Heute, nur heute: Zehn Gebote der Gelassenheit von Johannes XXIII. Geistliche Übungen
Von Helmut Schlegel
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Buchvorschau
Heute, nur heute - Helmut Schlegel
Heute, nur heute
Zehn Gebote der Gelassenheit
von Johannes XXIII.
Übung der Präsenz
Bevor Sie die „Zehn Gebote der Gelassenheit" von Papst Johannes XXIII. lesen, meditieren und in Ihr Leben umzusetzen versuchen, lade ich Sie zur Übung der Präsenz ein.
Um ganz im Heute zu sein, ist es notwendig, die Vergangenheit und die Zukunft loszulassen. Wichtiger als die Fragen „Woher komme ich? und „Wohin gehe ich?
ist die Frage „Wo bin ich?".
Den Standort zu bestimmen, den inneren, seelischgeistigen Standort, und sich einzulassen in das Hier und Jetzt, dies ist eine Übung, die Sie am Anfang und in der Mitte und am Ende eines jeden Tages machen sollten.
Sie wird Ihnen helfen, sich von den Lasten und Beschuldigungen der Vergangenheit, aber auch von den geschönten Erinnerungen daran zu befreien. Sie wird Ihnen die Chance geben, sich selbst ganz und gar zu spüren. Sie wird Ihnen Ihre Verantwortung bewusst, aber auch tragbar machen.
Denn dieser Augenblick jetzt ist es allein, worauf es ankommt, dieser Mensch, dem sie eben gegenüberstehen, diese Aufgabe, die sich gerade stellt.
Am besten kommen Sie in die Gegenwart, wenn Sie tief atmen, wenn Sie sich in das Spiel von Ausatmen und Einatmen einschwingen und wenn Sie dabei immer wieder die folgenden drei Worte aushalten und genießen:
Heute, nur heute
SPURENSUCHE
Heute! Vierundzwanzig Stunden, nicht mehr und nicht weniger. Einmal dreht sich die gute alte Erde um die Sonne. Es wird Morgen und es wird Abend, es wird Tag und es wird Nacht: heute.
Oft ist mir das Heute viel zu kurz. Ich habe ein umfangreiches Programm. Termine stehen in meinem Kalender. Ich spüre schon am Morgen, dass es knapp wird. Ich gerate unter Druck, werde nervös, komme nicht zurecht.
Dann wieder ist mir das Heute viel zu lang. Es dauert eine halbe Ewigkeit bis zum Abend. Ich zähle die Stunden, ja die Minuten, bis der Anruf aus der Klinik kommt. Bis wir nach anstrengender Fahrt am Ziel ankommen. Bis Feierabend ist. Bis die Gäste wieder gehen.
Heute, nur heute. Das ist nicht gestern oder vorgestern. Keine Frage: Ich muss aus der Vergangenheit lernen. Ich will dazu stehen, was ich gesagt und getan habe. Ich will es verantworten. Es ist meine Aufgabe, das Positive zu würdigen und das Negative zu verändern. Aber wehe, wenn ich im Gestern hängen bleibe. Zum Glück hat das menschliche Gehirn die Fähigkeit zu vergessen. Es wäre unerträglich, alles zu behalten. Und es ist unmöglich, das Rad der Geschichte zurückzudrehen.
Heute, nur heute. Das ist auch nicht morgen oder übermorgen. „Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage" (Mt 6, 34). So sagt es Jesus in der Bergpredigt. Das entlastet mich. Ich muss nicht heute die Aufgaben von morgen erledigen. Ich muss nicht jetzt schon die Fragen der Zukunft lösen. Es geht nicht um alles oder nichts, es geht um jetzt und hier. Heute, nur heute.
Manchmal gelingt es mir, so ganz in der Gegenwart zu leben. Es sind die Glückstage: Da bin ich ganz präsent. Mit allen Fasern meines Lebens da. Mit Haut und Haar. Mit Körper und Seele.
Heute, nur heute: Zeit zum Leben, Zeit zum Lieben. Zeit – mir in die Hände gegeben und in die Seele geschrieben. Ich kann dieses Heute verpassen und verspielen. Ich kann es aber auch fühlen und füllen, erleiden und verantworten, kosten und genießen. Heute, nur heute …
WEGZEICHEN
Gott der Ewigkeit
Du schenkst uns das Heute
trennst es
vom Gestern und vom Morgen
durch Nacht und Schlaf
Hilf uns
nur heute
unser Glück zu ergreifen
nur heute
unser Leid auszuhalten
im Wissen
dass beides vergeht
und in Dir geborgen sein wird
im ewigen JETZT
Ricarda Moufang
SCHRIFTWORT
Hagar
Abram entgegnete Sarai: Hier ist deine Magd; sie ist in deiner Hand. Tu mit ihr, was du willst. Da behandelte Sarai sie so hart, dass ihr Hagar davonlief. Der Engel des Herrn fand Hagar an einer Quelle in der Wüste, an der Quelle auf dem Weg nach Schur. Er sprach: Hagar, Magd Sarais, woher kommst du und wohin gehst du? Sie antwortete: Ich bin meiner Herrin Sarai davongelaufen. Da sprach der Engel des Herrn zu ihr: Geh zurück zu deiner Herrin und ertrag ihre harte Behandlung! Der Engel des Herrn sprach zu ihr: Deine Nachkommen will ich so zahlreich machen, dass man sie nicht zählen kann. Weiter sprach der Engel des Herrn zu ihr: Du bist schwanger, du wirst einen Sohn gebären und ihn Ismael (Gott hört) nennen; denn der Herr hat auf dich gehört in deinem Leid. Er wird ein Mensch sein wie ein Wildesel. Seine Hand gegen alle, die Hände aller gegen ihn! Allen seinen Brüdern setzt er sich vors Gesicht. Da nannte sie den Herrn, der zu ihr gesprochen hatte: El-Roï (Gott, der nach mir schaut). Sie sagte nämlich: Habe ich hier nicht nach dem geschaut, der nach mir schaut? (Gen 16, 6–13).
An der Wasserquelle in der Wüste, wo Hagar verzweifelt und lebensmüde ist, findet sie der Engel. Er spricht sie mit Namen an und fragt nach ihrem Weg: „Hagar, Magd Sarais, woher kommst du und wohin gehst du?" (Gen 16, 8) Hagar offenbart diesem Boten Gottes, dass sie vor Sarai auf der Flucht ist. Wohin der Weg sie führen wird, weiß sie nicht. Hagar bekommt eine Verheißung, die nicht weniger zählt als die Verheißung an Abram. Sie wird einen Sohn bekommen und ihm den Namen Ismael geben. Das bedeutet „Gott hat gehört". Dies soll ihr zur Gewissheit werden, aus der heraus sie ihr Leben gelassen bewältigen kann, ganz gleich was kommt. Es wird nicht einfach werden für Hagar, denn Gott schickt sie wieder zurück zu Sarai. Sie wird auch in Zukunft Demütigungen erleiden müssen. Aber sie hat eine Hoffnung, die ihr niemand nehmen kann. Hagar erfährt, dass sich