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Der liebe Augustin
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eBook212 Seiten2 Stunden

Der liebe Augustin

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Über dieses E-Book

Der "liebe Augustin" ist eine Gestalt, die von vielen Legenden umwoben ist. Um 1670 war er ein beliebter Bänkelsänger, der für seinen Humor bekannt war. Er pries die Stadt Wien, verfasste aber auch Spottlieder auf die Sitten und Unsitten am Wiener Hof. Sie machten ihn beim Volk beliebt, wenn er sie auf den Gassen oder in der Schenke "Zum süßen Löchl" zum Besten gab. Seine Schmählieder richteten sich hauptsächlich gegen die Mätresse des Kaisers, die "Polsterkatz", wie sie im Volksmund genannt wurde. Um sich zu rächen, schickt ihm die Marquise vergiftete Pasteten und vergifteten Wein. Augustin wird jedoch rechtzeitig gewarnt.-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum24. Dez. 2015
ISBN9788711446263
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    Buchvorschau

    Der liebe Augustin - Hanns Sassmann

    Film.

    Vorwort

    Aus „Merians anmüthige Städte Chronik" Anno 1652

    Wien liegt in einer gar lustigen Ebene und auf einem an Getraid, Wein und allerhand Früchten sehr fruchtbarn Boden. Und wird sonderlich viel Wein herum gesammlet und in die Stadt geführet, daher auch das Wort Vienna versetzt und in diese zwei: en Vina verwandelt und Wien zu Wein gemacht wird. Und zwar hat man dessen vonnöten, weil die Stadt gar volkreich und sechs mächtiger Nationen, der Teutschen, Welschen, Hungarn, Böhmen, Polen und Slovacken gemeine Herberg zu seyn scheinet, also dass vor der Belagerung und dem Krieg, den König Matthias Corvinus mit dem Kaiser Friedrich IV. geführt, fünffzigtausend Menschen ohne die Kinder allda seynd gezählet worden, und offt allein an die siebentausend Studenten sich allhie befunden. Und wird derzeit die Anzahl der Seelen auff sechzigtausend geschätzt, wiewol man die Gewissheit dessen nicht eigentlich erfahren und wissen kann, weilen es da grosse und weitschichtige Vorstädte hat, in welchem viel herrlich und schöne Gärten mit ihren Lusthäusern, auch andern Gemachen und Losamenten seyn.

    Jenseits der Thonau wohnen, gleichsam in einer Insul, die Juden besonders; in der Stadt aber haben sie zu ihrer Handtierung gewisse Orte, da sie des Tages ihre Waren verkauffen, aber über Nacht in der Stadt nicht bleiben dürffen.

    Inwendig ist die Stadt Wien schön erbaut und seynd viel Häuser allda, so vor fürstliche Palläst anzusehen, wiewol sie mehrers zur Pracht als zur Bequemlichkeit und Nutzbarkeit gemeiniglich gebauet. Haben sehr tiefe und ansehnliche Keller, in welchen man Stuben findet, daher gesagt wird, dass zu Wien nicht weniger Gebäude unter als ober der Erden seyen.

    Von weltlichen Gebäuden ist insonderheit die Kaiserliche Burg oder Residentz zu sehen, so zwar nicht sonderlich prächtig erbaut und für einen solchen mächtigen Potentaten und eine so grosse Hofhaltung ziemlich eng ist. In der Residentz ist die Guardarobbia und die Galeria mit unterschiedlichen Zimmern, so man den Schatz nennt und in demselben allerhand köstliche Sachen zu sehen. Darunter die Kaiserlich Kron mit dem Scepter und Reichs-Apffel, so auch Gold und köstlichen Diamanten gezieret, die man auf ein Millionen Goldes Werth schätzet, und Kaiser Rudolph II. sich hat machen lassen. Item ein Einhorn, so 12 oder 13 Spannen lang ist, das seinesgleichen in solcher Formschöne und Grösse nicht in der ganzen Welt haben solle.

    Von denkwürdigen Sachen, die sich allhie zugetragen, wollen wir der Kürtze halber etliche wenige erzählen. Als der letzte Hertzog von Österreich aus dem Bambergischen Stammen, Friedericus Bellicosus, in des Kaisers Friedrichs II. Ungnade gefallen, so ist er, der Kaiser, Anno 1236 auf Wien kommen, den die Bürger daselbst stattlich empfangen, der auch allda drey Monate verharret ist und Wien zu einer Reichs-Stadt gemacht und ihr das Wappen, so sie noch heutig Tags führet, nämlich einen güldenen und gekrönten Adler in schwartzen Feld, gegeben. Sie ist aber nur vier Jahre eine Reichs-Stadt geblieben, da besagter Hertzog, als der Kaiser anderswo zu tun hatte, sie belagert und also geängstigt, dass sie sich ihm wieder hat ergeben müssen. Anno 1286 belagerte die Stadt Kaiser Rudolph I. Anno 1408 seynd der Bürgermeister Conrad Vorlauff und andere des Raths allhie enthauptet worden, und stunde es damaln gar übel in Wien. Anno 1485 belagerte diese Stadt König Corvinus aus Ungarn und nahm sie ein, und kam solche erst nach seinem Tode wieder an Österreich und unter Kaiser Maximilian I. Anno 1529 kam der türkische Kaiser Soliman selbsten dafür und liess über 25 000 Gezelte aufschlagen, musste jedoch, nachdem er wenigst auf die zwanzigtausend Personen verloren, unverrichteter Sachen wieder abziehen. Anno 1590 erhub sich allhie ein erschröckliches Erdbidem, dass kein Haus so starck gefunden, an welchem von unten hinauf nicht ein Spalt zu sehen gewesen wäre. Anno 1619 hatte Graf Heinrich Matthes von Thurm sein Böhmisch Kriegsvolck vor die Stadt gebracht, hat aber nichts ausrichten können.

    Den 2. May dieses Jahres ist in St. Stephans Kirchen der grosse Glockenschwengel ohn einige Bewegung entzwei gebrochen, hat sich der Adler, welcher gantzer 15 Jahr am Kaiserlichen Hof gehalten worden, von seiner Stangen zu Tod gefallen. Den 22. Martii Anno 1642 hat ein ungarisch Weib allhie drey gesunde Kinder zur Welt gebracht.

    1

    Der Frühlingsmorgen lag trüb und dunstig über Wien. Einem gen Himmel gereckten schwarzen Zeigefinger gleich stach der Turm des Stephansdomes in das Graugewölk. Seit den grossen Überschwemmungen des Herbstes waren die Wasserdämpfe über den Donauniederungen verblieben, und ihr ungesunder Hauch schlich sich immer wieder in die sonst so lichtfrohe, lustige Stadt.

    Die hohen Kamine über den spitzen Giebeldächern qualmten gelben Rauch in die üblen Dünste der engen Gassen, von denen eine der Sauwinkel hiess. Über das nebelnasse bucklige Pflaster im Neu-Schottenviertel trabten zwei Männer. Der eine, zaundürr und ganz windschief gewachsen, trug den kleinen Kopf mit dem spitzen Nasenschnabel zur Seite geneigt, als wollte er immerzu einer drohenden Maulschelle ausweichen. An den schmächtigen Gliedern schlotterte eine aschgraue, geflickte Pluderhose, die dürren Beine sahen darunter aus wie die Waden eines aufgeplusterten Welschhahnes. Auf dem etwas krummen Rücken schleppte er eine Harfe. Manchmal blieb er stehen und sah den andern verängstigt an. Der hatte ein rotes, breites Gesicht über den Fettwülsten, die ihm hinten und vorn über den Jackenkragen hingen; unterm Arm trug er eine grosse Geige. Wenn der Dürre neben ihm stehen blieb, puffte ihn der Dicke mit jener Roheit weiter, mit der in aller Welt die Feisten die Dürren traktieren; denn mit Missachtung und Feindschaft sehen die Fetten auf die Mageren herab, seit die Erde den Menschen Nahrung gibt.

    So puffte auch der Dicke den Dünnen des Weges dahin, dass dieser fast in den schwarzen Brei flog, der im engen Schlossergassel das Pflaster zollhoch bedeckte. Doch bald konnten sie nicht mehr weiter, denn oben in dem engen Durchgang hielten zwei Sänften. Ihre Träger standen bis zu den Knöcheln im Kot. Zwischen den Vorhängen steckten die Köpfe zweier alter Herren mit mächtigen Perücken, wahren Löwenmähnen.

    Einer der zwei Kavaliere hatte den Stock mit dem blitzenden Goldknauf durchs Sänftenfenster gesteckt und rührte damit wie mit einem Rührlöffel in dem Kotbrei, wobei ihm sein Gegenüber in der Sänfte interessiert zusah. Denn schon eine Weile lang greinte Seine Magnifizenz, der Rektor der Wiener Universität, der Alma mater Rudolfina, Herr Paul de Sorbait: „Das ist der wahre Pestzunder, der das Gift der Pestilencia asiatica jahrelang bei uns festhält, denn so lange liegt wohl schon dieser – Eure Exzellenz verstatten mir das üble Wort – so lange liegt wohl schon dieser Dreck hier."

    Seine Exzellenz, der Staatsminister und Obersthofmeister Johann Michael Graf Sinzendorf lächelte mit schmalen Lippen. Dieses Lächeln schien den Rektor zu empören, denn sein Stock rührte noch wütender in der schwarzen zähen Masse.

    „Saubere Strassen sind bei der Gefährlichkeit unserer Zeit unerlässlich. Der Saturn steht in Konjunktion zum Mars. Das ist stets ein Vorbote hitziger Krankheiten!"

    Auf einen Wink des Grafen bewegten sich die beiden Sänften nebeneinander weiter. Aus dem Fenster gelehnt, hörte Sinzendorf gelassen dem Rektor zu, dessen Löwenhaupt bei jedem Satz aus den Vorhängen seines Tragsessels fuhr: „Marsilius Finicus und Quercestanus haben die Gefährlichkeit dieser Konjunktion vorausgesagt. Und seit dem zehnten August vergangenen Jahres haben die Astronomen sie beobachtet. Die Krankheitsfälle in den Vorstädten mehren sich. Die sanitären Gesetze aus der letzten Pestzeit sind in Vergessenheit geraten. Wir bekommen dieses Jahr einen Seuchensommer, oder es gibt keine Sternenkunde mehr!"

    Sinzendorf hatte noch immer sein schmales Lächeln um den Mund; Wien sei ohnehin übervölkert, so meinte er. Unter der Fuchtel des Bettelrichters stünden an die tausend Bettler und Landstörzer. Eine kleine Pestilenz würde es dem Magistrat ersparen, sie in Band und Eisen aus der Stadt zu bringen.

    Die beiden Sänften, mit denen die Träger jetzt im Zotteltrab liefen, nahmen die ganze Strassenbreite ein, so dass der dürre Harfenist und der dicke Geiger sich an die Mauer drücken mussten. Der Dürre zog artig das Spitzhütl, der Dicke rührte kaum daran, und als die Sänften vorbei waren, spuckte er ihnen nach. Dann schimpfte er mit breitem Maul: „Vergoldeter Madensack! Du Erdschrollen mit Silbertressen! Zierlicher Höllfrass, du! Leimlümmel und Krätzenfink. Dich seh ich noch geschunden und gehenkt, wenn’s einmal aufgeht in der Wienstadt!"

    Martl Bleimschein, der Geiger, sprach diesen Unflat, weil er in der einen Sänfte den Grafen Sinzendorf erkannt hatte, der den Wienern verhasst war als der schamloseste aller Diebe und Tellerlecker, die jemals einen kaiserlich-deutschen Hof ausgeplündert hatten.

    Während die beiden Sänften ihre Insassen auf dem kürzesten Weg in die Burg trugen, patschten die beiden Musikanten durch den Schmutz der Löwelkordina zu, um von dort über die Basteimauer in den Burghof zu schleichen. Die Träger der Sänften liefen immer rascher, denn alle Turmuhren der Stadt schlugen die Stunde, in der dort drüben in dem mächtigen grauen Bau ein Halbgott zu erwachen pflegte: der deutsche Kaiser aus dem Habsburger Geschlecht.

    Die kaiserliche Hofburg mit ihren dicken Mauern, den dunklen Treppen und dämmerigen Sälen wirkte an diesem Tage noch düsterer. In der zweiten Antikamera drängten sich bereits die Minister und Kavaliere, um dem Kaiser ihre Aufwartung zu machen. Das kaiserliche Lever war für acht Uhr angesagt worden, aber schon zweimal hatte der Oberstkämmerer, der in der ersten Antikamera Dienst tat, in den vorgeschriebenen Abständen an die Tür der kaiserlichen Schlafstube geklopft, es war ihm aber noch kein Zeichen des kaiserlichen Erwachens zuteil geworden. Fröstelnd standen die Mitglieder des kaiserlichen Hofstaates herum im flüsternden Klatsch der Hofgesellschaft.

    Der Obersthofmeister Graf Sinzendorf unterhielt die Herren mit den Befürchtungen des Rektors: „Seine Magnifizenz der Herr Rektor meint, dass uns die unheilvolle Stellung des Saturns und des Mars zueinander eine ganze Reihe von hitzigen Fiebern bringen werde!"

    Die etwas hohe Stimme des Marquis de Valais riss den Rektor schrill aus seinen schweren Gedanken: „Sie sagen, der Konstellassion von die Gestirn kann bringen Fieber? Sie müssen mir mehr sagen davon."

    Die Grafen Harrach und Lamberg blieben stehen und hörten zu. Graf Lamberg war ein lebenslustiger Kavalier, dem der Spott über die Bemühung des geleckten Parisers, Deutsch zu sprechen, nur so um den Mund zuckte. Er kannte den geheimen Grund dieses Zungenkrampfes.

    „Die Gestirne haben zweifellos Einfluss auf die Erdatmosphäre", gab der Rektor dem Marquis ausweichend zur Antwort, neigte sein Haupt um kaum einen halben Zoll und schritt weiter, den Stock mit ausgestrecktem Arm weit vor sich hinsetzend, wie es die steifen Schösse seines breiten Rockes aus starrem Brokat erforderten.

    „Viel Fremdländisches am Wiener Hof", sagte der Graf Weissenwolf, der gestern aus Villach angekommen war, zum jungen Grafen Lamberg. Er wies dabei auf die zwei Gruppen der Hofmusizi, die mit ihren Instrumenten wartend standen.

    „Hie italienisch – hie französisch! erklärte Graf Dietrichstein. „Zum Leide unseres lieben Inspectoris musicae kämpfen zwei Musikstile um des Kaisers Genie. Rechts sehen Sie alle, die noch auf Monteverdis Opern schwören, links alle, die den Balletten Lullys verfallen sind, weil sie eine gute Küche schätzen.

    „Gute Küche? Was hat die mit den Tonschöpfungen Lullys zu tun? Die sind zwar eine Mixtur von italienischer Messe und Pariser Tanzwut, aber ...?" lächelte Graf Lamberg.

    „Lully begann als Küchenmeister in Versailles. Man sagt, dass er jedem Kapo eines höfischen Orchesters, der seine Kompositionen fördert, auch seine Kochrezepte von einst dediziert, spottete Graf Dietrichstein. „Doch im Ernst, Weissenwolf. Ich ertrage Lullys Musik nicht mehr. Sie schmeckt wie eine stark gewürzte Pastete. Pariser Kost. Leider haben wir keine deutsche Musik, und Seine Majestät behauptet sogar, dass wir nie eine haben werden.

    Graf Lamberg meinte daraufhin, dass der Herr Hofprediger erst gestern von einem hamburgischen Musikus namens Schütz gesprochen habe, der eine Oper komponiert habe, es sei schon vierzig Jahre oder noch länger her. Graf Lamberg hatte dies kaum geäussert, da kreischte auch schon der Halskrausentenor des Marquis de Valais in das halblaut geführte Gespräch: „Oh! Sie spreschen von Pater Abraham a Santa Clara? Das sein ein serr wortgewaltige Mann in deutscher Sprasch. Aber er misch immer swingen zu spreschen Deutsch. Er bereiten mir serr grossen Qual damit!"

    Im ersten Vorzimmer standen die Kammerherren vom Dienst mit den Kammerdienern, die die Kleider des Kaisers zur Auswahl bereithielten. Der Oberstkämmerer stand mit der Uhr in der Hand an der Tür der kaiserlichen Kammer, neben ihm hielt sich der Inspector musicae, Graf Trautensberg, bereit, ins kaiserliche Schlafgemach zu treten. Er flüsterte dem Oberstkämmerer rasch noch zu: „Werden Sie das musikalische Thema, das ich Ihnen gab, auch unbemerkt auf den Nachtisch Seiner Majestät schmuggeln können, Exzellenz?"

    Der Oberstkämmerer hob beschwichtigend die Hand. „Seien Sie ohne Sorge, mon cher! Es ist mir bis heute noch immer gelungen."

    Der Oberstkämmerer klopfte zum dritten Male an diesem Morgen, da ging endlich die Tür auf. Der Oberstkämmerer betrat mit der ersten Reverenz, die ihn in die Knie sinken liess, die Schlafkammer des Kaisers. Die zwei weiteren vorgeschriebenen Reverenzen brachten den Kavalier, der fast am Boden dahinkroch, bis an das Bett seines kaiserlichen Herrn. Im Halbdunkel, das im Raume herrschte, sah der Oberstkämmerer, dass die grossen Augen des Kaisers melancholisch geradeaus blickten, sie sahen irgendwohin ins Nichts. Rasch und unbemerkt legte der Oberstkämmerer das kleine Notenblatt auf den Nachttisch und überreichte Seiner Majestät das neue Hemd, das der Kaiser nach den Vorschriften des spanischen Zeremoniells im Bett anzog. Dann kroch der Hofkavalier wieder mit drei Reverenzen zur Tür zurück, um dem Kaiser Zeit zur Morgenandacht zu lassen, die Seine Majestät an einem in der Kammer stehenden Altar verrichtete.

    Die im ersten Vorzimmer Wartenden hatten sich inzwischen zu ihrem Dienst bereitgemacht. Rektor Sorbait war zum kaiserlichen Leibmedikus Nikolaus Wilhelm Beckers von Wallhorn getreten, der ihm mit kühlen Blicken entgegensah.

    „Wie ist das allerhöchste Befinden Seiner Kaiserlichen Majestät? so fragte der Rektor, unbekümmert um die Eiseskälte des Leibmedikus. Und fügte boshaft hinzu: „Ihre Kaiserliche Hoheit, die Kaiserinmutter Eleonora, bat mich gestern abend, dem heutigen Lever Seiner Majestät beizuwohnen. um den Kaiser unauffällig auf sein Aussehen hin zu observieren.

    Die Gestalt des Leibmedikus reckte sich in einer Art von Starrkrampf, als er erwiderte: „Seine Majestät klagten gestern über eine leichte Ermüdung. Kein Wunder bei der Anwendung von Mixturen, die für den zärteren Leib Seiner Majestät kaum heilsam sein können."

    Jetzt wurde die feiste Hinterseite des Oberstkämmerers, der in tiefer Verneigung rücklings ging, im Rahmen der Kammerrür sichtbar. Er war mit seinen drei Reverenzen wieder in die erste Antikamera zurückgelangt, die Tür wurde hinter ihm wie von Geisterhänden geschlossen. Die draussen Wartenden verharrten in ehrfürchtigem Schweigen. Nach kurzer Zeit ging die Tür der kaiserlichen Schlafkammer wieder auf, alle Anwesenden versanken in die grosse Reverenz. Man sah keine Köpfe und keine Gesichter mehr, sondern nur eine Front von goldbetressten Rückenteilen. Die Kaiserliche Majestät war eingetreten.

    Die

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