation behielt Glarus eine zuerst starke, dann schwindende katholische Minderheit, zerbrach deswegen aber nicht und wurde stattdessen ab dem 17. Jahrhundert nach Konfessionen paritätisch regiert. Nach dem Ende des alten Landes Glarus 1798 entwickelte sich der Bergkanton zur meistindustrialisierten Region der Schweiz und gab sich 1836 eine liberale Verfassung. Die Gründung des Bundesstaates 1848 fand in Glarus breite Unterstützung.

    Das tönt nach einer 600-jährigen Erfolgsgeschichte. Markiert «1415» den Anfang staatlicher Unabhängigkeit? Welche Bedeutung hatte die Reichsfreiheit in späteren Jahrhunderten? Und wie frei, unabhängig und souverän konnte und wollte ein eidgenössischer Ort vom 15. bis ins 19. Jahrhundert wirklich sein? Am Beispiel Glarus soll diesen Fragen nachgegangen werden.

    Am Anfang dieses Bandes steht die Urkunde, mit der die glarnerische Reichsfreiheit am 22. April 1415 begann. Peter Niederhäuser richtet den Fokus dann auf das Konstanzer Konzil, an dem die Glarner Reichsfreiheit ausgestellt wurde und die Interessen des Königs, der Habsburger und der Eidgenossen aufeinandertrafen. Der Schreibende stellt «1415» in den glarnergeschichtlichen Zusammenhang und nimmt Bezug auf die traditionellen Glarner «Schicksalsjahre» 1352 und 1388. Ausgehend vom Glarner Chronisten und Staatsmann Aegidius Tschudi betrachtet Christian Sieber anschliessend die Beziehungen zwischen Glarus und dem Reich im 16. Jahrhundert. Thomas Maissen spürt den Ursprüngen glarnerischer Souveränität vom Spätmittelalter bis in die Neuzeit nach, und André Holenstein erzählt die Geschichte der Glarner Unabhängigkeit als Verflechtungsgeschichte. Daniel Thürer schliesslich geht dem oft gebrauchten Begriff der Souveränität landes- und völkerrechtlich auf den Grund.

    Dank

    Die Tatsache, dass sich so ausgewiesene Kenner der Schweizer Geschichte dieser Thematik annehmen, verdanken wir einer öffentlichen Tagung, die der Historische Verein des Kantons Glarus im Herbst 2015 organisierte. Unter dem Titel «Glarus – souverän!? Unabhängigkeit und Freiheit in der Glarner und Schweizer Geschichte» trafen sich die Autoren dieses Bandes zum öffentlichen Austausch zu diesem bewusst weit gefassten Thema im Glarner Landratssaal.

    Im Namen des Historischen Vereins des Kantons Glarus bedanke ich mich ganz herzlich: bei den Autoren für ihre Aufsätze und bei Susanne Peter-Kubli für die Redaktion. Dem Verlag Hier und Jetzt danke ich für die sehr angenehme Zusammenarbeit und dem Regierungsrat des Kantons Glarus für die finanzielle Unterstützung aus dem kantonalen Kulturfonds.

    Rolf Kamm, Präsident des Historischen Vereins des Kantons Glarus Glarus, 22. April 2016

    König Sigismunds Freiheitsbrief von 1415

    Mit Anmerkungen von Rolf Kamm

    Der Römische König Sigismund stellte im Rahmen des Konstanzer Konzils 1415 eine ganze Reihe von Urkunden aus. Eine davon richtet sich an «ammann und landlüte» von Glarus. Der Glarner Gelehrte Aegidius Tschudi versah die Rückseite des Dokuments im 16. Jahrhundert mit der Notiz «küng Sigmunds fryheit».¹

    Die Urkunde gliedert sich in sechs Teile. Ganz am Anfang wird der Aussteller, König Sigmund oder Sigismund von Luxemburg, genannt. Das Oberhaupt des Heiligen Römischen Reichs verweist anschliessend auf die Unterstützung der reichstreuen Glarner, insbesondere gegen den «ungehorsamen» Habsburger Herzog Friedrich von Österreich. Dafür gewährt Sigismund «denen von Glarus» das privilegium de non evocando: die Befreiung von allen auswärtigen Gerichten, auch von den Hof- und Landgerichten, ausser für den Fall, dass der Glarner Ammann einem auswärtigen Kläger das Recht verweigern würde. Weiter überträgt der König «Ammann und Landleuten» den Blutbann, also das Recht, über Leben und Tod zu richten. Und schliesslich befreit Sigismund die Glarner von allen Steuern und Abgaben. Die Habsburger verlieren damit und für alle Zeiten alle Rechte und Ansprüche im Glarnerland. Namentliche Erwähnung findet aber einzig der sogenannte Lämmerzehnt. Die Urkunde schliesst mit Ort und Datum ihrer Ausstellung.²

    Abb.1  Mit der Urkunde vom 22. April 1415 befreit König Sigismund Ammann und Landleute von Glarus – in Anbetracht ihrer treuen Dienste für das Reich und insbesondere gegen Herzog Friedrich von Österreich – von den Reichsgerichten und verleiht ihnen den Blutbann. (LAGL AG III Kl. 51.14).

    «Wir Sigmund von Gotes genaden Römischer künig, tzuo allen tzyten merer des richs und tze Ungern, Dalmacien, Croacien etc. künig,³ bekennen und tuon kund uffenbar mit disem brieve allen den, die in sehen oder hören lesen,⁴ das wir angesehen und gütlich betrachtet haben die getrüe, willige und nütze dienste, die unser und des richs lieben getrüen ammann⁵ und landlüte gemeinlich des lands und tales tzuo Clarus, vordern,⁶ unsern vorfarn an dem riche, Römischen keisern und künigen getan haben, sy uns und dem riche tegelichen tun und fürbass⁷ tun sollen und mögen in künftigen tzyten, sunderlich die hilffe, dienst und bystand, di si uns gegenwertigleich wider hertzog Friedrichen von Österreich, unsern und des richs ungehorsamen und widerwertigen tzu tun und tzu volleisten⁸ willig sin, und uns die tzu tun und tzu volleisten tzugesagt haben. Und haben in dorumb mit wolbedachtem muote, gutem rate unser und des richs fürsten, edeln und getrüen, und rechter wissen dise genade getan, das nymant derselben von Clarus und die tzu in⁹ in dem tal doselbs gehören, einen oder menigern¹⁰ für unser und des richs hofgerichte oder ander lantgerichte oder gerichte laden oder fürtreiben oder sy doran beklagen solle oder möge, sunder wer tzu solhen einem oder mer landlüten tzu Clarus ichts¹¹ tzu klagen oder tzu sprechen hab oder gewinne,

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