Schweres Foul: Im Labyrinth des schönstes Spiels der Welt
Von Dominique Taboga
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Über dieses E-Book
In "Schweres Foul" erzählt Taboga über sein Leben als Fußballprofi, über Schattenseiten wie Wettspielmafia, Schwarzgeld und Doping, über Ehe, Familie, Selbstmordabsichten und Scheidung und darüber, was er gelernt hat. "Was ich gemacht habe, dass ich meine damalige Frau und meine Kinder in Gefahr gebracht habe, das werde ich mir nie verzeihen können. Ich war jung, naiv und deppert. Sehr deppert sogar. Irgendwie ist es ein Wunder, dass ich heute noch lebe."
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Buchvorschau
Schweres Foul - Dominique Taboga
DOMINIQUE TABOGA
SCHWERES
FOUL
Impressum
Dominique Taboga – Schweres Foul
1. Auflage
© Copyright 2017
egoth Verlag
GmbH Untere Weißgerberstr. 63/12
1030 Wien
Alle Rechte vorbehalten. Jegliche Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlags.
ISBN: 978-3-902480-40-8
Lektorat: Lisa Krenmayr
Coverbild und alle weiteren Bilder: APA-Picturedesk, GEPA,
Privatarchiv Dominque Taboga, Pixabay
Grafische Gestaltung und Satz: Clemens Toscani / Studio.Toscani.at
Printed in the EU
Gesamtherstellung: egoth Verlag GmbH
DOMINIQUE TABOGA
SCHWERES
FOUL
IM LABYRINTH
DES SCHÖNSTEN SPIELS
DER WELT
An all jene, die mir in harten Zeiten zur Seite standen.
Für all jene, die sich meine Erfahrungen zunutze machen können.
Und an mein Ein und Alles – Maddox und Levin
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1Hinter Gittern
2In Spratzern, St. Pölten, Admira und Rapid
3Unter Feinden
4In Krems, Leoben
5In den Fängen des Geldes
6Von Kapfenberg nach Tromsø
7Falsche Freunde
8Wieder in Kapfenberg und in Grödig
9Gefangen in der Parallelwelt
10In der Gegenwart
11Vor Gericht
Epilog
Anhang
Danksagung
Zeittafel
Der Autor
Einleitung
Bis vor Kurzem lebte ich mit meiner Frau, meinen beiden Kindern und meinem Hund in einem Haus in der Nähe von Salzburg. Wir waren beide berufstätig, die Miete konnten wir uns trotz meines Privatkonkurses leisten. Ich würde sagen, dass es uns den Umständen entsprechend gut ging. Wer einen Blick von außen auf unser Familienleben warf, hätte vielleicht gemeint, dass es schwer ist, eine harmonischere Beziehung zu finden.
Das war. Nun bin ich nicht nur ein bankrotter Wettbetrüger, sondern auch geschieden. Jedes Heute, wie immer man es sich auch gestalten kann, ist beeinflusst und geprägt vom Gestern und vom Vorgestern. In meinem Fall ist das Heute vergiftet, fast umgebracht worden von den Ereignissen meiner jüngsten Lebensjahre. Ich bin zu einem, nunmehr ehemaligen, Fußballer geworden, dessen Name bekannt ist – nicht weil er Rekord-Nationalspieler Österreichs ist oder die Trophäe der Champions League stemmte oder in der spanischen Liga Meister wurde. Mein Name ist verbunden mit den Schattenseiten des Fußballs – es geht um Wettspielmanipulation, und wenn ich schon davon spreche, dann können wir auch gleich über Doping und Schwarzgeld in diesem Sport reden.
Ich habe mir nicht gewünscht, diese Art von Berühmtheit zu werden. Dass es dennoch so gekommen ist, habe ich mir selbst, und nur mir selbst zuzuschreiben. Oft genug hätte ich die Möglichkeit gehabt, einfach „Nein" zu sagen und den Weg raus aus dem Labyrinth zu finden. Ich war jung, naiv und auch dumm, dachte zu wenig an die Konsequenzen und zu sehr an das, was man sich mit einem lukrativen und noch dazu steuerfreien Zusatzeinkommen leisten kann.
Es ist mir bewusst, dass viele angewidert auf meinen Namen reagieren und sich jetzt vielleicht denken: Und nun muss er auch noch ein Buch darüber schreiben. Besser er hielte die Klappe und verschwände in der Versenkung. Ich schreibe meine Geschichte nicht deswegen auf, weil ich vom Narzissmus getrieben bin, sondern weil ich erzählen will, was im österreichischen Profi-Fußball geschieht, wie sehr Angebot und Nachfrage auseinanderklaffen, wie attraktiv ein paar tausend Euro mehr für einen jungen Burschen in der Bundesliga oder in der ersten Liga sein können. Und dafür muss er nur für einen Elfmeterpfiff oder eben halt für das richtige Resultat sorgen.
Meine Geschichte der letzten Jahre ist eine Geschichte, die ich niemandem wünsche, voll von Anklagen, Anschuldigungen, Verachtung – und dies auf allen Ebenen. Niemand lässt sich das schönste Spiel der Welt und den Sport im allgemeinen kaputt machen, am wenigsten von einem Kicker, der durch die österreichische Provinz tingelte und in der Historie des österreichischen Fußballs maximal eine Fußnote wert wäre. Ich bin nicht Krankl, Prohaska oder Polster, bin nicht Alaba, Junuzovic oder Fuchs. Verglichen mit diesen bin ich ein Niemand. Ein Niemand, der es bezüglich gewonnener Aufmerksamkeit – wenn auch unfreiwillig – mit ihnen aufgenommen hat. Temporär zumindest.
Ich bin der festen Überzeugung, dass viel zu wenig getan wird im österreichischen Sport, um dessen Akteure davor zu warnen und somit zu schützen, in den Einflussbereich von Wettbetrügern zu gelangen. In den Fußballklubs der obersten Ligen gibt es eine einzige Schulung pro Jahr zu diesem Themenbereich. Schon klar: Es würde schmerzen, müsste man sich öfter, nämlich regelmäßig, einmal im Monat oder einmal im Quartal, damit befassen. Ich weise meine Kinder aber ja auch bei jeder Gelegenheit darauf hin, nicht bei roter Ampel die Straße zu überqueren, immer und immer wieder.
Wenn dieses Buch einen einzigen Fußballer dazu bringt, den Verlockungen der Wettmafia zu widerstehen, dann habe ich mein Ziel erreicht. Denn seien wir uns ehrlich: Betrügereien gehören zum professionellen Sport dazu. Es hat sie vor mir gegeben und es wird sie auch nach mir geben. Es ist nicht meine Aufgabe sie aufzudecken. Dafür gibt es andere, die näher dran sind an den großen Fischen, und sogar diese stecken zuweilen im Treibsand. Doch ich empfinde es als meine Aufgabe, meine Geschichte zu erzählen – sei es auch nur zur Abschreckung.
Die Lektüre wird nachdenklich und traurig stimmen. Deswegen verkneife ich mir den standardisierten Schlusssatz vom „viel Spaß beim Schmökern". Doch ich garantiere, dass der Blick des Lesers oder der Leserin auf den Fußball, auf das schönste Spiel der Welt, 216 Seiten später ein anderer sein wird.
Dominique Taboga
»Warum gehen die Leute ins Stadion?
Weil sie nicht wissen, wie das Spiel ausgeht.«
Sepp Herberger
1
Wenig andere Erfahrungen im Leben sind so prägend und so verstörend, wie körperlich gefangen zu sein. Weggesperrt zu sein vom Rest der Gesellschaft, nicht teilhaben zu können an dem, was man gemeinhin als „Leben" bezeichnet, schlimmer noch, dieses Leben nicht selbstbestimmt führen zu können, sondern abhängig zu sein von vorgegebenen Zeitplänen und sich öffnenden und schließenden Türen.
Am 27. November 2013 wurde ich in Untersuchungshaft genommen; dieses Datum stellt somit eine Zäsur in meinem Leben dar. Bis dahin war ich ein guter Fußballer – einer mit, zugegeben kurzer, Auslandserfahrung gar – und dennoch nur einer von vielen. An diesem Novembertag wurde ich vom Opfer zum Täter, doch innerlich atmete ich auf. Im Gefängnis fühlte ich mich sicherer als in Freiheit. Dort draußen konnten mir die Schergen von Sanel Kuljic und seinen Tschetschenen-Freunden auflauern und mich bedrohen oder gar töten. Kuljic, ein ehemaliger Fußball-Nationalspieler, hatte großen Anteil daran, dass der Wettskandal organisiert wurde und letztlich auch aufflog. Seine Forderungen begleiteten mich in meinen letzten Jahren als Aktiver, so wie mich sein Name heute noch begleitet. Er hat sich und auch mich in den Knast gebracht, dorthin, wo ich ein Gefühl der Sicherheit wiederfinden konnte.
Mein Aufenthalt im Salzburger Gefängnis war nur kurz, er dauerte eine Woche. Ich teilte mir mit einem Drogendealer aus Deutschland die Zelle. Bei meiner Verhaftung hatte ich keinen Rechtsbeistand, doch am zweiten Tag meldete sich eine Person bei mir, die ich kannte. Peter Vogl aus Ried im Innkreis war Präsident des SV Ried und ist nunmehr Ehrenpräsident, und er führt eine Rechtsanwaltskanzlei, in der auch Jörg Steinschnack Partner ist. Vogl und Steinschnack also suchten mich auf und eröffneten mir, dass ihre Kanzlei mich vertreten würde – vorausgesetzt, ich würde öffentlich ausbreiten, was ich über Spielmanipulationen und Hintermänner wusste. „Ich habe ohnehin schon alles gesagt, was ich weiß, antwortete ich, „und ich werde auch vor Gericht nichts verheimlichen. Aber ich werde mir Ihre Unterstützung nicht leisten können.
„Über das Finanzielle machen Sie sich nun mal keine Sorgen." In weiterer Folge kamen auch die Anwälte Peter Lieskonig aus Graz und Thomas Moser aus Traun zum Team hinzu. Geld muss wirklich keine Rolle gespielt haben.
Nach sieben Tagen in Salzburg wurde ich nach Graz verlegt, und die Reise mit dem „Krokodil, auf dem groß „Polizei
stand, war eine Reise in die Vergangenheit. Der Gefangenentransport entpuppte sich von außen als ganz normaler Reisebus mit besonderer Beschriftung, im Inneren waren rund ein Dutzend Blechzellen eingerichtet, ungefähr einen Meter breit und eineinhalb Meter lang, in denen man sitzen konnte und die abschließbar waren. Anstelle eines Fensters wiesen sie einen Schlitz auf, doch da sie nach oben offen waren, konnte ich darin gut lesen. Die Lektüre hatte mit mir zu tun. In NEWS las ich ein Interview mit der Frau Kuljics, die allerlei Unsinnigkeiten verzapfte: dass ihr Mann mir 60.000 Euro für die Wohnungseinrichtung geborgt hätte, die ich zurückzuzahlen hätte, dass Sanel ohnehin unschuldig sei, dass ich der einzig wahre Verbrecher in der gesamten Geschichte wäre. Später meinten meine Anwälte, dass es wohl ein gesteuerter Artikel war und dass das Interview von NEWS eventuell bezahlt worden wäre. Kuljic brauchte für seinen Rechtsbeistand Geld.
Die Fahrt im „Krokodil" ist nicht so angenehm wie in einem tatsächlichen Reisebus, und sie wird auch nicht besser, wenn sie länger wird. Auf der Autobahn hielten wir ob einer Panne für rund eine Stunde, konnten aber im gleichen Bus weiterfahren. Stehengeblieben wurde fünf, sechs oder siebenmal, immer in Gefängnissen, immer mit dem Ziel, Gefangene aus- oder einzuladen: in Linz, in St. Pölten, in Enzersdorf und so weiter. Bei jeder Station bestand die Möglichkeit, auf die Toilette zu gehen oder eine Zigarette zu rauchen. Kurzum, die Fahrt wurde zu einem langwierigen Unterfangen. Um 9 Uhr waren wir in Salzburg losgefahren, um 18 Uhr hatten wir das Ziel in Wien erreicht. Nach Graz sollte es am nächsten Tag weitergehen.
Als ich zur Zelle in Wien-Josefstadt gebracht wurde, knieten zwei Algerier auf dem Boden und beteten. Die Wände waren verschmiert und abgeschlagen, es roch verraucht, kurzum: es war ein hässliches Zimmer. Zu dritt aßen wir zu Abend und unterhielten uns auf Deutsch. Dass meine beiden Zellengenossen wegen Messerstechereien einsaßen bereitete mir Kopfzerbrechen und ich verbrachte eine unruhige Nacht. Ohne Frühstück ging es im Morgengrauen wieder los und wieder begann das Stop-and-Go. Drei- oder viermal wurden Personen gewechselt, unter