Kappa
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Über dieses E-Book
"Kappa" ist die umfangreichste und nach "Rashomon" wohl bekannteste Erzählung Akutagawas. In diesem sehr persönlichen Werk projiziert der Autor seine Gedanken zur japanischen Gesellschaft und zu seinem eigenen Leben auf die Hauptfigur, den Patienten einer Nervenheilanstalt in Tokyo. Dieser berichtet von seiner Reise in das Land der Kappas. Diese froschähnlichen Wesen leben in einer Welt, die zugleich märchenhafte wie erschreckende Merkmale aufweist. Wie bei Swifts Gulliver und bei Carrolls Alice im Wunderland verwendet Akutagawa bei der Darstellung der Kappawelt die satirischen Mittel der Übertreibung und der Umkehrung von Sachverhalten, um dem Leser einen Spiegel vorzuhalten. Es entsteht ein düsteres Menschen- und Gesellschaftsbild, das gerade durch die vermeintlich komischen Episoden an kritischer Schärfe gewinnt.
Kappa entstand im Februar 1927, nur fünf Monate vor dem Freitod Akutagawas, der in seinem Abschiedsbrief bekannte, im letzten halben Jahr seines Lebens an nichts anderes als an das Sterben gedacht zu haben. So ist der Selbstmord des Kappa-Dichters Tock im dreizehnten Kapitel der Erzählung wohl als Ankündigung seines eigenen Schicksals zu verstehen.
Ryunosuke Akutagawa
Ryūnosuke Akutagawa was one of Japan's leading literary figures in the Taishō period. Regarded as the father of the Japanese short story, he produced over 150 in his short lifetime. Haunted by the fear that he would inherit his mother's madness, Akutagawa suffered from worsening mental health problems towards the end of his life and committed suicide aged 35 by taking an overdose of barbiturates.
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Buchvorschau
Kappa - Ryunosuke Akutagawa
Kappa
Vorwort des Herausgebers
Prolog
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
XI
XII
XIII
XIV
XV
XVI
XVII
Ryūnosuke Akutagawa – Biographisches
Impressum
Vorwort des Herausgebers
Ryūnosuke Akutagawa gilt als „Vater der japanischen Kurzgeschichte". Mehr als 150 Erzählungen entstanden in seiner kurzen Schaffensperiode von 1916 bis 1927. Der nach ihm benannte Akutagawa-Preis, der halbjährlich für die beste Kurzgeschichte eines Newcomers vergeben wird, zählt zu den bedeutendsten literarischen Auszeichnungen in Japan.
Akutagawas Gedankenwelt und sein Schreibstil waren geprägt von den politischen und kulturellen Umwälzungen im Japan der Taishō-Zeit. Nach dem Ersten Weltkrieg kam es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung und zu demokratischen Experimenten, die jedoch an der Macht der Militärs scheiterten. In diesem Umfeld entwickelte sich eine kulturelle Dynamik, in der neue, vom Westen inspirierte literarische Strömungen entstanden. Akutagawa gilt als bedeutendster Vertreter der shin richi ha 新理知派, deren Vertreter auf der Suche nach einer neuen Realität von intellektuellen Elitegedanken geleitet wurden.
Kappa 河童 ist die umfangreichste und nach Rashōmon 羅生門 wohl bekannteste Erzählung Akutagawas. In diesem sehr persönlichen Werk projiziert der Autor seine Gedanken zur japanischen Gesellschaft und zu seinem eigenen Leben auf die Hauptfigur, den Patienten einer Nervenheilanstalt in Tōkyō. Dieser berichtet von seiner Reise in das Land der Kappas. Diese froschähnlichen Wesen leben in einer Welt, die zugleich märchenhafte wie erschreckende Merkmale aufweist. Wie bei Swifts Gulliver und bei Carrolls Alice im Wunderland verwendet Akutagawa bei der Darstellung der Kappawelt die satirischen Mittel der Übertreibung und der Umkehrung von Sachverhalten, um dem Leser einen Spiegel vorzuhalten. Es entsteht ein düsteres Menschen- und Gesellschaftsbild, das gerade durch die vermeintlich komischen Episoden an kritischer Schärfe gewinnt.
Kappa entstand im Februar 1927, nur fünf Monate vor dem Freitod Akutagawas, der in seinem Abschiedsbrief bekannte, im letzten halben Jahr seines Lebens an nichts anderes als an das Sterben gedacht zu haben. So ist der Selbstmord des Kappa-Dichters Tock im dreizehnten Kapitel der Erzählung wohl als Ankündigung seines eigenen Schicksals zu verstehen.
Die Originalausgabe von Kappa wurde im Jahre 1927 in der gesellschaftskritischen Monatszeitschrift Kaizō 改造 veröffentlicht. Die deutsche Erstausgabe erschien 1934 im Shōbundō-Verlag, Tōkyō.
Klaus Lerch Kaarst, im April 2017
Prolog
Dies ist die Geschichte, die der Patient Nr. 23 einer gewissen Nervenheilanstalt jedem erzählt, der ihm über den Weg läuft. Ich glaube, er ist jetzt schon über dreißig, aber er sieht sehr jung aus für sein Alter. Was er sonst bisher erlebt hat – ach, es interessiert mich nicht. Als er mir und Dr. S, dem leitenden Arzt der Anstalt, lang und breit seine Geschichte erzählte, umklammerten seine Hände die Knie, und seine Augen blickten hin und wieder durch die Eisenstangen des Fensters nach draußen, wo ein Eichenbaum stand, ganz kahl, ohne ein einziges Blatt, der seine Äste in den durch tiefhängende Schneewolken verdunkelten Himmel reckte. Er untermalte seine Erzählung mit nur wenigen Gesten, aber wenn er zum Beispiel „ich erschrak" sagte, dann warf er jedes Mal ruckartig seinen Kopf zurück…
Ich bin stolz darauf, dass es mir gelungen ist, die Geschichte vollständig, genauso wie er sie erzählt hat, schriftlich festzuhalten. Wenn Sie aber nicht zufrieden sind mit meinen Aufzeichnungen, dann besuchen Sie ihn doch selbst in der Nervenheilanstalt S. im Dorf X., unweit von Tōkyō. Der junggebliebene Patient Nr. 23 wird Sie mit einer tiefen Verbeugung begrüßen und Sie zu einem ungepolsterten Stuhl führen. Dann wird er mit einem unergründlichen Lächeln und mit ruhiger, leiser Stimme seine Geschichte wiederholen. Wenn er dann am Ende angekommen ist – ich kann mich noch gut an die Veränderung seines Gesichtsausdrucks erinnern – wird er aufspringen, seine geballten Fäuste schwingen und Sie anbrüllen: „Scher dich raus, du Schurke! Du bist auch nur so ein dummer, eifersüchtiger, obszöner, schamloser, eingebildeter, grausamer und unverschämter Rohling! Scher dich raus, du Schurke!"
I
Es war an einem Sommermorgen vor drei Jahren. Wie alle Leute hier trug ich einen Rucksack, als ich den Onsen [1] in Kamikōchi [2] verließ, um den Hotaka [3] zu besteigen. Wie Sie wissen, kann man den Hotaka nur durch das Enge Tal des Azusagawa erreichen. Ich habe diesen Berg bereits einmal bestiegen und auch schon den Yarigadake [4]. Deshalb bin ich, obwohl es an diesem Morgen sehr neblig war, ohne einen Führer aufgestiegen.
Über eine Stunde ging ich die Schlucht entlang durch den Morgennebel, der sich einfach nicht lichten wollte. Er wurde sogar immer dichter und so erwog ich, in das Gasthaus nach Kamikōchi zurückzukehren. Aber, selbst wenn ich mich zur Rückkehr entschlossen hätte, wäre mir nichts anderes übriggeblieben, als zu warten, bis sich die Nebelschwaden verzogen hätten. Da der Nebel jedoch weiterhin