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Nächsten Sommer
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eBook162 Seiten2 Stunden

Nächsten Sommer

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Über dieses E-Book

Die beiden Freundinnen Louise und Stine leben in einer Kleinstadt in der dänischen Provinz. Das letzte Schuljahr vor dem Abitur steht an und damit rollt der Ernst des Lebens unaufhaltsam auf Louise zu. Doch ihr Motto heißt "nur nicht spießig werden" - und damit fangen die Probleme auch schon an. Stine ist an dem Klassenkamerad, Anders, interessiert, aber er hat nur Augen für Louise, und ehe die beiden es sich versehen, landen sie im Bett! Stine ist zwar erst ein wenig eifersüchtig, lernt dann aber den viel älteren Künstler Gregers kennen und verliebt sich in ihn. Alles wäre in Ordnung, wenn nicht Gregers und Louise... "'Ich liebe dich', sagte er ohne mit der Wimper zu zucken. 'Wirklich?', fragte sie und sah ihn verwundert an. Das hatte noch nie jemand zu ihr gesagt. Louise verbarg ihr Gesicht an seiner Schulter. Sie hätte ihm so gern dasselbe gesagt und es ehrlich gemeint. Aber das konnte sie nicht. Nicht jetzt..." REZENSION "Eine tolle Trilogie von Hanne Vibeke Holst, die seit Jahren auch schon Erwachsenenliteratur schreibt, sich für die Rechte der Frauen engagiert und sich auch gerne über die dänische Politik äußert." - Charlotte, Lovelybooks.de AUTORENPORTRÄT Hanne-Vibeke Holst, geboren 1959, ist eine der erfolgreichsten Autorinnen Dänemarks. Sie ist die älteste Tochter des Schriftstellerpaars Knud Holst Andersen und Kirsten Holst. Sie arbeitet als Journalistin und schreibt Romane, Sachbücher, Drehbücher und Theaterstücke. Sie lebt und arbeitet in Kopenhagen.
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum12. Mai 2015
ISBN9788711455791
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    Buchvorschau

    Nächsten Sommer - Hanne-Vibeke Holst

    Saga

    Erstes Kapitel

    »Ach, Louise, darf ich dir eine Rose in die Haare stecken?«

    »Eine Rose? Du spinnst! Natürlich nicht.«

    »Eine gelbe. Du würdest aussehen wie eine Prinzessin.«

    Stine griff mit einer Hand in Louises lange blonde Haare.

    »Stine, wir haben keine Zeit. In einer halben Stunde kommen sie angetobt und du sitzt hier rum und faselst von Rosen.« Louise knetete genervt das Hackfleisch. »Und du musst doch langsam kapiert haben, dass Rosen in den Haaren und Ringe in der Nase nichts für uns hier oben in Jütland sind, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen«, fügte sie hinzu und gab Salz und Pfeffer in die Schüssel.

    »Wenn man sich so aufführen müsste, wie das hier üblich ist, würde man vor Langeweile bald krepieren«, sagte Stine und kippte lässig ein halbes Glas Thymian dazu.

    »Das soll wohl nach irgendwas schmecken, ja?«, meinte Louise trocken und versuchte den Gewürzberg mit einem Teelöffel zu entfernen.

    Stine seufzte resigniert.

    »Dann lass mich wenigstens deine Nägel schwarz lackieren.«

    »Nix«, sagte Louise abweisend. »Und wie wär’s, wenn du mir kurz mal hilfst diese Frikadellen zu braten? Es ist immerhin dein Fest. Wo habt ihr eine große Pfanne?«

    »Keine Ahnung. Schau doch mal im Fach unter dem Herd nach.«

    Stine schüttelte eine Flasche Nagellack, die sie aus dem Kühlschrank geholt hatte. »Nur die Zehennägel. Das sieht ja doch keiner«, schmeichelte sie.

    »Quälgeist! Aber es muss ganz schnell gehen, sonst schaffen wir das nie.« Louise ging in die Hocke und hätte fast das Gleichgewicht verloren, als sie eine große, schwarze schmiedeeiserne Pfanne aus dem Schrank zerrte.

    »Habt ihr hier eine Volksküche gehabt?«, fragte sie und knallte die Pfanne auf den Herd.

    »Ne, die hat meine Mutter irgendwann mal gekauft, als sie in eine Wohngemeinschaft ziehen wollte. Jetzt komm her und setz dich, Baby.«

    Louise stieg resignierend aus ihren Sandalen und setzte sich an den großen Kiefernholztisch, der von Salatköpfen, Tomaten, zwei Schüsseln Kartoffelsalat unter Plastikfolie und zwei älteren Zeitungen geradezu überquoll.

    Stine schob ihren Stuhl ganz dicht an sie heran und nahm Louises Füße auf ihre Knie.

    »Du hast so elegante Füße. Du solltest zum Ballett gehen.« Stine beugte sich über Louises Füße und achtete sorgfältig darauf, dass sich der schwarze Lack gleichmäßig auf den kleinen Nägeln verteilte und nicht an den Zehen kleben blieb.

    »Jaja. Und Einrad fahren und Feuer fressen. Du hast immer so viele gute Ideen.« Louise lächelte und steckte sich eine Zigarette an.

    »Ach, ist das vielleicht nicht lustiger als deine Jazzgymnastik für Fortgeschrittene und Porzellanmalerei an der Volkshochschule? Kann ich mal ziehen?« Stine blickte von Louises linkem Fuß auf und öffnete den Mund, damit Louise ihr die Zigarette zwischen ihre knallroten Lippen stecken konnte.

    Louise erwiderte das Lächeln, während sie Stine betrachtete, die sich wieder mit zusammengekniffenen Augen ganz darauf konzentrierte, ihre Nägel zu lackieren.

    Manchmal überlegte sie sich, wie öde alles gewesen war, ehe Stine vor zwei Jahren an einem Augustmorgen in die Stadt gekommen war. Dieses todtraurige Erdloch, in dem Louise ihr ganzes Leben verbracht hatte, bekam plötzlich einen Hauch von großstädtischer Schrillheit. Es konnte sogar witzig sein, in die Schule zu gehen.

    Stine kam aus Kopenhagen und war nur unter Protest mit ihren Eltern hergezogen. Ihre Mutter war Keramikerin und ihr Vater unterrichtete am Lehrerseminar und plötzlich waren sie auf die Idee verfallen, zu ihren Wurzeln zurückzukehren oder so ähnlich.

    Louise vergaß nie, wie sie Stine zum ersten Mal gesehen hatte. Am allerersten Schultag in der ersten Gymnasiumsklassea, wo alle mit frisch gewaschenen Haaren und sauberen Fingernägeln dasaßen, völlig verwirrt registrierten, dass sie jetzt aufs Gymnasium gingen, und niemand etwas zu sagen wagte aus Angst sich zu blamieren, kam Stine eine Viertelstunde zu spät.

    »Hallo, ich heiße Stine. Ist das hier, wo die 1 g sich anöden soll?«, fragte sie frech, als sie den Kopf zur Tür hereinsteckte.

    »Wenn du das so formulieren möchtest, dann ja«, hatte der Lehrer geantwortet. »Ansonsten kommst du eine Viertelstunde zu spät.«

    »Ach? Das mach ich immer«, hatte Stine mit flachem Kopenhagener Akzent erwidert und der Name des Lehrers, der in Blockschrift an der Tafel stand, wäre fast herabgerieselt.

    Alle starrten diesen exotischen Vogel, der sich in einem Schwarm von grauen Spatzen niedergelassen hatte, mit offenem Mund an.

    Stines Haare waren leuchtend hennarot gefärbt, ihr ärmelloses T-Shirt war neongrün, ihr Tüllrock schenkelkurz und ihre spitzen Stilettopumps aus imitiertem Schlangenleder. Aber das Faszinierendste war die herzförmige Sonnenbrille, die sie nicht abnahm.

    Louise war genauso gelähmt wie der Rest der Klasse, aber sie musste sich trotzdem auf die Lippen beißen, um nicht laut loszuprusten. Stine war die witzigste Frau, die sie je gesehen hatte. Und als Stine sich ohne zu zögern neben Louise setzte, stand einfach fest, dass sie Freundinnen werden würden.

    »Jetzt hast du wirklich verdammt fetzige Zehen.« Stine betrachtete ihr Werk voller Bewunderung, nachdem sie die Zehen zweimal mit Lack überzogen hatte.

    »Und was soll ich damit anfangen?«, fragte Louise und öffnete eine Flasche Wein. »Du weißt doch genau, dass in der Klasse nichts Lohnendes sitzt. Carsten ist entweder blau oder bekifft und außerdem traut er sich nicht mit Frauen über zwölf zusammen zu sein. Und Hans ist noch nicht in die Pubertät gekommen und interessiert sich ohnehin nur für Tut.«

    »Du hast wohl Anders vergessen.« Stine streckte ihren linken kleinen Finger aus, der auch eine Lackschicht bekommen hatte.

    »Anders! Hast du den eingeladen? Der kommt doch sonst nie?«, fragte Louise überrascht.

    »Dann wird’s aber höchste Zeit, dass er mal ins Warme kommt. Wir brauchen frisches Blut hier in der 3 g, wir haben doch den ganzen Markt schon durchgekämmt. Außerdem ist er absolut nicht so prüde, wie wir uns einbilden. In diesem Sommer haben sich seine Augen irgendwie verändert. Es sind so richtige Schlafzimmeraugen geworden«, sagte Stine und hob mit viel sagendem Gesicht ihr Glas.

    »Meinst du, er war mit der Kuhmagd im Heu?«, kicherte Louise.

    »Mmm. Der Knabe hat jedenfalls verborgene Talente . . .«


    Stine hatte offenbar vor, sich genauer mit ihrer Theorie zu befassen. Jedenfalls sorgte sie dafür, dass sie beim Essen neben Anders sitzen konnte. Je mehr sie trank, desto schamloser flirtete sie.

    Sie zog sämtliche Register und ließ Kopenhagener Sprüche los, lehnte sich an ihn und legte sogar kokett eine Hand auf seinen Arm.

    Anders ließ sich alles gefallen, nickte und sagte an den richtigen Stellen ja und nein und schob sich ansonsten eine Portion Frikadellen mit Kartoffelsalat nach der anderen ein. Er wirkte weder besonders verlegen noch besonders interessiert.

    Louise saß den beiden gegenüber und amüsierte sich, während sie Stines Charme-offensive beobachtete. Sie musterte Anders eingehend und fragte sich, ob Stine Recht haben könnte. Vielleicht hatte er sich verändert? Sah er nicht irgendwie männlicher aus? Mit breiten Schultern, richtigen Pranken und einem markanteren Gesicht?

    Oder vielleicht sah er ja auch schon länger so aus? Plötzlich ging Louise auf, dass er ihr vorher noch nie besonders aufgefallen war. Er gehörte zu diesen stillen Typen vom Land, die jeden Tag früh mit dem Bus kamen und gleich nach Schulschluss nach Hause fuhren. In den zwei Jahren, die sie zusammen in die Klasse gingen, war Anders nie auf ein Bier mit ins Café gekommen oder abends mit ins Kino gegangen.

    Er schien ganz nett zu sein, das war es nicht. Er sah nur so aus, als ob er am liebsten seine Ruhe hätte. Und er musste wohl auch zu Hause seinem Vater auf dem Hof helfen.

    »Was glotzt du so?«, fragte Stine halblaut quer über den Tisch. »Ich hab ihn zuerst gesehen.«

    Anders musste das gehört haben, aber er ließ sich nichts anmerken und aß weiter.

    »Prost!«, sagte Louise und bemerkte zu ihrem großen Ärger, dass sie rot wurde, als Anders sein Glas hob und ihr zuprostete. Sonst wurde sie nie rot. Sie wurde mit jeder Situation fertig und war einfach cool. Dafür war sie bekannt und deshalb war sie auch im letzten Jahr zur Schulsprecherin gewählt worden. Sie konnte einfach so ein Podium betreten und fünfhundert Menschen erzählen, wie die Weltsituation heute aussah und dass sie am nächsten Tag gegen Einsparungen im Bildungsbereich demonstrieren sollten.

    In den ersten beiden Gymnasiumsklassen hatte sie sich in allen Fragen des Schülerrates sehr engagiert und sich total für die Politik interessiert. Jeden Nachmittag studierte sie die Zeitungen und lernte eine Menge Fremdwörter, die sie bei den Beratungen des Schülerrates und im Sozialkundeunterricht abfeuern konnte. Alle, außer Stine, waren zutiefst beeindruckt von ihr. Stine konnte nicht begreifen, dass Louise ihre Zeit mit solchem Unfug vergeudete.

    Und jetzt tat sie das auch nicht mehr. Die endlosen Verhandlungen mit dem Rektor über die Farbe des Toilettenpapiers, über die Mensapreise und über den Zeitpunkt, an dem die Schulfeste aufhören mussten, ödeten sie an. Im Grunde durfte sie ja doch keinen Pups selber bestimmen.

    Nein, in der 3 g wollte sie sich auf die Schule konzentrieren und einen guten Notendurchschnitt erzielen, um sich nicht mit irgendeiner zweit- oder drittklassigen Ausbildung begnügen zu müssen. Vielleicht würde sie auch Zeit finden, mehr zu zeichnen und mit Stine zu quatschen.

    Dass sie sich etwas zurückhielt, konnte vielleicht auch ihr Image verbessern. Die anderen hielten sie ja für einen kalten Fisch, sie trauten sich kaum mit ihr zu reden.

    Sie war aber kein kalter Fisch. Wenn sie selber Zweifel hatte, fragte sie Stine und die bezeichnete sie immer als Powerfrau. Stine hatte selbst teuflisch viel Power, vielleicht waren sie deshalb so gute Freundinnen.

    »Louise, möchtest du eine rauchen?« Stine schob eine schwarze Zigarettenpackung zu ihr hinüber. Louise lächelte und nahm sich einen der schwarzen Glimmstängel mit dem Goldmundstück. Stine hatte also wirklich etwas vor. Die Marke ›Sobranie‹ kaufte sie nur zu bestimmten Gelegenheiten, wenn sie irgendeinem Typen imponieren und als Dame von Welt auftreten wollte.

    Während Louise rauchte und wie üblich versuchte Ringe zu blasen, saß sie still da und betrachtete die anderen am Tisch. Sie hatten fertig gegessen und die Teller weggeschoben, sie rauchten und tranken und redeten alle durcheinander. Alle Feste waren gleich, immer lief dasselbe Spiel ab. Hans begrapschte wie immer Tuts Oberschenkel und sie entfernte wie üblich seine dünne, sommersprossige Hand von ihren Jeans.

    Tut war die Puppe der ganzen Schule. Eine süße, kleine Maus mit weichen Locken und großen braunen Augen mit dichten, langen Wimpern. Louise war immer noch ganz hingerissen, wenn sie sah, wie diese Wimpern sich öffneten und schlossen. Hans war in sie verliebt, seit sie aufs Gymnasium gekommen waren, und ebenso lange hatte Tut ihn abgewiesen. Sie wollte nur große, starke Männer, die sie beschützen konnten, wie ihre Brüder das immer gemacht hatten. Bis auf weiteres wartete sie darauf, dass der Prinz auf seinem Schimmel am Horizont auftauchte. Louise und Stine machten sich ziemliche Sorgen, wer wohl kommen und diese kleine Kirsche pflücken würde.

    »Kannst du dir sparen, Hans, ich hab dir doch gesagt, dass das alles nichts bringt«, sagte Carsten und öffnete mit dem Gabelstiel sein fünftes Bier. Das Bier schäumte über und spritzte auf den Teller, auf dem Carsten vorher schon seine Asche über den Kartoffelsalatresten abgeschlagen hatte.

    »Schwein!«, rief Lene und warf ihm einen ihrer mörderischen Blicke zu, die exklusiv für ihn reserviert waren. Die beiden konnten sich einfach nicht ausstehen. Lene wohnte mit ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder zusammen und fühlte sich von der Gesellschaft überaus ungerecht behandelt. Carsten war der Sohn eines Oberarztes und wurde pausenlos von vorn bis hinten von seiner frustrierten Mutter bedient. Sie stritten sich immer wieder, wer von ihnen am übelsten dran war.

    Auch Louise hatte sich schon hundertundsiebzehnmal mit ihm

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