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Der rätselhafte Findling: Das Leben des Kaspar Hauser
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Der rätselhafte Findling: Das Leben des Kaspar Hauser
eBook82 Seiten41 Minuten

Der rätselhafte Findling: Das Leben des Kaspar Hauser

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Über dieses E-Book

Am zweiten Pfingsttag des Jahres 1828 tauchte in Nürnberg eine merkwürdige Gestalt auf. "Possierlich und pudelnärrisch", so wurde später zu Protokoll gegeben, war ein etwa 16- bis 17-jähriger Junge den Berg "heruntergewackelt" gekommen. Er hatte eine auffällig untersetzte Statur und die "unteren Teile" seines Gesichtes traten hervor, was ihm ein "gemeines" Aussehen gab. Seine Augen hatten den Ausdruck "thierischer Stumpfheit" und sein Wortschatz beschränkte sich auf wenige, schwer verständliche Wortfetzen. Auf die Frage nach seiner Herkunft konnte oder wollte der junge Mann keine sinnvolle Antwort geben. Auch die Beamten der städtischen Polizeibehörde, die ihn noch am selben Abend verhörten, hatten Mühe, aus seinen wirren Äußerungen brauchbare Informationen zu ziehen. Das einzige Resultat der langen Vernehmung bestand darin, dass der Junge auf einem ihm vorgelegten Bogen Papier den Namen "Kaspar Hauser" schrieb.

Die Nachricht über den auffälligen, offenbar schwer verwahrlosten jungen Mann verbreitete sich schon bald wie ein Lauffeuer in ganz Deutschland. Bis heute ist die Faszination an dieser Figur bestehen geblieben. Dabei ranken sich eine Vielzahl von Legenden um den historischen Kaspar Hauser.

Diese Kurzbiographie soll die historische Person "Kaspar Hauser" erklären, die sich hinter dieser mythenumrankten Gestalt verbirgt. Nicht das Rätsel, das Phänomen oder die Legende, sondern das durch geschichtliche Quellen dokumentierte Leben Kaspar Hausers soll im Fokus der Darstellung stehen. Das Buch bietet in kompakter Form alle wichtigen Informationen zum Phänomen "Kaspar Hauser", ergänzt um Bilder und Quellentexte im Anhang.

Die Reihe "Geschichte kompakt" bietet einen zeitgemäßen Zugriff auf Themen und Fragen der Weltgeschichte - geeignet für Schule und (Eigen-)Studium, zum Nachlesen, Nachschlagen, Lernen, auf den aktuellen Stand bringen und Bescheidwissen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum3. Juli 2012
ISBN9783864081026
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    Buchvorschau

    Der rätselhafte Findling - Jörn Dassow

    Literatur

    1. Einleitung

    Am zweiten Pfingsttag des Jahres 1828 tauchte auf dem Unschlittplatz in Nürnberg eine merkwürdige Gestalt auf. „Possierlich und pudelnärrisch, so wurde später zu Protokoll gegeben, war ein etwa 16 bis 17-jähriger Junge den Berg „heruntergewackelt gekommen.¹ Er hatte eine auffällig untersetzte Statur und die „unteren Teile seines Gesichtes traten hervor, was ihm ein „gemeines Aussehen gab.² Seine Augen hatten den Ausdruck „thierischer Stumpfheit³ und sein Wortschatz beschränkte sich auf wenige, schwer verständliche Wortfetzen wie „ reutha wöan, „woas nit oder „hoam weissa.⁴ Auf die Frage nach seiner Herkunft konnte oder wollte der junge Mann keine sinnvolle Antwort geben. Auch die Beamten der städtischen Polizeibehörde, die ihn noch am selben Abend verhörten, hatten Mühe, aus seinen wirren Äußerungen brauchbare Informationen zu ziehen. Das einzige Resultat der langen Vernehmung bestand darin, dass der Junge auf einem ihm vorgelegten Bogen Papier den Namen „Kaspar Hauser" schrieb.⁵

    Die Nachricht über den auffälligen, offenbar schwer verwahrlosten jungen Mann verbreitete sich schon bald wie ein Lauffeuer in ganz Deutschland. Dies war vor allem auf eine öffentliche „Bekanntmachung" zurückzuführen, die vom Nürnberger Bürgermeister Jakob Binder herausgegeben worden war. Kaspar Hauser, so wurde hier erklärt, sei als Kind das Opfer eines schweren Verbrechens geworden. Über viele Jahre sei er in einem finsteren Kerker eingesperrt gewesen und nur mit Wasser und Brot ernährt worden. Völlig abgeschnitten von seiner Umwelt und ohne jeglichen Menschenkontakt habe er in einem dunklen Raum dahinvegetieren müssen, bis er im Alter von 16 Jahren in die Freiheit entlassen wurde.

    Ob diese These tatsächlich der Wahrheit entspricht, ist jedoch bis heute umstritten. Die Ursache hierfür liegt in der unklaren Quellenlage begründet: Es sind keine schriftlichen Dokumente überliefert, anhand derer wir mit absoluter Sicherheit Aussagen über Kaspar Hausers Kindheit und Jugend treffen können.⁷ Erst nachdem der Junge im Jahr 1828 zum ersten Mal in der Öffentlichkeit aufgetaucht war, ist sein Leben von zahlreichen Zeitzeugen dokumentiert worden.⁸ Alles andere davor liegt im Ungewissen. Und dennoch: Der Fall Kaspar Hauser hat einen nachhaltigen Eindruck bei vielen Generationen von Schriftstellern und Intellektuellen hinterlassen. Namhafte Autoren wie Georg Trakl, Jakob Wassermann oder Klaus Mann haben sich von Hausers Schicksal inspirieren lassen und ihn zum Thema gemacht.⁹ Auch viele Historiker, Kriminologen und Mediziner haben sich mit der Geschichte des Nürnberger Findeljungen auseinandergesetzt und sie unter wissenschaftlichen Aspekten untersucht.¹⁰ In der Psychologie und in der Verhaltensbiologie sind sogar eigene Fachtermini in Anlehnung an den Jungen entstanden. So ist der Ausdruck „Kaspar-Hauser-Versuch" ein gängiger Begriff für Experimente, bei denen Tiere ohne jeglichen Kontakt zu Artgenossen oder anderen Tieren aufgezogen werden.¹¹

    Bild 1: Kaspar Hauser im Jahr 1830, Pastell von J.F.C Kreul.

    Auch in den populären Medien ist der Fall Kaspar Hauser bis heute präsent geblieben. Als „Rätsel seiner Zeit, als „Kriminalfall oder als „Kronprinz oder Schwindler?" ist er noch immer Gegenstand zahlreicher Film- und Buchveröffentlichungen.¹² Manchmal wird sein Name auch fallen gelassen, um den Folgen von jahrelanger, menschenunwürdiger Isolation einen Namen zu geben. So wurde etwa das Entführungsopfer Natascha Kampusch, das jahrelang in einem Keller eingesperrt war, in einem Artikel des Magazins „Stern als „Kaspar Hauser des 21. Jahrhunderts tituliert.¹³ Nicht zu Unrecht schreibt der Literaturwissenschaftler Bertold Weckmann, dass die Figur Kaspar Hauser sich „längst zum „zitierfähigen und anspielungshaften Bildungsgut" entwickelt habe.¹⁴

    Diese Kurzbiographie soll die historische Person „Kaspar Hauser" erklären, die sich hinter dieser mythenumrankten Gestalt verbirgt. Nicht das Rätsel, das Phänomen oder die Legende, sondern das durch geschichtliche Quellen dokumentierte

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