Kirche kompakt
Von Dorothee Boss
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Buchvorschau
Kirche kompakt - Dorothee Boss
[Statt einer Kirchengeschichte]
[Jesus – Stifter der Kirche?]
Traditionell wird die Geburt der Kirche mit dem Ereignis des Pfingstfestes verbunden. Lukas, der auch als Autor des gleichnamigen Evangeliums gilt, beschreibt diese Erfahrung zu Beginn der Apostelgeschichte.
„Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle (in Jerusalem d. Verf.) am gleichen Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab. In Jerusalem wohnten Juden, fromme Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden. Sie gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden? Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören? (...) Die einen sagten zueinander: Was hat das zu bedeuten? Andere aber spotteten: Sie sind vom süßen Wein betrunken." (Apg 2,1–13)
Dieses ‚Pfingstwunder‘ gilt gemeinhin als Startschuss der Kirche. Die kleine Gemeinschaft der Anhänger des Wanderpredigers Jesus aus dem Dorf Nazareth in der römischen Provinz Galiläa wird von Gott mit seinem Geist beschenkt. Als auserwählte Versammlung Gottes wird sie von Lukas den ungläubigen Zeitgenossen in Jerusalem präsentiert. Damit entpuppt sich die Gemeinschaft aus jüdischen Hinterwäldlern als selbstbewusste Gruppe mit einem innovativen religiösen Anspruch: Gottes Geist ermächtigt sie, ihren Glauben in die Welt zu tragen, sofort und ohne Angst. Jesus von Nazareth ist für sie der von Gott legitimierte Herr und Messias, wer sich zu ihm bekennt und sich taufen lässt, wird gerettet werden (Vgl. Apg 2,36 ff.). Die christliche Mission ist geboren. Und Lukas berichtet stolz: „An diesem Tag wurden (ihrer Gemeinschaft) etwa dreitausend Menschen hinzugefügt." (Apg 2,41)
Danach formuliert der Autor der Apostelgeschichte einen vom Glauben befeuerten Werbetext:
„Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten. Alle wurden von Furcht ergriffen; denn durch die Apostel geschahen viele Wunder und Zeichen. Und alle, die gläubig geworden waren, bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam. Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Einfalt des Herzens. Sie lobten Gott und waren beim ganzen Volk beliebt. Und der Herr fügte täglich ihrer Gemeinschaft die hinzu, die gerettet werden sollten." (Apg 2,42–47).
Die Aussagen des Lukas klingen ideal. Eine religiöse Gemeinschaft voller Begeisterung und Feuer, mit großem sozialen Engagement und erstaunlichen Eigentumsverhältnissen, mit einer hervorragenden Außenwirkung und besten Wachstumsraten. Sicher hat der Autor diesen Eindruck erzeugen wollen. Man hat unwillkürlich den Eindruck, genau diese Gemeinschaft der jungen Kirche hat Jesus selbst gewollt. Aber stimmt das? Was hat diese Gruppierung mit Jesus von Nazareth zu tun, einem jüdischen Wanderprediger, dessen Kreuzigung zur Abfassung der Apostelgeschichte bereits etwa 60 Jahre zurückliegt? Wollte Jesus diese Gemeinde initiieren bzw. stiften? Stand hinter seiner Botschaft und seinem Wirken der Wille zur Gründung einer christlichen Kirche, die sich Jahrzehnte später ‚Ekklesia‘ nennt, Gemeinschaft der Herausgerufenen?
Man kann in den Evangelien die Absichten Jesu, eine eigenständige Kirche zu gründen, die sich vom Judentum abgrenzt, nicht erkennen. Jesus wächst in den Traditionen seines jüdischen Glaubens auf. Er wandert in den letzten Lebensjahren als ‚Rabbi‘ (hebr. ‚Lehrer‘) durch seine Heimatregion Galiläa am See Genezareth, verkündet Gottes Reich, diskutiert mit jüdischen Schriftgelehrten, wendet sich besonders den Armen und Schwachen zu, schart Anhänger um sich und wird schließlich verfolgt, gefoltert und getötet. Sein Tod ist Faktum, die Bildung einer Anhängerschaft ist ohne historischen Zweifel.
In seiner jüdischen Umgebung agieren parallel zu seinem Wirken verschiedene religiöse Führer, die ein neues Königreich