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Die Vision als Fixstern der Veränderung: Veränderungsprozesse in christlichen Gemeinden
Die Vision als Fixstern der Veränderung: Veränderungsprozesse in christlichen Gemeinden
Die Vision als Fixstern der Veränderung: Veränderungsprozesse in christlichen Gemeinden
eBook495 Seiten5 Stunden

Die Vision als Fixstern der Veränderung: Veränderungsprozesse in christlichen Gemeinden

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Über dieses E-Book

Gemeinde-Coaching (Band 1)
Begeben Sie sich auf eine spannende Reise, bei der "Die Vision der Fixstern der Veränderung" Ihrer Gemeinde sein kann!
"Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit."
(2. Timotheus 1,7)
In vergangenen Jahrhunderten führten sie die Seefahrer sicher in den heimatlichen Hafen. Es waren die Fixsterne, allen voran der Nordstern. Wer auf ihn schaute und seine Reise nach ihm ausrichtete, konnte nicht in die Irre gehen. Heutzutage wird diese Aufgabe von modernen Satelliten-Navigationssystemen übernommen. Wobei auch diese Technik nicht ohne einen Bezugspunkt auskommen kann - den Satelliten. Eines ist also durch alle Zeiten geblieben: Menschen suchen einen festen Bezugspunkt, an dem sie ihre Reise ausrichten können, um sicher ans Ziel zu gelangen.
Wenn Sie sich auf die Reise einer Veränderung Ihrer Gemeinde machen, werden auch Sie einen solchen Bezugspunkt benötigen. Und dieser Bezugspunkt ist die Vision, die Ihnen schon bei den ersten Plänen zu einer Veränderung helfen kann, dann aber auch während der Umsetzung immer wieder als Navigationspunkt dienen wird.
Die Inhalte dieses Buches werden Ihnen dabei helfen, eine Vision zu erarbeiten, die aus dem Herzen Gottes kommt und mit der Sie es wagen können, einen Veränderungsprozess in Gang zu setzen, der Ihre Gemeinde nicht mehr so lassen wird, wie sie war. Lassen Sie sich auf diese spannende Reise ein. Es lohnt sich, den Gott wird mit Ihnen sein!
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum25. Jan. 2021
ISBN9783753409856
Die Vision als Fixstern der Veränderung: Veränderungsprozesse in christlichen Gemeinden
Autor

Hans-Werner Zöllner

Hans-Werner Zöllner fand nach einer handwerklichen Ausbildung und seiner achtjährigen Zeit als Berufssoldat seine Berufung in der Theologie. Nach einer zehnjährigen Tätigkeit als Pastor und Gemeindeberater leitete er in der Zeit seines Abschlusses an der Middlesex University London u.a. rund zehn Jahre als Geschäftsführer ein Masterprogramm in Praktischer Theologie in Marburg/Lahn. Danach übernahm er an der Internationalen Hochschule in Bad Liebenzell die Leitung der Bibliothek und ein Deputat als Lehrbeauftragter, bevor er sich seit 2014, nach zwei Jahren als Bereichsleiter in der freien Wirtschaft, nun wieder ganz seiner Berufung widmet. Er ist seit mehr als 36 Jahren glücklich verheiratet mit Angelika; gemeinsam haben sie drei erwachsene Kinder, die mit beiden Beinen im Leben stehen.

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    Buchvorschau

    Die Vision als Fixstern der Veränderung - Hans-Werner Zöllner

    ebd.

    Kapitel 1

    Standortbestimmung als Basis der Vision

    „Eine gute Vision erwächst aus einer delikaten Balance zwischen Realitätssinn und Utopie." (Hermann Simon⁴)

    „Denn wer ist unter euch, der einen Turm bauen will und setzt sich nicht zuvor hin und überschlägt die Kosten, ob er genug habe, um es auszuführen, damit nicht, wenn er den Grund gelegt hat und kann's nicht ausführen, alle, die es sehen, anfangen, über ihn zu spotten, und sagen: Dieser Mensch hat angefangen zu bauen und kann's nicht ausführen?" (Lukas 14,28-30)

    Wer kennt sie nicht, diese Apps, die mittlerweile auf Smartphones und Tablets aller Plattformen installiert werden und den jeweiligen Nutzer darüber informieren können, was sich alles in seiner Umgebung befindet? Vom Restaurant, über die Apotheke, bis hin zur Tankstelle bleibt kein Standort verborgen. Wenn Sie diese Apps allerdings in Betrieb nehmen möchten, werden Sie freundlich darauf hingewiesen, dass vorher der eigene Standort bestimmt werden muss. Wenn eine App nicht „weiß", wo Sie sich befinden, wird sie Sie auch nirgendwo hinbringen können.

    Aber das ist nicht nur auf dem Tablet- und Smartphone-Markt so, sondern Sie werden heutzutage auch in allen möglichen privaten und beruflichen Entscheidungen, die Sie in Bezug auf Ihre Entwicklung bzw. Ihr Fortkommen zu treffen haben, darauf hingewiesen, dass Sie zunächst einmal wissen müssen, wo Sie derzeit stehen, bevor Sie auf etwas zugehen bzw. sich entscheiden können.

    Das ist in der praktischen Arbeit christlicher Gemeinden nicht anders. Es ist einfach eine menschliche Gegebenheit, dass das Erreichen eines Zieles signifikant davon abhängt, ob vorher klar ist, von wo aus gestartet wird. Deshalb werde ich mit Ihnen eine solche Standortbestimmung in drei Bereichen vornehmen, die ich für relevant halte, wenn es um Veränderungsprozesse geht, die der Umsetzung einer Vision dienen sollen: theologisch - gesellschaftlich - soziologisch.

    theologisch

    Was ist Gemeinde Jesu? Was macht sie aus? Welchen Herausforderungen hat sie sich zu stellen? Wer am Beginn eines Prozesses der Veränderung steht, sollte, ja muss sich diese und ähnliche Fragen stellen, denn „wer Gemeindeaufbau will, muss in Eindeutigkeit wissen, was Gemeinde ist, welche Gemeinde also gebaut werden soll. Ist der Gemeindebegriff unklar, so wird »Gemeindeaufbau« schon vom Ansatz her eine völlig nebulöse Größe".

    Gemeinde und ihre Geschichte

    Die Gemeinde Jesu ist eine göttliche Schöpfung.⁶ Nach dem NT der Bibel hat sie ihren Ursprung im ewigen Ratschluss Gottes (vgl. Eph 1,4; 3,11). Alles, was in ihr ist und sie ausmachen soll ist Ausdruck der Weisheit, Macht und Liebe Gottes (Eph 1,3-12). Einen ersten Impuls für Gemeinde erhalten wir im Alten Testament (AT) der Bibel, wenn es um das durch die Tora ins Leben getretene Gottesvolk geht, das sehr viel später Jahwe-Gemeinde (qahal JHWH) genannt wird.⁷ Die Gemeinde Jesu, die mit Ostern und Pfingsten ins Leben tritt, ist damit keine völlig neue Struktur, auch wenn sie sich durch die Lehrautorität Jesu konstituiert (vgl. Mt 28,18-20). Sie bleibt Gemeinde Gottes⁸ und ist zugleich Gemeinde Jesu.⁹

    Der Apostel und Gemeindegründer des Neuen Testaments (NT), Paulus, nennt die Gemeinde und deren Mitglieder „die Heiligen und „hat dabei die Ortsgemeinde im Blick (vgl. 1. Kor 1,2), deren gottesdienstliche Versammlung die Mitte des Gemeindelebens ist¹⁰. Zunächst war diese Gemeinde keine rechtliche Organisation, sondern vielmehr ein durch den Heiligen Geist Gottes gesteuerter Organismus¹¹, der aber dennoch eine gewisse personelle Struktur hatte¹². Dabei waren die ersten Gemeinden vermutlich relativ klein und kamen als Haus-Gemeinden zusammen.¹³ Man könnte darum die Gemeinde der ersten Zeit auch definieren als „primär lokal bestimmt durch einen gemeinsamen Grund, dann aber auch durch das gemeinsame Leben derer, die durch den gemeinsamen Grund miteinander verbunden sind"¹⁴.

    Dies veränderte sich im Lauf der Jahrhunderte dahin gehend, dass sich die Gemeinde von diesem relativ lose empfundenen Organismus hin zu einer Organisation entwickelte, angestoßen vor allem im dritten und vierten Jahrhundert durch die konstantinische Wende, die formell mit dem Edikt von Mailand (313) begann. Damit waren die Weichen gestellt für die Organisationsform der Staatskirche, die durch die römisch-katholische Kirche zunehmend an Macht und Einfluss gewann, nicht nur im geistlichen Bereich, sondern auch im weltlichen. „Den Höhepunkt seiner Machtfülle erreichte das Papsttum mit Innozenz III. (1198-1216)"¹⁵, der sich als Stellvertreter Jesu auf Erden verstand und für sich nicht nur die geistliche Herrschaft, sondern auch die weltliche Obergewalt in Anspruch nahm.

    Mitte des 16. Jahrhunderts sollte sich im Rahmen der Reformation der Kirche aber herausstellen, dass diese Sicht nicht von allen geteilt wurde. Der Reformator Dr. Martin Luther verstand die Gemeinde stets als eine Schöpfung des Wortes Gottes oder, wie Melanchton später in der Confessio Augustana - CA VIII¹⁶ formuliert hat, als „die Versammlung aller Gläubigen und Heiligen". Seine Betonung lag damit vor allem - im Gegensatz zum Papsttum - nicht auf dem Drang nach weltlicher Obergewalt, sondern auf der ursprünglichen Form der Gemeinde Jesu als Ort, an dem das Evangelium verkündigt wird und darum der Heilige Geist die Menschen zur Gemeinde ruft und sie als Volk Gottes versammelt. Er betrachtete den Organismus Gemeinde sozusagen als dynamisches Element (Ereignis) in dieser Welt, auch wenn dieser nach CA VII¹⁷ dennoch durch institutionelle Elemente wie z.B. Predigt oder Sakramente gekennzeichnet sein sollte.

    Was damit bei Luther noch nicht so deutlich formuliert war, dass nämlich das Wesen der Gemeinde sowohl durch ein dynamisches Element (Ereignis) als auch durch ein statisches Element (Institution)¹⁸ gekennzeichnet ist, wurde im ersten Drittel des vergangenen Jahrhunderts in der sog. Barmer Theologischen Erklärung¹⁹ und dort vor allem in der dritten These²⁰ formuliert. Damit wurde zusammengebracht, was zusammengehört: das Ereignis, das in neutestamentlichen Bildern zum Tragen kommt wie z.B. dem Bild vom Leib²¹ Christi, an dem die einzelnen Christen Glieder²² sein können, und die Institution, der solche Aussagen zugeordnet werden können, die z.B. den Aspekt des Bauens (vgl. 1. Kor 3,10f) betonen, der bei dem Apostel Paulus immer wieder eine Rolle spielt. Dass diese Bilder nicht immer zu trennen sind, vor allem, wenn es um den Aufbau der Gemeinde geht, zeigen biblische Aussagen wie z.B. „Wachstum (Ereignis) des Tempels (Institution) aus Eph 2,19-22 oder „Gottes Ackerfeld (Ereignis) und Gottes Bau (Institution) aus 1. Kor 3,9.

    Gemeinde ist ihrem Wesen nach also immer beides: Ereignis und Institution. Ereignis, in dem sich Glaube, Gemeinschaft und Dienst entfalten können, und Institution, in der Lehre, feste Struktur und Ämter als Unterstützung der Gemeindearbeit organisiert werden. Wenn man es genauer betrachtet, bedingt das eine das andere bzw. stehen die beiden Elemente in wechselseitiger Beziehung zueinander, wie ein ständiger Kreislauf, bei dem das Ereignis in seiner ganzen Dynamik die Institution hervorbringt und die Institution in ihrer Struktur und Organisation wiederum das Ereignis fördert.²³

    Helmut Gollwitzer beschreibt dies in folgenden Worten: „Die Gemeinschaft des neuen Lebens ist eine öffentlich sichtbare Personengemeinschaft, als konkrete Gruppe lokal und regional existierend, zugleich über alle räumliche und zeitliche Trennung hinweg verbunden in der Einheit dessen, den sie als Herrn und Heil der Welt mit Wort und Tat proklamiert"²⁴. Damit bleibt die Gemeinde bei allen Erklärungsversuchen ihrem irdischen Wesen nach ein geheimnisvolles Konstrukt. Und dennoch ist eines klar: Jesus Christus als Haupt der Gemeinde gibt zu jeder Zeit die Richtung vor. Ich will „meine Gemeinde bauen" (Mt 16,18b) ist dabei seine klare Vorgabe und weist damit auch auf die Beauftragung der Gemeinde hin.

    Gemeinde und ihr Auftrag

    Keine Gemeinde ist um ihrer selbst willen vorhanden, sondern sie „ist hervorgebracht worden zur Vollbringung guter Werke, die Gott selbst schon für sie vorbereitet hat (vgl. Eph 2,10)"²⁵. Dazu ist sie von ihrem Herrn Jesus Christus selbst beauftragt, denn es geht um kein geringeres Ziel als die Nationen zu Jüngern zu machen (siehe Mt 28,18-20). Und dies geschieht nach Theo Sorg als „Gemeinschaft von Menschen, denen das Gemeinsame größer und wichtiger geworden ist als das Eigene, weil Jesus Christus sie losgelöst hat von ihren eigenen Wichtigkeiten, frei gemacht für andere Menschen, die neben ihnen stehen und mit ihnen leben"²⁶.

    Das heißt, dass sich keine Gemeinde nur mit sich selbst und der Pflege der eigenen Gemeinschaft beschäftigen, sondern sich „der Welt der Sünde als die Kirche der begnadigten Sünder"²⁷ bezeugen soll. Dabei hat jede Gemeinde sowohl Aufgaben in der Beziehung zu Gott als auch im Verhältnis der Gemeindeglieder zueinander und zu Nichtchristen²⁸ und deren gesellschaftlichem Umfeld²⁹. Der Missionswissenschaftler George Peters ordnete diesen drei Bereichen die folgenden Aufgaben³⁰ zu:

    Nach oben (Gottesdienst, Anbetung, Lobpreis, Fürbitte)

    Der Gottesdienst am Sonntag ist die Mitte der Gemeinde, in der es um die Mitte der göttlichen Heilsgeschichte geht, Jesus Christus. Darum wird ER in den Gottesdiensten auch als Heiland und Herr verkündigt. Dabei werden die Menschen in die Lebensgemeinschaft mit Christus eingeladen, weil ER aus christlicher Sicht der einzige Weg zu Gott ist.³¹ Lob und Anbetung in den Gottesdiensten sind Ausdruck des Glaubens und der Liebe zu Gott, was sich sowohl in der gesamten Gestaltung der Veranstaltungen widerspiegeln soll als auch im Alltagsleben der Besucher dieser Gottesdienste.

    Gebet, Moderation, kreative Gestaltung, geistliche Lieder und Musik haben dabei eine wesentliche Bedeutung.³² Dank, Bitte und Schuldbekenntnis im Gespräch mit Gott unterstellt die Gemeinde bewusst dem Willen Gottes und hilft dazu die Verheißungen Gottes ernst zu nehmen. Dabei können Gebetsgruppen außerhalb der Gottesdienste das geistliche Fundament und die missionarische Kraft im Gemeindeaufbau unterstützen und stärken.³³

    Nach innen (Gemeinschaft, Erziehung, Erbauung, Ausbildung)

    „Christlicher Glaube verlangt nach Gemeinschaft. Kein Christ kann auf Dauer ohne sie leben. Deshalb ist Gemeindebildung eine Urfunktion des Glaubens."³⁴ Diese Aussage lässt sich an der Praxis messen, ja Fritz und Christian Schwarz gehen sogar so weit, zu sagen, dass die Gemeinde aufhören würde Gemeinde zu sein, „wenn sie sich nicht als personale Gemeinschaft mit Jesus und mit Schwestern und Brüdern ereignet"³⁵. Geprägt soll diese Gemeinschaft durch liebevolle Beziehungen sein, die gepflegt werden können durch Gebet und Dankbarkeit füreinander, Offenheit und Vertrauen, Vergebung und Versöhnung, gegenseitige Annahme und Wertschätzung, Verständnis füreinander, Gutes Übereinander-Reden und Fürsorge.³⁶ Der alleinige Maßstab dazu ist das Wort Gottes, die Bibel.³⁷

    Und weil das Wort Gottes Menschen verändert, soll es alle Altersgruppen einladend, herausfordernd und umfassend weitergegeben werden. Hierzu sind Menschen in der Gemeinde von Gott aufgerufen, mit den ihnen anvertrauten geistlichen und natürlichen Gaben entsprechende Aufgaben zu übernehmen. Diese unterschiedlichen und doch gleichwertigen Aufgaben sollen verantwortlich, treu und in guter gegenseitiger Ergänzung wahrgenommen werden, damit der gemeinsame Dienst von der Liebe zu Jesus und zu den Menschen und nicht von Aktionismus bestimmt ist. Innerhalb dieses Auftrags „nach innen" soll sich der Einzelne verstanden fühlen. Deshalb muss in Verkündigung und persönlichen Gesprächen die annehmende, konfrontierende, suchende und ganzheitliche Seelsorge Jesu praktiziert werden. Seelsorge üben kann jeder, der sein Verhältnis zu Gott und zu den Menschen durch Jesus Christus bestimmen lässt.³⁸

    Nach außen (Evangelisation, Dienst, Wegweisung, Zurechtweisung).

    Ein definiertes „nach außen kann es nur geben, wenn es auch ein definiertes „nach innen gibt. Eine Festlegung auf Kriterien ist nötig, die es möglich machen, Menschen als zugehörig oder als zu gewinnend anzusehen. Es darf nie „vergessen werden, dass der universale Ruf zur Entscheidung des Glaubens kraft dieser Entscheidung auch die Scheidung von Glaubenden und Nichtglaubenden provoziert"³⁹. Wenn es diese Grenze nicht gibt, kann auch nicht zum Glauben gerufen werden bzw. Menschen sehen keine Notwendigkeit, sich von ihrem alten Leben abzuwenden, um sich dem neuen Leben in Christus zuzuwenden.

    Das Gleiche gilt für die Menschen, die schon zur Gemeinde gehören. Wenn die Grenzen zwischen dem Nachfolger Jesu und dem Menschen ohne Jesus verschwimmen, verliert sich die Notwendigkeit der Rettung von Menschen mehr und mehr. Aber genau das soll und darf nicht geschehen, denn die Gemeinde Jesu „will nicht ein paar Inseln der Seligen, ein paar Ghettos der Gerechten schaffen, sondern Strahlungskerne, die ihre Umgebung verändern mit ihren Erkenntnissen, Erfahrungen und Aktionen"⁴⁰. Hilfreich hierbei sind sowohl persönliche Kontakte der Gemeindeglieder zu Menschen aus ihrem Umfeld, die noch keiner Gemeinde angehören, als auch ansprechende Veranstaltungen der Gemeinde, die die Gemeindeglieder motivieren, Menschen einzuladen.

    Dabei beschränkt sich der Auftrag „nach außen" jedoch nicht nur auf die Verkündigung des Evangeliums und entsprechende Veranstaltungen, sondern beinhaltet auch die Möglichkeiten der Gemeinde, Menschen durch diakonisches Handeln zu helfen, wo diese es nötig haben. Dabei ist wichtig, dass auch diakonisches Handeln untrennbar an den Glauben an Christus gebunden bleibt.⁴¹ Darüber hinaus gehört dazu auch die Unterstützung der Gemeindeglieder, „als Diener und als Könige und Priester dort zu handeln, wo sie leben und arbeiten, dort, wo sie hingestellt sind, Errettung von Sünden und soziale Reformen zu bewirken"⁴².

    An diesen Vorgaben für den Auftrag der Gemeinde „nach oben, „nach innen und „nach außen" muss sich die Arbeit der Gemeinde messen lassen und sich deshalb auch immer wieder fragen:⁴³

    Wird Gott in und durch die Gemeinde gelobt und gepriesen?

    Fördern sich die Gemeindeglieder in der inneren Auferbauung?

    Versucht die Gemeinde leidenschaftlich Menschen für Jesus Christus zu gewinnen und ihr gesellschaftliches Umfeld zu durchdringen?

    Gemeinde und ihre Strukturen

    Blicken wir auf das Wesen und den Auftrag der Gemeinde, so kann von dort aus keine einheitliche Struktur als Vorgabe für die Gemeindearbeit abgeleitet werden. Auch das NT der Bibel kennt nur wenige Vorgaben, aus denen sich eine für alle Zeit und jede Art von Gemeinde gültige Struktur einer Gemeindearbeit ergeben würde. Daraus könnte man schließen, dass Strukturen für die Gemeindearbeit nicht so wichtig sind, was ich aber nicht für zulässig halte, weil auch in den Gemeinden des NT Strukturen vorhanden gewesen sein müssen, auch wenn sie nicht detailliert wiedergegeben werden.

    Heinz Zahrnt schreibt dazu, dass die Gemeinde im NT zwar Institutionen und Ordnung hat, sie aber weder Institution noch Ordnung ist.⁴⁴ Wenn sich aber Ereignis und Institution bedingen, wie weiter oben beschrieben, kommt auch eine Gemeinde nicht ohne Strukturen aus, denn zwischen „Ereignis und Struktur besteht ein Wechselverhältnis. Eine fremde, inadäquate Struktur der Kirche ist nicht etwa wertneutral, sondern bedroht und gefährdet das Ereigniswerden der Kirche, ja kann es zerstören"⁴⁵.

    Fritz und Christian Schwarz formulieren sogar: „Wer Institutionen grundsätzlich für einen Widerspruch zur Ekklesia hält, hat sich den Zugang zu ihrer positiven Nutzung von vornherein verbaut"⁴⁶. Damit wären zwar Strukturen grundsätzlich als wichtig und notwendig erkannt, aber eine konkrete Struktur nicht abgeleitet. George Peters meint, dass diese im Blick auf die äußere Erscheinungsweise der Gemeinde, durch die Zeiten, die Formen der Umwelt, Kultur und Gesellschaft leicht verändert übernommen wurden.⁴⁷ Strukturen scheinen sich also nicht als allgemeingültig etablieren zu können, auch wenn sie ein Kriterium auf jeden Fall erfüllen müssen: Sie müssen zweckmäßig⁴⁸ sein.

    Das bedeutet, dass sie sich als hilfreich erweisen müssen, bei der Erfüllung des individuellen Auftrags der Gemeinde vor Ort. Strukturen, die die Arbeit erschweren, die Kommunikationswege umständlich machen und Bürokratie vermehren, müssen deshalb solchen weichen, die sich als erleichternd, schnell und hilfreich erweisen. Diese hängen „von der Prägung der Gemeinde, der Mentalität der Menschen, der Frömmigkeitsrichtung, den Auflagen der Denomination und unzähligen anderen Faktoren ab"⁴⁹.

    Sicher macht dies die Gemeindearbeit in ihrer Dienststruktur nicht beliebig, denn nach Brunner besteht „in der Ekklesia allgemeine Dienst- ‚pflicht’, allgemeines Dienst-‚recht’, allgemeine Dienstwilligkeit und gleichzeitig größte Differenzierung der Dienste"⁵⁰. Sie lässt sich jedoch nicht konkret und allgemeingültig festlegen. Wer sich aber in dieser Hinsicht mit Gottes Wort beschäftigt⁵¹, auf Gottes Geist hört und sich mit Menschen bespricht, wird einen Weg zu zweckmäßigen Strukturen finden können, die der Gemeinde so dienen, dass sie sich dabei gleichzeitig selbst weiterentwickeln kann⁵².

    gesellschaftlich

    Gemeindearbeit, wie sie vorher beschrieben wurde, vollzieht sich immer im Kontext einer Gesellschaft, der je nach Standort sehr verschieden sein kann. Aus diesem Grund sollen hier ein paar Aspekte des gesellschaftlichen Kontextes beschrieben werden, in dem sich deutsche Gemeinden im Großen und Ganzen befinden.

    Allgemein

    Nach dem Soziologen Rainer Geißler ist die deutsche Gesellschaft „eine moderne und offene Gesellschaft: Die meisten Menschen verfügen über eine gute Ausbildung, einen international betrachtet hohen Lebensstandard und über entsprechende Freiräume zur individuellen Lebensgestaltung. Dennoch steht die deutsche Gesellschaft, ähnlich wie andere große Industrienationen, vor der Herausforderung, Probleme der demografischen Entwicklung, insbesondere die Alterung der Bevölkerung, zu lösen.

    Auch die gesellschaftlichen Folgen der deutschen Teilung sind nach drei Jahrzehnten der Wiedervereinigung noch nicht völlig beseitigt. Im Zuge der Globalisierung hat sich Deutschland zudem auf den Weg zu einer modernen Einwanderungsgesellschaft mit zunehmender ethnokultureller Vielfalt begeben und seine Bemühungen verstärkt, die Migranten angemessen in die Kerngesellschaft zu integrieren. Der sozioökonomische Wandel der vergangenen Jahre - beschleunigt durch die Folgen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise - hat zum Entstehen neuer sozialer Risikolagen geführt und zu einer sich abzeichnenden stärkeren Auffächerung der Gesellschaft nach ökonomischen Lebensverhältnissen"⁵³.

    Armut und Reichtum

    Dies führt uns zu der im März 2013 erschienenen und über 500 Seiten umfassenden 4. Studie⁵⁴ des Bundesarbeitsministeriums zu Armut und Reichtum in Deutschland, nach der unser Land kein Land der Armen, sondern der Reichtum nur unterschiedlich verteilt ist. Nach den Zahlen des Berichtes vereinen die vermögensstärksten 10% der Haushalte 53% des gesamten Nettovermögens auf sich (Stand 2008). Diese Quote lag 1998 noch bei 45%. Die untere Hälfte der Haushalte besaß zuletzt lediglich gut ein Prozent des Nettovermögens. Zehn Jahre zuvor waren es noch vier Prozent. Von 2010 bis 2019 hat sich das Gesamtvermögen der Haushalte um weitere 1,6 Milliarden Euro erhöht.

    Dabei liegt die „Armutsgefährdungsschwelle" laut der Zahlen des Statistischen Bundesamtes für 2019 bei ca. 1.074 Euro im Monat (Einzelhaushalt). Wer darunter liegt, ist armutsgefährdet. Je nach Datengrundlage gilt dies für 14 bis 16% der Bevölkerung. Wobei man ehrlicherweise zugeben muss, dass Armut hierzulande relativ ist - immer gemessen am Vermögen oder Einkommen der anderen. Einkommensarm ist, wer weniger als 60% des mittleren Einkommens bezieht. Bei einem Alleinerziehenden sind das zurzeit ca. 1.309 Euro pro Monat.

    Individualisierung

    Gleichzeitig vollzieht sich in unserer Gesellschaft auch das, was Opaschowski als „Wandel in der Lebensqualität" der Deutschen bezeichnet⁵⁵. Er stellt fest, dass der Begriff „Lebensqualität" in den 1960er bis 1980er Jahren noch mit der Schaffung materieller Werte und der Erhöhung der Güterproduktion zusammenhing, während er in heutiger Zeit viel eher mit persönlichen Bedürfnissen, Ansprüchen, Dienstleistung, individuellem Wohlbefinden und höherer Lebenszufriedenheit verbunden wird.

    Dies zeigte sich im Umfeld von christlichen Gemeinden vor allem dadurch, dass in den 1960ern bis spät in den 1990er Jahre viele Gemeindehäuser gebaut wurden, heutzutage die Bereitschaft aber mehr und mehr sinkt, in solche Projekte zu investieren. Auf Zielgruppen zugeschnittene Gottesdienste mit Betreuung der Kinder sind gefragt, Veranstaltungen, die dem Besucher „etwas bringen" und in denen man sich wohlfühlt, auch wenn die Räume nicht optimal oder vielleicht sogar gemietet sind.

    Das Gemeinwohl scheint also dem Individuum mehr und mehr Platz zu machen. Das zeigt sich vielleicht auch darin, dass es zwar - wie Michael Herbst meint - nur wenige Menschen gibt, „die keinen Ort haben, an den sie gehören, es dagegen aber viele gibt, „die sich gleichzeitig einer Reihe von Orten zugehörig fühlen⁵⁶. Herbst zitiert dazu den Soziologen Ulrich Beck, der darauf hinweist, dass man nicht mehr unbedingt von einem Zusammenleben sprechen kann, wenn man an einem Ort lebt, und deshalb Zusammenleben auch nicht mehr auf einen Ort begrenzt sein muss⁵⁷. Das heißt, und man kann das vor allem im städtischen Leben in Deutschland feststellen, dass immer weniger Menschen ihre Nachbarn wirklich kennen und mit ihnen etwas zusammen unternehmen.

    Das Individuum sucht sich heute die Menschen sehr genau aus, mit denen es zusammen sein möchte. Dass dies einmal anders war, bestätigt eine Umfrage des BAT Freizeit-Forschungsinstituts⁵⁸: Darin wird statistisch belegt, dass im Jahr 1990 fast zwei Drittel der Bevölkerung (ca. 62%) einem Verein oder einer Organisation angehört haben. Diese Zahl ist laut einer Studie der „Zivilgesellschaft in Zahlen" (ZiviZ) bis in das Jahr 2017 auf ca. 50% gesunken und sinkt vor allem auf dem Land weiter. Die Bindung an Organisationen weicht laut der BAT-Umfrage mehr und mehr jederzeit kündbaren Zeitmitgliedschaften. Es gehört also nicht mehr unbedingt zum guten Stil dem Sportverein des eigenen Ortes anzugehören, es sei denn, es entspricht eigenen Interessen bzw. erfüllt die eigenen Erwartungen und Bedürfnisse.

    Heinzpeter Hempelmann bestätigt und erweitert diese Ansicht, wenn er feststellt, dass wir es zwar in der postmodernen Gesellschaft mit einer Lebensphilosophie zu tun haben, die bunt ist, desorganisiert, dezentriert und sich jeder Formierung entzieht⁵⁹, dass die deutsche Gesellschaft aber dennoch nicht in 80 Millionen Individuen zerfällt. Vielmehr schließt sie sich in Kulturen und Subkulturen zusammen, die den Menschen Werte und Sinn stiften und ihren Mitgliedern die wichtige Überzeugung geben, das Richtige zu tun⁶⁰. An dieser Stelle haben viele Gemeinden und Verbände gut reagiert, indem sie aufgehört haben, sich über das zu definieren, was sie nicht sind⁶¹, und sich ein eigenes geistliches und strukturelles Profil gegeben haben, welches es Menschen ermöglicht über die Art der Zugehörigkeit zur jeweiligen Gemeinde zu entscheiden.

    Patchwork Religiosität

    Der Theologe und Soziologe Prof. Dr. Klaus-Peter Jörns hat sich in Bezug auf diese gesellschaftlichen Gegebenheiten gefragt, was die Menschen, die darin leben, eigentlich glauben. Er macht in seinem Buch „Die neuen Gesichter Gottes" deutlich, dass sich die Beziehung von Menschen zu Gott bzw. die Religiosität des Menschen in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat von einem Fürwahr-Halten von Glaubenssätzen hin zu einer Religiosität, die sich an einer veränderten Weltanschauung, Lebensweise und Selbstwahrnehmung des religiösen Menschen orientiert.

    Hempelmann spricht in diesem Zusammenhang von einer Abkehr von dogmatischer Religiosität und konfessionsgebundener Spiritualität und einer Hinkehr zu Patchwork Religiosität.⁶² Demnach verändert sich unsere Gesellschaft nicht nur in ihrem Beziehungsgeflecht, sondern auch in ihrer Art zu glauben und ihren Glauben zu leben. Diesen Wandel habe ich zum Teil selbst miterlebt:

    In meiner Kinderzeit gehörte es zum guten Ton, dass ortsansässige Bürger in die Gottesdienste der örtlichen Kirchengemeinde gingen. Glaube und Kirche waren untrennbar miteinander verbunden und durch das, was im Religions- und später Konfirmandenunterricht gelehrt wurde, war auch klar, wie dieser Glaube auszusehen hatte.

    Heutzutage ist nicht mehr selbstverständlich, was Glaube ist und in welcher Beziehung er zum Alltagslegen eines Menschen steht, sondern religiöses Leben wird immer öfter unter dem Begriff der „Spiritualität" zusammengefasst, den jeder inhaltlich so füllen kann, wie es seinen persönlichen Bedürfnissen entspricht.

    Globalisierung

    Bei seiner Gesellschaftsanalyse⁶³ geht Horst W. Opaschowski von einem globalen Strukturwandel⁶⁴ aus, in dem wir uns momentan weltweit befinden. Vor allem die westliche Welt entwickelt sich durch die zunehmende Globalisierung zu einer Gesellschaftsform, die man am besten mit dem Stichwort „Netzwerkgesellschaft"⁶⁵ wiedergeben kann. Dies hat zur Folge, dass der lokale und nationale, gesellschaftliche Einfluss immer mehr sinken und dem Einfluss des globalen Marktes Platz machen wird. Eine der negativen Folgen dieser Entwicklung konnte der deutsche Bürger im Jahr 2007 hautnah⁶⁶ miterleben, als deutsche Banken dadurch ins Wanken gerieten, dass der amerikanische (private) Immobilienmarkt aufgrund von Zinsveränderungen praktisch zahlungsunfähig wurde.

    Die Menschen des 21. Jahrhunderts haben es demnach mit einem weltweiten gesellschaftlichen Wandel zu tun, der sich bis in das Leben und Handeln des einzelnen Bürgers auswirkt. Und das wird auch in Zukunft so weiter gehen, glaubt man den Worten des „Global-Change-Experten" Patrick Dixon, der an dieser Stelle zitiert werden soll. Er buchstabiert die Zukunft (FUTURE) unserer globalen Welt folgendermaßen⁶⁷:

    Fast: Das Tempo der Innovation und Veränderung nimmt durch die digitale Revolution ständig zu. Wie auf der Autobahn muss man mit zunehmender Geschwindigkeit noch weiter vorausschauen, um sicher zu fahren.

    Urban: Die moderne Massengesellschaft brachte die Auflösung klassischer Familienstrukturen mit sich und daraus entstehend neue

    Fragen und massive Probleme im Zusammenleben.

    Tribal: Gleichzeitig suchen immer mehr entwurzelte Menschen Halt in alten und neuen »Stammeszugehörigkeiten«: Regionale Identität, Dialekt, Geschichte und Tradition werden neu entdeckt.

    Universal: Die Globalisierung bringt unsere sozialen und ökonomischen Systeme ins Schleudern und beschert uns eine zunehmend multikulturelle Situation. Globale Krisen treffen uns alle: Klimawandel, Flüchtlingsströme, Börsencrashs.

    Radical: Nachhaltige Problemlösungen erfordern harte Schnitte und in Fragen wie der Bioethik verschärfen sich ideologische Gegensätze.

    Ethical: Sinn wird wichtiger als materieller Wohlstand und das Interesse an Glauben und Spiritualität (aber nicht am organisierten Christentum) nimmt zu."

    Was also noch vor 50 Jahren den „Deutschen ihr Deutsches war, muss zunehmend einem globalen Markt Platz machen. Dies führt jedoch zwangsläufig zu Verunsicherung der Menschen bezüglich ihrer Zukunft und ihrem Platz innerhalb dieser globalen Gesellschaft. Die Gemeinde kann diesem Faktum von ihrem Wesen her dadurch begegnen, dass sie zu einem Ort wird, der dem verunsicherten Menschen Perspektiven aufzeigt in der Beziehung zu Menschen und zu Gott, und ihm Möglichkeiten gibt, die Gesellschaft positiv zu beeinflussen bzw. zu gestalten. Ereignis und Institution können in dieser gesellschaftlichen Situation zu einem „gesicherten Raum werden, auch wenn die Gemeinde selbst ebenfalls nicht ohne Veränderungen auskommen kann und wird.

    Resümee

    Gesellschaftlicher Wandel ist demnach nicht nur ein Relikt aus vergangenen Tagen, sondern er geht kontinuierlich weiter. Neu ist allerdings, dass er sich dabei nicht mehr nur im überschaubaren Bereich der eigenen Gesellschaft abspielt, sondern weit darüber hinausgeht und damit zur globalen Veränderung wird. Dr. Uwe Klein schreibt in diesem Zusammenhang, dass wir uns lächerlich machen, wenn wir überrascht davon sind, dass der Wandel die Konstante von Gegenwart und Zukunft ist und sein wird.⁶⁸

    Als christliche Gemeinden, die einen Auftrag in dieser globalisierten Welt haben, können wir diese Sicht von Gesellschaft und Zukunft nicht einfach nur zur Kenntnis nehmen und wieder zur Tagesordnung übergehen. Wir müssen uns dem stellen, auch wenn sich die Situation als komplex und problematisch darstellt. Es ist bestimmt nicht einfach, einer zunehmenden Individualisierung zu begegnen, hinter der sich auf der anderen Seite auch der Wunsch bzw. die Sehnsucht nach Zugehörigkeit verbirgt, wenn auch nur zu einem Teil der Gesellschaft.

    Vielleicht kann die Gemeinde solch ein Teil der Gesellschaft sein, oder in Form von Zell- und Dienstgruppen Möglichkeiten schaffen, in denen Menschen Zugehörigkeit erleben und sich mit Gemeinde vor Ort identifizieren können, auch wenn sie sich mit einer formellen Mitgliedschaft in der Gemeinde im großen Ganzen noch schwertun. Die Hauskreisbewegung in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts hat hierzu gute Vorarbeit geleistet, auf die es nun aufzubauen gilt, und die es ermöglicht, flexibel auf die derzeitige Situation bezogen zu reagieren.

    Einer immer stärker werdenden Tendenz hin zu Patchwork Religiosität können wir als Gemeinden nur begegnen, wenn wir uns als Christen in spirituellen Fragen profilieren. Das Evangelium ist eine klare Botschaft mit starkem Profil, auch wenn man in einzelnen Fragen anderer Meinung sein kann. Diese Klarheit gilt es zu verkündigen und zu leben, damit der verunsicherte Mensch auch spirituell Perspektiven erhält, an denen er sich und sein Leben festmachen kann.

    soziologisch

    Wenn von Gemeinde Jesu die Rede ist, spricht man vielerorts gerne von einem Organismus⁶⁹, transportiert damit aber nicht selten die versteckte Botschaft, dass dies mit Organisation bzw. mit einer Institution ziemlich wenig zu tun hat. Sicher hängt das auch damit zusammen, dass sich eine christliche Gemeinde sowohl mit der Welt Gottes, der geistlichen Welt, als auch der Welt der Menschen, der irdisch/realen Welt, auseinandersetzen muss⁷⁰. Dabei wird manchmal vergessen, dass in der Welt der Menschen Dinge von Bestand immer in irgendeiner Form organisiert oder strukturiert und vom Umgang

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