Mit unbekanntem Ziel verreist? Freisinger Juden im Nationalsozialismus
Von Julia Christof
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Über dieses E-Book
Dabei waren ausgerechnet diese Männer und Frauen angesehene Bürger Freisings gewesen. Keiner von ihnen hatte geahnt, was ab 1933 geschehen würde. Als Kaufmannsfamilien waren sie täglich im guten Kontakt mit jenen Freisingern gewesen, die nun zusahen, wie die Juden entrechtet, zur Auswanderung gezwungen oder deportiert wurden. Was danach kam, ist hinlänglich bekannt: Kinder, Jugendliche und Erwachsene wurde in Konzentrations- und Vernichtungslagern gequält und ermordet.
Nur drei der hier porträtierten Freisinger überlebten den Nationalsozialismus. Keiner kehrte jemals in seine bayerische Heimatstadt zurück. Heute erinnern sogenannte "Stolpersteine" an den Verlust. Mit der temporären Ausstellung "Wenn Steine sprechen könnten" und mit diesem Buch ist nun ein weiteres Denkmal entstanden. Denn jenseits der öffentlich sichtbaren Stolpersteine erfahren wir viele interessante Details über die Lebens- und Leidenswege der betroffenen Familien und Einzelpersonen.
Verlag edition riedenburg, Salzburg * editionriedenburg.at *
Julia Christof
Julia ist Lehrerin für Geschichte, Englisch und Ethik. Starke Frauen waren ihr schon immer ein Vorbild. An Frida bewundert sie ihre Kreativität und wie sie Tabu-Themen in Bildern umsetzt.
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Buchvorschau
Mit unbekanntem Ziel verreist? Freisinger Juden im Nationalsozialismus - Julia Christof
SchülerInnen im Februar 2018 auf dem jüdischen Friedhof in Krakau (jüdisches Viertel Kazimierz).
Folgende engagierte Schülerinnen und Schüler haben am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2018/19 unter Leitung von Julia Christof teilgenommen und sich mit Beiträgen an diesem Buch beteiligt:
Simon Baumgartner
Lisa Buchauer
Kilian Fetsch
Paulina Gastl
Sabina Graßl
Laura Maitland
Jasmin Moser
Pascal Sing
Antonija Strinavić
Sarah Troll
Cornelius von Urff
Judith Wilms
Marcus Wimmer
Melanie Winkler
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort
Einführung von Julia Christof
Danksagung
Wie alles begann
Ein Beitrag zum größten Geschichtswettbewerb in Deutschland
Mit unbekanntem Ziel verreist?
Jüdisches Leben in Freising
Familie Holzer
Bernhard und Henriette Holzer
Irma Holzer
Dr. Siegfried Holzer
Dr. Hedda Holzer
Oskar und Hanna Holzer
Ilse Holzer
Dr. Martin Holzer
Familie Lewin
Marcus und Johanna Lewin
Hildegard Lewin
Familie Neuburger
Ignaz und Lina Neuburger
Die Geschwister Alfred, Siegfried und Emma Neuburger
Max Schülein
Emma Reißermayer
Historische Bilddokumente
Unfreiwillige Wohnorte
Stationen in München
Barackenlager München-Milbertshofen
Internierungslager Clemens-August-Straße 9
Die Flachsröste Lohhof
Letzte Stationen
Auschwitz, Polen
Kaunas, Litauen
Piaski, Polen
Theresienstadt, Tschechien
Überlebende
Dr. Martin Holzer
Hildegard Lewin
Emma Reißermayer
Einblicke, Rückblicke, Ausblicke
Fürs Leben lernen
Warum wir forschen. Stimmen aus dem Projekt
Was bleibt
Anhang
Glossar
Zitatnachweis
Bildnachweis
Geleitwort
Liebe Leserinnen und Leser,
das Buch, das Sie in Händen halten, ist eine Notwendigkeit. Lange Zeit wurde die Geschichte der Freisinger Juden, die dem Terror des NS-Regimes ausgesetzt gewesen waren, nicht oder nur unvollständig erzählt: Lediglich kleine Gedenksteine sorgten dafür, dass wenigstens die Namen der ehemaligen Freisinger nicht verloren gingen. Doch was sagt dem uneingeweihten Betrachter schon ein Name?
Erst die Lebensgeschichte eines Menschen ermöglicht es uns schließlich, die Person hinter dem Namen wirklich kennenzulernen. Im Fall von NS-Opfern lässt erst sie das wahre Ausmaß von Verfolgung, Entrechtung, Unterdrückung und schließlich Vernichtung deutlich werden.
Just dieses Verständnis ist nötig, damit das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus auch in Zukunft weitergetragen werden kann. Schon heute, fast ein Menschenleben nach dem Ende des Holocaust, ist die Zahl derjenigen, die diese Zeit bewusst miterlebt und auch überlebt haben, winzig; in den kommenden Jahren wird sie noch weiter abnehmen. In der bevorstehenden „Zeit ohne Zeitzeugen" die Erinnerung wachzuhalten, wird auch pädagogisch eine besondere Herausforderung – und ist gerade daher besonders wichtig. Nur wer die Vergangenheit kennt und weiß, wozu Menschen imstande waren, hat auch das Rüstzeug, um zu verhindern, dass etwas Vergleichbares sich noch einmal ereignet. Den Wiedergängern von Hass, Gewalt und Intoleranz muss jede Generation aufs Neue entgegentreten.
Das dafür nötige Wissen um die Historie hat im Falle Freisings das Projekt „Wenn Steine sprechen könnten", welches die Grundlage dieses Buches bildet, entscheidend gefördert. Die Lebensgeschichten 15 jüdischer Freisinger recherchierten auf der Grundlage vorhandener Studien die AbiturientInnen des Dom-Gymnasiums unter Anleitung von Frau Julia Christof und einem P-Seminar-Lehrer sowie mit Hilfe des Freisinger Stadtarchivars Florian Notter, denen besonderer Dank nicht nur für dieses Buch, sondern auch für das Verständnis von Geschichte gebührt, das sie den teilnehmenden SchülerInnen damit vermittelt haben.
Deren herausragende Leistung wurde völlig zu Recht bei einem Landes- und einem Bundeswettbewerb mit Preisen ausgezeichnet und beeindruckt jeden, der die fertige Ausstellung sieht – mich selbst ausdrücklich eingeschlossen. Der Ausstellung und auch diesem Buch wünsche ich daher auch in Zukunft ein möglichst großes Publikum aller Altersklassen. Denn auch wenn die Steine in Freising und andernorts nicht sprechen können: Wir, die wir erinnern, können es. Es ist und bleibt eine Notwendigkeit.
Charlotte Knobloch
Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern
Einführung von Julia Christof
Danksagung
Im Namen aller Beteiligten an diesem Projekt danke ich …
… Frau Dr. Heike Wolter, die mich bereits 2016 in ihrem Seminar zu dem Projekt ermutigte und von Anfang an immer unterstützt hat. Sie stand mir fachlich, aber darüber hinaus auch immer wieder moralisch und mit Rat und Tat zur Seite. Ohne ihre Unterstützung im Hintergrund wäre das Projekt nicht zu einem solch erfolgreichen Abschluss gekommen.
… dem Stadtarchiv Freising unter Leitung von Florian Notter, der uns mit seinen MitarbeiterInnen immer hilfreich zur Seite stand und uns zahlreiche lokale Quellen zur Verfügung gestellt hat.
… dem Stadtarchiv München für Quellenrecherche, Informationen und Hilfestellung, namentlich: Dr. Andreas Hauser, Maximilian Strnad und Brigitte Schmidt.
… dem Dom-Gymnasium Freising, das das P-Seminar ermöglicht hat, aus dem der Wettbewerbsbeitrag hervorging.
… dem Elternbeirat des Dom-Gymnasiums, der finanziell die dem Buch vorangehende Ausstellung unterstützte.
… Sandra Maurer (geborene Pfeiffer), die mit ihrer Facharbeit einen ersten Beitrag zur lokalen Geschichte Freisings und Pionierarbeit in der Aufarbeitung der jüdischen Geschichte geleistet hat und unseren Startpunkt der Recherche markierte.
… dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv und dem Landesentschädigungsamt Bayern für ihre Auskünfte.
… den unzähligen kleinen Archiven, die uns immer wieder neue Hinweise geben konnten: Stadtarchiv Weiden, Gemeindearchiv Vaterstetten, Gemeinde Zorneding, Standesamt Töging am Inn, Universitätsarchiv Greifswald, Universitätsarchiv der LMU München.
… dem Historiker und Zeitzeugen Dr. Theodor Straub aus Ingolstadt, der die Geschichten der Familie Holzer, die sich in Ingolstadt niederließ, und der Familie Schülein veröffentlichte und uns bei Fragen zur Vorgeschichte weiterhelfen konnte.
… Walter von Molo und Otto Kudrus als Zeitzeugen des Nationalsozialismus in Freising für interessante Gespräche und persönliche Erinnerungen, die sie mit uns teilten.
… dem Lindenkeller und der Stadtbücherei Freising für die gelungenen Ausstellungen in ihren Räumlichkeiten.
… Franz Holzer für das schöne Gespräch im Haus seines Großvaters, des Bruders von Oskar und Bernhard Holzer.
… Caroline Oblasser, Verlagsleiterin der edition riedenburg, die uns unterstützte, die Freisinger Geschichte zu veröffentlichen.
… Patrick Dahlke für seine Unterstützung beim Projekt und der Bucherstellung.
Wie alles begann
Die Projektidee selbst entstand in einem Geschichtsseminar an der Universität Regensburg mit dem Titel „Auschwitz im Geschichtsunterricht". Angehende Lehrkräfte setzten sich dabei im Rahmen einer Exkursion zur Gedenkstätte Auschwitz mit dem lokalgeschichtlichen Zugang zum Holocaust auseinander. Ich entschied mich, den Lebensspuren der Freisinger jüdischen Familien nachzugehen.
In einer Stadt wie Freising wird im Gegensatz zu Großstädten wie München die lokale Geschichte des Nationalsozialismus vor allem durch LokalhistorikerInnen, unter anderem durch den Historischen Verein Freising oder das Stadtarchiv Freising, exemplarisch bearbeitet. Die Verlegung der vor Ort vorhandenen Stolpersteine wurde auf private Initiativen veranlasst. Es