Rot: Texte aus dem politischen Herzen
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Über dieses E-Book
Vor allem seit den jüngsten innenpolitischen und gesellschaftlichen Veränderungen in Österreich bleiben die Finger auf den Tasten nicht mehr still. Mit spitzer Feder trifft er immer wieder ins Zentrum des sozialdemokratischen Schmerzes und die Kommentare sprechen seiner Fan-Gemeinde vielfach aus der Seele.
Wer bei ihm mitliest, kann zumindest später nicht behaupten, nicht gewusst zu haben, was passiert ...
Hannes Sonnberger
Hannes Sonnberger, Jahrgang 1958, hat in Wien Politikwissenschaft und Publizistik studiert. Nach 20 Jahren als Führungskraft in der Werbung arbeitet er seit 2005 als zertifizierter Wirtschafts-Coach und betreut Führungskräfte in Deutschland und Österreich. Bisherige Veröffentlichungen: Toolbox - das beinahe ultimative Universal-Handbuch für Führungskräfte, 2016 ROT. Aus dem politischen Herzen. 2019 BLOG BUSTER. Subjektiv und frei von Balance. 2022 www.drsonnberger.com
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Buchvorschau
Rot - Hannes Sonnberger
Gewidmet allen Aufrechten.
Inhaltsverzeichnis
Bevors mich z‘reisst
Warum ich (immer noch) Sozialdemokrat bin
Spaltung
Immer auf die Kleinen
He, Arschlöcher!
Die Angst, die uns am Miteinander hindert
Sachverhalts-Darstellung
Seid Ihr alle verrückt geworden?
Das wild gewordene Mittelmaß
12/2/34
Kern
Minderheiten-Feststellung
Faschismus
Rasierpinsel im Klo
Vielleicht
Es wäre schön ...
Keine Story
Teambuilding für die Opposition
Unerträglich
Begrifflichkeiten
Klassen-Kampf
Trotzdem
Zwei Frauen
1 Partei
Ist PolitikerIn ein Beruf?
Sehr geehrter Herr Bundespräsident!
Aus den Gräbern
56%
Mein türkiser Freund
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
Heldenplatz 2018
Hättiwari
Lieber Herr Mag. Kern!
„Die Wirtschaft schafft die Arbeit!"
Markenführung
1.1. bis 31.7
„Sachlichkeit"
Ihr werdet verlieren
Mensch sein. Schwer. Ein Leben lang
Ich versteh's nicht
Dammbruch
Dahinter
Wos geht des mi an?
Das Zweitbeste
Gemeingefährlich
5 Quartale
Alles Chimäre ...
Kurz und bündig
Abgrenzung
Die Unzeit
Fellner, Sellner: What the fuck!
Psychopathen
Selbsterkenntnis
Sprache
Mitterlehner
Bodenhaftung
Mein Freund Harvey
SPÖ und FPÖ
Scham und Schande
Der große Austausch
Staatsstreich
In Zeiten wie diesen
Es wird gefährlich
Dolleranz
Nachdenken
Jetzt. Oder doch nicht
Wollen wir – wenn möglich – eines nicht vergessen
Zorn
Es tut mir leid
Meine SPÖ
Normal
„Stabilität"
Bevors mich z‘reisst.
Das Ergebnis der Nationalratswahl 2017 hat das politische System Österreichs in den Grundfragen erschüttert. Eine zäh verteidigte und vielen verhasste Komfort-Zone fand ihr Ende und wurde von einem sehr unbehaglichen Modell abgelöst, mit dem das Land endgültig tief gespalten wurde. Zum dritten Mal ist die FPÖ in Regierungsverantwortung und dieses Mal scheint sie aus den Irrtümern, Peinlichkeiten und professionellen Mängeln der ersten beiden Versuche gelernt zu haben. Über weite Strecken hat die FPÖ die Themenführerschaft der Regierung übernommen und zu allem schrecklichen Überfluss auch jede Scheu abgelegt, die faschistische DNA zu kaschieren.
Die ÖVP der Jahrzehnte seit 1945 gibt es nicht mehr. Die türkise Wahlbewegung des Sebastian Kurz ist eine neoliberale Ansammlung ideologie- und bildungsfreier Emporkömmlinge, die skrupellose Klientelpolitik im Interesse von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung betreiben. Die Zustimmung der Mehrheit des Wahlvolks wird durch das ständige und kontrollierte Schüren rassistisch-chauvinistischer Feindbilder abgesichert.
Die Kombination ungenierter Faschisten mit unbekümmerten pseudoliberal/reaktionären Parvenues manövriert das Land aus der pluralistischen Demokratie westlicher Prägung in Richtung blank gezogener Bemühungen zur Einführung „illiberaler Demokratien" à la Visegrad-Staaten. Die SPÖ als staatsgründende und regierungsgewohnte Partei findet währenddessen keinen (Aus)Weg aus dem Dilemma zwischen kantiger Opposition und der konzeptlosen Orientierung am Meinungsforschungs-Mainstream und all seinen grausamen Verwerfungen.
Das tut (m)einem sozialdemokratischen Herzen weh. So sehr, dass sich dieses Herz immer wieder Luft verschafft, um an der Verzweiflung über die bisher ungebremste Erosion von Aufklärung, Menschenrechten, Rechtsstaat und Sozialwesen nicht zu implodieren.
Dieses Büchlein ist eine Sammlung derartiger roter Eruptionen.
Warum ich (immer noch) Sozialdemokrat bin.
Meine politische – linksliberale – Heimat ist die Sozialdemokratie. Der Grund ist in einem Wort zusammengefasst: Großzügigkeit.
Ja, jetzt kommen natürlich sofort die reflexartigen Repliken mit der Schuldenpolitik und der Misswirtschaft. Die sitze ich auf einer Arschbacke ab. Selbst beim besten Willen gelingt es nicht, auch nur eine konservativ getriebene „Sparmaßnahme" zu identifizieren, die NICHT entweder nach hinten losgegangen wäre (siehe Fotos auf den E-Cards) oder eine reale Verschlechterung ohne Gegengewinn oder sogar einen korrupten Nachgeschmack gehabt hätte.
Die Großzügigkeit im DENKEN ist der allergrößte Bonus der Sozialdemokratie. Sie hat sogar den völlig ideenbefreiten Kanzler Faymann überlebt und gleichzeitig immer noch die Essenz der Gutwilligen und der Weltoffenen – widerwillig, aber doch – bei der Stange halten können. Im Gegensatz zur ÖVP, die aus mir unerfindlichen Gründen besonders seit Schüssel zu einer Politik des Bußgürtels tendiert. Nicht eine der sogenannten Reformen hat das Leben einer Mehrheit im Land verbessert. Jedes einzelne Mal war der Schmerz der erwünschte Begleiter der Veränderung – je mehr, umso besser. So, als wollte jemand seine eigenen Sünden auf dem Rücken möglichst vieler anderer abladen – eine Politik des Sozialsadismus.
So etwas würde einem Sozialdemokraten nicht im grausamsten Albtraum einfallen.
Die Sozialdemokratie steht trotz vieler Irrungen und Wirrungen für eine Politik, die dem Menschen zugewandt ist. Dem Menschen mit seinen Fähigkeiten, Begabungen und Idealen. Sie vertritt eine Grundhaltung des Vertrauens und nicht des Misstrauens, weil sie eben nicht wie die Konservativen von der Religion der Erbsünde durchdrungen ist, die das Individuum als Schmarotzer diffamiert. Das ist der bösartigste Etikettenschwindel der ÖVP, die unter dem Deckmantel der Freiheit eine Tatsächlichkeit der Ungleichheit und der Ungerechtigkeit schafft. Und wenn seitens der ÖVP der SPÖ vorgeworfen wird, sie wolle alle „gleich machen" (wie jüngst der Nationalratspräsident Sobotka), dann rufe ich zurück: Ja, weil wir alle gleich SIND!
Großzügigkeit im Denken, in der Wissenschaft, in der Bildung, in der Kunst. Vertrauen in die Entwicklungsfähigkeit des Menschen. Freude an der Buntheit der Welt. Gerechtigkeit und Fairness für alle.
All das wird immer der sozialdemokratische Kanon sein. Und die ÖVP steht bei jedem einzelnen Punkt für das Gegenteil. Mehr muss ich nicht wissen.
Spaltung.
Es ist vollkommen unerheblich, OB das Land gespalten ist und WER daran Schuld trägt.
Es ist unübersehbar, dass es gespalten IST.
Nicht einmal das Warum spielt noch eine Rolle.
Für den gelernten Österreicher ziemlich ungewohnt. Im Land, in dem die Provisorien wie Professorien geschrieben werden und unabhängig von der Schreibweise besonders lange halten, hat sich jahrzehntelang der Usus des Durchwurschtelns eingenistet.
Damit scheint es nun vorbei zu sein.
Eine Truppe von Hasardeuren hat sich an die Schalthebel gesetzt. Und schaltet und waltet. Gerade noch notdürftig eingebremst von not-wendigen Verfassungsmehrheiten.
Die sind not-wendig, um die schlimmsten Abartigkeiten abzuwenden.
Die Gräben gehen mittlerweile durch Familien, Freundschaften und berufliche Beziehungen. Ein Essen im Wirtshaus, eine Fahrt in der U-Bahn, Anstellen bei der Supermarkt-Kasse: Die statistische Erkenntnis, dass jeder Vierte kein Problem hat, unverhohlen faschistische Ideen zu wählen, stimmt unbehaglich. Plus ein weiteres Viertel, das diesen Faschismus für zumindest tolerabel bei der Verfolgung der eigenen Ziele hält. So unverblümt hat sich das noch nie gezeigt. Learning aus meiner Sicht:
Je klarer, präziser, resoluter die derzeitigen Oppositionsparteien eine Gegenposition zu diesen Verwerfungen beziehen, umso eher entsteht die Chance, bei der nächsten Wahl eine Abwahl des aktuellen Gangs in die 3. Republik überhaupt andenken zu können.
Die Aussicht ist ohnehin mager.
Und dann wird es trotzdem kein Ende haben mit der Spaltung. Es wird im günstigsten Fall eine Mehrheit jener Parteien geben, die das Land von rechts außen langsam wieder in die Mitte rücken werden. Und das wird sich für die dann in der Minderheit Befindlichen wie links-radikal anfühlen. Im best case werden die Gräben nicht zugeschüttet. Das fühlt sich im Land, in dem die Verdrängung „erfunden" wurde, dann auch genau so an.
Mit Glück gelingt es, Hängebrücken über die Abgründe zu bauen. Über die man sich dann schwankend und fallweise aufeinander zubewegen kann.
Aber die tiefe Einsicht, dass wir uns der Aufklärung, den Menschenrechten, der sozialen Gerechtigkeit und dem Rechtsstaat verpflichtet fühlen (sollten), wird noch viele Jahre nicht mehr Allgemeingültigkeit haben. Fazit: Es müssen die Unterschiede in den politischen Konzepten superdeutlich herausgestellt werden. Und nicht die Schnittmengen. Die es de facto ohnehin nicht gibt. Oder nicht geben sollte. Das wäre wenigstens ehrlich und den Tatsachen angemessen.
Immer auf die Kleinen.
Damals auf dem Schulhof.
Der große leicht übergewichtige und untertalentierte Repetent „kümmert" sich um den Kleinen mit der Brille. Immer wieder ein Schubser, ein Rempler, ein gestelltes Haxl, bis der Kleine der Länge nach auf dem Pflaster aufschlägt.
Dann endlich kommt der Kapitän der Handballmannschaft und legt dem Fiesling eine auf. Und a Ruh is.
Unsere Regierung – gut bestückt mit Studienabbrechern und Zivilversagern – reibt mit Vorliebe bei denen auf, die sich eh schon kaum wehren können.
Die Asylwerber – schon beinahe automatisch an allem schuld, was zwickt.
Die Arbeitslosen und die Mindestgesicherten.
Die über 50-Jährigen noch Arbeitsfähigen, die keine Arbeit finden.
Die VolksschülerInnen, die nun wieder den Notendrill und den Stress ums Gymnasiumsleiberl am Hals haben.
Die Protestanten – eh nur 3,6 Prozent.
Und – wieder die Asylwerber – mit den „Ausreisezentren" und der Sicherungshaft.
Sowas funktioniert hervorragend, solange es eine Mehrheit gibt, die glaubt, in ihrer Komfort-Zone geschützt zu sein. I bin ka Asylant, mir tuat nix weh, i hob nix augstöht und mia hod der Stress in da Schui ah nix gschodt. Paaasst scho. Da Basti mocht des eh guad.
In einer gesteigerten Form schlägt dann noch zum Drüberstreun das „Stockholm-Syndrom" zu. (Das ist was Anderes als der Werther-Effekt, gell Frau Staatssekretär.) Beim