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Die Bibel
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eBook2.251 Seiten20 Stunden

Die Bibel

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Über dieses E-Book

Jörg Zink ist ein Pionier der Übertragung biblischer Texte in eine verständliche und zeitgemäße Sprache: Seine Texte des Neuen Testaments erschienen erstmals 1966, die Texte des Alten Testaments 1967 in einer zeitlich geordneten und im Blick auf das Neue Testament getroffenen Auswahl.

Beide Teile wurden vom Autor 1998 noch einmal neu in Sprache gefasst und reich bebildert veröffentlicht.

Das E-Book beruht auf dieser Ausgabe und wurde sorgfältig für das Lesen auf E-Book-Readern optimiert:

- Interaktive Zwischenverzeichnisse erleichtern die Navigation/Orientierung im Textteil,
- ein Bibelstellenverzeichnis erlaubt den direkten Zugriff auf einzelne Texte,
- ein Anhang mit Zeittafel erläutert den geschichtlichen Hintergrund der biblischen Berichte und die Entstehung der einzelnen Bücher,
- 280 vergrößerbare farbige Abbildungen aus der christlichen Kunst und den Ländern der Bibel ergänzen die klare und kraftvolle Sprache der Übertragung, die auf diese Weise ein neues, anschauliches Bild der biblischen Botschaft vermittelt.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum17. Dez. 2010
ISBN9783864740886
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    Buchvorschau

    Die Bibel - Jörg Zink

    Nationalmuseum

    Inhaltsübersicht

    Hinweise für das Lesen mit E-Book-Readern

    Die »Edition Jörg Zink«

    Vorwort

    Das Alte Testament

    Das Neue Testament

    Anhang

    Bildnachweis

    Impressum

    >>

    Hinweise für das Lesen mit E-Book-Readern

    Das E-Book ist für eine Wiedergabe in mittlerer bis kleiner Schriftgröße optimiert.

    Es wird empfohlen, eine linksbündige Wiedergabe einzustellen und bei Wahl größerer Schriften unter Umständen im Querformat zu lesen, um den Zeilenaufbau des Originals zu erhalten.

    Das Kapitel Der geschichtliche Hintergrund gibt einen Überblick über die Entstehung der biblischen Texte, im Verzeichnis der Bibelstellen sind Erläuterungen zu den einzelnen Büchern zu finden. Die in manchen Lesegeräten angebotenen Wörterbücher stören nicht selten den Lesefluss, wir empfehlen, sie zu deaktivieren.

    Die Bearbeitenden sind dankbar für Hinweise auf Mängel und Fehler in dieser Ausgabe. Sie erreichen uns unter nachricht@joergzink.de.

    >>

    Die »Edition Jörg Zink«

    Die Edition versammelt durchgesehene, in enger Abstimmung mit dem Autor entstandene Ausgaben zentraler Bücher und Bilder aus dem Lebenswerk des Pfarrers und Publizisten Jörg Zink.

    Ihr Schwerpunkt liegt in der sorgfältigen Anpassung der Buchausgaben an die veränderten Möglichkeiten des elektronischen Lesens. Sie hat das Ziel, bleibend bedeutsame Beiträge des Autors zu Grundfragen des christlichen Glaubens in seinem Sinn zugänglich zu halten und weiter zu verbreiten.

    Eine kurze Biographie des Autors und Angaben zur Entstehung der vorliegenden Ausgabe sind im Abschnitt Die Übersetzung und ihr Verfasser zu finden.

    Die Schreibung von Eigennamen und Orten der Bibel erlebte im christlichen Schrifttum manches Experiment, um sie zu vereinheitlichen. Die Edition verwendet hier alltagssprachlich übliche Schreibweisen.

    Christoph Zink

    Zur Internetseite von Jörg Zink mit weiteren Links:

    > www.joergzink.de

    >>

    Vorwort

    Zu dieser Übersetzung der Bibel

    Die Bibel,

    die wir die Heilige Schrift nennen,

    bietet uns das Leben an.

    Das gelingende, zukunftsreiche Leben.

    Ihre Sprache ist die einer alten Zeit.

    Es ist darum gut,

    sie in unsere heutige Sprache

    zu übertragen.

    Sie kommt aus einem Land,

    das uns unvertraut ist.

    Es ist darum sinnvoll, dieses Land

    in Bildern zu zeigen.

    Sie ist uns nahe gekommen

    über eine zweitausendjährige Tradition.

    In den Bildern der Kunst dieser ganzen Zeit

    wird sie immer wieder ausgelegt.

    Sie wird uns heute erschlossen

    durch eine sorgfältige Wissenschaft.

    Diese Ergebnisse werden im Anhang

    kurz zusammengefasst.

    Ihr erster Teil, das Alte Testament,

    wurde für die Leser ausgewählt so,

    dass sie die für sie wichtigen Texte

    im Zusammenhang lesen können.

    Ihr zweiter Teil, das Neue Testament,

    ist vollständig wiedergegeben.

    Es wurde in den letzten Jahren durchgehend

    neu übertragen in die Sprache unserer Zeit.

    Wichtig aber ist allein,

    dem nahen Gott zu vertrauen,

    was Jesus Christus sagt, zu hören,

    und in seinem Geist zu leben.

    Jörg Zink

    >>

    Das Alte Testament

    Im Jahrtausend vor Jesus entstandene Schriften, die er selbst kannte

    Jesus vor Pilatus

    Meister der Goldenen Tafel: »Ecce homo«, Lüneburg, 15. ‍Jahrhundert [2]

    >>

    Meister der Goldenen Tafel: »Ecce homo«. Archiv Zink

    Inhalt Altes Testament

    >>

    1.

    DIE BÜCHER DER GESCHICHTE

    Die Initiale »IN« als erstes Wort der lateinischen Bibel

    »In principio creavit deus« – »Im Anfang schuf Gott«

    Genesis von Sint-Truiden (Saint-Trond), Belgien, 1170 [3]

    >>

    Genesis von Sint-Truiden (Saint-Trond), Belgien, 1170: »In principio«. Archiv Zink

    Altes Testament – Die Bücher der Geschichte

    >>

    1.1 Die Urgeschichte

    Der Anfang – die jüngere Schöpfungsgeschichte

    Die Erschaffung der Welt

    1. Mose 1,1– ‍25

    Im Anfang

    schuf Gott den Himmel und die Erde.

    Die Erde aber hatte noch kein Leben

    und keine Schönheit,

    es war alles wirr und wüst,

    und der Geist Gottes wehte

    über der unendlichen Wirrnis.

    Und Gott sprach: »Es werde Licht!«

    Und es ward Licht.

    Und Gott sah, dass das Licht gut war.

    Er schied das Licht von der Finsternis

    und nannte das Licht Tag

    und die Finsternis Nacht.

    So wurde Abend und Morgen:

    der erste Tag.

    Bild 004 >

    Sonnenaufgang [4]

    Und Gott sprach:

    »Es entstehe ein Himmel über der Erde,

    ein Gewölbe,

    das die Erde schützt vor den Wassern,

    die über der Erde sind.«

    So wurde Abend und Morgen:

    der zweite Tag.

    Und Gott sprach:

    »Das Wasser unter dem Himmel

    soll Raum geben. Es soll sich sammeln

    an besonderen Orten,

    sodass man trockenes Land sieht.«

    Und es geschah so.

    Das trockene Land nannte er Erde,

    das Wasser nannte er Meer.

    Und Gott sah, dass es gut war.

    Da sprach Gott:

    »Die Erde lasse aufgrünen Gras und Kraut,

    das Samen hervorbringt,

    jedes nach seiner Art,

    und fruchtbare Bäume,

    die in ihren Früchten Samen tragen,

    je nach ihrer Art.«

    Da brachte die Erde

    alle Arten von Pflanzen

    und von Bäumen hervor,

    und Gott sah, dass es gut war.

    So wurde Abend und Morgen:

    der dritte Tag.

    Und Gott sprach:

    »Lichter sollen scheinen

    am Gewölbe des Himmels,

    die sollen scheiden

    zwischen Tag und Nacht

    und sollen als Zeichen dienen

    für Zeiten, für Tage und Jahre.«

    Und es geschah so.

    Gott machte zwei große Lichter,

    ein großes Licht für den Tag

    und ein kleines Licht für die Nacht,

    dazu auch die Sterne.

    Er setzte sie an das Gewölbe des Himmels,

    damit sie leuchten über der Erde,

    herrschen über Nacht und Tag

    und scheiden

    zwischen Licht und Finsternis.

    Und Gott sah, dass es gut war.

    So wurde Abend und Morgen:

    der vierte Tag.

    Und Gott sprach:

    »Wimmeln sollen die Wasser

    von einer Fülle lebendiger Wesen,

    und Vögel sollen hinfliegen

    über der Erde.«

    Große Fische schuf Gott

    und alles Getier, das lebt und webt,

    von dem die Gewässer wimmeln

    je nach ihren Arten,

    und alle gefiederten Vögel

    nach ihren Arten.

    Und Gott sah, dass es gut war.

    Er segnete sie und sprach:

    »Seid fruchtbar, mehrt euch

    und füllt das Wasser im Meer.

    Und ihr Vögel, mehrt euch auf der Erde.«

    So wurde Abend und Morgen:

    der fünfte Tag.

    Und Gott sprach:

    »Die Erde bringe lebendige Wesen hervor

    je nach ihren Arten: Vieh, Kriechtiere

    und die Tiere der Erde.«

    Und es geschah so.

    Gott machte die Tiere auf dem Land,

    das Vieh und alle Kriechtiere der Erde

    je nach ihren Arten.

    Und Gott sah, dass es gut war.

    Die Erschaffung des Menschen

    1. Mose 1,26 ‍– ‍31

    Dann sprach Gott:

    »Ich will Menschen schaffen

    nach meinem Bilde, mir ähnlich.

    Die sollen höhergestellt sein

    als die Fische im Meer

    und die Vögel des Himmels,

    als das Vieh und die Tiere der Erde

    und alles, was auf der Erde kriecht.«

    Und Gott schuf den Menschen

    nach seinem Bilde

    und zwar als Mann und Frau.

    Er segnete sie und sprach:

    »Seid fruchtbar und mehrt euch,

    füllt die Erde

    und nehmt eure Verantwortung wahr

    für die Fische im Meer,

    die Vögel am Himmel, das Vieh

    und alles Getier,

    das sich auf der Erde regt.«

    Und Gott sprach: »Seht!

    Ich gebe euch alle Pflanzen der Erde,

    die Samen tragen, zur Speise

    und alle Bäume

    mit ihren Samen tragenden Früchten.

    Den Tieren des Landes,

    den Vögeln am Himmel

    und dem Getier, das auf der Erde lebt,

    gebe ich das grüne Gras

    und Laub zur Nahrung.«

    Und so geschah es.

    Und Gott sah alles an,

    was er gemacht hatte,

    und sah: Es war sehr gut.

    So wurde Abend und Morgen:

    der sechste Tag.

    Bild 005 >

    Sonnenaufgang. Foto Zink. /. Archiv Zink

    Schafe in der judäischen Wüs­te [5]

    Der Ruhetag

    1. Mose 2,1– ‍4

    So wurden Himmel und Erde geschaffen

    mit der ganzen Menge der Geschöpfe.

    Und Gott vollendete am siebten Tag

    sein Werk. Er ruhte am siebten Tag.

    Er segnete den siebten Tag

    und sagte: »Das ist mein Tag!«

    Denn an ihm ruhte er von all seinem Werk,

    das er geschaffen hatte.

    Dies ist die Geschichte der Entstehung

    von Himmel und Erde.

    So wurden sie erschaffen.

    *

    Schafe in der judäischen Wüste. Foto Erich Lessing, Berlin. /. akg-images

    Das Paradies – Die ältere Schöpfungsgeschichte

    Im Anfang der Garten

    1. Mose 2,1– ‍25

    Es war in der Zeit,

    als Gott die Erde schuf.

    Noch stand kein Steppenbusch

    auf dem Felde,

    noch wuchs kein Kraut auf der Erde,

    noch hatte Gott

    nicht regnen lassen über dem Land,

    kein Mensch war, der den Acker bebaute.

    Nur Feuchte stieg auf von der Erde

    und durchwässerte den Grund.

    Da formte Gott den Menschen

    aus Erde, aus Ackererde,

    und hauchte ihm den Atem des Lebens ein.

    So wurde der Mensch ein lebendiges Wesen.

    Und Gott schuf einen Garten,

    pflanzte ihn in Eden nach Osten hin

    und setzte den Menschen,

    den er gebildet, hinein.

    Er ließ aufwachsen vom Grunde

    allerlei Bäume, lieblich zu schauen

    und herrlich von ihnen zu essen,

    in der Mitte aber des Gartens

    den Baum des Lebens

    und den Baum der Erkenntnis

    des Guten und Bösen.

    Ein Strom ging von dort aus,

    der feuchtete den Garten

    und teilte sich von da in vier Ströme:

    Der erste heißt Pischon,

    der um Hawila fließt,

    dort findet man Gold,

    kostbares Harz und den Edelstein Karneol.

    Der zweite Strom Gihon,

    der umströmt das Land Kusch.

    Der dritte heißt Tigris,

    östlich von Assur,

    der vierte Strom Euphrat.

    Und Gott nahm den Menschen

    und setzte ihn in den Garten Eden,

    damit er ihn bebaue und hüte.

    Er gab dem Menschen die Weisung:

    »Von allen Bäumen im Garten iss!

    Nur von dem Baum der Erkenntnis

    des Guten und Bösen

    iss nicht! Denn an dem Tage,

    da du von ihm issest, bist du des Todes.«

    Und Gott sprach:

    »Es ist nicht gut,

    dass der Mensch allein ist,

    eine Hilfe will ich ihm schaffen,

    ihm gegenüber, ihm gleich.«

    So machte er aus Erde

    alles Getier des Feldes

    und alle Vögel des Himmels

    und brachte sie zu dem Menschen,

    um zu sehen, wie der Mensch sie nenne.

    Die Namen aber, die der Mensch ihnen gab,

    sollten sie tragen.

    Und der Mensch gab allem Getier,

    den Vögeln des Himmels

    und allen lebendigen Wesen Namen,

    nur für ihn selbst war keine Hilfe da,

    niemand, der ihm entsprach.

    Da breitete Gott

    einen tiefen Schlaf

    über den Menschen. Der schlief ein,

    und Gott nahm eine der Rippen

    und verschloss die Stelle mit Fleisch.

    Ein weibliches Wesen formte Gott

    aus der Rippe des Mannes

    und führte es ihm zu.

    Der freute sich und rief:

    »Endlich jemand wie ich!

    Sie wird zu mir gehören,

    denn sie ist von mir genommen!«

    Darum wird ein Mann

    Vater und Mutter verlassen

    und seiner Frau sich verbinden,

    und sie werden ein Leib sein.

    Nackt waren die beiden,

    der Mann und die Frau,

    und schämten sich nicht.

    Verlangen nach Erkenntnis

    1. Mose 3,1–13

    Aber die Schlange war listenreicher

    als alle Tiere des Feldes,

    die Gott erschaffen,

    und sprach zu der Frau: »Ist das wahr?

    Ist das wirklich wahr, dass Gott sagte:

    ›Es ist kein Baum im Garten,

    von dem euch zu essen erlaubt ist‹?«

    »Nein«, antwortete die Frau,

    »wir dürfen von allen Bäumen essen,

    nur von den Früchten des Baumes,

    der in der Mitte des Gartens steht,

    hat Gott gesagt:

    ›Nicht essen! Nicht anrühren!

    Ihr werdet sonst sterben!‹«

    Da sprach die Schlange zur Frau:

    »Glaubt doch das nicht!

    Ihr werdet nicht sterben!

    Gott hat es verboten, weil er weiß,

    dass euch die Augen geöffnet werden,

    sobald ihr davon esst,

    dass ihr sein werdet wie Gott

    und Gut und Böse unterscheiden

    und euer Leben selbst

    in die Hand nehmen könnt!«

    Bild 006 >

    Das Paradies

    Gemälde von Hieronymus Bosch [6]

    Und die Frau sah den Baum an.

    Er war schön und seine Früchte üppig.

    Sie sah ihn, eine Lust für die Augen

    und verlockend, weil er Klugheit verlieh.

    Da pflückte sie eine Frucht und aß sie

    und gab von ihr auch dem Mann, und er aß.

    Da gingen den beiden die Augen auf,

    und ihnen wurde bewusst,

    dass sie nackt waren.

    Sie flochten Feigenblätter zusammen

    und machten sich Schürzen.

    Als der Abendwind wehte,

    hörten sie Gott im Garten gehen.

    Da verbargen der Mann und die Frau sich

    unter den Bäumen im Garten.

    Aber Gott rief Adam und fragte:

    »Wo bist du?«

    Der sprach:

    »Ich hörte dich im Garten gehen

    und fürchtete mich, weil ich nackt bin,

    darum versteckte ich mich!«

    Da fragte Gott: »Wer hat dir das gesagt?

    Hast du etwa

    von den verbotenen Früchten gegessen?«

    Der Mann gab zur Antwort: »Das Weib!

    Die Frau, die du mir zugesellt hast,

    die gab mir eine Frucht, und ich aß.«

    Da fragte Gott die Frau:

    »Warum hast du das getan?«

    »Die Schlange hat mich verführt,

    und ich aß.«

    Vertreibung

    1. Mose 3,14 ‍– ‍24

    Da sprach Gott zur Schlange:

    »Weil du das getan hast,

    seist du verflucht,

    verstoßen von allem Getier,

    von allen lebendigen Wesen des Feldes.

    Auf deinem Bauch sollst du kriechen

    und Erde fressen dein Leben lang.

    Feindschaft will ich verordnen

    zwischen dir und der Frau,

    zwischen deinen Kindern und ihren Kindern.

    Ihr Nachfahr wird dir den Kopf zertreten,

    und du wirst ihn in die Ferse stechen.«

    Und er sprach zu der Frau:

    »Du sollst viel leiden,

    wenn du schwanger sein wirst.

    Unter Schmerzen

    sollst du Kinder zur Welt bringen.

    Es soll dich zu deinem Manne hinziehen,

    er aber soll über dich herrschen.«

    Zum Manne sprach er:

    »Weil du auf deine Frau gehört

    und von dem verbotenen Baum gegessen,

    so soll dein Acker verflucht sein.

    Mit Mühsal sollst du dich nähren,

    solange du lebst,

    Dornen und Disteln soll er dir tragen,

    und das Kraut auf dem Felde

    soll deine Nahrung sein.

    Im Schweiß deines Angesichts

    sollst du dein Brot essen,

    bis du wieder zu Erde wirst.

    Denn Staub bist du von der Erde,

    und Staub sollst du wieder werden.«

    Bild 007 >

    Hieronymus Bosch: »Das Paradies«. Innenflügel des Weltgericht-Triptychons, Wien, Akademie der Bildenden Künste; Foto Erich Lessing, Berlin. /. akg-images

    Pflügender Bauer bei He­bron [7]

    Da nannte Adam seine Frau »Eva«,

    das heißt: »die Mutter aller Lebendigen«.

    Und Gott

    machte dem Mann und der Frau

    Kleider aus Fellen

    und legte sie ihnen an.

    Und Gott sprach:

    »Nun ist der Mensch geworden wie wir

    und unterscheidet Gutes und Böses.

    Es darf aber nicht geschehen,

    dass er seine Hand ausstreckt,

    vom Baum des Lebens isst

    und so ewig lebt.«

    So schickte Gott ihn aus dem Garten Eden,

    und hieß ihn den Erdboden bearbeiten,

    von dem er genommen war.

    Er trieb den Menschen hinaus,

    und gab den Cheruben Befehl,

    sich zu lagern

    östlich vom Garten Eden

    mit dem flammenden, blitzenden Schwert,

    den Weg zu bewachen zum Baum des Lebens.

    Der Mord am Bruder

    1. Mose 4,1–16

    Und der Mann schlief mit seiner Frau,

    sie wurde schwanger und gebar einen Sohn.

    »Mit Gottes Hilfe«, sagte sie,

    »habe ich einen Sohn gewonnen.«

    Und sie nannte ihn Kain.

    Danach gebar sie Abel, seinen Bruder.

    Abel war ein Hirte, Kain ein Bauer.

    Jahre später begab es sich,

    dass Kain ein Opfer brachte für Gott

    von den Früchten des Feldes.

    Auch Abel opferte,

    und zwar von den erstgeborenen Lämmern

    seiner Herde und ihrem Fett.

    Und Gott sah freundlich auf Abel

    und seine Gabe,

    an Kain und seinem Opfer aber

    sah er vorbei.

    Da fasste den Kain der Zorn,

    und er starrte erbittert vor sich hin.

    Da fragte Gott ihn:

    »Warum bist du zornig?

    Warum senkst du so finster den Blick?

    Ist es nicht so? Wenn du recht tust,

    kannst du den Kopf frei erheben,

    bist du aber böse,

    so lauert die Sünde vor der Tür,

    um dich zu verschlingen.

    Du aber sollst Herr sein über sie.«

    Da sprach Kain zu seinem Bruder Abel:

    »lass uns aufs Feld gehen!«

    Aber als sie auf dem Felde waren,

    fiel er über seinen Bruder her

    und schlug ihn tot.

    Da fragte Gott den Kain:

    »Wo ist dein Bruder Abel?«

    Er antwortete: »Was weiß ich?

    Soll ich meinen Bruder hüten?«

    Gott aber fuhr fort:

    »Was hast du getan?

    Hörst du nicht,

    wie das Blut deines Bruders

    zu mir von der Erde her schreit?

    Verflucht seist du,

    verlassen von der Erde des Ackers,

    die ihren Mund aufgetan hat,

    um das Blut deines Bruders zu trinken.

    Wenn du den Acker bebaust,

    soll er dir seinen Ertrag verweigern,

    unstet und flüchtig sollst du sein

    auf der Erde!«

    »Meine Strafe ist zu schwer«, sprach Kain,

    »ich kann sie nicht tragen.

    Du verjagst mich vom Ackerland,

    fern von dir muss ich leben,

    unstet und flüchtig sein auf der Erde.

    Wer mich findet, wird mich erschlagen.«

    Gott aber sprach zu ihm: »Nein!

    Wer immer es ist, der Kain erschlägt,

    siebenfach will ich es rächen.«

    Ein Zeichen machte Gott an Kains Stirn,

    damit jeder wusste:

    Er steht unter dem Schutz Gottes.

    So ging Kain von Gott weg

    und wohnte in der Heimatlosigkeit,

    jenseits von Eden, im Osten.

    *

    Pflügender Bauer bei Hebron. Foto Zink. /. Archiv EMH

    Die Flut und der Regenbogen

    Der große Regen

    1. Mose 6,5 ‍–7,23

    Als aber Gott sah,

    dass die Bosheit der Menschen

    groß war auf der Erde

    und alles Dichten und Trachten

    ihres Herzens böse war durch und durch,

    da tat es ihm weh und er bereute,

    dass er sie geschaffen hatte,

    und er bekümmerte sich in seinem Herzen.

    Und er sprach: »Ich will den Menschen,

    den ich geschaffen, ausrotten,

    ja, vom Menschen an bis zum Vieh,

    vom Gewürm bis zu den Vögeln des Himmels

    will ich alles vernichten.

    Denn es wäre besser gewesen,

    wenn ich sie nicht geschaffen hätte.«

    An Noach aber hatte Gott Freude

    und sprach zu ihm:

    »Baue dir ein Schiff aus Holz

    und geh hinein.

    Deine ganze Familie nimm mit.

    Von allen Tieren nimm sieben Paar,

    Männchen und Weibchen,

    und hilf ihnen, am Leben zu bleiben.

    Denn nach sieben Tagen

    will ich regnen lassen

    vierzig Tage und vierzig Nächte

    und alles Lebendige,

    das ich gemacht habe, ausrotten.«

    Und Noach tat, was Gott geboten hatte.

    Mit seinen Söhnen, seiner Frau

    und den Frauen seiner Söhne

    ging er in die Arche

    vor den Wassern der Flut,

    und Gott selbst schloss hinter ihm die Tür.

    Nach sieben Tagen

    kamen die Wasser der Flut über die Erde.

    Regen strömte

    vierzig Tage und vierzig Nächte,

    das Wasser stieg und hob die Arche empor,

    und sie schwamm frei über der Erde.

    Alles, was lebendigen Atem hatte

    und auf dem trockenen Lande lebte,

    ging zugrunde,

    vom Menschen bis zum Vieh hin,

    bis zum Gewürm

    und den Vögeln des Himmels.

    Nur Noach blieb am Leben

    und was bei ihm in der Arche war.

    Dem Leben eine Chance

    1. Mose 8,1– ‍22

    Nach hundertfünfzig Tagen gebot Gott

    dem Regen vom Himmel her Einhalt,

    und das Wasser verlief sich allmählich

    und nahm ab auf der Erde.

    Nach weiteren vierzig Tagen

    öffnete Noach das Fenster

    und sandte die Taube aus, um zu sehen,

    ob das Wasser gefallen sei auf der Erde.

    Aber die Taube fand keine Stelle,

    an der sie sich niederlassen konnte,

    und kehrte in die Arche zurück.

    Da streckte Noach die Hand nach ihr aus,

    griff sie

    und holte sie zurück in die Arche.

    Dann wartete er noch einmal sieben Tage

    und sandte die Taube zum zweitenmal

    aus der Arche,

    diesmal kehrte die Taube

    gegen Abend zu ihm zurück,

    und trug ein frisches Ölbaumblatt im Schnabel.

    So merkte Noach, dass das Wasser abnahm.

    Noch einmal sieben Tage vergingen,

    und Noach sandte die Taube

    zum dritten Mal aus,

    da kehrte sie nicht mehr zu ihm zurück.

    Noach entfernte das Dach der Arche

    und hielt Ausschau und sah:

    Der Erdboden war trocken.

    Da baute er Gott einen Altar

    und nahm von allem Getier

    und allen Vögeln,

    die sich zum Opfer eigneten,

    je eines, und opferte sie.

    Als der liebliche Geruch des Opfers

    empor drang zu Gott,

    sprach Gott bei sich selbst:

    »Nicht noch einmal

    will ich die Erde verfluchen

    um des Menschen willen,

    denn das Dichten und Trachten

    des menschlichen Herzens

    ist ja doch böse von seiner Jugend an.

    Solange die Erde steht,

    sollen nicht mehr aufhören

    Saat und Ernte, Frost und Hitze,

    Sommer und Winter, Tag und Nacht.«

    Schutz über der Erde: der Regenbogen

    1. Mose 9,1–17

    Nach dem Ende der großen Flut

    segnete Gott den Noach

    und seine Söhne und sprach zu ihnen:

    »Seid fruchtbar,

    mehrt euch und füllt die Erde.

    Die Tiere der Erde

    und alle Vögel des Himmels

    sollen sich vor euch fürchten.

    Wie alle auf der Erde kriechenden Tiere

    und alle Fische des Meeres

    sind sie eurer Macht anvertraut.

    Ich aber, ich stifte einen Bund mit euch

    und mit euren Nachkommen,

    mit allen lebenden Wesen um euch her,

    mit Vögeln, Vieh

    und allem Wild des Landes!

    Meine Hilfe und meinen Schutz

    sage ich euch allen zu.

    Ich verspreche euch:

    Nie mehr soll das Leben der Erde

    in den Wassern der Flut versinken.

    Und das sei das Zeichen des Bundes,

    den ich zwischen mir und euch

    und allen lebendigen Wesen,

    die bei euch sind,

    stifte für ewige Zeiten:

    Bild 008 >

    Noach unter dem Regenbogen

    Wiener Genesis [8]

    Meinen Bogen setze ich in die Wolken

    als ein Zeichen des Schutzes,

    den ich der Erde gewähre.

    Wenn ich Gewölk über der Erde auftürme

    und der Bogen in den Wolken erscheint,

    dann sei er ein Zeichen,

    dass ich euch schützen will

    und das Wasser nie mehr

    zur Flut werden soll

    und alles Leben verderben.

    Wenn der Bogen in den Wolken steht,

    will ich an meinen Bund mit euch denken.

    Er sei das Zeichen des Schutzes,

    den ich allen lebendigen Wesen gewähre,

    die auf der Erde leben.«

    Der Turm zu Babylon

    1. Mose 11,1– ‍9

    Damals hatten alle Menschen

    dieselbe Sprache.

    Als sie nun aus dem Osten herbeizogen,

    fanden sie eine Ebene im Lande Schinar

    und siedelten sich dort an.

    Sie sprachen zueinander: »Ans Werk!

    Lasst uns Ziegel formen und brennen!«

    Der Ziegel diente ihnen als Stein

    und Asphalt als Mörtel.

    »Ans Werk!«, sprachen sie:

    »Wir bauen uns eine Stadt mit einem Turm,

    der bis an den Himmel reicht;

    dann werden wir berühmt,

    wir können beieinander bleiben

    und müssen uns nicht in alle Länder

    zerstreuen!«

    Bild 009 >

    Wiener Genesis: »Noach unter dem Regenbogen«. Archiv Zink

    Der Turmbau zu Babel

    Gemälde von Pieter Brueghel [9]

    Da fuhr Gott herab,

    sich die Stadt zu besehen

    und den Turm, den die Menschen bauten,

    und er sprach: »Wohin soll das führen?

    Sie sind ein Volk

    und sprechen eine Sprache,

    und dies ist erst der Anfang ihres Tuns.

    Nichts wird ihnen unmöglich sein,

    was immer sie planen.

    Ans Werk! Ich fahre hinab

    und verwirre ihre Sprache,

    sodass keiner mehr den anderen versteht.«

    So zerstreute Gott sie von dort

    über die ganze Erde,

    und sie mussten ihre Pläne aufgeben.

    Dies ist der Grund,

    warum sie »Babel« heißt,

    weil Gott dort

    die Sprachen der Erde »verwirrt«,

    weil er von dort

    die Menschen zerstreut hat

    über die ganze Erde.

    **

    Pieter Brueghel d.Ä.: »Der Turmbau zu Babel«. Archiv Zink

    Altes Testament – Die Bücher der Geschichte

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    1.2 Die Geschichte von den Vätern und Müttern der ältesten Zeit

    Zwischen dem 19. und dem 14. ‍Jahrhundert vor Christus

    Abraham, der Wanderer

    Ein Weg in die Fremde

    1. Mose 11,27–13,18

    Es war ein Mann namens Terach. Der war der Vater Abrahams, Nahors und Harans. Er lebte in Ur (an der Mündung des Euphrat). Abraham nahm sich Sara zur Frau und Nahor Milka. Als nun Haran vor seinem Vater Terach in seinem Vaterlande Ur starb, wanderte Terach mit seinem Sohn Abraham, mit Lot, seinem Enkel, und Sara aus Ur aus, um ins Land Kanaan zu ziehen. Sie gelangten zunächst nach Harran (im Norden Syriens) und ließen sich dort nieder. Und Gott sprach dort zu Abraham:

    »Geh aus deiner Heimat,

    verlass deine Sippe

    und deines Vaters Familie

    und zieh in ein Land,

    das ich dir zeigen will.

    Ich will dich zu einem großen Volk machen

    und dich segnen,

    und durch dich sollen alle Völker der Erde

    Segen empfangen.«

    Bild 010 >

    Abraham auf dem Lager

    Wiener Genesis [10]

    Da zog Abraham mit Lot aus. Er war fünfundsiebzig Jahre alt, als er Harran verließ. Er nahm seine Frau Sara und seinen Neffen Lot, all ihren Besitz und alle ihre Leute, und wanderte nach Kanaan. Und er zog durch das Land bis nach Sichem, wo die Orakeleiche steht, während das Land von den Kanaanäern bewohnt war. Dort erschien Gott dem Abraham und sprach zu ihm: »Deinen Kindern, deinem Stamme gebe ich dieses Land!« Und Abraham baute dort einen Altar für Gott, der ihm erschienen war.

    Danach brach er von dort auf, zog in das Gebirge östlich von Beth-El und schlug sein Zelt auf und baute Gott einen Altar. Von dort setzte er seine Wanderung fort, immer weiter dem Südlande zu.

    Er wanderte weiter und gelangte von Ort zu Ort wieder zurück nach Beth-El, wo sein Zelt am Anfang gestanden hatte. Er war sehr reich an Vieh, an Silber und Gold, und auch Lot, der mit ihm wanderte, besaß Schafe, Rinder und Zelte in Menge. Aber das Land war zu klein, als dass sie hätten beieinander wohnen können, und es wurde zu eng, so groß waren ihre Herden. So entstand Streit zwischen den Hirten von Abrahams Vieh und den Hirten von Lots Vieh.

    Da wandte sich Abraham an Lot: »Lass keinen Streit sein zwischen mir und dir, zwischen meinen und deinen Hirten! Wir sind doch Brüder! Das ganze Land liegt offen vor dir, so trenne dich doch lieber von mir. Willst du zur Linken, so gehe ich zur Rechten. Willst du zur Rechten, so gehe ich zur Linken.«

    Da sah sich Lot um, prüfte das ganze Land am Jordan und sah, dass die weite Ebene viel Wasser hatte. Wie ein Garten Gottes war sie, fruchtbar wie Ägypten. Er wählte das Land am Jordan und brach nach Osten auf. So trennten sie sich voneinander.

    Lot ließ sich am unteren Jordan nieder, wanderte hin und her und gelangte mit seinen Zelten bis Sodom. Abraham blieb auf den Bergen in Kanaan, wanderte mit seinen Zelten umher, blieb zuletzt bei der Eiche in Mamre bei Hebron und baute dort Gott einen Altar.

    Ein Schutzvertrag

    1. Mose 14,18 ‍– ‍20

    Melchisedek aber, der König von Salem – das ist Jerusalem –, ein Priester des höchsten Gottes, trug Brot und Wein aus der Stadt heraus Abraham entgegen, er segnete ihn und sprach:

    »Der höchste Gott,

    der Gott,

    der Himmel und Erde geschaffen hat,

    segne dich mit Glück und Frieden.«

    Da gab Abraham ihm den Zehnten von allem, was er besaß (als Zeichen der Anerkennung seiner Hoheitsrechte).

    Das große Versprechen

    1. Mose 15,1–17,8

    Danach geschah es, dass Gott zu Abraham in einer Vision sprach: »Fürchte dich nicht, Abraham! Ich bin dir ein Schild! Überreich ist dein Lohn.« »Herr«, sprach Abraham, »Herr, was kannst du mir geben, da ich doch kinderlos in der Fremde sterben muss? Kein Kind hast du mir gegeben, und ein Leibeigener, Eliëser von Damaskus, wird mich beerben.«

    Aber das Wort Gottes erging an ihn: »Nein, nicht dieser, sondern dein eigenes Kind wird dein Erbe sein.« Und er führte ihn hinaus ins Freie und sprach: »Schau den Himmel! Zähle die Sterne! Weißt du die Zahl? So viele werden dein Volk sein!« Er aber glaubte, und Gott rechnete es ihm an als Gerechtigkeit. Und wieder hörte Abraham:

    »Ich bin der Gott,

    der dich aus Ur in Babylon geführt hat,

    um dir dieses Land zum Erbe zu geben.

    Ich stehe zu dir und schütze dich.

    Ein Vater von Völkern sollst du sein.

    Ich will meine Treue zusagen

    dir und deinen Nachkommen in Ewigkeit.

    Dein Gott will ich sein

    und deiner Kinder Gott,

    und ich will dir und deinen Kindern

    das Land geben,

    in dem du ein Fremdling bist.«

    Drei Männer besuchen Abraham

    1. Mose 18,1–19

    Während Abraham bei den Eichen von Mamre an einem heißen Mittag im Eingang seines Zelts ruhte, erschien ihm Gott. Als er die Augen aufhob, erblickte er drei Männer – sie standen schon nahe bei ihm –, und da er sie sah, lief er ihnen von der Zelttür entgegen und sprach: »Meine Herren, habe ich Gunst gefunden in euren Augen, so geht nicht an eurem Knecht vorüber. Wasser soll man euch geben, die Füße zu waschen, und ruhen mögt ihr hier unter dem Baum. Ich will einen Bissen Brot holen, dass ihr euch stärkt. Dann mögt ihr weitergehen. Denn darum führte euch euer Weg an eurem Knecht vorbei.« Sie sprachen: »Es ist gut, tu, wie du gesagt hast.«

    Bild 011 >

    Wiener Genesis: »Abraham auf dem Lager«. Archiv Zink

    Besuch der drei Männer bei Abraham

    Russische Ikone [11]

    Da eilte Abraham ins Zelt zu Sara und sprach: »Schnell! Drei Maß Mehl! Feinmehl! Knete und mache Kuchen!« Dann lief Abraham zu den Rindern, holte ein zartes und schönes Kalb und gab es dem Knecht: »Schnell, bereite es zu!« Dann holte er Sahne und Milch und das geschlachtete Kalb, bereitete den Männern das Mahl und wartete ihnen, während sie aßen, unter dem Baume auf.

    Danach fragten sie ihn: »Wo ist Sara, deine Frau?« Er gab zur Antwort: »Hier ist sie – im Zelt!« Da fuhr der Gast fort: »Was ich sage, ist wahr: Um diese Zeit übers Jahr will ich wiederkommen, und Sara hat einen Sohn!« Sara horchte indessen hinter ihm am Eingang des Zelts. Abraham jedoch und Sara standen in hohem Alter, und es ging Sara nicht mehr nach der Weise der Frauen. So lachte denn Sara in sich hinein und dachte: »Nun, da ich welk bin, soll ich Liebeslust genießen, während mein Mann ein Greis ist!«

    Da fragte Gott: »Warum hat Sara gelacht? Warum denkt sie: ›Wie soll ich gebären, da ich alt bin?‹ Gibt es etwas, das Gott unmöglich wäre? Um diese Zeit übers Jahr will ich wiederkommen, und Sara hat einen Sohn.« Doch Sara leugnete: »Ich habe nicht gelacht!« Denn ihr war bange.

    Zuletzt erhoben sich die Männer, verließen den Ort und wandten sich Sodom zu, und Abraham ging mit ihnen und begleitete sie.

    Auf dem Wege dachte der Gast, der Gott selbst war: »Ich kann Abraham nicht verhehlen, was ich tun will. Er soll ja zu einem großen und starken Volk werden, und alle Völker sollen durch ihn meinen Segen empfangen. Ich habe ihn erwählt. Er soll seinen Kindern und allen seinen Nachkommen zeigen, was mein Wille ist. Gerechtigkeit sollen sie einhalten und Recht, damit ich sie führen, schützen und segnen kann, wie ich Abraham versprochen habe.«

    Eintreten für die fremde Stadt

    1. Mose 18,20 ‍– ‍33

    Und der Gast wandte sich an Abraham: »Die Klage über Sodom und Gomorra ist groß, und ihre Verbrechen sind schwer. Ich will hinabsteigen und sehen, ob sie wirklich getan haben, was mir zu Ohren gekommen ist, oder nicht. Ich muss es wissen.« Da wandten sich die beiden anderen Männer von dort und gingen Sodom zu, während Gott bei Abraham blieb.

    Der trat zu ihm heran und fragte: »Willst du wirklich den Gerechten mit dem Bösen zusammen vernichten? Vielleicht sind fünfzig Gerechte in der Stadt? Willst du die umbringen oder nicht vielmehr der Stadt vergeben um der fünfzig Gerechten willen? Das kann doch nicht sein, dass du den Gerechten mit dem Ungerechten tötest, sodass es dem Guten ergeht wie dem Bösen! Sollte nicht der, der ein Richter ist über die ganze Erde, Gerechtigkeit zeigen?«

    Gott sprach: »Finde in Sodom fünfzig Gerechte, so will ich die Stadt um ihretwillen verschonen.« Da fuhr Abraham fort: »Ich habe es nun schon gewagt, dir dreinzureden, obwohl ich Staub und Asche bin vielleicht fehlen an den fünfzig Gerechten fünf? Willst du um dieser fünf willen die ganze Stadt vernichten?«

    Er gab zur Antwort: »Ich will sie nicht vernichten, wenn ich fünfundvierzig finde.« »Vielleicht«, fragte Abraham weiter, »finden sich dort nur vierzig?« Er sprach: »Um der vierzig willen will ich es nicht tun.« »Mein Herr«, fuhr Abraham fort, »zürne nicht, wenn ich weiterrede. Vielleicht sind es nur dreißig.«

    Er antwortete: »Wenn ich dreißig finde, will ich es nicht tun.« Und noch einmal fing Abraham an: »Ich habe nun schon gewagt, zu meinem Herrn zu reden, vielleicht finden sich nur zwanzig?« Er sprach: »Um der zwanzig willen will ich sie nicht vernichten.« Und noch einmal fragte er: »Mein Herr, werde nicht zornig, wenn ich noch dieses eine Mal rede. Vielleicht finden sich nur zehn?«

    Da gab Gott zur Antwort: »Um der zehn willen will ich es nicht tun.« Und Gott ging weg, als er das Gespräch mit Abraham beendet hatte, und Abraham kehrte an seinen Zeltplatz zurück.

    Die Zerstörung von Sodom

    1. Mose 19,1– ‍28

    Die beiden Engel gelangten nach Sodom, als es Abend wurde und Lot gerade im Tor der Stadt saß. Als Lot sie sah, stand er auf und schritt ihnen entgegen, neigte sich mit dem Angesicht zur Erde und sprach: »Meine Herren, kehrt doch ins Haus eures Knechts ein und bleibt zur Nacht; erfrischt euch die Füße, morgen mögt ihr dann weiterziehen.« Aber sie antworteten: »Nein, im Freien wollen wir übernachten.« Doch da er ihnen weiter zuredete, kehrten sie bei ihm ein und kamen in sein Haus.

    Er bereitete ihnen das Mahl, und sie aßen. Noch hatten sie sich nicht zum Schlaf niedergelegt, da umringten die Männer von Sodom das Haus, Junge und Alte, die ganze Einwohnerschaft bis zum anderen Ende der Stadt. Sie schrien nach Lot und riefen: »Wo sind die Männer, die du zu Gast geladen hast für diese Nacht? Bring sie heraus! Wir haben Sehnsucht nach Lustknaben!«

    Da trat Lot zu ihnen hinaus vor die Tür, schloss hinter sich ab und sprach: »Meine Brüder, tut doch nichts Böses! Seht, ich habe hier zwei Töchter, die noch unberührt sind, die will ich euch herausgeben, tut mit ihnen, wozu ihr Lust habt. Aber diesen Männern tut nichts, denn sie sind nun einmal unter den Schatten meines Daches getreten.«

    Sie aber schrien: »Pack dich weg! Da ist einer hergelaufen, ein Ausländer, und will den Schlichter spielen! Wir werden dich noch übler hernehmen als die anderen!« Sie drangen mit Gewalt auf ihn ein und begannen, die Tür aufzubrechen. Da streckten aber die beiden Gäste die Hand heraus, zogen Lot zu sich ins Haus und verschlossen die Tür. Die Männer draußen vor dem Tor des Hauses aber wurden alle mit Blindheit geschlagen, sodass sie sich vergeblich bemühten, die Tür zu finden.

    Da sprachen die Männer zu Lot: »Wenn du hier noch Verwandte hast, einen Schwiegersohn, Söhne oder Töchter oder sonst jemanden, dann führe sie aus der Stadt weg, denn wir werden diesen Ort zerstören. Es ist schwere Klage über ihn vor Gott gekommen, und Gott hat uns gesandt, ihn zu vernichten.« Da ging Lot hinaus zu seinen Schwiegersöhnen, die seine Töchter heiraten sollten, und bat sie: »Auf, verlasst diese Stadt, denn Gott wird sie zerstören!« Aber seine Schwiegersöhne meinten, er scherze.

    Als nun die Morgenröte heraufzog, drängten die Engel Lot zur Eile: »Auf, nimm deine Frau und die beiden Töchter, die bei dir wohnen, damit du nicht mit umkommst im Strafgericht über diese Stadt!« Als Lot zauderte, packten die Männer seine Hand und die Hand seiner Frau und die Hände der beiden Töchter, denn Gott wollte sie verschonen, führten sie hinaus und ließen sie erst draußen vor der Stadt wieder los.

    Auf dem Weg redete der eine zu Lot: »Rettet euch! Es geht um euer Leben! Seht euch nicht um und bleibt nicht stehen in dieser ganzen Gegend. Ins Gebirge rette euch, sonst seid ihr verloren!« Da bat ihn Lot: »Ach nein, Herr! Du hast mir große Freundlichkeit erwiesen damit, dass du mich am Leben lässt, aber ins Gebirge kann ich mich nicht retten, ich würde zusammenbrechen und sterben.

    Hier ist eine Stadt in der Nähe, in die ich fliehen kann, Zoar. Sie ist klein. Dahin will ich mich retten – sie ist ja nur ganz klein –, dass ich am Leben bleibe.« Gott gab zur Antwort: »Auch diese Bitte will ich dir erfüllen: Ich will die Stadt, von der du gesprochen hast, nicht zerstören. Eile! Rette dich dorthin! Denn ich kann nichts tun, ehe du dorthin gelangt bist.«

    Die Sonne war eben über der Erde aufgegangen und Lot eben nach Zoar gekommen, da ließ Gott auf Sodom und Gomorra Schwefel und Feuer vom Himmel regnen und vernichtete die Städte, die ganze Umgebung, alle ihre Bewohner und alle Früchte auf den Feldern. Als aber die Frau Lots stehen blieb und sich umblickte, erstarrte sie und wurde zu einer Salzsäule.

    In der Morgenfrühe ging Abraham zu der Stelle zurück, an der er vor Gott gestanden hatte, und spähte nach Sodom und Gomorra hinab und über das ganze Land und sah einen Qualm von der Erde aufsteigen wie den Qualm eines Schmelzofens.

    Der versprochene Sohn

    1. Mose 21,1– ‍8

    Gott aber vergaß Sara nicht, sondern erfüllte sein Versprechen. Sie wurde schwanger und gebar dem Abraham trotz seines hohen Alters einen Sohn, und Abraham nannte den Sohn, den ihm Sara geboren hatte, Isaak.

    Und Sara sprach: »Ein Lachen hat mir Gott geschenkt! Jeder, der davon hört, wird lachen. Wer hätte je dem Abraham gesagt: Sara stillt ein Kind! Und nun habe ich ihm in seinem Alter einen Sohn geboren.«

    Das Kind gedieh, und am Tage, da es der Brust seiner Mutter entwöhnt war, feierte Abraham ein großes Fest.

    Probe auf den Gehorsam

    1. Mose 22,1–19

    Später, nach all diesen Ereignissen rief Gott: »Abraham!« Abraham antwortete: »Hier bin ich!« Und Gott sprach: »Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du lieb hast, den Isaak! Geh in das Land Moriah und opfere ihn dort als Brandopfer auf einem Berg, den ich dir zeigen werde.«

    Da stand Abraham am Morgen früh auf, sattelte seinen Esel, holte seine beiden Knechte und seinen Sohn Isaak, spaltete Holz zum Brandopfer und machte sich auf die Reise an den Ort, den Gott ihm genannt hatte. Am dritten Tag sah er den Ort von Weitem. Und er sprach zu den Knechten: »Bleibt hier bei dem Esel. Ich und der Junge wollen auf den Berg dort gehen, anzubeten, und dann zu euch zurückkommen.«

    Er nahm die Holzscheite für das Brandopfer und lud sie seinem Sohn Isaak auf; er selbst nahm das Feuer in die Hand und das Messer. So gingen die beiden miteinander. Da wandte sich Isaak an seinen Vater Abraham: »Vater!« Er antwortete: »Ja, mein Sohn, ich höre!« Und der Knabe fragte: »Hier ist Feuer und Holz, wo ist aber das Schaf zum Brandopfer?« Abraham gab zur Antwort: »Gott wird sich ein Schaf zum Brandopfer erwählen, mein Sohn.« Und so gingen die beiden miteinander.

    Und als sie an die Stätte kamen, die Gott genannt hatte, baute Abraham den Altar, schichtete die Holzscheite zurecht, band seinen Sohn Isaak und legte ihn oben auf die Holzscheite. Schon fasste er das Messer, um seinen Sohn zu töten, da rief der Engel Gottes vom Himmel her: »Abraham! Abraham!« Er antwortete: »Ich höre!«

    Der Engel fuhr fort: »Halt! Tu dem Knaben nichts zuleide, denn jetzt weiß ich, dass du Gott gehorsam bist! Du hast deinen Sohn, den einzigen, nicht verschont im Gehorsam gegen Gott!«

    Als Abraham um sich schaute, sah er, dass hinter ihm ein Widder sich mit seinem Gehörn im Gestrüpp verfangen hatte. Er ging hin, holte ihn heraus und opferte ihn anstelle seines Sohnes als Brandopfer. Und Abraham nannte die Stätte: »Gott sieht!« Darum sagt man bis heute: »Auf dem Berg, da Gott sieht.«

    Zum zweiten Mal rief der Engel vom Himmel her Abraham zu: »So spricht Gott: ›Weil du das getan und mir deinen einzigen Sohn nicht verweigert hast, will ich dich über alles Maß segnen und deine Nachkommen zahlreich machen wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des Meeres, und durch deine Nachkommen sollen alle Völker der Erde gesegnet werden.‹«

    Danach kehrte Abraham zu seinen Knechten zurück, sie brachen auf und zogen miteinander nach Beerscheba, und Abraham ließ sich dort nieder.

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    Ikone: »Drei Männer bei Abraham«. Privatbesitz, Foto Zink

    Felsendom in Jerusalem

    Blick aus der Kuppel auf den heiligen Felsen. Nach einer Überlieferung soll dies der Opferplatz Moriah gewesen sein, an dem Abraham seinen Sohn opfern sollte [12]

    Die Begräbnisstätte in Hebron

    1. Mose 23,2 ‍–19

    Und Sara starb in Hebron, im Lande Kanaan, als sie hundertsiebenundzwanzig Jahre alt war, und Abraham hielt die Totenklage für sie. Danach erhob er sich, ging zu den Hethitern und sagte zu ihnen: »Als Fremdling wohne ich unter euch. Gebt mir nun ein Grab zum eigenen Besitz, dass ich meine Tote hinaustrage und begrabe.« Da antworteten die Hethiter dem Abraham: »Höre unser Wort, Herr! Du bist in unserer Mitte als ein Fürst Gottes. Im vornehmsten unserer Gräber begrabe deine Tote. Niemand von uns wird dir sein Grab verweigern, deine Tote zu begraben.«

    Da erhob sich Abraham und verneigte sich vor den Herren des Landes, den Hethitern, und sprach: »Gefällt es euch, dass ich meine Tote hinaustrage und begrabe, so hört mich und bittet für mich Efron, dass er mir die Höhle Machpela gebe, die ihm gehört und die am Ende seines Besitzes liegt; den vollen Kaufpreis will ich ihm bezahlen.«

    Efron aber saß in der Volksversammlung der Hethiter und antwortete dem Abraham vor den Ohren der Hethiter, die auf dem Versammlungsplatz am Tor der Stadt saßen: »Nein, mein Herr, höre mein Wort: ich schenke dir das Feld und die Höhle darauf, vor den Augen meines Volkes schenke ich sie dir. Begrabe du nur deine Tote!«

    Da verneigte sich Abraham vor den Bewohnern des Landes und sprach zu Efron: »Ach, höre doch auf mich! Ich bezahle den Preis, den das Feld wert ist, nimm ihn von mir an, dass ich meine Tote begrabe.«

    Efron erwiderte dem Abraham: »Ich bitte dich, mein Herr! Ein Land, das vierhundert Silberstücke wert ist – was ist das zwischen dir und mir? Begrabe nur deine Tote!« Abraham hörte auf Efron und wog vor ihm das Geld ab, von dem er gesprochen hatte: Vierhundert Silberstücke nach dem Gewicht, das im Handel üblich war. So fiel das Feld Efrons bei Machpela gegenüber Mamre samt der Höhle und allen Bäumen auf dem Feld rings auf seinem ganzen Gebiet an Abraham als Eigentum vor den Augen der Hethiter und der ganzen Volksversammlung am Tor der Stadt.

    Und Abraham begrub seine Frau Sara in der Höhle bei Hebron, im Lande Kanaan.

    *

    Felsendom, Blick aus der Kuppel. Foto Garo Nalbandian, Jerusalem. /. Archiv EMH

    Isaak, Jakob und ihre Frauen

    Die Brautreise des Eliëser

    1. Mose 24,1– ‍27

    Abraham war alt und hochbetagt, und Gott hatte ihn in allem reich gesegnet. Da sprach er zu dem ältesten Knecht seines Hauses, der all seinen Besitz verwaltete: »Ich nehme dir einen Eid ab beim Gott des Himmels und der Erde, dass du für meinen Sohn keine Frau bestimmst, die von den Einwohnern dieses Landes abstammt. In meine Heimat, zu meiner Verwandtschaft sollst du ziehen und dort eine Frau wählen für meinen Sohn Isaak.«

    Da antwortete der Knecht: »Aber vielleicht will die Frau mir nicht in dieses Land folgen? Soll ich dann deinen Sohn in das Land zurückbringen, aus dem du weggezogen bist?«

    »Hüte dich wohl«, erwiderte Abraham, »meinen Sohn dorthin zurückzubringen. Der Gott des Himmels und der Erde, der mich aus dem Haus meines Vaters und aus dem Land meiner Verwandtschaft geführt hat, der wird seinen Engel vor dir hersenden und dir Gelingen schenken, sodass du meinem Sohn eine Frau nehmen kannst. Wenn die Frau dir aber nicht folgen will, dann bist du von deinem Eid frei. Aber meinen Sohn darfst du nicht dorthin zurückführen.« Da schwor der Knecht auf sein Wort.

    Dann nahm er zehn von den Kamelen seines Herrn und trat die Reise an. Allerlei Kostbarkeiten seines Herrn führte er mit sich und zog so nach Syrien in die Stadt Nahors. Dort ließ er die Kamele niederknien, draußen vor der Stadt am Brunnen, um die Abendzeit, zu der Stunde, in der die Frauen zum Wasserschöpfen herauszukommen pflegten, und sprach: »Herr, du Gott meines Herrn Abraham, gib mir Glück zu meinem Vorhaben und erweise deine Huld meinem Herrn Abraham. Hier, am Wasserbrunnen, stehe ich, und die Töchter der Bewohner dieser Stadt werden herauskommen, um Wasser zu schöpfen. Das Mädchen nun, zu dem ich sage: ›Neige doch deinen Krug, dass ich trinke‹, und die dann antwortet: ›Ja, trinke! Auch deine Kamele will ich tränken!‹, die hast du für deinen Knecht Isaak bestimmt.«

    Kaum hatte er diese Worte zu Ende gesprochen, da kam Rebekka, die Tochter Betuels, die Enkelin der Milka, der Frau des Nahor, des Bruders Abrahams, und trug den Krug auf der Schulter. Das Mädchen war sehr schön von Gestalt und Aussehen, unberührt noch und unverheiratet. Sie stieg zur Quelle hinab, füllte ihren Krug und kam herauf. Da lief der Knecht ihr entgegen und bat: »Lass mich doch ein wenig Wasser aus deinem Krug trinken!« Sie erwiderte: »Trinke, Herr!«, ließ den Krug auf ihre Hand herab und gab ihm zu trinken. Und als sie ihn hatte trinken lassen, soviel er wollte, sprach sie: »Auch deinen Kamelen will ich schöpfen, bis sie sich satt getrunken haben.« Mit einer raschen Bewegung leerte sie ihren Krug in die Tränkrinne, lief noch einmal zur Quelle hinab, um zu schöpfen, und brachte Wasser für alle seine Kamele.

    Der Mann schaute ihr schweigend zu, um zu sehen, ob Gott seine Reise würde gelingen lassen oder nicht. Als auch die Kamele sich sattgetrunken hatten, nahm der Mann einen goldenen Stirnreif, sechs Gramm schwer, und zwei goldene Armreifen, hundertzwanzig Gramm schwer, und sprach: »Wessen Tochter bist du? Sage mir: Ist im Hause deines Vaters Raum, dass wir herbergen?« Sie antwortete: »Ich bin die Tochter Betuels, des Sohnes der Milka, den sie dem Nahor geboren hat! Stroh und Futter haben wir reichlich, und es ist genug Platz zum Übernachten.«

    Da beugte sich der Mann nieder zur Erde, betete zu Gott und sprach: »Gepriesen sei der Gott meines Herrn Abraham, dass er seine Freundlichkeit und Treue nicht von ihm gewendet hat. Zum Hause der Brüder meines Herrn hat Gott mich geführt.«

    Das große Wagnis der Rebekka

    1. Mose 24,28 ‍– ‍67

    Mittlerweile lief das Mädchen und erzählte alles im Hause ihrer Mutter. Nun hatte Rebekka einen Bruder namens Laban, und als Laban den Ring und die Armspangen an den Händen seiner Schwester sah und ihre Worte hörte, da lief er zu Eliëser hinaus, fand ihn bei seinen Kamelen am Brunnen und sprach: »Komm herein, du Gesegneter des Herrn! Warum stehst du draußen? Ich habe das Haus vorbereitet, und es ist Raum für deine Kamele!«

    Er führte ihn in sein Haus, zäumte die Kamele ab, gab ihnen Stroh und Futter und gab ihm Wasser, die Füße zu waschen und die Füße der Männer, die ihn begleiteten. Und man bereitete das Mahl. Er aber sprach: »Ich will erst essen, wenn ich meine Sache vorgetragen habe.« Sie antworteten: »So sprich!«

    Da berichtete er: »Ich bin der Knecht Abrahams. Gott hat meinen Herrn reich gesegnet, sodass er mächtig geworden ist, und hat ihm Schafe und Rinder, Silber und Gold, Knechte und Mägde, Kamele und Esel gegeben. Sara, die Frau meines Herrn, hat noch in hohem Alter meinem Herrn einen Sohn geboren, und Abraham hat diesem seinem Sohn all sein Erbe übergeben. Nun hat mein Herr mich schwören lassen: ›Du sollst für meinen Sohn keine Frau wählen von den Töchtern der Kanaanäer, in deren Land ich wohne. In meines Vaters Haus sollst du gehen und zu meiner Sippe und meinem Sohn eine Frau suchen.‹ Ich antwortete meinem Herrn: ›Vielleicht will mir die Frau nicht folgen?‹ Da sagte er mir: ›Gott, dem ich gedient habe und an den ich glaube, wird seinen Engel mit dir senden und dir deine Reise wohl gelingen lassen, sodass du eine Frau aus meiner Sippe und aus meinem Vaterhaus für meinen Sohn wählen kannst. Aber du bist von deinem Eid frei, wenn du zu meiner Sippe gekommen bist und man dir die von dir gewählte Frau nicht gibt.‹ Als ich nun heute zu dem Wasserbrunnen kam, sprach ich: ›Herr! Du Gott meines Herrn Abraham, wenn du mir Glück geben willst zu meiner Reise, auf der ich mich befinde: Hier stehe ich am Quell; wenn nun ein Mädchen herauskommt, um zu schöpfen, und ich sage ihr: Gib mir doch ein wenig Wasser aus deinem Krug zu trinken, und sie antwortet mir: Trinke! Und auch deinen Kamelen will ich schöpfen – dann sei sie die Frau, die du für den Sohn meines Herrn bestimmt hast.‹ Kaum hatte ich in meinem Herzen diese Worte geredet, da kam Rebekka heraus, den Krug auf der Schulter, stieg zur Quelle hinunter und schöpfte. Ich bat sie: ›Gib mir doch zu trinken!‹ Da nahm sie rasch den Krug von der Schulter und sprach: ›Trinke! Auch deine Kamele will ich tränken.‹ Da trank ich, und sie tränkte auch die Kamele. Ich fragte sie: ›Wessen Tochter bist du?‹ und sie antwortete: ›Ich bin die Tochter Betuels, Nahors Sohn, den ihm die Milka geboren hat.‹ Darauf legte ich ihr einen Ring an die Stirn und Armreifen an ihre Hände, beugte mich nieder, betete den Herrn an und pries ihn, den Gott meines Herrn Abraham, der mich den rechten Weg geführt hat zur Tochter des Bruders meines Herrn. Und nun: Wenn ihr Liebe und Treue an meinem Herrn erweisen wollt, so sagt es mir! Wenn nicht, so sagt es mir auch, dann muss ich anderswo suchen.«

    Da antworteten Laban und Betuel und sprachen: »Das kommt von Gott! Darum können wir nichts dazu sagen, weder Böses noch Gutes. Da ist Rebekka! Sie steht vor dir! Nimm sie und zieh hin, dass sie die Frau des Sohnes deines Herrn sei, wie Gott es bestimmt hat.« Abrahams Knecht hörte diese Worte und neigte sich vor Gott nieder auf die Erde.

    Danach holte er silberne und goldene Schmuckstücke und Gewänder hervor und gab sie Rebekka; auch ihrem Bruder und ihrer Mutter übergab er kostbare Geschenke. Sie aßen und tranken, er und die Männer, die ihn begleiteten, und sie blieben zur Nacht.

    Am Morgen standen sie auf, und er sprach: »Lasst mich zu meinem Herrn ziehen!« Aber Rebekkas Bruder und ihre Mutter sprachen: »Lass doch das Mädchen noch einen oder zehn Tage bei uns bleiben, dann mag sie gehen!« Er antwortete: »Haltet mich nicht auf, denn Glück hat Gott zu meiner Reise gegeben! Lasst mich ziehen! Ich will zu meinem Herrn heimkehren!« Da sprachen sie: »Wir wollen das Mädchen rufen und sie selbst fragen.« Und sie riefen Rebekka und fragten sie: »Willst du mit diesem Mann ziehen?« Sie sprach: »Ja, ich will!«

    Bild 013 >

    Ka­mel­ka­ra­wa­ne [13]

    Da entließen sie ihre Schwester Rebekka und deren Amme, den Knecht Abrahams und seine Leute und segneten Rebekka mit dem Spruch:

    »Unsere Schwester! Wachse du!

    Werde zu vieltausendmal Tausend,

    und dein Geschlecht bezwinge

    die Tore seiner Feinde!«

    So brach Rebekka auf mit ihren Mägden. Man setzte sie auf die Kamele, und sie zog hinter dem Mann her. Isaak aber hatte beim »Brunnen des Lebendigen, der mich sieht« gezeltet, er wanderte nämlich zu der Zeit im Südland. Als nun Isaak um die Abendzeit auf das Feld hinausging und in die Ferne blickte, sah er Kamele sich nähern. Auch Rebekka sah Isaak kommen, glitt vom Kamel und fragte den Knecht: »Wer ist der Mann, der uns auf dem Feld entgegenkommt?« Der antwortete: »Es ist mein Herr!« Da nahm sie den Schleier und verhüllte sich.

    Und der Knecht erzählte Isaak alles, was er ausgerichtet hatte. Isaak brachte Rebekka in das Zelt seiner Mutter Sara, sie wurde seine Frau, und er gewann sie lieb.

    Abrahams Tod

    1. Mose 25,8 ‍–11

    Und Abraham starb in hohem Alter, als er ein Greis war und satt von langem Leben. Seine Söhne begruben ihn in der Höhle von Machpela. Dort liegt Abraham begraben mit seiner Frau. Nach dem Tode Abrahams schenkte Gott dem Isaak Glück und Gedeihen, und Isaak wohnte bei dem »Brunnen des Lebendigen, der mich sieht«.

    Die Zwillinge

    1. Mose 25,20 ‍– ‍26

    Vierzig Jahre war Isaak alt, als er Rebekka zur Frau nahm, und er bat Gott für seine Frau, denn sie war danach zwanzig Jahre lang ohne Kind. Da ließ Gott sich erbitten, und Rebekka wurde schwanger. Aber die Kinder in ihrem Leibe stießen sich, sodass sie fragte: »Wenn es mir so ergehen soll, wozu bin ich schwanger geworden?«

    Und sie ging zu einer Kultstätte, um einen Gottesspruch zu erlangen. Und der Spruch Gottes lautete:

    »Zwei Völker sind in deinem Leibe.

    Zwei Völker werden von dir ausgehen.

    Das eine wird das andere unterjochen,

    das ältere wird dem jüngeren dienen.«

    Als nun die Zeit kam, dass sie gebären sollte, waren Zwillinge in ihrem Schoß. Der erste, der herauskam, war rötlich, rau wie ein Fell. Ihn nannte sie Esau. Nach ihm kam sein Bruder, den nannte sie Jakob. Und die Hand Jakobs hielt die Ferse des Esau. (Das sollte bedeuten: Er war der Überlegene.)

    Das Erstgeburtsrecht des Esau

    1. Mose 25,27– ‍34

    Die Kinder wuchsen heran, und Esau wurde ein Jäger, ein Mann, der auf dem Felde streifte, Jakob dagegen ein stiller Mann, der bei den Zelten blieb. Isaak liebte den Esau, weil er gerne Wildbret aß, Rebekka hingegen liebte Jakob.

    Als Jakob einmal dabei war, ein Gericht zu kochen, kehrte Esau erschöpft vom Felde zurück und rief Jakob zu: »Gib mir doch von dem Roten da zu essen! Ich kann nicht mehr!« Jakob aber entgegnete: »Erst verkaufe mir dein Erstgeburtsrecht!« Und Esau gab zurück: »Ach was! Ich sterbe ja vor Hunger! Was soll mir das Erstgeburtsrecht helfen!« Da forderte Jakob: »Schwöre erst!«

    Esau schwor und verkaufte sein Erstgeburtsrecht, und Jakob gab dem Esau Brot und gekochte Linsen. Der aß und trank, stand auf und ging davon.

    Das Versprechen gilt weiter

    1. Mose 26,1– ‍4

    Einst kam eine Hungersnot über das Land, da wechselte Isaak seine Weideplätze ins Land der Philister hinab, zu dem König Abimelech, nach Gerar. Und Gott erschien ihm und gab ihm die Weisung:

    »Ziehe nicht nach Ägypten!

    Wohne in dem Lande, das

    ich dir anweise!

    Bleibe in ihm ein Fremdling,

    so will ich mit dir sein und dich segnen,

    denn dir und deinen Kindern

    will ich all dieses Land geben.

    Gelten soll das Versprechen,

    das ich deinem Vater Abraham gab.

    Zahlreich sollen deine Kinder sein

    wie die Sterne am Himmel,

    und durch sie sollen gesegnet werden

    alle Völker der Erde.«

    Der große Betrug

    1. Mose 27,1– ‍46

    Isaak wurde alt, und seine Augen erblindeten, sodass sie nicht mehr sehen konnten. Da rief er seinen älteren Sohn Esau: »Mein Sohn!« »Hier bin ich!«, antwortete der. Und er fuhr fort: »Sieh, ich bin alt geworden und weiß nicht, wann ich sterben werde. Nimm dein Jagdzeug, deinen Köcher und Bogen, geh aufs Feld und jage mir ein Wildbret. Bereite mir ein Essen, wie ich es gern habe, und bring mir’s herein. Denn ich will dich segnen, ehe ich sterbe.« Rebekka aber hatte heimlich zugehört, als Isaak mit seinem Sohn Esau sprach.

    Und Esau ging hinaus aufs Feld, um ein Wild zu jagen und heimzubringen. Da redete Rebekka mit Jakob, ihrem Sohn: »Gib acht! Ich habe deinen Vater zu Esau, deinem Bruder, sagen hören: ›Bring mir ein Wildbret und mach mir ein Festessen, denn ich will dich segnen, ehe ich sterbe.‹ Höre gut zu, mein Sohn, und tu, was ich dir sage! Geh zur Herde und hole zwei schöne Ziegenböckchen, ich will ein Essen daraus zubereiten, wie es dein Vater gern hat. Das bringst du zu deinem Vater hinein, er soll es essen und dich vor seinem Tode segnen.«

    Jakob antwortete seiner Mutter: »Mein Bruder Esau ist rau – ich bin glatt! Mein Vater könnte mich betasten! Ich würde als Betrüger dastehen, und er brächte einen Fluch über mich statt eines Segens!«

    Aber seine Mutter gab zur Antwort: »Der Fluch komme auf mich, mein Sohn! Gehorche mir nur, geh und hole mir die Böckchen!« So ging er, holte sie und brachte sie seiner Mutter, und seine Mutter bereitete ein Festmahl. Sie nahm Esaus, ihres älteren Sohnes, Festkleider, die sie bei sich im Zelt hatte, und legte sie ihrem jüngeren Sohn Jakob an. Mit den Fellen der Ziegenböckchen umkleidete sie seine Hände und seinen glatten Hals, dann gab sie das Essen und das Brot, das sie gebacken hatte, ihrem Sohn Jakob in die Hand. Der ging zu seinem Vater hinein und sprach: »Mein Vater!«

    Der antwortete: »Ja, ich höre! Wer bist du, mein Sohn?« Jakob sprach weiter: »Ich bin Esau, dein erstgeborener Sohn. Ich habe getan, was du mir befohlen hast. Setze dich auf und iss von meinem Wildbret und segne mich danach.«

    Da antwortete Isaak seinem Sohn: »Wie hast du so schnell etwas gefunden?« Er sprach: »Der Herr, dein Gott, ließ es mir über den Weg laufen!« Da fuhr Isaak fort: »Komm doch her, ich will dich betasten, ob du wirklich mein Sohn Esau bist oder nicht!« Jakob trat zu seinem Vater Isaak heran, Isaak betastete ihn und sprach: »Die Stimme ist Jakobs Stimme, aber die Hände sind Esaus Hände!« Er erkannte ihn nicht, denn seine Hände waren rau wie Esaus, seines Bruders Hände.

    Und er fragte noch einmal: »Bist du mein Sohn Esau?« »Ja«, antwortete Jakob. »Ich bin es.« »So bereite mir den Tisch. Ich will von dem Wildbret meines Sohnes essen und ihn segnen.« Jakob trug ihm auf, und Isaak aß. Er brachte ihm auch Wein, und Isaak trank. Und der Vater sprach zu ihm: »Komm her zu mir, mein Sohn, damit ich dich küsse!« Isaak küsste ihn, und als er den Geruch seiner Kleider roch, sprach er den Segen über ihn:

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    Frau, ein Kamel reitend. Foto Zink. /. Archiv EMH

    Isaak segnet Jakob

    Gemälde von Govert Flinck [14]

    »Siehe, der Geruch meines Sohnes

    ist wie der Geruch des Feldes,

    das der Herr gesegnet hat.

    Es gebe dir Gott vom Tau des Himmels

    und von der Fettigkeit der Erde,

    er gebe dir Korn und Wein die Fülle.

    Völker sollen dir dienen,

    Stämme dir zu Füßen fallen.

    Sei ein Gebieter über deine Brüder,

    neigen sollen sich vor dir

    die Söhne deiner Mutter.

    Verflucht sei, wer dir flucht,

    gesegnet sei, wer dich segnet!«

    Als nun Isaak den Segen über Jakob gesprochen hatte und Jakob eben von seinem Vater Isaak weggegangen war, kam sein Bruder Esau von der Jagd zurück. Auch er bereitete ein Festmahl, trug es zu seinem Vater hinein und sprach: »Richte dich auf, mein Vater, iss von dem Wildbret deines Sohnes und segne mich!«

    Da fragte Isaak, sein Vater: »Wer bist du? Er antwortete: »Ich bin Esau, dein erstgeborener Sohn.« Da erschrak Isaak zu Tode und fragte: »Wer war denn der Jäger, der vor dir ein Wild erjagt und mir gebracht hat? Ich habe von allem gegessen, bevor du hereinkamst, und habe ihn gesegnet! Er wird auch gesegnet bleiben!«

    Als Esau diese Worte seines Vaters hörte, schrie er auf vor Schmerz und rief: »Segne doch auch mich, mein Vater!« Der aber sprach: »Dein Bruder ist

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