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Wiener Brut
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eBook97 Seiten1 Stunde

Wiener Brut

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Über dieses E-Book

In Wien haben sich ein paar ganz böse und widerliche Menschen zusammengerottet, nennen sich die Opferrunde, verleumden, quälen und erpressen ihre Mitmenschen und freuen sich, wenn sie wieder einmal so richtig zugeschlagen haben. Wie sollte man ihnen auf die Spur kommen, wenn die Opfer schweigen oder gar nicht überleben?
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum22. Mai 2020
ISBN9783969172674
Wiener Brut

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    Buchvorschau

    Wiener Brut - Susanna Lawson

    Impressum

    -1-

    Rainer Rüpl rannte, so rasch ihn seine kurzen fetten Beine nur tragen konnten. Der Schweiß rann ihm in den Kragen und in die Haare. Ansonsten sorgfältig zu einer Beethovenfrisur gebürstet, klebten sie nun an seinem feisten Gesicht. Man hatte auf ihn geschossen – mehrmals – und ihn wie in einem billigen Fernsehkrimi mit dem Auto verfolgt. Einmal, als seine Verfolger fast auf gleicher Höhe mit ihm dahinrasten, hatte er geglaubt, das Gesicht von Morastus Seidl zu erkennen. Daraufhin hatte er gewunken und versucht, sich mit seinen Verfolgern zu verständigen. Schließlich war Morastus zwar nicht sein Freund, aber doch fast so etwas wie ein Kollege. Immerhin waren sie beide Gründungsmitglieder der „Opferrunde", bei der sie – man könnte fast sagen freundschaftlich – gemeinsam festlegten, auf welche Art man Menschen gründlich schröpfen oder vernichten konnte – so was verbindet doch menschlich.

    „Nur noch um die Ecke und dann bin ich zu Hause, ich muss es schaffen", dachte Rüpl. Aber er schaffte es doch nicht. Ein fester Schlag auf den Kopf und er sah nur Sternchen und dann nichts mehr.

    Als er wieder zu sich kam, lag er im Krankenhaus, hatte den Kopf dick eingebunden und konnte sich an nichts und niemanden erinnern. Vor ihm saßen zwei überaus hässliche Frauen, ebenso dick wie er, und betrachteten ihn neugierig. Die eine begann jetzt zu sprechen: „Na, Rüplchen, was machst denn du für Sachen?, gurrte sie neckisch. „Wo treibst du dich denn herum, du kleiner Schlingel?

    Rüpl starrte sie an, gab aber keinen Laut von sich. Jetzt war die andere der beiden Frauen am Zug: „Ja Puppsi, wo hast du denn das Beulchen her?", zwitscherte sie.

    „Offenbar meinen es die beiden gut mit mir, dachte Rüpl. „Sicher sind sie liebe Menschen und können nichts dafür, dass sie so scheußlich aussehen, die Armen. Er versuchte zu lächeln, hob segnend die Hand und murmelte undeutlich: „Danke, ihr guten Frauen."

    „Was hat der Trottel gesagt?", fragte eine der Besucherinnen erstaunt.

    „Der Fettsack hat jetzt entweder einen Gehirnschaden oder will uns pflanzen", grunzte die andere.

    Sie blieben noch eine Weile sitzen, aber da Rüpl die Augen wieder geschlossen hatte und ganz offensichtlich nicht in der Lage war zu reden, erhoben sie sich. Die Ältere der beiden, Walfi Schlatz, ihres Zeichens engagementlose Schauspielerin und der männliche Teil des Lesbenpärchens, erhob nun die Stimme: „So leb denn wohl, Rüplchen, und Gott befohlen! Wir aber heben uns hinweg, am besten in Richtung Seidl. Albine Pruncic, die als Schneiderin ihren ganzen Stolz darin setzte, gewagt gekleidet zu sein, zuckte schmerzlich zusammen. „Was, zu diesem Stinktier müssen wir? Da kann ich mich ja gleich in ein paar Hundstrümmerln wälzen. Walfi Schlatz lachte: „Ja, ich weiß, was du meinst, mein Goldi, aber er hat brauchbare Ideen, die Geld bringen. Und Geld stinkt nicht, das musst du einsehen."

    „Du bist meine G’scheite und ich tu ja gern, was du willst, flötete Albine und ging zur Tür. „Außerdem brauchen wir in nächster Zeit eine Menge Geld, denn diese Schmierenbühne im Waldviertel nimmt dich nicht für die Rolle der verruchten Lebedame, ohne dass wir fest zahlen.

    „Du brauchst gar nicht so blöd zu reden, denn in deinem sogenannten Modesalon gibt es auch nur Zippverschlüsse für halbblinde Rentner zu nähen."

    Über ihren Streit vergaßen die beiden den kranken Rüpl, der ihnen milde lächelnd zuhörte, plötzlich die Augen öffnete und leise vor sich hinsummte: „Bist du es, lächelndes Glück ..."

    „Du lieber Himmel, stöhnte die Schlatz, „komm, lass uns hier verschwinden.

    Kommerzienrat Heimer Gutfried ging von seinem Büro hinüber zum Warenlager. Seit fünfundzwanzig Jahren galt sein Eisenhandel en gros und en detail als Wiener Musterbetrieb und jedes Mal, wenn er durch sein Geschäft ging, blickte er stolz umher und freute sich über seine fleißigen Mitarbeiter. Er hatte sich immer ehrlich bemüht, ein freundlicher, guter Chef zu sein und beste Ware prompt zu liefern. Das Rezept war gut. Seine Angestellten wollten ihn zufrieden stellen, seine Kunden blieben ihm treu und vor zwei Jahren hatte er auch den heißersehnten Titel eines Kommerzialrates verliehen bekommen. Seither trug er stets einen eleganten grauen Anzug mit Gilet, ein weißes Hemd und eine dezent gemusterte Krawatte und außerdem hatte er sich angewöhnt, langsam und würdevoll dahinzuschreiten. Glücklich und zufrieden öffnete er die Türe zum weitläufigen Warenlager und sofort bekam seine Zufriedenheit einen leisen Dämpfer. Obwohl das Lager riesige Ausmaße hatte und durch große Fenster belüftet wurde, war der Geruch von Aas und Kot zu bemerken, ein Zeichen dafür, dass Morastus Seidl am Morgen die Bestandsaufnahme durchgeführt hatte. Dieser Seidl war der einzige Wermutstropfen im Leben des aufrechten Unternehmers. Wie gerne würde er diesen übelriechenden Burschen hinauswerfen. Aber das ging nicht, denn der war ein Neffe einer angeheirateten Schwägerin seiner Frau. Seine Frau hatte seinerzeit viel Geld mit in die Ehe gebracht und wann immer er ihr schonend beibringen wollte, dass Seidl ihn und alle Mitarbeiter zur Verzweiflung trieb, erzählte sie ihm eine langwierige Familiengeschichte, die er ohnedies schon auswendig kannte. Die Pointe war stets, dass es eben in jeder Familie ein schwarzes Schaf gab und wenn er entgegnete, dass nicht einmal das schwärzeste Schaf dermaßen stinken könne wie dieser Seidl, hielt sie ihm vor, dass er ihre Familie noch nie leiden habe können, nur deren Geld. Und damit hatte sie vollkommen Recht.

    Also hatte er in einem kleinen Büroraum einen Computer und einen Schreibtisch aufstellen lassen, damit Seidl wenigstens für die anderen Mitarbeiter keine all zu große Geruchsbelästigung darstellte. Und wie der Kerl immer angezogen war – eine einzige Schande. Immer dieselbe schmutzstarrende braune Hose, dazu ein kurzes Jäckchen, das er wohl für schick hielt. Er bezog ein tadelloses Gehalt, aber ganz offenbar versoff er sein Geld, anstatt sich etwas zum Anziehen zu kaufen. Und wann immer man ihm diesbezüglich einen sanften Hinweis gab, sah er einen mit seinen bösen Schweinsaugen an, als wolle er sofort losschlagen. Kommerzienrat Gutfried hatte den Verdacht, dass dieser Kerl andauernd etwas Scheußliches in seinem runden Schädel ausbrütete und es würde ihn überhaupt nicht wundern, wenn er einmal ein paar angenagelte Leichen in seinem wohlsortierten Lager finden würde.

    Seufzend zog er ein parfümiertes Taschentuch aus seiner Westentasche und hielt es sich vor die Nase. In diesem Moment öffnete sich die Tür des Seidlschen Büros und der Sargnagel des armen Kommerzienrates kam mit Unterlagen bewaffnet ins Lager. Er ging auf Gutfried zu, grinste und bat, ob er heute ausnahmsweise früher Mittagspause machen könne, er müsse einige Freunde dringend treffen. Gutfried wagte sich kaum vorzustellen, wie Freunde von diesem Stinktier aussehen könnten, aber dass er Freunde hatte, ließ sich

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