Der Falke: Butler Parker 118 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Butler Parker genierte sich. Er hielt es für äußerst exaltiert, daß Lady Agatha Simpson mit ihm Schlitten fahren wollte, denn er war der Ansicht, daß die Dame nicht mehr auf den Rodelhang gehörte. Zudem hatte Lady Agatha sich für seinen Geschmack etwas zu bunt gemustert. Die majestätische Frau trug einen Skidreß, in dem sie wie ein Astronaut aussah.
Natürlich fiel Agatha Simpson in dieser Kleidung auf. Die Wintersportler winkten ihr lachend zu und freuten sich offensichtlich über ihren Sportsgeist. Mylady winkte zurück und stampfte durch den tiefen Schnee hinauf zum Start. An sich war es überraschend, wie mühelos sie die Steigung nahm. Es zeigte sich, daß Lady Agatha körperlich noch durchaus fit war. Sie fühlte sich auch pudelwohl.
Am Vortag war sie mit ihrem Butler und ihrer Gesellschafterin in Aviemore in Zentral-Schottland, nicht weit vom berühmt-berüchtigten Loch Ness entfernt, angekommen. Der Winter hatte viel Schnee gebracht und das »Aviemore-Zentrum« war überfüllt. Es handelte sich um ein Ferienparadies, das immer sehr gut frequentiert wurde. Lady Agatha wollte sich keineswegs kriminalistisch betätigen, sondern nur amüsieren ...
Sie hatte auf ihre übliche Reise in die Schweiz verzichtet, um die heimische Wirtschaft und Fremdenindustrie zu unterstützen. Sie wohnte zusammen mit Parker und Kathy Porter in einem Holzhaus, das an ein Schweizer Chalet erinnerte. Versorgt wurden sie von einer ausgezeichneten Hotelküche, die jeden noch so ausgefallenen Wunsch erfüllte.
»Sie bewegen sich wieder mal wie eine Schnecke«, tadelte sie ihren Butler, der in dieser weißen Schneepracht deplatziert aussah. Josuah Parker trug selbstverständlich seinen dunklen Zweireiher, derbe, schwarze Schuhe, seinen schwarzen
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Der Falke - Günter Dönges
Butler Parker
– 118 –
Der Falke
Günter Dönges
Butler Parker genierte sich. Er hielt es für äußerst exaltiert, daß Lady Agatha Simpson mit ihm Schlitten fahren wollte, denn er war der Ansicht, daß die Dame nicht mehr auf den Rodelhang gehörte. Zudem hatte Lady Agatha sich für seinen Geschmack etwas zu bunt gemustert. Die majestätische Frau trug einen Skidreß, in dem sie wie ein Astronaut aussah.
Natürlich fiel Agatha Simpson in dieser Kleidung auf. Die Wintersportler winkten ihr lachend zu und freuten sich offensichtlich über ihren Sportsgeist. Mylady winkte zurück und stampfte durch den tiefen Schnee hinauf zum Start. An sich war es überraschend, wie mühelos sie die Steigung nahm. Es zeigte sich, daß Lady Agatha körperlich noch durchaus fit war. Sie fühlte sich auch pudelwohl.
Am Vortag war sie mit ihrem Butler und ihrer Gesellschafterin in Aviemore in Zentral-Schottland, nicht weit vom berühmt-berüchtigten Loch Ness entfernt, angekommen. Der Winter hatte viel Schnee gebracht und das »Aviemore-Zentrum« war überfüllt. Es handelte sich um ein Ferienparadies, das immer sehr gut frequentiert wurde. Lady Agatha wollte sich keineswegs kriminalistisch betätigen, sondern nur amüsieren ...
Sie hatte auf ihre übliche Reise in die Schweiz verzichtet, um die heimische Wirtschaft und Fremdenindustrie zu unterstützen. Sie wohnte zusammen mit Parker und Kathy Porter in einem Holzhaus, das an ein Schweizer Chalet erinnerte. Versorgt wurden sie von einer ausgezeichneten Hotelküche, die jeden noch so ausgefallenen Wunsch erfüllte.
»Sie bewegen sich wieder mal wie eine Schnecke«, tadelte sie ihren Butler, der in dieser weißen Schneepracht deplatziert aussah. Josuah Parker trug selbstverständlich seinen dunklen Zweireiher, derbe, schwarze Schuhe, seinen schwarzen Covercoat und die obligate Melone. Selbst auf seinen altväterlich gebundenen Regenschirm hatte er nicht verzichtet. Korrekte Kleidung ging ihm stets über alles. Nachlässigkeiten auf diesem Gebiet hätte er sich niemals geleistet.
Er zog einen Rennrodelschlitten hinter sich her, den Lady Agatha später zu benutzen gedachte. Da der Hang hier präpariert worden war, ließ es sich relativ leicht gehen. Dennoch drang Schneewasser in Parkers Schuhe. Der Butler wußte dieses Schmelzwasser überhaupt nicht zu schätzen. Und ihm graute schon jetzt davor, sich zusammen mit Lady Agatha in die Tiefe zu stürzen. Sie hatte sich nämlich vorgenommen, ihrem Butler die Schönheiten des Rodelns zu zeigen.
Der Betrieb auf dem Rodelhang war beträchtlich. Kinder, Halbwüchsige und Erwachsene rauschten an ihnen vorüber und erfüllten die Luft mit fröhlichem Geschrei. Links und rechts von der Rodelbahn standen große und kleine Schneemänner. Und immer neue kamen hinzu. Eine Art Seuche schien da ausgebrochen zu sein. Man schien sich zu bemühen, recht abenteuerliche Gebilde aus Schnee zu formen, Gestalten, die mit einem normalen Schneemann überhaupt nichts mehr zu tun hatten.
»Erinnern Sie mich daran, daß wir auch noch einen Schneemann bauen müssen«, sagte Lady Simpson, zu ihrem Butler gewendet.
»Wie Mylady befehlen«, erwiderte Parker und lüftete seine schwarze Melone. Parker erinnerte sich, daß die Ferienbetreuer zu einem großen Wettbewerb ausgerufen hatten. Der schönste oder eigenwilligste Schneemann sollte prämiert werden.
Einen sinnloseren Wettbewerb hätte Parker sich nicht vorstellen können. Daß seine Herrin mitmachte, wunderte ihn kaum, denn da waren einige Preise ausgesetzt worden, Nichtigkeiten, die kaum einen materiellen Wert besaßen. Auf solch einen Preis aber spekulierte Lady Simpson, die immens vermögend war und sich natürlich jede Extravaganz leisten konnte. Sie hatte nichts dagegen, mit kindlicher Freude sich an einem Wettbewerb zu beteiligen, sofern Preise winkten.
Ergeben stapfte der Butler hinter Lady Agatha Simpson her und stellte dann weit oben auf der Startlinie den Rennrodel zurecht.
»Ist das nicht ein wunderschöner Tag, Mister Parker?« Die energische Dame warf sich in die nicht gerade unterentwickelte Brust und deutete dann mit der Armbewegung eines Feldherrn auf die verschneiten Hügel, Hänge und Wälder.
»Ich hatte Sie etwas gefragt, Mister Parker«, erinnerte Lady Agatha, während ihr Butler konstant schwieg.
»Ein wahrhaft weißer Traum, Mylady, wenn ich es so ausdrücken darf«, antwortete Josuah Parker jetzt höflich.
»Eben«, sagte Lady Agatha. »Und jetzt wollen wir den Hang nehmen, Mister Parker. Ich möchte eine rasante Abfahrt erleben.«
Sie ließ sich auf den Rodelschlitten krachen, der daraufhin weitere zehn Zentimeter im Schnee verschwand. Lady Simpsons Körpergewicht war keineswegs als leicht zu bezeichnen. Sie rückte sich auf dem schmalen Schlitten zurecht und wandte sich dann ungeduldig nach ihrem Butler um.
»Worauf warten Sie noch?« fragte sie grimmig.
»Mylady bestehen darauf, daß meine bescheidene Wenigkeit sich an der Schußfahrt beteiligt?«
»Was dachten denn Sie? Der Schlitten muß ja wieder an den Start hochgebracht werden.«
»Mylady haben dann möglicherweise übersehen, daß das Raumangebot des Gleitinstrument.es nicht ausreicht.«
»Du lieber Himmel, stellen Sie sich doch nicht so an! Für Sie wird schon noch ein Plätzchen abfallen. Ich rücke ein Stück nach vorn. Mister Parker, ich merke, daß Sie wenig Sportsgeist haben.«
Josuah Parker nahm von einer Antwort Abstand. Er beugte sich hinunter und versuchte ernsthaft, den schwer belasteten Rodelschlitten in Bewegung zu setzen. Es war ihm ein wenig peinlich, daß seine Versuche in dieser Richtung von aufmerksam gewordenen Wintersportlern beobachtet und kommentiert wurden. Sie feuerten ihn sogar mit mehr oder weniger passenden Zurufen an.
Der Butler schaffte es nach einigen Versuchen, den Rennrodelschlitten in Fahrt zu bringen. Dabei erwies sich sein Universal-Regenschirm allerdings als ein wenig hinderlich.
»Schneller, schneller!« Lady Agatha geriet jetzt in Begeisterung. Sie feuerte ihren Butler ebenfalls immer wieder an, der sich ehrlich abmühte, den Schlitten zu beschleunigen. Er wollte nämlich so schnell wie möglich aus der Nähe der frotzelnden Wintersportler.
Plötzlich gerieten die Kufen auf eine feste, glatte Schneedecke. Der Schlitten tat förmlich einen Sprung nach vorn und sauste los. Parker hielt sich die schwarze Melone fest und schaffte es im letzten Augenblick, dicht hinter Lady Agatha Platz zu nehmen. Viel konnte er nicht sehen, denn Lady Agathas Schultern nahmen ihm jede Sicht. Er mußte sich allein auf ihre Steuerkünste verlassen.
In Josuah Parker stieg allmählich der häßliche Verdacht auf, daß Lady Simpsons Fertigkeiten im Steuern eines Rodelschlittens nicht besonders groß waren. Der Schlitten schlingerte, beschrieb abenteuerliche Kurven und raste dann auf einen Steilhang zu, der mit der Rodelstrecke leider überhaupt nichts mehr zu tun hatte.
Trotz der kalten Luft bildeten sich kleine Schweißperlen auf Parkers Stirn. Lady Simpson schien sich in den kleinen Bergwald rechts der Piste verliebt zu haben und schlingerte auf die ersten Bäume zu. Dann legte der Schlitten sich auf die linke Seite, passierte diese Bäume und schoß über einen Steilhang hinunter zum Ufer eines kleinen Waldsees, wo sich eine Allee der Schneemänner befand. Dicht nebeneinander standen hier die Gebilde aus Schnee und Eis. Sie warteten nur darauf, von der Preisjury beurteilt zu werden.
Plötzlich stieß Lady Simpson einen Schrei aus und visierte ungewollt einen dieser Schneemänner an. Ein Zusammenstoß ließ sich nicht mehr verhindern. Parker schloß ergeben die Augen und wartete.
*
»Mann, das darf doch nicht wahr sein«, sagte der untersetzte und etwa dreißigjährige Mann in einem etwas altmodischen Skidreß. Er sprang auf und beugte sich weit über die Brüstung der kleinen Veranda. Er schaute durch ein Fernglas zum See hinunter.
»Was liegt denn an, Pete?« erkundigte sich ein zweiter Mann, der in einem Liegestuhl lag und die Sonne genoß. Er war vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt, schlank und wirkte durchtrainiert. Er trug einen brandneuen Skianzug und sah darin aus wie ein Sportas.
»Da hat gerade einer unseren Schneemann gerammt! Ist denn das zu fassen! Ausgerechnet unseren!« Petes Aufregung steigerte sich noch. Sein volles, rundes Gesicht verzog sich zu einer Grimasse.
»Wie war das?« Der Mann sprang aus dem Liegestuhl und riß Pete das Fernglas aus den Händen. Er korrigierte die Scharfeinstellung und beobachtete nun ebenfalls das Seeufer. Dabei preßte er die Lippen fest aufeinander.
»Wir müssen sofort runter, Hale«, sagte Pete, der rundliche Mann, nervös.
»Wie stellst du dir das vor?« fragte Hale und setzte das Glas ab. »Wir dürfen uns da unten nicht blicken lassen, Pete.«
»Saudummer Zufall«, stellte Pete fest. »Was machen wir jetzt?«
»Laß mich nachdenken. Die beiden Leute da unten werden bestimmt die Polizei alarmieren.«
»Scheinen schon verdammt betagte Leute zu sein, Hale.« Pete zündete sich eine Zigarette an. »Wenn du die Ski nimmst, bist du in ein paar Minuten unten.«
»Aber wir haben doch Befehl, uns nicht wegzurühren.« Hale blieb bei seinen Bedenken.
»Jetzt herrscht Ausnahmezustand«, meinte Pete nachdrücklich. »Ich nehm’s auf meine Kappe, Hale. Schnall